Protokoll der Sitzung vom 18.09.2019

Zweitens. Das Innenministerium hat am 10.08. den Zuschlag im Wege einer Verhandlungsvergabe ohne Teilnehmerwettbewerb erteilt. In dem Vergabevorgang des Innenministeriums wird noch der Begriff der Direktvergabe verwendet, der vor Inkrafttreten der UVgO im Jahre 2017 galt.

Drittens. Die Kanzlei ist hierzu bereits in Vorleistung getreten, um anlässlich des vorliegenden RWEAntrags schnellstmöglich zu einer tragfähigen rechtlichen Bewertung zu kommen.

Das ist genau so abgelaufen und auch ordnungsgemäß.

Vergaben bedürfen nicht eines Vertrages, sondern ein Zuschlag wird erteilt.

Danke schön, Herr Minister. – Herr Kutschaty stellt die nächste Frage. Bitte schön.

Vielen Dank. – Ich habe an der Akteneinsicht teilgenommen und da einen Brief gefunden von Ihnen, Herr Reul, den Sie vor der Räumung geschrieben haben an den Ministerpräsidenten und mehrere Kabinettskollegen – wenn ich mich richtig erinnere, an Frau Scharrenbach, Herrn Pinkwart, Herrn Biesenbach, und, ich glaube, Herr Laumann war sogar auch dabei –, in dem Sie zunächst noch einmal die rechtlichen Schwierigkeiten und unterschiedlichen Sichtweisen zwischen kommunaler und Landesebene erläutert haben, dann aber auch um Unterstützung für weitere polizeiliche- und Räumungsmaßnahmen gebeten haben.

Jetzt habe ich gedacht, ich gehe mal zu dem Ordner der Staatskanzlei und gucke, ob der Brief angekommen ist und welche Antwort die Staatskanzlei gegeben hat. Der Brief taucht da in dem Ordner „Staatskanzlei“ gar nicht auf. Der Ordner „Justizministerium“ war gar nicht vorhanden.

Deswegen nutze ich jetzt hier die Gelegenheit, die Frage zu stellen: Was haben Ihnen denn der Ministerpräsident und die von Ihnen angeschriebenen Kabinettskollegen auf diesen Brief sowohl mündlich als auch gegebenenfalls schriftlich geantwortet? Welche Unterstützungsmaßnahmen haben Sie von denen bekommen?

Herr Minister, bitte schön.

Ich habe erstens ja schon im Ausschuss auf diesen Brief hingewiesen und ihn öffentlich gemacht – das ist also keine neue Erkenntnis –, zweitens es eben ausführlich erklärt und drittens mache ich das jetzt gerne noch einmal. Ina Scharrenbach hat es eben auch vorgetragen.

Das war ein Brief an alle Ministerien, um sie auf das Problem und darauf hinzuweisen, dass sie auch eine Verantwortung haben, daran mitzuwirken.

Da war nicht die Bitte drin: Teilt uns bitte mit, was ihr macht. – Da wurde gar keine Frage gestellt. Insofern – kleiner Vorbehalt, soweit ich mich erinnere; aber Sie hätten die Briefe ja sonst gefunden – gab es auch keine Antworten schriftlicher Art. Es brauchte auch keine, sondern jeder hat da, wo er zuständig war, dann an der Sache gearbeitet.

Ina Scharrenbach hat gerade ganz präzise erklärt, was in ihrem Hause geschehen ist.

Ich vermute, dass die Staatskanzlei – aber das müssen die ja beantworten – gar nichts tun musste, sondern das war informativ. Sie kennen das doch aus früheren Zeiten noch. Wenn man Minister anschreibt oder wenn ein Minister andere anschreibt, dann muss die Staatskanzlei wohl informiert sein. Das ist einfach eine Frage der Ordnung. Ich vermute, abgeheftet und Ende. Aber ich weiß es nicht.

(Thomas Kutschaty [SPD]: Wo denn? – Sarah Philipp [SPD]: Wo denn?)

Ich war nicht dabei. Ich kann es Ihnen nicht beantworten. Fragen Sie nach.

Bei dem Brief, Herr Kutschaty, kann man sich übrigens kräftig darüber streiten, ob der überhaupt einer ist, der zur Veröffentlichung ansteht. Darüber haben wir sogar nachgedacht. Dies ist ein Dokument des inneren Kerns des Regierungshandelns. Aber ich fand es klug, weil wir nichts zu verstecken haben. Damit wissen Sie jetzt genau, was ich geschrieben habe

und was die anderen Kollegen als Information bekommen haben.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Göddertz von der SPD-Fraktion hat eine Frage und stellt die jetzt. Bitte schön.

