Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Wir müssen also nicht nach Höxter-Albaxen oder Höxter-Amelunxen fahren,

(Monika Düker [GRÜNE]: Genau! – Beifall von Josefine Paul [GRÜNE])

um Funklöcher zu finden. Das ist jenseits aller Anekdoten nicht nur ein persönliches Ärgernis, sondern ein durchaus ernstes Thema. Eine der wirtschaftlich stärksten Nationen dieser Erde wird mehr und mehr digital abgehängt. Die Leistungsbilanz beim Netzausbau ist über die letzten Jahre hinweg dürftig gewesen. Funklöcher und digitale Buckelpisten prägen das Bild, und diese Misere ist politisch verursacht.

Dies droht sich nun bei der Auktion der 5G-Lizenzen fortzusetzen. Wenn es darum geht, Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G zu versteigern,

machen Landes- und Bundesregierung falsch, was man falsch machen kann.

Wir Grüne wollen für alle Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen eine Versorgung mit dem neuen, leistungsstarken Mobilfunkstandard 5G erreichen. Immer mehr internetfähige Geräte, immer größere Datenmengen und der Bedarf an höheren Übertragungsgeschwindigkeiten machen 5G dringend erforderlich. Auch der Wandel zur Industrie 4.0 und der Wandel zum Internet of Everything werden sich ohne diesen neuen Standard nicht realisieren lassen.

Die Zukunft lässt nicht auf sich warten, und auch in der Gegenwart muss man sich umschauen: Es gibt nach wie vor erhebliche Probleme. Es geht nicht nur um einen neuen Standard, sondern es geht auch um den aktuellen Standard: Je nach Anbieter hat man auf 30 % bis 60 % der Fläche in Deutschland keinen Zugang zum schnellen Funkstandard LTE.

Sicherlich kennen wir alle derartige Beobachtungen. Die Statistiken zeigen, dass sich die Geschwindigkeiten in Deutschland in den letzten Jahren eher noch verringert haben. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass die Performance nicht gut ist.

Werfen wir einen Blick darauf, welche Problemlagen es aktuell bei der 5G-Versteigerung gibt. Die Vergaberichtlinien wurden vor einigen Wochen im Entwurf für den Beirat der Bundesnetzagentur vorgestellt. Es zeigt sich, dass die Fehler der Vergangenheit offensichtlich wiederholt werden sollen. Es soll schlicht und ergreifend ein möglichst hoher Geldbetrag für den Bundeshaushalt erlöst werden, der am Ende an Investitionsmitteln fehlen wird. Die Ausbauvorgaben sind absolut unverbindlich, und zudem beziehen sie sich ausschließlich auf Haushalte und nicht auf Fläche. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir ändern wollen; denn ansonsten wird der ländliche Raum abgehängt.

(Monika Düker [GRÜNE]: Genau!)

Es handelt sich hier nicht um einen Antrag, bei welchem der Landtag einfach mal seine Meinung zu einem bundespolitischen Thema kundtun soll. Im angesprochenen Beirat der Bundesnetzagentur ist die Landesregierung durch Herrn Staatssekretär Dammermann und Herrn Liminski vertreten; die Landesregierung könnte an dieser Stelle also eingreifen. Sie könnte etwas gestalten, aber sie will nicht.

Im Gegenteil: Mit Ihrem sogenannten Mobilfunkpakt aus dem Juni dieses Jahres wollen Sie den Anbietern bei der anstehenden Frequenzauktion möglichst geringe Ausbauverpflichtungen, möglichst geringe Auflagen verschaffen – und das Ganze für ein Linsengericht, nämlich für gar kein Entgegenkommen der Unternehmen. Das entspricht der Leitlinie „Alles kann, nichts muss“, und das ist keine gute Leitlinie für Politik.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen aber nicht nur kurzfristig Nothilfe durch einen Stopp der geplanten Auktion und eine grundsätzliche Neuausrichtung beim 5G-Standard, sondern wir brauchen viel grundsätzlichere Änderungen und Reformen.

Es wäre für die Anbieter und die Endkunden deutlich günstiger, wenn man ein gemeinsames Netz ausbauen würde, anstatt für etwa 200 Milliarden Euro vier parallele Netze aufzubauen. Das würde Mittel bei den Anbietern freisetzen, und diese könnten in zusätzliche Investitionen fließen. Sie könnten aber auch in niedrigere Preise für die Endkundinnen und Endkunden fließen. So kämen wir zu einer höheren Ausbaudynamik und besseren Bedingungen. Dieses Potenzial sollten wir heben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam diese völlig vergurkte Frequenzauktion stoppen. Dann sind Sie nicht nur an unserer Seite, sondern dann sind Sie auch an der Seite …

Die Redezeit.

