Protokoll der Sitzung vom 30.11.2017

Brechstange gehen; das wird ein langwieriger Prozess sein.

Ich bin aber sehr froh darüber, dass wir uns hier im Hause jetzt einig sind, dass die Frage des PassivAktiv-Transfers und seine Finanzierung eine wesentliche Voraussetzung zur Erreichung dieses Ziels ist.

Dazu, dass Hinzuverdienstgrenzen in diesem Bereich die Lösung wären, sage ich: Im Gegenteil, Hinzuverdienstgrenzen werden eher die prekären Arbeitsverhältnisse im Markt zementieren, als dafür Sorge zu tragen, dass wir sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

In der Frage sind wir wohl relativ weit auseinander, weil wir wissen, dass prekäre Beschäftigung und Hinzuverdienstgrenzen eher nachhaltig die Sozialkosten der Gesellschaft steigern werden, anstatt sie zu minimieren. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, gemeinsam an diesem Ziel zu arbeiten.

Wir werden der Überweisung in den Ausschuss zustimmen und gemeinsam mit Ihnen versuchen, eine Lösung herbeizuführen, um für diese 300.000 Menschen bei uns im Lande eine nachhaltige Perspektive zu erhalten. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Neumann. – Für die grüne Fraktion spricht Herr Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lenzen, Sie haben davon geredet – das haben Sie sich ja auch im Antrag nicht verkniffen –, die rot-grüne Regierung wäre abgewählt worden, weil sie in der Arbeitsmarktpolitik versagt hätte. Aber dann haben Sie in Ihrem Antrag ausschließlich Instrumente angeführt, die sich auf den Bund beziehen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herzlichen Glückwunsch! Alles genauso machen, aber für eine neue Politik sorgen, das ist wohl nicht ganz ihr Ernst.

Eigentlich – da würde ich auch dem Kollegen Neumann zustimmen wollen – habe ich mich über den Antrag wirklich gefreut. Denn ich kann die Beschreibung des Kollegen Neumann aus dem Ausschuss nur unterstreichen.

(Zuruf von Minister Karl-Josef Laumann)

Bei dem Wort „Aktiv-Passiv-Transfer“ gingen bei der FDP sofort alle Alarmleuchten an. Bei der CDU wusste man nicht so recht, was man davon halten sollte. Ihre Ablehnung war sehr klar.

Ich bin, Herr Kollege, froh darüber, dass Sie endlich eingesehen haben, dass es ein wichtiges Instrument – nicht das Instrument – ist, um nicht Arbeitslosigkeit, sondern Arbeit zu finanzieren, wie es Kollege Neumann schon richtig gesagt hat. Das steht bei uns im Mittelpunkt.

Herr Schmitz, ich fand – offensichtlich ist das auch Ihrer Qualifikation geschuldet – die Analyse, die Sie über die Personen, über die wir hier reden, getroffen haben, sehr wichtig. Denn es geht ja darum – der erste Arbeitsmarkt als Allheilmittel ist ja das, was uns inhaltlich trennt –, dass wir über Menschen reden, die auch, wenn sie schon im Arbeitsleben drin sind, mit vielfältigen arbeitshemmenden Problemen zu kämpfen haben. Es geht los bei der Wohnungssuche, bei persönlichen Problemen, wie zum Beispiel – möglicherweise – Schulden, es gibt psychische Probleme usw. All das will ich völlig wertfrei und ohne moralische Gewichtung im Raum stehen lassen.

Wenn das so ist, sind die Probleme bei den meisten – das ist zumindest die Beobachtung –, wenn auch nicht bei allen, auch nach längeren Arbeitsphasen teilweise immer noch vorhanden, weil manche Probleme nicht kurzfristig zu lösen sind.

Deswegen teile ich die Auffassung nicht, dass über eine Maßnahme der Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt geschafft wird, sondern meine, dass es möglicherweise – hoffentlich nicht bei allen – ein längerfristiges Problem sein kann.

Es gibt mindestens zwei Varianten, damit umzugehen:

Die eine ist – das deutete sich bei Ihrem Wortbeitrag an, so habe ich ihn zumindest verstanden – zu sagen: Wir müssen die länger begleiten. – Da gibt es im ersten Arbeitsmarkt bei den Mitteln der Bundesagentur – da würde ich Ihnen auch zustimmen – im Moment keine ausreichenden Mittel, um das zu tun. Da sind wir ganz bei Ihnen, Sie zu unterstützen, damit das auf Bundesebene geändert wird.

