Protokoll der Sitzung vom 13.07.2018

Er ist nicht fruchtbar. Dasselbe gilt für Ihr Anliegen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Zur Kommunikationsstrategie der Landesregierung wird sich sicher Herr Minister Stamp äußern.

Aber nun zum geförderten Projekt selbst: Die JuMu Deutschland existiert seit Ende 2016 und ist eine gemeinnützige GmbH, bestehend aus zwei jüdischen und zwei muslimischen Organisationen als Gesellschaftern. JuMu zählt zwölf jüdische Gemeinden und acht muslimische Organisationen zu ihren Partnern.

Das allein spricht schon für sich. Juden, Muslime, osteuropäische und nordafrikanische Zuwanderer führen gemeinsam Erziehungs-, Bildungs- und Integrationsmaßnahmen in Form von Projekten und Workshops in der Jugend- und Sozialarbeit durch, die sowohl die Prävention als auch die Dialogarbeit zum Ziel haben.

Dadurch wird nicht nur dem leider erstarkenden Antisemitismus die Stirn geboten, sondern auch unsere

in der Bundesrepublik so wichtige Erinnerungskultur gefördert.

Der Begriff des Antisemitismus ist im eigentlichen Sinne sehr ungenau, weil sich „semitisch“ auf die Sprachfamilie bezieht, zu der beispielsweise auch das Arabische zählt. Dennoch hat er sich für die Beschreibung der Diskriminierung von Juden und die politische Hetze gegen Juden international durchgesetzt.

Genau dieser Agitation und Ungerechtigkeit wird und soll mit der erstmaligen finanziellen Unterstützung der Landesregierung auch weiterhin entgegengewirkt werden.

(Unruhe)

Der Bedarf ist vorhanden. Im vergangenen Jahr wurden 324 antisemitische Straftaten allein in NRW angezeigt. Das sind 9 % mehr als im Vorjahr. Die Dunkelziffer liegt leider noch deutlich höher. Außerdem ist die Nachfrage der Schulen und Berufskollegs sehr groß.

Gerade das Format, bei dem eine Jüdin bzw. ein Jude und eine Muslima bzw. ein Muslim gemeinsam in Schulklassen gehen, Fragen über ihr alltägliches Leben und ihre jeweilige Religion beantworten und so mit hartnäckigen Vorurteilen aufräumen können, bekam eine sehr positive Resonanz seitens der Schülerinnen und Schüler.

Dass ausgerechnet Ihre Fraktion sich beim Thema „Maßnahmen und Projekte gegen Antisemitismus“ so prominent zu Wort meldet, ist wirklich mehr als ironisch, ja, es ist sogar zynisch. Welche Lösungsansätze hat denn Ihre Fraktion?

Warum hat Ihre Fraktion nicht die Dringlichkeit gesehen, die Initiative ergriffen und einen Antrag zum Antisemitismusbeauftragten gestellt?

(Zurufe von der AfD)

Alle anderen Fraktionen kamen auf diese Idee, Sie nicht –

(Beifall von der CDU – Zuruf von Christian Loose [AfD])

vielleicht, weil Sie zu der Partei gehören, die die Schoah nur als einen „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte sieht.

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP)

Der Psychologe und Islamexperte Ahmad Mansour, der im Übrigen vor zehn Tagen bei dem von unserer Fraktion initiierten und ausgerichteten Werkstattgespräch zum Thema „Antisemitismus – Herausforderungen, Umgang und Prävention“ einen Vortrag hielt, sagte, dass wir ganz neue Narrative schaffen müssten, um dem offenen Antisemitismus gerade im Hinblick auf illiberale Muslime zu begegnen.

Eine solche Möglichkeit bieten die Projekte der JuMu gGmbH.

Unser Fraktionsvorsitzender Bodo Löttgen sagte im Juni-Plenum zu einem anderen Thema, es sei besser, miteinander zu sprechen, als gegeneinander zu schweigen. So sehe ich das auch – gerade bezogen auf die Kooperation zwischen Juden, Muslimen und, nicht zu vergessen, Christen.

Wir hätten hier im Plenum zu diesem Randthema allerdings keine Aktuelle Stunde mit Ihrer Überschrift gebraucht, lieber Herr Kollege Wagner und Fraktion. Eine Kleine Anfrage an die Landesregierung wäre der richtigere Weg gewesen. Vielleicht wären Sie dann zu Ihren fünf Unterfragen auf den Punkt gekommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Voßeler. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Müller-Witt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Beantragung dieser Aktuellen Stunde durch die AfD ist ein vorläufiger Tiefpunkt der Diskussionen in diesem Parlament erreicht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von Michael Hübner [SPD] und Christian Loose [AfD])

Worum geht es? Wir sollen über Posts der Landesregierung sowie die dazugehörigen Kommentare debattieren und daraus Schlüsse zum Handeln der Landesregierung ziehen.

