Wenn wir auf Nordrhein-Westfalen schauen, dann sehen wir dramatische Veränderungen auf dem Medienmarkt. Besonders betrifft dies die lokale Berichterstattung. Die Funke Mediengruppe – Herr HolthoffPförtner als Anteilseigner ist heute auch als Minister hier – hat am 07.02.2019 verkündet, dass im lokalen Bereich 10 % der journalistischen Stellen abgebaut und dass ganze Lokalredaktionen geschlossen werden müssen.
Es gibt auf der anderen Seite 44 lokale Radios, die durchaus schlagkräftig aufgestellt sind, mit 44 eigenständigen Redaktionen, die über das Leben in der Stadt, über Vereinsfeste, Sport, Politik im Stadtrat berichten und die Identität stiften – für CDU-Mitglieder also so etwas wie Heimat.
Darum sagen wir: Es lohnt sich, das Zwei-SäulenModell mit den Veranstaltergemeinschaften, in denen gesellschaftliche Gruppen dafür sorgen, dass die Lokalradios vor Ort verankert sind, aufrechtzuerhalten. Wir wollen, dass die 44 lokalen Radiosender mit eigenständigen Redaktionen weiterhin in Nordrhein-Westfalen senden können.
Aus unserer Sicht ist es Aufgabe der Landesregierung, sich für die Stärkung des lokalen Journalismus einzusetzen. Aber was finden wir? Wir finden Untätigkeit, und wir finden Desinteresse.
„Untätigkeit“ deshalb, weil wir neue Ideen erwartet haben. Davon ist in diesen Gesetzentwürfen nicht viel zu lesen. „Desinteresse“ deshalb, weil der zuständige Medienminister Herr Laschet wieder einmal abgetaucht ist.
Die jetzige Regierung hat mittlerweile eineinhalb Jahre Regierungszeit hinter sich; im zuständigen Ausschuss war der Ministerpräsident und Medienminister jedoch nur ein einziges Mal anwesend.
Wenn wir jetzt über einen Antrag von uns debattierten, könnte man noch sagen: Na gut, nimmt er eben nicht so ernst. – Hier aber geht es um einen Staatsvertrag, der durch Ihre Regierung verhandelt wurde. Es geht um zwei Gesetzentwürfe – das Landesmediengesetz und das WDR-Gesetz –, die auf Ihre Initiative zurückgehen und die Sie hier eingebracht haben. Der zuständige Minister aber glänzt durch Abwesenheit. Ihn interessiert überhaupt nicht, was mit den Medien in diesem Land passiert.
Manchmal stellt man sich echt die Frage: Wo werden mit diesem Medienminister eigentlich die Themen beraten, wenn er sich nicht dem Parlament stellt und
mit uns darüber diskutieren möchte? Ich weiß nicht, Herr Holthoff-Pförtner: Sitzen Sie vielleicht manchmal gemeinsam mit Herrn Wüst – der hat ja auch Ahnung von diesem Thema; er war lange für die Zeitungsverleger tätig – abends beim Wein in der Staatskanzlei? Oder wo beschäftigt sich der Ministerpräsident mit dem Thema „Medien“, für das er zuständig ist? Er ist die gesamte Zeit über nicht hier.
Ihn interessiert überhaupt nicht, was mit den Journalistinnen und Journalisten und mit dem Lokalfunk in Nordrhein-Westfalen geschieht.
Kommen wir zum WDR-Gesetz. Im Zusammenhang mit dem WDR-Gesetz ist es wichtig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk gesellschaftliche Kontrolle erfährt. Gesellschaftliche Kontrolle findet unter anderem im Rundfunkrat statt. Darin sitzen 69 Mitglieder aus den Kirchen, aus dem Sport, aus Arbeitgeberverbänden, aus Gewerkschaften; auch Künstler und einige Abgeordnete sind dabei.
Der Gesetzentwurf sieht jetzt vor, dass die Verantwortung bei der Besetzung von Aufsichtsräten und beim Vorschlagsrecht für Mitglieder in Aufsichtsräte von WDR-Tochtergesellschaften vom Rundfunkrat und vom Verwaltungsrat weggenommen und dem Intendanten übertragen wird. Konkret heißt das: Transparenz und Kontrolle durch gesellschaftliche Gruppen ist weniger gewünscht und soll geschwächt werden. Genau das Gegenteil ist aber wichtig! Sie geben dem Intendanten mehr Rechte als dem Rundfunkrat.
Es gab eine gemeinsame Stellungnahme des WDR von Verwaltungsrat, Rundfunkrat und auch vom Intendanten, die sagte: Nehmen Sie diese Änderungen nicht vor. – Nichtsdestotrotz sind Sie der Meinung, dass Sie diese Änderungen vornehmen müssten, also dem Intendanten mehr Rechte zu geben und den gesellschaftlichen Gruppen Rechte wegzunehmen. Diese Zwangsbeglückung des Intendanten können wir nicht nachvollziehen. Wir lehnen sie ab.
