Deshalb ist es wichtig, dass wir auch bereit sind voranzugehen. Minister Pinkwart war ja für uns in der Kommission dabei. Nordrhein-Westfalen hat von Anfang an gesagt: Wenn es dem Erfolg dient, sind wir als Land auch bereit, den ersten Schritt schon bis 2022 zu machen.
Es ist nicht leicht für eine Regierung, wenn Sie als Ministerpräsident vor den Bergleuten stehen, was ich nach dem Gespräch mit der Bundeskanzlerin gemacht habe, und denen sagen: Eure Arbeitsplätze sind es, die als erste wegfallen in Deutschland. – Das ist nicht einfach.
Aber wir haben das gemacht, weil wir wissen: Wenn wir früher mit dem Strukturwandel beginnen, wenn wir als Erstes neue industrielle Arbeitsplätze, auch bei Speichern, bei neuen Kraftwerksformen und bei anderem in die Region bekommen, sind wir am Ende
Das ist unsere Herangehensweise. Insofern war das eine Vorleistung. Ohne diese Haltung von NordrheinWestfalen wäre ein Konsens nicht möglich gewesen. Auch das muss jeder wissen, wenn er heute hier über das Thema debattiert.
Vielleicht ein Wort zu den Debatten, die in den letzten Tagen geführt worden sind. Man wundert sich ja manchmal: Wir reden über 2038, und jetzt fangen einige an, über einzelne Gigawatt zu diskutieren. Irgendwie sucht sich jeder seine Nische, in die er noch irgendeine Polemik hineinbringen kann.
Deshalb nur einmal zur Erklärung, liebe Frau Düker: Die Landesregierung betreibt keine Braunkohlekraftwerke.
Das ist so, ja. Man hat nicht immer den Eindruck, dass Sie das wissen. Die Landesregierung legt auch keine Kraftwerke still
sie rechnet auch nicht –, sondern die Bundesregierung wird die Verhandlungen mit den Unternehmen führen. Wenn Sie irgendwelche Wünsche haben, richten Sie sie an die, die dort verhandeln.
Wir setzen eins zu eins um. Jeder Buchstabe gilt. All Ihre Versuche, daraus kleine parteipolitische Süppchen zu kochen, werden scheitern angesichts des Anspruchs, den wir haben, nämlich dieses Land voranzubringen.
Aber unabhängig von dieser jüngsten Diskussion ist heute schon absehbar: In Verbindung mit den Stilllegungen, die bereits 2016 beschlossen wurden, als die Sicherheitsbereitschaft eingeführt wurde, werden die Beschlüsse der Kommission eine erhebliche Reduktion der Kraftwerksleistung im Rheinischen Revier und damit einen Minderbedarf an Braunkohle und eine große Veränderung auch bei den Tagebauen nach sich ziehen.
Endgültige Zahlen über den Umfang liegen noch nicht vor. Die kann es auch erst geben, wenn die Bundesregierung ihre Verhandlungen mit RWE abgeschlossen hat. Daran wird der Finanzminister und manch anderer mitwirken müssen. Die Landesregierung hat keine Möglichkeit, dies von sich aus zu entscheiden.
gieversorgung. Das bedeutet auch, dass wir weiterhin auf das Know-how und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kraftwerken und Tagebauen angewiesen sind.
Die Menschen, die Tag und Nacht, rund um die Uhr dort arbeiten, haben unsere Anerkennung verdient. Sie werden in den nächsten 20 Jahren mit all ihrer Leistungskraft für unser Land dringend gebraucht.
Vor einigen Monaten schrieb mir die Frau eines Arbeiters ihren Frust von der Seele. Ich zitiere sie einmal:
„Diese Menschen verdienen sich ehrenhaft ihr Geld und nicht durch irgendwelche Verbrechen. Die Arbeit, die man leistet, ist vollkommen nutzlos, denn Strom steht ja jederzeit durch Wind und Sonne zur Verfügung – so wird der Öffentlichkeit suggeriert. Als Familie eines RWE-Mitarbeiters fühlt man sich in gewisser Weise schon verfolgt.“
Meine Damen und Herren, ich werde mich weiter vor diese Familien stellen. Die Beschimpfungen, insbesondere in anonymen Blogs im Netz, dürfen wir nicht akzeptieren. Wir dürfen nicht hinnehmen, wie hier mit Menschen umgegangen wird.
Wenn wir jetzt Kohlemengen reduzieren und Kraftwerke schließen, wird sich die Frage stellen: Welcher Tagebau wird denn wie verkleinert, und auf welchen kann man vollständig verzichten? – Für viele scheint sich damit nur die Frage zu stellen: Garzweiler oder Hambach, Menschen oder Bäume? – Wenn man in einer solchen Entscheidung völlig frei wäre, dann – das ist klar – würde sich jeder immer für Menschen entscheiden.
Das ist mit der Leitentscheidung 2016 ja auch geschehen. Bei aller Anerkennung: Man hat sich dafür eingesetzt, dass Holzweiler und die anderen Orte gerettet werden und dass am Hambacher Forst nichts an dem Gebiet verändert wird, das man beschrieben hat. Das ist eine respektable Entscheidung, wenn man so etwas abzuwägen hat. Das hieße konkret, man müsste den Tagebau Garzweiler II jetzt reduzieren, wenn man frei entscheiden könnte.