Es gibt aber auch die zweite Erkenntnis, dass wir einen robusten – ich nenne es so, auch wenn es politisch-juristisch möglicherweise nicht so cool ist – zweiten Arbeitsmarkt benötigen. Das heißt, wir brauchen Projekte im sozialen Arbeitsmarkt, die es beispielsweise ermöglichen, wie es viele kommunale Träger vor Ort tun, dass Menschen mit Anleitern lernen, weiterhin zur Arbeit zu gehen, nicht unbedingt acht Stunden am Tag, sondern nur vier oder sechs, wenn sie es nicht anders können.

Die andere Variante, die ich ausdrücklich unterstützen würde – vielleicht finden wir da mal zueinander; dazu sollten wir die weitere Debatte nutzen; wir haben im Ausschuss die Möglichkeit, darüber zu reden –: Ich war sehr nahe bei Ihnen, zu sagen: Die öffentliche Hand kann auch Vergaben machen, in denen steht,

dass Anbieter aus dem ersten Arbeitsmarkt, die Personen mit solchen Hemmnissen haben oder einstellen, einen gewissen Ausgleich bekommen. Das gibt unser Vergaberecht durchaus her. Warum soll man beispielsweise im Cateringbereich oder auch im Baubereich nicht Vergaben an Firmen machen, die Langzeitarbeitslose haben, die nicht so leistungsfähig sind, und die Firmen werden dann mit einem Punktesystem so begutachtet, dass sie solche Aufträge ausführen können?

Wir sollten die Ideologie deutlich abrüsten. Das ist eine klare Bitte an die FDP. Herr Kollege Lenzen, ich finde es gut, dass Sie beim Aktiv-Passiv-Transfer ein Stück weitergekommen sind. Jetzt wäre der nächste Schritt, Herr Kollege, auch beim Thema „sozialer Arbeitsmarkt“, bei dem der Minister die Mittel wie versprochen weitergeführt hat, auch inhaltlich ein Stück nach vorn zu kommen. Davon sind Sie, wie aus Ihrem Redebeitrag zu schließen war, noch ein ganzes Stück entfernt.

Wir reden über mindestens 300.000 Menschen mit ganz vielen Familien, die daran hängen. Die brauchen eine Perspektive. Die brauchen keine Perspektive von Projekt zu Projekt, sondern sie brauchen möglicherweise eine Perspektive über 20, 25, 30 Jahre. Da ist es allein mit Qualifizierung nicht getan. Es bedarf einer intensiven Begleitung und der Anerkennung, dass es unterschiedlich leistungsfähige Menschen in dieser Gesellschaft gibt. Darum müssen wir uns kümmern. Das ist unser Auftrag.

Deshalb freue ich mich auf die Beratung im Ausschuss. Ich freue mich, dass ein Teil der Koalition ein Stück weitergekommen ist, und hoffe, dass der noch lahmende Teil nachziehen kann. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Für die AfD-Fraktion spricht nun Herr Tritschler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Die AfDFraktion unterstützt den Antrag der Regierungsfraktionen im Grundsatz. Jeder Bürger unseres Landes verdient eine Chance auf ein selbstbestimmtes und würdiges Leben. Diese Chance hat er nur, wenn er nicht dauerhaft auf Almosen angewiesen ist.

Unser NRW ist leider bei der Langzeitarbeitslosigkeit wieder einmal trauriger Spitzenreiter unter den Bundesländern. Es steht daher für uns außer Frage, dass das Ziel von Beschäftigungspolitik die Eingliederung in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt sein muss und nicht die Schaffung von Scheinarbeitsplätzen auf einem staatlich generierten zweiten Arbeitsmarkt, wie es der Entschließungsantrag fordert.

Hier liegt einiges im Argen. Die Hinzuverdienstgrenzen sind zu niedrig, und für viele Betroffene lohnt die Aufnahme einer Beschäftigung nicht, zumal im Niedriglohnsektor, um den es hier in der Regel geht. Zumindest wird das im Antrag angesprochen.

Dass der Weg aus der Langzeitarbeitslosigkeit meist nur über nachträgliche Qualifizierung führt, wird ebenfalls problematisiert, wenn auch nur halbherzig. Natürlich wird danach gerufen, dass hierfür neue Mittel bereitgestellt werden.

Meine Damen und Herren, das ist mutlos. Der Moloch der Bundesagentur für Arbeit hat reichlich Geld. Er ist nur eben ein Bürokratiemonster, das zerschlagen gehört. Er verwaltet sich in erster Linie selbst und schickt Menschen in sinnfreie oder zumindest sinnarme Beschäftigungsmaßnahmen, nur damit die Statistik nett aussieht.

