(Monika Düker [GRÜNE]: Er erklärt uns jetzt die gewöhnliche Sexualität! – Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD – Unruhe – Glo- cke)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, es gibt Themen, über die man auch mit einer gewissen Seriosität sprechen sollte. Bis heute dachte ich eigentlich, wir wären aus dem Alter heraus, in dem man, wenn das Wort „Sex“ fällt, anfangen muss, zu lachen.
(Helmut Seifen [AfD]: Sagen Sie das einmal den Grünen! – Britta Altenkamp [SPD]: Das hängt vom Sprecher ab!)
Das ist schon etwas merkwürdig. Ich denke, dass wir hier ein anderes Gremium als eine Zusammenkunft von spätpubertären Sprücheklopfern sind.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Von unserer Seite ist es ein klares politisches Statement gewesen, das LSBTI-Referat an die Familienabteilung unseres Ministeriums anzudocken. Vielen Dank.
Ich finde es gut, dass wir heute die große Bedeutung einer geschlechtersensiblen Kinder- und Jugendarbeit würdigen und diskutieren. Das aktuelle Aufstellungsverfahren zum kommenden Kinder- und Jugendförderplan zeigt, dass eine geschlechtersensible Kinder- und Jugendarbeit im Selbstverständnis aller Akteure fest verankert ist.
Deshalb wird auch in Zukunft der Kinder- und Jugendförderplan mit seinen Angeboten an den Lebenswelten junger Menschen orientiert sein. Der neue KJFP wird natürlich auch geschlechtersensibel ausgerichtet sein.
Dass wir den Kinder- und Jugendförderplan in diesem Punkt genau richtig ausgestalten, haben uns im Übrigen die Träger während des Beteiligungsgesprächs am 15. November 2017 noch einmal bestätigt.
Was die Zielvorstellungen betrifft, sehe ich daher keine großen Differenzen zur Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen.
An dem Antrag erstaunt mich aber schon, dass als Mittel das Gender-Budgeting benannt wird. Dieses Instrument formaler Gleichmacherei funktioniert im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit aus unserer Sicht nicht. Das Ziel des Kinder- und Jugendförderplans ist es doch nicht, Mädchen und Jungen exakt
die gleichen finanziellen Ressourcen zuzuteilen. Unser Ziel muss es vielmehr sein, Jungen und Mädchen die gleichen Chancen zu eröffnen.
Jedes Kind, jeder Jugendliche ist eine individuelle Persönlichkeit mit eigenen Bedürfnissen und eigenen Problemlagen. Umso wichtiger ist es, dass die Jungen- und Mädchenarbeit ganz spezifische Angebote und Rückzugsräume anbietet, damit alle Kinder und Jugendlichen die Chance erhalten, ihre jeweiligen Stärken zu entfalten.
Um zu ermitteln, wie diese Gerechtigkeit gelingt, gibt es den hier schon verschiedentlich angesprochenen Wirksamkeitsdialog der Träger der Jugendarbeit. An diesem Wirksamkeitsdialog und anderen zur Verfügung stehenden Datenquellen können wir Folgendes erkennen:
Die Teilhabe von Mädchen liegt in der Jugendverbandsarbeit bei 50,1 % und in der kulturellen Jugendarbeit sogar bei 60 %. In der offenen Kinder- und Jugendarbeit sind Mädchen zwar im Verhältnis unterrepräsentiert; dafür gibt es aber mehr geschlechterhomogene Angebote für Mädchen als für Jungen.
Alles das können wir nicht über einen Kamm scheren und nach starren Normen ausrichten. Das bringt uns nicht weiter, sondern kann sogar kontraproduktiv sein, wenn es um Geschlechtergerechtigkeit geht.
Nehmen wir als Beispiel die Arbeit einer Einrichtung der Offenen Jugendarbeit in einem sozialen Brennpunkt mit der hauptsächlichen Problemgruppe junger männlicher Personen, an der wir mit bestehenden Projekten vorbeugend arbeiten. Sollen wir diese Arbeit einfach beenden, weil das Budget für die Jungs aufgebraucht ist? Das kann doch nicht der Sinn der Sache sein.
Ich frage Sie: Wollen wir wirklich von Düsseldorf aus den Trägern vor Ort engmaschig vorschreiben und zentralistisch diktieren, mit wem sie arbeiten sollen? Was für eine Haltung den Trägern gegenüber wollen wir damit ausdrücken?
Nein, wir haben mit unseren gemeinsamen Instrumentarien wie dem Wirksamkeitsdialog eine gute Grundlage, um zu erkennen, ob Mädchen und Jungen gleichermaßen und an den Bedarfen orientiert an Jugendarbeit partizipieren.