Zusammengefasst können wir sagen: Der Staatsvertrag ist okay. Viele andere Länder haben daran mitgearbeitet, dass er so ausgestaltet werden konnte. Das WDR-Gesetz und das Landesmediengesetz sehen unter Ihrer Federführung weniger Transparenz und weniger Beteiligung der gesellschaftlichen Gruppen vor.
Sie haben eine große Chance verpasst, lokalen Journalismus und Partizipation zu stärken. Das ist sehr schade für viele Menschen, die in diesem Land Me
dien machen, auf Medien angewiesen sind und Medien für lokale Demokratie wichtig finden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. – Außerhalb der Redenreihenfolge hat Herr Kollege Hübner um das Wort zur Geschäftsordnung gebeten. Wenn Sie sich einmal eindrücken. Das Mikro ist frei.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, für die Worterteilung. – Der Kollege Alexander Vogt hat gerade schon deutlich gemacht, dass wir diese Debatte gerne mit dem zuständigen Medienminister – sprich: Ministerpräsident Laschet – führen wollen. Jeder Abgeordnete hat nach § 65 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Recht, den zuständigen Minister herbeizubitten.
Ausweislich der Entschuldigtenliste ist der Ministerpräsident im Haus. Wir bitten, die Sitzung entsprechend lange zu unterbrechen, bis der Ministerpräsident dem weiteren Verlauf dieser wichtigen Debatte zum WDR-Gesetz und zu anderen Gesetzen zum Staatsvertrag, die maßgeblich aus seinem Haus zu gestalten sind, beiwohnen kann.
Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Sie haben es gehört: Herr Kollege Hübner hat gemäß § 65 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung beantragt, dass der Ministerpräsident als zuständiger Fachminister teilnehmen soll. Das ist ein Geschäftsordnungsantrag, über den wir abzustimmen haben.
„Vor der Abstimmung über diesen Antrag ist die Beratung nur zu eröffnen, wenn eine Fraktion oder ein Viertel der Mitglieder des Landtags es verlangt.“
Deshalb frage ich, ob eine Beratung über diesen Geschäftsordnungsantrag gewünscht wird. – Herr Kollege Kerkhoff.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es für ausreichend, dass wir über diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag hier debattieren. Die Anwesenheit des Ministerpräsidenten zu diesem Tagesordnungspunkt halte ich für nicht zwingend erforderlich.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns im Plenum über diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterhalten,
sondern es finden seit vielen Monaten und Wochen Diskussionen darüber in den unterschiedlichsten Ausschüssen statt. Es hat Anhörungen gegeben, die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker tauschen sich über dieses Thema seit geraumer Zeit aus, und wir sind heute in der Lage, darüber auch abschließend abzustimmen.
Das ist von Ihnen bisher auch überhaupt nicht in Zweifel gezogen worden. Von daher schlage ich Ihnen vor, jetzt über diesen Geschäftsordnungsantrag abzustimmen. Wir schließen uns diesem Antrag nicht an.
Danke, Herr Kollege Kerkhoff. – Da die Aussprache über den Geschäftsordnungsantrag eröffnet ist, habe ich jetzt eine zweite Wortmeldung vorliegen, nämlich von Herrn Kollegen Vogt. Ich will Herrn Kollegen Vogt und alle weiteren Rednerinnen und Redner, die möglicherweise noch sprechen werden, darauf aufmerksam machen, dass wir uns in einer Geschäftsordnungsdebatte befinden. Das heißt, es wird nicht zur Sache, sondern zum Verfahren gesprochen. – Bitte schön, Herr Kollege Vogt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kerkhoff, es verwundert mich sehr, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, dass die Anwesenheit nicht nur des Ministerpräsidenten, sondern des zuständigen Medienministers bei der Beratung über zwei Gesetzentwürfe, die durch diese Landesregierung und durch sein Haus, mit seiner Unterschrift versehen, hier eingebracht wurden, nicht notwendig sei.
Wir können natürlich mit Vertretungen darüber debattieren; aber er ist doch der federführende Minister.
Herr Kerkhoff, wir haben doch nicht entschieden, dass der Ministerpräsident gleichzeitig Medienminister sein muss.
Erinnern Sie sich bitte an das letzte Jahr zurück: Sie haben nach der Regierungsbildung Herrn HolthoffPförtner als Minister eingesetzt. Er musste ausgewechselt werden bzw. wurde auf eigenen Wunsch
ausgewechselt, weil es anscheinend eine Interessenkollision gab, da Herr Minister Holthoff-Pförtner gleichzeitig Anteilseigner eines der größten Medienkonzerne in diesem Land ist.
Deswegen hat der Ministerpräsident gleichzeitig diese Aufgabe übernommen. Er hätte auch jeden anderen Minister als Medienminister einsetzen können.