Da fehlt es Ihnen eben an Mut. Das könnte vielleicht daran liegen, dass Ihre Freunde in den Unternehmerverbänden – soweit es die CDU betrifft – und bei den Gewerkschaften – was die SPD angeht – daraus eine echte Industrie gemacht haben und daran sehr, sehr gut verdienen. Hier hätten Sie Mut haben sollen und hätten die Ursachen klar benennen sollen.

Das zieht sich durch den Antrag. Sie befassen sich mit Arbeitslosigkeit und reden nicht über die in allen Statistiken unübersehbare Hauptursache, den Migrationshintergrund. Nach neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit haben ganze 43 % der Arbeitslosen einen solchen. Hier ist die Entwicklung negativ. 2013 waren es noch 36 %.

Meine Damen und Herren von den Altparteien, Sie haben das Problem geschaffen und Sie machen es immer größer. Jetzt werden Sie gleich sagen, die haben ja zum großen Teil einen deutschen Pass. Auch da haben Sie recht. Aber Sie haben nicht nur zu viele reingelassen, Sie haben natürlich auch zu viele mit der deutschen Staatsbürgerschaft ausgestattet. Das können wir in der Tat nicht mehr ändern. Sie sollten an dieser Stelle einen Schlusspunkt setzen und weniger Zuzug, weniger Familiennachzug zulassen und natürlich Abschiebungen konsequent durchführen.

(Beifall von der AfD)

Denn eines muss ganz klar sein: Das Letzte, was ein Langzeitarbeitsloser braucht, sind Konkurrenten im Bereich geringqualifizierter Beschäftigung. Genau hier importieren Sie Arbeitskräfte ohne verwertbare Qualifikation, ohne Sprachkenntnisse, nicht selten sogar richtige Analphabeten. Sie legen damit nicht nur den Grundstein für eine ganz neue Generation von Menschen, die einer geregelten Erwerbstätigkeit nicht nachgehen, Sie schaffen damit einen neuen Zündstoff unter den Ärmsten der Armen in unserer Gesellschaft.

(Beifall von der AfD)

Die dürfen dann nämlich nicht nur um billigen Wohnraum, sondern auch gleich noch um die Arbeit in diesem Bereich mit denen konkurrieren, die noch nicht so lange hier sind.

Nicht nur deshalb ist der Antrag ziemlich dünn. Die Diagnose ist schon unvollständig, aber bei den Antworten bleibt er noch spärlicher. Hier sollte man, dort müsste man und am Ende ist sowieso für alles der Bund zuständig. – Meine Damen und Herren von der CDU, dort regieren Sie übrigens auch, und das seit zwölf Jahren. Warum kommt da nichts?

(Beifall von der AfD)

Es kann nicht sein, dass der alleinige Zweck des deutschen Föderalismus darin liegt, dass jeder jemanden hat, auf den er die Verantwortung abschieben kann. Nein, meine Damen und Herren, das ist zu wenig, zu mutlos, zu kraftlos, um wirklich zu überzeugen. Ich hoffe, da fällt Ihnen noch etwas mehr ein, vielleicht im Ausschuss. – Einer Überweisung stimmen wir natürlich zu.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Tritschler. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laumann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist nicht nur ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen, weil der Landtag tagt und über Arbeitsmarktpolitik redet, sondern auch, weil heute die neuen Arbeitslosenzahlen für Deutschland und für Nordrhein-Westfalen veröffentlicht worden sind.

Deshalb freue ich mich erst einmal darüber, dass ich Ihnen sagen kann, dass die Langzeitarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen seit September 2017 um 5.000 Leute abgenommen hat. Ich freue mich darüber, dass im Vergleich zum November 2016 im November 2017 die Langzeitarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen um 16.300 abgenommen hat. Selbst wenn wir von dieser Zahl diejenigen abziehen, die sich in Maßnahmen des zweiten Arbeitsmarkts befinden, sind es immer noch weit über 10.000 Langzeitarbeitslose, die in den letzten zwölf Monaten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefunden haben.

Ich finde, darüber sollte man sich einmal freuen, weil der Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen in Bewegung gekommen ist, und dies in die richtige Richtung.

(Jochen Ott [SPD]: Er spricht genauso wie im Wahlkampf!)

Wenn wir daran denken, dass wir die Gesamtarbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen in den letzten zwölf

Monaten um fast 27.000 Leute abbauen konnten, dann ist das mehr, als irgendein zweiter Arbeitsmarkt schaffen kann.