Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 2. Mai dieses Jahres ist unser geschätzter Kollege Guido van den Berg nach schwerer Krankheit im Alter von nur 44 Jahren verstorben. Sein Platz ist leer. Tieftraurig und bewegt müssen wir Abschied nehmen von einem lieben Menschen und Kollegen, von dessen Krebserkrankung viele zwar wussten, dessen plötzlicher Tod uns aber doch völlig überrascht und umso mehr erschüttert hat.
Unser Mitgefühl gilt seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern, aber auch den weiteren Angehörigen, seinen Mitarbeitern und allen, die sich mit ihm verbunden fühlen.
Guido van den Berg hatte sich bereits früh mit Leib und Seele der Politik verschrieben. Schon als Jugendlicher mit 16 Jahren fand er den Weg zur Sozialdemokratie. Wir alle kannten ihn vor allem als Landespolitiker. Er war aber auch durch und durch Kommunalpolitiker. Mit Leidenschaft und Augenmaß widmete sich Guido van den Berg der Kommunalpolitik in seiner Heimatstadt Bedburg im Rhein-Erft-Kreis. Er war nah bei den Menschen, deren Sorgen und Nöte er kannte. Er hatte die vielleicht wichtigste Gabe für einen Politiker inne: Er konnte den Menschen zuhören.
Über 15 Jahre war er Mitglied im Rat der Stadt Bedburg, und von 1999 bis zu seinem Tod gehörte er dem Kreistag des Rhein-Erft-Kreises an, seit 2014 als stellvertretender Landrat.
Mitglied des Landtags wurde Guido van den Berg mit Beginn der 16. Wahlperiode im Mai 2012. Er zog auch bei der Landtagswahl 2017 wieder in den Landtag ein. Die parlamentarische Arbeit des Diplom-Sozialwissenschaftlers war geprägt von großem Engagement und beeindruckender Sachkenntnis, die er im Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung sowie im Innenausschuss einbrachte.
Von 2013 bis 2015 war er Sprecher der SPDFraktion in der Enquetekommission zur Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen. Die humane Gestaltung des Strukturwandels im Rheinischen Revier war ihm ein herausragendes Anliegen.
Guido van den Berg war ein besonnener und geradliniger Politiker, der sein Mandat mit großer Verlässlichkeit wahrnahm. Gleichwohl konnte er mit Offenheit, Warmherzigkeit und Humor überzeugen, was ihn über Fraktionsgrenzen hinweg beliebt gemacht hat.
Von Beginn an ist Guido van den Berg offen mit seiner Erkrankung umgegangen und war optimistisch, sie besiegen zu können. Umso betroffener sind wir
nun über seinen plötzlichen Tod. Wir alle verlieren einen geschätzten Kollegen, aber manche von uns auch einen guten, persönlichen Freund.
„Nichts war zu spät, aber vieles zu früh.“ Diese Zeile aus Herbert Grönemeyers Lied „Der Weg“ stand über der Traueranzeige der Familie. – Ja, Guido van den Berg ist viel zu früh von uns gegangen. Der Landtag Nordrhein-Westfalen gedenkt Guido van den Berg mit Respekt und in Dankbarkeit. Allen Angehörigen spreche ich im Namen des Hohen Hauses meine Anteilnahme aus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie zu unserer 57. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich sieben Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freud und Leid liegen im Leben dicht nebeneinander. Heute feiert unser Kollege Horst Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege!
Die Fraktion der Grünen hat mit Schreiben vom 20. Mai gemäß § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin für die Fraktion der Grünen der Kollegin Düker das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Ministerpräsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Was kann es Schöneres geben, als die Regierung in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen zu übernehmen, wie vor zwei Jahren geschehen?
Sprudelnde! – Immer weiter ging es bergauf, jedes Jahr wurde mehr eingenommen. Summa summarum haben Sie in diesen gut zwei Regierungsjahren 6,4 Milliarden Euro kumulativ mehr Steuern eingenommen, und aus nicht verausgabten Haushaltsresten hatten Sie weit über 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Was macht eine Regierung in dieser geradezu perfekten, paradiesischen Lage? Aber besser gefragt: Was haben Sie nicht gemacht?
