Protokoll der Sitzung vom 17.01.2018

soeben geänderten Fassung angenommen und in zweiter Lesung verabschiedet worden.

Wir sind am Ende von Tagesordnungspunkt 2. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf:

3 Nordrhein-Westfalen in Europa II: Grenzüber

schreitende Vernetzung mit den Niederlanden und Belgien in den Bereichen Arbeitsmarkt und Hochschulen intensivieren und strukturelle Verknüpfungen ausbauen

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/1661

Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Krauß das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, Sie wären arbeitsuchend und lebten unweit der etwa 500 km langen Grenze zwischen NRW, den Niederlanden und Belgien. Wenn Sie dort Ihre zuständige Arbeitsagentur aufsuchen, dann würden Sie doch wohl erwarten, dass diese Ihnen nicht nur offene Stellen in Nordrhein-Westfalen und den anderen Bundesländern benennen kann, sondern auch entsprechende Kontakte zu der niederländischen und der belgischen Arbeitsbehörde hat.

In unserem ersten Euregio-Antrag zu Sprache und Bildung haben wir uns mit den etwa 2.850 Berufen befasst, die nicht reglementiert sind. Das heißt, in 2.850 unterschiedlichen Berufen können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne zusätzliche Qualifizierung auf beiden Seiten der Grenze arbeiten.

Bei reglementierten Berufen, vor allem in den Bereichen Bildung, Erziehung und im Gesundheitswesen, hingegen dauern die Verfahren zur Anerkennung akademischer Abschlüsse unserer Nachbarländer oftmals Monate und sind dann im Ergebnis für die Beteiligten, Arbeitnehmer einerseits und die das Fachpersonal suchenden Arbeitgeber andererseits, bisweilen noch nicht einmal nachvollziehbar.

Wenn es uns also gelingt, die Bürokratie bei den häufig zu komplizierten und langwierigen Übersetzungs- und Bescheinigungskosten abzubauen, können wir viele Potenziale, die in unserer einzigartigen europäischen Grenzregion liegen, entscheidend besser nutzen.

Es gibt Studien, die besagen, dass ein Abbau der Hemmnisse das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 8 % steigert. Also, meine Damen und Herren, diese Chance müssen wir nutzen.

Wir alle kennen die bislang realisierten Kooperationsmaßnahmen in den Grenzregionen, doch – und hier liegt das eigentliche Problem – man scheint die Best-Practice-Beispiele in ihrer lokalen Wirksamkeit zu belassen und bislang nicht flächendeckend umzusetzen. Dieser Herausforderung nehmen wir uns nun an.

Zu den Best-Practice-Beispielen: Am Grenzinfopunkt in Herzogenrath/Kerkrade arbeiten Niederländer, Belgier und Deutsche Hand in Hand unter einem Dach. Die gemeinsamen Büros ermöglichen einen stetigen Austausch. Wenn der Arbeitsuchende also bereit ist, auch auf der anderen Seite der Grenze zu arbeiten, geht er einfach eine Bürotür weiter zur niederländischen oder belgischen Kollegin oder dem Kollegen, und so kommen dann Angebot und Nachfrage zusammen.

Genauso ist es übrigens auch mit dem Euregio Jobroboter. Der Jobroboter übersetzt Berufsbezeichnungen und kann so maßgeblich dazu beitragen, dass die grenzüberschreitende Stellensuche ein Erfolg wird.

Es sind, wie Sie jetzt vielleicht merken, recht einfache Verbesserungen, die doch entscheidend sein können. Wir müssen die verschiedenen Ansätze bewerten, die besten Optionen ausmachen und dann flächendeckend umsetzen.

Meine Damen und Herren, unser Ziel steht fest. Wir wollen Menschen in Beschäftigung bringen und Arbeitsplätze sichern. Dabei sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihr Recht auf Freizügigkeit, gerade innerhalb der Grenzregion, optimal nutzen können, egal ob jemand in Kranenburg, Geldern, Brüggen oder Alsdorf wohnt.

Zur Stärkung der Vermittlungsmöglichkeiten bieten sich verschiedene Optionen an.