… der Wirtschaft, der Verbraucherverbände und des Landkreistags. Dann haben wir die Chance, dass Nordrhein-Westfalen wirklich digitaler wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte-Richter. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Schick.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bolte-Richter, als ich Ihren Antrag gelesen habe, habe ich beim ersten Teil gedacht: Na ja, den einen oder anderen Haken können wir an einige Aussagen machen. Selbstverständlich wird das mobil verschickte Datenvolumen weiter ungebremst ansteigen, und das Thema „Latenzzeiten“ ist natürlich sehr wichtig.

Ich selbst komme aus Südwestfalen: Viele Unternehmen beschäftigen sich schon jetzt mit dieser Technologie. Auch das ist also zweifellos richtig. Und natürlich soll der neue 5G-Standard insgesamt möglichst weit ausgerollt werden.

Diese Dinge können wir also durchaus unterstützen. Nicht mittragen können wir jedoch Ihre Forderung, die Versteigerung der 5G-Frequenzen zu stoppen. Das ist in der augenblicklichen Situation die falsche Antwort. Sie wollen gerade in dem Moment den Stecker ziehen, in dem die Diskussion richtig Fahrt aufgenommen hat.

In der Diskussion gibt es tatsächlich Bewegung. Ich möchte dazu – mit Genehmigung der Präsidentin – einen Pressebericht aus der „Rheinischen Post“ vom 12. November zitieren:

„Bei allem Streit ist denkbar, dass die Netzagentur die 5G-Auktion doch zu einem guten Ergebnis führt. So haben sich Mobilfunker und Industrieverbände auf den Vorschlag geeinigt, dass Industrieunternehmen eigene lokale 5G-Lizenzen erhalten können. So könnten etwa Siemens, Henkel oder die Autokonzerne Werke eigenständig vernetzen, was wichtig für eine noch effizientere Automatisierung ist.

Im Gegenzug sind die Mobilfunker bereit, höhere Auflagen für die Flächendeckung zu akzeptieren. Die Telekom kündigte freiwillig für 2025 eine Versorgung von 99 % der Bevölkerung mit 5G an, die Netzbetreiber wollen ‚weiße Flecken‘ gemeinsam schließen.“

So weit der Bericht. Da sieht man doch: Ein großer Teil der Forderungen, die Sie gerade gestellt haben, ist im Augenblick in der Diskussion und soll entsprechend umgesetzt werden.

Sie haben außerdem den Mobilfunkpakt angesprochen. Das ist sicherlich ein wichtiges Thema, da 5G für viele deshalb so wesentlich ist, weil im Augenblick noch weiße Flecken im LTE-Netz vorhanden sind. Darum hat sich die Landesregierung mit dem Mobilfunkpakt gekümmert und mit den Netzbetreibern verhandelt – Telefonica, die Telekom und Vodafone haben zugesagt, bis 2020 nicht nur 1.350 neue Masten zu errichten, sondern auch 5.500 alte Masten zu modernisieren und damit die Lücken im Netz zu schließen.

Die Landesregierung ist also unterwegs. Sie leistet ihren Beitrag; nicht nur durch die Gründung dieses Paktes, sondern auch durch die Freigabe von Standorten des Behördenfunks zur Mobilfunknutzung und durch ihr Einsetzen für beschleunigte Genehmigungsverfahren.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das sind nicht – wie Sie es gerade gesagt haben – nur Worte. Wir werden vielmehr den Ausbau kontinuierlich begleiten und uns informieren lassen.

Das sind derzeit die richtigen Signale für die Verbraucher. Ich bin mir außerdem sicher, dass die Versteigerung der 5G-Frequenzen langfristig die richtigen Antworten geben wird. Insofern können wir Ihren Antrag beruhigt ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und Alexander Langguth [fraktionslos])

Vielen Dank, Herr Kollege Schick. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Watermeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schnelle Datenverbindungen sind heute unabdingbarer Bestandteil einer leistungsfähigen Infrastruktur. Genauso wie wir Brücken, Straßen, Schienen und Wasserwege brauchen, brauchen wir im Zuge des Breitbandausbaus auch den Auf- und Ausbau schneller mobiler Datennetze, was auch für die Entwicklung der Digitalisierung im ländlichen Raum von entscheidender Bedeutung ist. So weit sind wir uns alle einig.