Natürlich zeugt es nicht von sonderlich sorgfältiger Arbeit, wenn eine Mitteilung mehrfach geändert werden muss. Es ist auch nicht sehr vertrauenerweckend, wenn eine gesendete Botschaft mehrfach geändert wird. Dieses Vorgehen wirft die Frage auf, ob es klug war, so zu verfahren. – Aber das nur nebenbei.

(Zuruf von Roger Beckamp [AfD])

Nun aber zum Vorwurf der AfD, die Förderung eines Projektes, an dem auch Vertreter des Zentralrates der Muslime beteiligt sind, würde dem Antisemitismus Vorschub leisten: Wie unsinnig dieser Vorwurf ist, wird jedem klar, der sich einmal genauer mit der Gesellschaft JuMu befasst hat. JuMu – das wurde gerade schon erläutert – wurde am 7. Dezember 2016 als gemeinnützige GmbH gegründet.

Zu dieser Gründung noch – mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin – ein Zitat:

„Ziel der Gesellschaft ist es nach eigener Aussage, die Zusammenarbeit von Juden, Muslimen

und Christen auf den Gebieten interreligiöser Dialog und Sozialarbeit deutschlandweit zu intensivieren, zu professionalisieren und auf eine nachhaltige Basis zu stellen.“

(Beifall von der SPD)

So schrieb die „Jüdische Allgemeine“ am 11. Mai dieses Jahres.

Es handelt sich also um ein Projekt, das ohne Zweifel ganz im Sinne der Bekämpfung des wachsenden Antisemitismus ist und dem interkulturellen und interreligiösen Dialog dienen kann.

Dem Beirat von JuMu – auch das wurde eben schon angedeutet – gehören sowohl Vertreter aus jüdischen Synagogengemeinden als auch Vertreter der islamischen Moscheegemeinden und -verbände an.

Dass der Zentralrat der Muslime dabei ist, ist kein Grund, JuMu zu diskreditieren. Im Zentralrat der Muslime sind die unterschiedlichsten Muslimverbände zusammengeschlossen. Eine pauschale Verurteilung verbietet sich.

Ende März dieses Jahres fand ein von JuMu organisiertes Treffen in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach statt. Ziel war es, Muslimen und Juden die Gelegenheit zu geben, die Grundlagen der jeweiligen anderen Religion kennenzulernen und Fragen zu stellen.

Dort sprachen Hamza Wördemann vom Zentralrat der Muslime in Deutschland und Michael Rubinstein, Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden vom Nordrhein, jeweils ein Grußwort. Dies macht deutlich, welchen Stellenwert dieses Projekt bei den jüdischen und muslimischen Verbänden hat.

Darüber hinaus hat es bereits vier jüdisch-muslimische Veranstaltungen unter dem Motto „Weißt du, wer ich bin?“ gegeben, die vom Bundesinnenministerium gefördert wurden, und zwar in der Jüdischen Gemeinde Landkreis Barnim in Bernau, in der Islamischen Gemeinde Wuppertal, in Frankfurt am Main und in Dresden.

Wie perfide ist es aber, wenn nun die AfD versucht, diese Arbeit von JuMu zu diskreditieren? JuMu ist eine private Initiative von Personen aus beiden Religionsgemeinschaften. Hier haben sich Juden und Muslime mit dem Ziel zusammengeschlossen, Grenzen zu überwinden und Unwissen übereinander abzubauen – Grenzen, die die AfD wiederherstellen möchte. Denn Ihnen geht es gar nicht um den Schutz unserer jüdischen Mitbürger vor Antisemitismus, wie Sie vorgeben. Nein, die jüdischen Mitbürger sind für Sie nur willkommenes Mittel zum Zweck.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Christian Loose [AfD])

Eigentliches Ziel Ihres Antrags ist das Schüren von Hass und Ablehnung gegenüber Menschen muslimischen Glaubens.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Christian Loose [AfD])

Dabei ist Ihnen offensichtlich jedes Mittel recht. Ihre Vorwürfe sind substanzfrei. Sie führen keine Belege an, dass das Projekt nicht erfolgreich sein kann, sondern stellen nur Mutmaßungen an. Sie geben auch keine eigenen Impulse in die Debatte. Welche vermeintliche Alternative haben Sie denn?

(Christian Loose [AfD]: Der Verfassungs- schutz macht das, nicht wir! – Unruhe – Glo- cke)

Muslimischen Verbänden lediglich pauschal zu unterstellen, aus dem Ausland finanziert und ideologisch beeinflusst zu werden, reicht nicht.

Nebenbei bemerkt: War es in der Vergangenheit nicht auch so, dass die Bundesregierung mit Blick auf eine ausländische Finanzierung und Steuerung islamischer Vereine in Deutschland im Grundsatz eine stärkere Verortung der islamischen Organisationen in Deutschland für integrationspolitisch erforderlich hielt?

„Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine ausländische Finanzierung und Steuerung islamischer Vereine problematisch sein, wobei Finanzierung nicht gleich Steuerung bedeuten