Erstens: Schuldenabbau. Herr Ministerpräsident, Sie haben in der Opposition angekündigt: Alle Steuermehreinnahmen werden zu einem Drittel in den Schuldenabbau gesteckt. – Das hieße rechnerisch: Gut 2 Milliarden Euro Schulden weniger hätte dieses Land. Was ist passiert? – Sie haben von den Steuermehreinnahmen etwas über 180 Millionen Euro – eine homöopathische Dosis – in den Schuldenabbau gesteckt, dazu noch einmalig 300 Millionen Euro aus Haushaltsausgaberesten. Herr Ministerpräsident, das ist das Gegenteil von dem, was Sie versprochen haben.
Zweitens: Investitionen. Der Investitionsstau hätte in dieser Situation abgebaut werden müssen. Alle – von rechts bis links, vom DGB bis zu den Wirtschaftsinstituten – haben gesagt, dass man das tut; denn Haushalte werden nicht in Krisenzeiten ruiniert. Sanierungsbedarf gibt es genug: Hochschulen, Studentenwohnheime, digitale Infrastruktur.
Was ist passiert? Eine magere Investitionsquote von 10 %, die in der mittelfristigen Finanzplanung – man höre und staune – sogar noch zurückgeht. Auch das ist das Gegenteil von dem, was Sie versprochen haben und was in diesen Zeiten nötig gewesen wäre.
Drittens. Was Sie mit Ihrer Totalamnesie komplett ignoriert haben, war Ihr Versprechen: Alle neuen Ausgaben werden durch Einsparungen gegenfinanziert. – Einsparungen gibt es fast null.
Also, an allen drei Stellen haben Sie das Gegenteil von dem gemacht, was Sie versprochen haben. Sie hatten Maß und Mitte versprochen, Herr Ministerpräsident. Stattdessen ist Ihre Finanzpolitik maßlos gewesen.
Herr Lienenkämper, das, was Sie den Ressorts haben durchgehen lassen – das Aufblähen der Ministerialbürokratie –, hat mich fassungslos gemacht. In zwei Jahren haben Sie es geschafft, summa summa
rum 452 zusätzliche Stellen bei den Ministerien aufzubauen. Herr Ministerpräsident, Sie haben auch das Versprechen gegeben: Am Ende der Legislaturperiode belaufen sich die Ausgaben der Ministerialbürokratie auf plus/minus null. – Dann müssen Sie mal langsam damit anfangen, das einzulösen und die zusätzlichen Stellen wieder abzubauen.
Ich muss sagen – man ist ja vieles gewohnt und hat da ein dickes Fell –: Was mich komplett fassungslos gemacht hat, war die Skrupellosigkeit der Koalitionsfraktionen in den letzten Haushaltsberatungen. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Sie hatten für 2019 – das Jahr mit den höchsten Steuereinnahmen – im Vergleich zum Vorjahr 2,6 Milliarden Euro mehr zum Ausgeben zur Verfügung. Und Sie von den Koalitionsfraktionen schaffen es in den Haushaltsberatungen nicht, Ihre wohlmeinenden Wahlgeschenke, Ihre Wohltaten, Ihre Erhöhungsanträge aus diesen zusätzlichen Einnahmen zu decken. Nein, als Deckung greifen Sie vielmehr auf die Rücklage aus 2018 von nicht verausgabten Steuermitteln zurück. Das kann ja wohl nicht wahr sein!
Man kann nur sagen: Da machen Sie sich den Staat zur Beute, statt verantwortungsvoll mit Steuergeldern umzugehen. Bei allem Verständnis für die Bewahrung des verkehrshistorischen Kulturguts oder die autonome Binnenschifffahrt: Bei den Anträgen war für jeden etwas dabei.