Dass Deutschland in diesem Feld leider nicht zu den Spitzenreitern gehört, ist ein Zustand, den wir auch hier im Hause oft genug beklagen. Das Ziel, Deutschland zum Leitmarkt für den 5G-Standard zu entwickeln, ist im Koalitionsvertrag auf Bundesebene festgeschrieben. Insbesondere ist dort vereinbart worden – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –, „dass es zu einer verlässlichen und lückenlosen Mobilfunkversorgung insbesondere im ländlichen Raum kommt“.

Der nun von der Bundesnetzagentur vorgelegte Konsultationsentwurf über die Rahmenbedingungen der Versteigerung der 5G-Frequenzen erfüllt in der Tat in vielen Bereichen die Erwartungen, die im Koalitionsvertrag formuliert sind, nicht in ausreichendem Maße.

Die jüngsten Äußerungen aus dem Kanzleramt, dass ein flächendeckender 5G-Ausbau unrealistisch sei, sind in der Tat überraschend und widersprechen dem politischen Auftrag, den die Bundesregierung hat. Dies ist sowohl von der SPD-Bundestagsfraktion als auch von Teilen der Unionsfraktion bereits entsprechend kommentiert und bemängelt worden.

Es ist vieles richtig, was die Grünen in ihrem Antrag an Kritik an der Versteigerung formuliert haben. Das gilt vor allem für die Sorge, dass mit dieser Form der Versteigerung der ländliche Raum nicht gestärkt wird und die reale Gefahr besteht, dass wir auch im 5GNetz wieder einen Flickenteppich haben werden, bei dem der ländliche Raum das Nachsehen hat.

Klar ist: Die Fehler der Vergangenheit sollen sich nicht wiederholen. Dafür liegen aber schon Vorschläge auf dem Tisch, die – auch unter Beibehaltung des Zeitplans – umgesetzt werden können. Es braucht einen Dreiklang aus klaren Versorgungsauflagen, einer fortlaufenden Kontrolle des Ausbaubestandes und eines Sanktionsmechanismus für den Fall, dass Versorgungsauflagen nicht eingehalten werden.

(Matthi Bolte-Richter [GRÜNE]: Wie viel davon hat die SPD umgesetzt?)

Darüber hinaus brauchen wir ergänzende Instrumente, um Gebiete im ländlichen Raum schnell und zuverlässig erschließen zu können.

Deshalb glauben wir nicht, dass wir hier und heute das Kind mit dem Bade ausschütten sollten. Ein vollständiger Stopp der Frequenzversteigerung würde dem Ziel, Deutschland zügig zum führenden 5GStandort zu machen, diametral entgegenstehen und unvertretbare Verzögerungen im gesamten Prozess nach sich ziehen. Vielmehr kommt es nun darauf an, die verabredeten Ziele des Koalitionsvertrages in Berlin umzusetzen. Die entsprechenden Gespräche zwischen den Fraktionen und der Bundesregierung dazu sind ja im Gange.

Aus diesem Grund können wir uns dem Antrag nicht anschließen, auch wenn wir die inhaltliche Kritik teilen. Wir werden uns deshalb enthalten.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Watermeier. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Matheisen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich finde ich es gut, dass die Grünen sich mit dem Thema „5G“ beschäftigen; denn das ist ein enorm wichtiges Thema.

Wir reden hier nicht nur über ein schnelleres 4G, was vielleicht der ein oder andere denken mag, sondern über die Grundlagen für Themen wie „Telemedizin“, für einen drastisch geringeren Energieverbrauch und über Industrielösungen wie Machine-to-MachineKommunikation, die nur mit 5G möglich sind.

Aber gerade weil 5G eine technische Revolution ist, geht der Antrag der Grünen in die komplett falsche Richtung.

(Beifall von der FDP und Josef Hovenjürgen [CDU])

Sie sagen – das haben Sie eben gesagt, und es steht auch in der Überschrift –, dass Sie die Versteigerung der 5G-Frequenzen stoppen wollen. Wir brauchen aber gerade keinen Stopp, sondern viel mehr Tempo. Wir brauchen keine Bremsklötze, sondern müssen auf die Überholspur beim Thema „5G“. Wir brauchen keine endlosen Diskussionen, sondern schnelle Entscheidungen und eine schnelle Umsetzung.