Da sind die bereits erwähnten gemeinsamen Büros, die einen ständigen Austausch ermöglichen.

Wichtig ist darüber hinaus aber auch der Ausbau des Onlineinformationsangebots der Grenzinfopunkte. Grenzinfopunkte sind das Kernstück der von der EU geförderten grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung. Niederländer, Belgier und Deutsche erhalten hier Informationen, Beratung und Unterstützung. Wir alle wissen, dass Menschen bei offenen Fragen

gerne erst einmal googeln. Dort müssen wir also auch die Informationen für potenzielle Grenzarbeiter optimieren.

Meine Damen und Herren, dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber oder auch dem Studenten, der überlegt, im Nachbarland zu studieren oder zu arbeiten, schwirren unzählige Fragen im Kopf umher: Wo zahle ich meine Steuern und welche Steuern? Wie funktionieren die Sozialversicherungen? Wie sieht es mit der Altersvorsorge aus? Wie sieht es mit dem Arbeitsrecht im Nachbarland aus?

Neben einem adäquaten Onlineangebot an Informationen ist es also auch wichtig, die Möglichkeiten der persönlichen Beratung im Fokus zu behalten. Hier wurde bereits mit EURES eine Plattform zur beruflichen Mobilität eingerichtet, auf der wir aufbauen müssen. Die angestoßenen Maßnahmen werden auch unseren Auszubildenden und Studenten zugutekommen. Digitale Plattformen werden die Optionen grenzüberschreitender Studienprojekte aufzeigen oder auf euregionale Berufsschulpraktika aufmerksam machen.

Meine Damen und Herren, es sind sehr viele Einzelaspekte, die Menschen zu überzeugten Europäern machen. Diese Verbesserungen sind ein Teil davon. Lassen Sie uns gemeinsam dazu beitragen, dass immer mehr Hemmnisse abgebaut werden und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gelingt. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Krauß. – Für die FDP spricht Herr Kollege Brockes.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir legen heute seitens der NRW-Koalition den zweiten Antrag zum Thema „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ vor.

Ich weiß, dass in Oppositionskreisen schon gelästert wird, wir würden hier in einen Wettstreit mit dem Wirtschaftsministerium eintreten, ob mehr Entfesselungspakete oder Euregio-Anträge vorgelegt werden. Ich kann Sie beruhigen: Diesen Wettstreit gibt es offiziell nicht.

Es ist aber in beiden Bereichen notwendig, dass nach sieben Jahren rot-grünem Stillstand sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit deutlich aufgeholt wird.

(Beifall von der FDP)

Deshalb ist es richtig, hier diesen zweiten Antrag vorzulegen, nachdem wir bei dem ersten Antrag einen

klaren Schwerpunkt gerade auf die jungen Menschen gelegt hatten. Wir wollten damit den Austausch fördern. Wir wollten fördern, dass mehr junge Menschen die Sprache des Nachbarn erlernen und merken, wie schön, wie wichtig und wie hilfreich Europa ist. Deshalb war das meiner Ansicht nach ein wichtiger und richtiger erster Schritt.

Jetzt legen wir mit diesem Antrag den Schwerpunkt auf den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, und zwar unter Nutzung der Digitalisierung, um hier für mehr Transparenz zu sorgen. Denn anders, als ich es bei dem ersten Antrag formuliert habe – beim Einkaufen weiß ja jeder, welche Produkte im Nachbarland günstiger sind bzw. welche es nur dort und im Heimatland nicht gibt –, ist diese Transparenz auf dem Arbeitsmarkt nicht gegeben. Viele Bürgerinnen und Bürger beobachten eben nicht, wie die Arbeitsplatzsituation im Nachbarland aussieht.

(Gabriele Walger-Demolsky [AfD]: Sie spre- chen die Sprache nicht!)

