Protokoll der Sitzung vom 13.07.2017

(Beifall von der AfD)

Danke, Herr Dr. Blex. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum letzten Beitrag des Kollegen von der AfD erspare ich mir jeden Kommentar. Ich denke, ein solcher wäre hier überflüssig. Das hatte ja ein Niveau! Ich muss ganz ehrlich sagen: Mich haben Ihre Ausführungen erschreckt, Herr Kollege. Ich gehe darauf gar nicht ein – sie sind es auch wirklich nicht wert.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Zum Antrag der SPD und warum wir es richtig finden, ihn heute zu stellen: Im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb findet man wohlfeile Bekenntnisse zum Pariser Klimaschutzabkommen, die aber – das gibt es jetzt auch schwarz auf weiß, belegt durch eine Studie – diametral im Gegensatz zu Ihrem Maßnahmenkatalog gegen die erneuerbaren Energien stehen, der schon fast Feldzugcharakter hat.

Die vom WWF in Auftrag gegebene Studie kommt zu einem schlichten Ergebnis: Wenn das, was Sie im Hinblick auf die Windkraft und im Zusammenhang mit der Braunkohleförderung und Braunkohleverstromung in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, so umgesetzt wird,

(Zuruf von der FDP: Die wir gar nicht haben!)

wenn das so weitergeführt und nicht gestoppt wird, dann können die deutschen Klimaschutzziele, die sowieso schon nach unten korrigiert werden müssen, nicht eingehalten werden.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Warum ist das so? In NRW werden nun einmal über 30 % der bundesdeutschen Emissionen produziert. Dieser Verantwortung müssen Sie sich stellen. Wir tragen die Verantwortung, diesen Wert runterzufahren, wenn wir die deutschen Klimaschutzziele erreichen wollen. Genau das wird mit Ihrem Feldzug gegen die Windenergie verfehlt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man keine Argumente mehr hat, muss man wohl zum Mittel der Falschaussagen greifen. Herr Lindner, auf mehreren Foren bei „Westpol“, vom Rücksitz Ihrer Limousine aus und auf Veranstaltungen sagten Sie: Windenergieanlagen können gar nicht ans Netz angeschlossen werden,

(Christian Lindner [FDP]: In der Zukunft, wenn es so weitergeht wie bisher!)

und Speicher stehen nicht zur Verfügung.

Wir haben den Minister gestern in der Fragestunde konkret gebeten, er möge uns doch bitte irgendeine Anlage nennen, die nicht ans Netz angeschlossen werden kann. Er konnte es nicht. Ich bin gespannt darauf, wo er diese Risiken genau vermutet; genau benennen konnte er sie trotz intensiven Nachfragens gestern nicht. Wir werden das weiter verfolgen.

Frau Kollegin Düker …

Entlarvend, wenn man hier zu solchen Aussagen greifen muss.

Herr Kollege Lindner würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Ja, bitte.

Frau Kollegin Düker, vielen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage gestatten. – Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in Schleswig-Holstein 72 % der produzierten Windenergie abgeregelt werden muss, in Nordrhein-Westfalen gegenwärtig nur 0,2 % der installierten Kapazität, wir aber bei einer Fortsetzung der Ausbaugeschwindigkeit der früheren Landesregierung vergleichbare Probleme wie Schleswig-Holstein bekommen würden?

Herr Lindner, vielleicht hätten Sie gestern bei der Fragestunde hier sein sollen. Fakt ist, es sind nicht 0,2 %, sondern nach unseren Zahlen sind es 0,4 % …

(Christian Lindner [FDP]: 0,4 habe ich gesagt!)

Nein, Sie hatten gerade 0,2 % gesagt. – In NRW sind es 0,4 % abgeregelten Stroms, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der Zubau der Windenergie hier eine signifikante Steigerung der Abregelung zur Folge hätte. Das entspricht schlicht Ihrer Fantasie.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben genau das den Minister gestern gefragt. Es ist durch Fakten nicht belegbar, dass wir hier bei der Abregelung Probleme bekommen. Das haben Sie in Ihren Interviews auch gar nicht gesagt, sondern Sie haben …

(Christian Lindner [FDP]: Doch!)

Ich habe mir das Video extra vorher noch einmal angesehen, Herr Lindner. – Zur Klarstellung: Sie haben gesagt,

(Christian Lindner [FDP]: Sie sollten sich jeden Tag meine Videos ansehen!)

in NRW könnten Anlagen nicht an das Stromnetz angeschlossen werden. – Das ist schlicht falsch, um das noch einmal deutlich zu sagen.