Im engen Austausch mit den Trägern – wie auch aktuell bei der Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendförderplans, an der übrigens selbstverständlich
auch Akteure der Jungen- und Mädchenarbeit teilgenommen haben – bestehen ausreichend Möglichkeiten, die Angebote gemeinsam weiterzuentwickeln und erkannte Schwachpunkte aufzugreifen. Hier braucht es keine zusätzliche Bürokratie und keine bürokratische Überregulierung, sondern den intensiven Austausch mit den Akteuren. Diesen werden wir weiterführen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Stamp. – Würden Sie bitte noch einmal ans Pult zurückkommen, Herr Minister? Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde eine Kurzintervention angemeldet, die sich an Sie, Herr Minister, richtet, und zwar von Frau Kollegin Paul. Bitte schön, Frau Paul.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Jetzt habe ich mir nicht nur Ihre Ausführungen, Herr Minister, angehört, sondern auch die Ausführungen der Vorredner und Vorrednerinnen von CDU und FDP. Ich bin froh darüber, dass wir diesen Antrag an den Ausschuss überweisen, damit wir dort tatsächlich in die fachliche Diskussion einsteigen können. Denn das, was hier von Ihnen, aber auch von den Kolleginnen und Kollegen der NRWKoalition vorgetragen wurde, ist in großen Teilen einfach faktenfreier Unsinn.
Denn das Instrument des Gender-Budgeting ist in allererster Linie nicht ein Verteilungsinstrument. Es ist in allererster Linie ein Analyseinstrument. Bei dieser Analyse geht es genau um das, was Sie, Herr Minister, zu Recht gesagt haben: Es geht darum, die Chancengerechtigkeit sicherzustellen.
Diese Chancengerechtigkeit kann man aber nur dann messen und auch feststellen, ob man gegebenenfalls nachregulieren muss,
wenn man ein Instrument wie das Gender-Budgeting an der Hand hat, das die Mittelvergabe und die Wirksamkeit der verausgabten Mittel auch tatsächlich überprüft.
Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Wir werden im Ausschuss auch eine Anhörung dazu betragen. Denn wir haben das Gefühl, dass noch ein wenig externer Sachverstand benötigt wird. Außerdem wollen wir die Träger selbst zu Wort kommen lassen und ihre Einschätzung dazu hören, ob es sinnvoll ist, an dieser Stelle mit Analyseinstrumenten nachzuregulieren.
Vielen Dank, Frau Paul. – Herr Minister, jetzt haben Sie anderthalb Minuten zur Replik. Bitte schön.
Herr Präsident, so viel Zeit brauche ich nicht. – Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Es ist selbstverständliches Recht der Fraktion, eine Anhörung zu beantragen. Ich bin immer offen für neue Gedanken, gerade auch wenn sie von Experten vorgetragen werden. Ich glaube aber, dass unser Instrumentarium in der Form, wie wir es bisher angelegt haben, und unser Vertrauen in die sensible Arbeit der Trägerinnen und Träger richtig sind. Das werden wir dann mit den Trägern, die sicherlich Teil der Anhörung sein werden, gemeinsam besprechen. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/1280 an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend – federführend – sowie an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung stattfinden. Wer stimmt dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist einstimmig so überwiesen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der hier vorliegende Antrag ist ein weiterer Versuch der AfD, über einen der schlimmen Fehler vergangener Regierungen im Bildungswesen im Parlament zu debattieren – mit der Hoffnung, dass dies irgendwann einmal die Regierungsmehrheit animiert, auf den Weg der Vernunft zurückzukehren.
Meine Hoffnung setze ich in Ministerpräsident Armin Laschet, der ja unlängst sagte, seine Koalition wolle – Zitat – „nicht immer alles besser wissen“.
Vielleicht lernen Sie wenigstens aus den parteipolitisch unverdächtigen Darstellungen derjenigen, die von den Übeln dieser Universitätsmisere namens Bologna-Reform betroffen sind. So spricht der Leiter der Psychologischen Beratung der FU Berlin an den Universitäten von der Gehetztheit der Studentinnen und Studenten und vom Bulimielernen.
Studiengänge sind in ein viel zu enges Korsett an Regeln und Vorgaben gepresst. Jede Studienleistung ist examensrelevant und wird geprüft. In den drei Studienjahren gilt es, sogenannte Leistungspunkte oder Credit Points zu sammeln – 180 insgesamt, 30 pro Semester.
Der Prüfungsdruck begleitet einen durchs ganze Studium und wird zur Dauerbelastung. Dieser Prüfungsdruck erzeugt Angst und Verunsicherung. In Zahlen ausgedrückt: 20 % der Studenten kommen gut mit dem neuen System zurecht. 40 bis 50 % sind verunsichert und versuchen, irgendwie Schritt zu halten. Weitere 30 bis 40 % haben ernsthafte Schwierigkeiten.