Warnungen vor dieser Haushaltspolitik mit der Gießkanne gab es in den Haushaltsberatungen viele. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung überschreibt seine Stellungnahme zum Haushalt mit „Die ‚schwarze Null‘ ist keine Strategie“ und stellt fest, dass Ihnen der finanzpolitische Kompass fehlt. Der Landesrechnungshof mahnt Sie an.
Was mich richtig geärgert hat: Vor vier Wochen, am 17. April, antworten Sie, Herr Finanzminister, auf unsere Kleine Anfrage, was die Warnungen der Wirtschaftsinstitute – Stichworte: Die fetten Jahre sind vorbei, die Prognosen gehen zurück – denn nun für Auswirkungen hätten, doch tatsächlich: „Eine unmittelbare Belastung des Landeshaushaltes NordrheinWestfalens kann aus den Prognosen des Bundes nicht hergeleitet werden.“ Und vier Wochen später sagen Sie der dpa: Ups, da fehlen ja 1,7 Milliarden Euro. – Und das – kein Mensch versteht es –, obwohl Bundesfinanzminister Scholz gesagt hat: Eigentlich besteht 2019 für die Länder noch ein Plus.
Wir erwarten heute von Ihnen Erklärungen, warum NRW von diesen Steuermehreinnahmen nicht profitiert. Haben Sie sich verrechnet, Herr Finanzminister? Oder geht da etwas an NRW vorbei? Sie bleiben auch die Erklärung schuldig, was das konkret heißt. Wir haben gerade festgestellt: Sparen gehört nicht unbedingt zu den Kernkompetenzen Ihres Kabinetts. Kratzen Sie wieder, um die Lücken zu schließen,
Haushaltsausgabereste von den nicht besetzen Lehrerstellen von Frau Gebauer zusammen? Oder was machen Sie?
Und was heißt das für die Prognose für Ihre milliardenschwere To-do-Liste? Frau Ministerin Gebauer, Sie wollen noch knapp 600 Millionen Euro vom Finanzminister für die versprochene A13-Besoldung für die Grundschullehrer haben. Wir haben das Versprechen von Kollegin Ina Scharrenbach zur Absenkung der Grunderwerbsteuer – auch das haben Sie versprochen –; das kostet 1 Milliarde Euro. Die Übernahme der Kosten der Geduldeten kostet 700 Millionen Euro. Und so weiter, und so fort.
Ich finde die Fragen spannend, Herr Finanzminister, und freue ich gleich auf Ihre Antworten. Wann fangen Sie eigentlich an, Ihre ganzen Ausgaben mal gegenzufinanzieren?
Vor allen Dingen: Was passiert jetzt mit der mittelfristigen Finanzplanung? Geben Sie den Schuldenabbau gänzlich auf? Bislang steht in der mittelfristigen Finanzplanung für die nächsten Jahre noch 1 Milliarde Euro pro Jahr Schuldenabbau.
Ich fordere Sie heute wiederholt auf: Beenden Sie Ihre fahrlässige Finanzpolitik mit der Gießkanne nach dem Motto „Prinzip Hoffnung; irgendwie geht es schon weiter“! Sehen Sie das auch als Weckruf, hier endlich ein zukunftsfähiges Finanzkonzept vorzulegen!
Zukunftsfähigkeit heißt für uns, die Steuermehreinnahmen prioritär auch in den Schuldenabbau und die Investitionen zu stecken – Geld haben Sie immer noch genug dafür. Zukunftsfähigkeit heißt für uns auch: Machen Sie sich endlich ehrlich. Bilden Sie dabei endlich ehrlich die realen Wachstumsprognosen und die Steuerentwicklung ab. Beenden Sie die Kopf-in-den-Sand-Politik!
Lösen Sie endlich auch Ihr Versprechen ein, das da heißt: Wir unterziehen den Landeshaushalt einer ausführlichen Ausgabenkritik, identifizieren Überschüsse und identifizieren vor allen Dingen Mehrausgaben, die wir nicht brauchen. – Von dieser Aufgabenkritik ist nichts zu sehen.