(Beifall von den GRÜNEN)

2016 belegte NRW Platz eins beim Zubau von Windenergieanlagen bei den Binnenländern. Bei fast 600 MW brutto zusätzlicher Leistung hat es Investitionen in Höhe von 1 Milliarde € in NRW gegeben. Das sind Mittel und Investitionen, die auch den Kommunen zugutekommen. Das betrifft immerhin bis zu 20.000 Arbeitsplätze in NRW, die Sie mit Ihrer Politik aufs Spiel setzen.

Doch noch nicht genug: Auch Ihre Maßnahmen, die Sie auf Bundesebene, beispielsweise im Baugesetzbuch, erreichen wollen, nämlich die Privilegierung im Außenbereich abzuschaffen, kommen einem generellen Bauverbot für Windenergieanlagen gleich; denn es werden dann nur noch in Einzelfällen Ausnahmen möglich sein.

Mit der 1.500-m-Abstandsregelung findet in Nordrhein-Westfalen demnächst kein Windausbau mehr statt. Wenn wir den Windausbau einfach stoppen, schadet das dem Standort NRW – hiervon sind Arbeitsplätze in einem nicht unerheblichen Maße betroffen –, und es schadet dem Klima, das können Sie schwarz auf weiß in der angesprochenen Studie nachlesen. Wenn Sie diese Politik umsetzen, werden wir die deutschlandweiten Klimaziele nicht erreichen.

Sie können sich Hunderte Male zum Klimaschutzabkommen bekennen, aber dennoch werden in Nordrhein-Westfalen nicht die nötigen Schritte unternommen, um dieses Klimaschutzabkommen mit Leben zu füllen. Dabei geht es gar nicht um irgendwas oder um die Tatsache, ob es generell Erderwärmung gibt, sondern beim Klimaschutzabkommen geht es schlicht um die Frage, ob diese Erderwärmung noch beherrschbar ist.

Noch ein Satz zu den Kosten, die von den Kollegen vom rechten Rand immer wieder ins Feld geführt werden:

(Zuruf von der AfD)

Wenn Sie auch nur einen Gedanken an Ihre Kinder und Kindeskinder verwenden würden, würden Sie sich klarmachen, dass die Kosten völlig außer Kontrolle geraten werden, wenn wir das Klimaschutzabkommen auf diese Weise ignorieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es geht es auch im Sinne von Kosten und Beherrschbarkeit darum, jetzt die richtigen Maßnahmen zu ergreifen – aber genau das tut der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb eben nicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Pinkwart das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Düker, wenn Sie hier schon darstellen, wie viele Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen geschaffen werden konnten und wie großartig das alles ist, müssen Sie fairerweise auch sagen, wer die Rechnung bezahlt.

(Beifall von der CDU, der FDP und der AfD)

Das wäre auch ein Akt der Fairness.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Aber bei der Atom- kraft war es ganz anders, oder?)

Denn die Anlagen, die 2016 gebaut worden sind und auf die Sie sich bezogen haben, sind EEG-finanziert, also 6 Cent je Kilowattstunde auf 20 Jahre garantiert.

(Beifall von der FDP und der AfD)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher der Bundesrepublik Deutschland zahlen im Jahr 25 Milliarden € EEG-Umlage. Wenn man das nach dem Königsteiner Schlüssel auf Nordrhein-Westfalen überträgt, sind das pro Jahr mehr als 5 Milliarden €, die die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes für diese Erneuerbare-Energien-Subvention aufbringen. Das sind die kleinen Haushalte, das sind die Studenten und alle, die diese Rechnung bezahlen müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Zuruf von den GRÜNEN)

Ja, Herr Becker, dass Ihnen das nicht gefällt, ist mir völlig klar. Aber das müssen Sie sich auch einmal entgegenhalten lassen. Das müssen Sie auch mal Ihren Wählerinnen und Wählern sagen, dass das mit Anpassungsmaßnahmen verbunden ist. Und es sind nicht nur die Privathaushalte. Vielmehr sind es auch die mittelständischen Betriebe. Auch da gehen Arbeitsplätze verloren, wenn die Energie zu teuer ist.

Das Entscheidende – das müssen wir hier auch festhalten, wenn wir ehrlich miteinander umgehen wollen – ist doch, dass es in Nordrhein-Westfalen – und das möchte ich mit Blick auf die sozialdemokratische Partei sagen; das wissen Sie auch, denn Sie haben sich immer mit dafür eingesetzt – nicht zu den negativen Rückwirkungen kommt. Das ist ein Stück weit

ein Damoklesschwert. Das dürfen wir nicht verkennen. Die meisten energieintensiven Unternehmen Deutschlands sind hier in Nordrhein-Westfalen angesiedelt, und zwar aus gutem Grund. Denn wir haben in diesem Land schon immer Energie erzeugt. Diese energieintensiven Unternehmen sind hier in Nordrhein-Westfalen, und sie können nur überleben und Arbeitsplätze sichern, weil sie von der EEG-Umlage befreit worden sind. Das ist der entscheidende Zusammenhang.