Aber die Lage ist nicht ganz so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint und wie manche behaupten. Bei Holzweiler war eine Chance, denn die Umsiedlung hatte noch gar nicht begonnen. Sie war in weiter Perspektive angekündigt. Es war 2016 möglich zu sagen: Wir können diese Gebiete herausnehmen, weil der Umsiedlungsprozess noch nicht begonnen hatte.
Heute wissen wir: In den Dörfern, über die gesprochen wird, wird bereits seit Jahren umgesiedelt. Ich war ja da, und zwar – was mich übrigens wunderte –
als erster Ministerpräsident in 50 Jahren. Es war niemand zuvor da, der je mit den Leuten gesprochen hätte. Aber wenn Sie mit denen sprechen, dann merken Sie, dass es in den Dörfern keine einheitliche Haltung gibt.
Eine Mehrheit, knapp 60 %, hat sich in manchen Dörfern schon entschlossen, umzusiedeln, baut bereits im neuen Dorf, hat ein neues Haus bezogen. Andere Familien hingegen hoffen weiter, dass sie am angestammten Ort bleiben können.
Das ist die Zerrissenheit, die Gespaltenheit in den Dorfgemeinschaften, die mir gestern Abend auch noch einmal der Bürgermeister in Erkelenz geschildert hat. Auch das will ich Ihnen an zwei Originalstimmen aus der Region vortragen. Da schreibt mir eine Bürgerin aus Erkelenz-Kaulhausen am 31. Januar, Zitat:
„Es besteht die wunderbare Chance, die Laufzeit des Tagebaus Garzweiler zu verkürzen und das Schicksal unserer Nachbarn, Verwandten,
Freunde, die nicht ihre Heimat verlassen wollen, zu retten. Ich appelliere an Sie und Ihre Mitarbeiter: Bitte helfen Sie, ein Konzept für den Erhalt der vom Abriss bedrohten Dörfer zu gestalten.“
Auf der anderen Seite schreibt mir am 6. Februar, eine Woche später, ein Familienvater aus Keyenberg.
„Ich habe jetzt zwei Jahre gebraucht, um meine mittlerweile fast 83-jährige Mutter davon zu überzeugen, dass wir mit der Familie an den neuen Ort ziehen. Wir haben zwei Kinder, deren Freunde sind bereits alle am neuen Ort. Die sagen: Alleine wollen wir hier auch nicht mehr bleiben, alle Kinder ziehen weg oder sind bald weg.“
„Hätten Sie im Jahre 2013 den Tagebau gestoppt und die A61 als Grenze belassen, dann wäre Klarheit gewesen.“
Das macht das Dilemma von Politik deutlich, dass Sie auf beiden Seiten Menschen haben, die mit persönlicher Betroffenheit etwas wünschen, was sich eigentlich ausschließt. Deshalb zeigen diese wenigen Stimmen: Die Situationen in den Umsiedlungsdörfern ist nicht so eindeutig, wie das manche auch hier im Landtag vermitteln.
Hinzu kommt, dass aufgrund des laufenden Rechtsstreits nicht auszuschließen ist, dass eine bergbauliche Inanspruchnahme des Hambacher Forstes auf Jahre hinaus verhindert werden könnte.
Es besteht aber bei allen beteiligten Akteuren die Überzeugung, dass die von Umsiedlung betroffenen Menschen, die Beschäftigten, die Kommunen und
das Unternehmen so schnell wie möglich Klarheit und Planungssicherheit bekommen. Das war auch gestern auf der Revierkonferenz, auf der Minister Pinkwart und ich waren, der Appell: Gebt uns bald Klarheit, so schnell wie möglich.
Man kann aber jetzt nicht jahrelange Gerichtsentscheidungen abwarten, um diese Klarheit herbeizuführen. Vor diesem Hintergrund erkläre ich heute für die gesamte Landesregierung: Mancher Beobachter sah jene Dörfer, die 2016 aus der Planung herausgenommen worden sind – Holzweiler, Dackweiler und den Hauerhof – nun wieder als gefährdet an.
Ich habe hier schon als Oppositionsführer 2014 für den Fall eines Regierungswechsels zur Entscheidung der damaligen Landesregierung gesagt, dass wir daran nichts mehr verändern werden. Das ist auch heute die Aussage: Holzweiler, Dackweiler und der Hauerhof – das garantieren wir – werden nicht mehr angerührt und sind auf Dauer gesichert. Erstens.
Zweitens. Ich habe das Unternehmen RWE in den letzten Wochen gebeten, ein Moratorium für diese und die kommende Rodungsperiode zu erklären – unabhängig vom Ausgang der anstehenden Gerichtsentscheidungen. Dafür habe ich seit gestern die schriftliche Zusage des Unternehmens, das heißt, dass in jedem Fall bis zum Herbst 2020 das Moratorium gilt und der Hambacher Forst nicht gerodet wird.