Hier ist es dringend geboten, für mehr Transparenz zu sorgen. Immer wieder erlebe ich es selbst im Grenzland, dass Menschen in der Region auf Arbeitsplatzsuche sind, aber nicht den ganzen Umkreis in Betracht ziehen, sondern nur einen Halbkreis, weil sie nicht wissen, welche Möglichkeiten es im Nachbarland überhaupt gibt, welche Stellenangebote dort vorliegen und wie es mit ihren Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherungen weitergeht, wenn sie im Nachbarland tätig sind. Viele andere Fragen sind dort offen. Hier fehlt die entsprechende Transparenz.

Meine Damen und Herren, nur wenige Zehntausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von insgesamt über 4,5 Millionen Menschen in den Grenzregionen nutzen derzeit die Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme im Nachbarland.

Hier setzen wir mit unserem Antrag an. Wir wollen für mehr Transparenz, mehr Informationen und mehr Aufklärung sorgen. Dabei wollen wir die Digitalisierung nutzen.

Dies ist gut für die Menschen, gut für die Unternehmen und gut für unser Land. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brockes. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Watermeier das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist nun innerhalb von zwei Monaten der zweite Antrag zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit,

den Sie hier vorlegen – diesmal mit den Schwerpunkten Arbeitsmarkt, Hochschulen und Digitalisierung.

Ich kann hier nur das wiederholen, was mein Kollege Weiß Ihnen bereits im November 2017 ins Stammbuch geschrieben hat: Ihrem Antrag fehlt es erneut an Innovation und Präzision. Es stellt sich die Frage, ob die Regierungsfraktionen denn in der Lage sind, hier eine stimmige, in sich geschlossene Strategie zu erarbeiten, oder ob Sie uns jetzt in jedem Plenum einen Antrag dazu vorlegen wollen.

Mir erscheint das mehr als Aktionismus denn als wirklich gehaltvoller Beitrag zur notwendigen Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, für die es ja genug gute Best-Practice-Beispiele gibt, wie die beiden Kollegen, die vor mir gesprochen haben, schon ausgeführt haben.

Sie lassen es auch hier an der notwendigen Schärfe fehlen. Im Kern besteht Ihr Antrag daraus, dass lauter neue digitale Plattformen geschaffen werden sollen – ohne eine Evaluierung dessen, was nun wirklich notwendig ist, tatsächlich einen Mehrwert schafft oder schon besteht.

Auch hier soll gestärkt, gefördert und vernetzt werden, ohne dass es tatsächlich mit Geld hinterlegt ist, ohne klare Struktur und ohne klare Zielformulierung.

Natürlich ist unbestreitbar, dass im Bereich des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes noch deutlich Luft nach oben ist. Mir wäre es aber lieber, wir würden die Ergebnisse der Neuauflage der Studie von IT.NRW und dem niederländischen Partner CBS aus 2015 abwarten, um genau zu sehen, wo es hakt und wo wir als Land zum Handeln aufgefordert sind. Soweit ich weiß, sollen im Laufe des Jahres die Ergebnisse dazu vorliegen.

Was die Hochschulen betrifft, stehen wir gerade, was den Komplex der Digitalisierung angeht, auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vor neuen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

Ob dieser Antrag die richtige Antwort ist, ist zweifelhaft. Gerade im Bereich der Hochschulkooperation verstricken Sie sich in Widersprüche. Es passt einfach nicht zusammen, wenn Sie einerseits immer wieder die Autonomie der Hochschulen fordern, sie aber per Antrag anweisen wollen, eine gemeinsame digitale Plattform zu entwickeln, ohne dass Sie dabei die Digitale Hochschule NRW erwähnen. Solche Modelle können nur mit den Hochschulen entwickelt werden und müssen natürlich in eine Gesamtstrategie eingebunden werden.

Ich bin sicher, dass unsere Hochschulen sehr genau wissen, wie sie ihre grenzüberschreitende Zusammenarbeit organisieren können und müssen. Durch immer weitere Plattformen wird nach unserer Einschätzung nicht mehr Transparenz geschaffen, sondern eher mehr Unübersichtlichkeit, die dem Ziel der

grenzüberschreitenden Kooperation im Hochschulsektor eher entgegenwirkt.

Sie sehen also, dass es viel zu diskutieren gibt. Deshalb freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.