Die Begründung für die Räumung war die Gefahr für Leib und Leben der Bewohner des Hambacher Forstes. Das ist uns so gesagt worden. Frage: Sieht die Landesregierung die Gefahrenlage für die Baumhausbewohner heute anders? Ist die Gefahr für Leib und Leben heute eine andere, als sie es im letzten Jahr war?

Frau Scharrenbach, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Abgeordneter Göddertz, wir haben am 27. August die bereits benannte erstmalige Ortsbegehung im Hambacher Forst gemacht, um in Augenschein zu nehmen, um was für bauliche Anlagen bzw. Baumhäuser es sich handelt. Sind es bauliche Anlagen? Das war die Kernfrage des Ganzen.

Die verschiedenen Behördenvertreter sind dann mit verschiedenen Erkenntnissen wiedergekommen und sind vor dem Hintergrund der örtlichen Eindrücke in die Wertung gegangen. Die Baumhausstrukturen, die im Sommer letzten Jahres dort gestanden haben, waren andere als die, die wir heute im Forst finden.

(Zuruf von der SPD)

Lassen Sie mich versuchen, es Ihnen zu erläutern.

Deswegen auch noch einmal zurückgehend auf die Frage vom Kollegen Körfges – Herr Reul hat geantwortet –, ob wir ohne Rodung auch geräumt hätten, – Ja, hätten wir.

Wir haben das am Freitag im Ausschuss auch noch einmal sehr deutlich gemacht. Wenn das alles miteinander zusammenhängen würde, hätten alle Beteiligten am 3. Oktober mit dem Ende der Besonderen Aufbauorganisation die Arbeit eingestellt.

Das haben wir aber nicht. Es gibt die Allgemeinverfügungen. Das ist anders als im Sommer 2018. Die gab es da nicht. Gegenüber jedermann und jederfrau ist kundgetan, dass das Aufhalten in diesen Strukturen gefährlich ist. Das gab es im Sommer 2018 nicht.

Sie haben bis heute im Hambacher Forst eine Räumung bodennaher Infrastrukturen auf Basis des Forstrechts. Bis heute! Und wir haben die Situation – das habe ich im Ausschuss dargelegt –, dass wir ur

sprünglich im Jahr 2018 noch eine Räumung vorhatten, die wir nicht durchführen konnten, weil das Polizeipräsidium Aachen sich zu dem Zeitpunkt in einer Umbaumaßnahme befand.

Zum anderen hatten wir in der zweiten Kalenderwoche 2019 eine Räumung beabsichtigt, die ich persönlich am 9. Januar angehalten habe – auch das habe ich am Freitag der vergangenen Woche dargelegt –, weil mir aus der Begehung des Forstes mitgeteilt wurde, dass andere – ich betone es heute noch einmal – in Anführungszeichen – wie letzte Woche auch – bauliche Qualitäten vorhanden sind.

Das bedeutet: Ich bin selbst – auch das habe ich deutlich gemacht – später, Anfang Februar, dafür eingetreten, dass wir ein Rodungsmoratorium bekommen. Es zeichnete sich ab, dass die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin im Zuge der Kohlekommission miteinander verabreden, dass es wünschenswert sei, den Hambacher Forst zu erhalten.

Die Hinweise, die am 9. Januar aus der Begehung gekommen sind, waren, dass die Baumhausstrukturen tiefer hineingebaut sind. Das heißt: Wenn wir in der zweiten Kalenderwoche hätten räumen wollen, hätten wir de facto Bäume fällen müssen.

Auch das war anders als im Sommer 2018. Wir haben im Sommer 2018 ganz wenige Bäume angreifen müssen. Wir hatten auch den Artenschutz und den Naturschutz dabei, um es jeweils sequenziell prüfen lassen zu können. De facto war die Rückmeldung aus dem Januar: Wir hätten fällen müssen, um überhaupt an diese Strukturen herankommen zu können.

Zweitens. Wir haben Baumhausstrukturen vorgefunden, die zum Beispiel auch über eine Doppelverglasung verfügen. Darüber mögen Sie jetzt lachen; ich wäge nur aus den Erkenntnissen des Einsatzes im Sommer 2018 ab.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Das muss ich bei einer Entscheidung mit berücksichtigen, wenn es um das Ausüben von Ermessen geht.

Wir haben im Besonderen gegenüber Polizeikräften, Verwaltungshelfern – damals von RWE – sowie gegenüber Vertreterinnen und Vertretern der Unteren Ordnungsbehörden inklusive der Bauaufsichtsbehörden im Sommer 2018 Gewaltanwendungen erlebt.

Insofern dürfen und müssen wir davon ausgehen, dass bei einer erneuten Räumung trotz eines Rodungsmoratoriums bis einschließlich des nächsten Jahres, trotz des klaren Bekenntnisses dieser Landesregierung, dass es wünschenswert wäre, dass der Hambacher Forst erhalten bleibt, und trotz der laufenden Verhandlungen auf der Bundesebene mit RWE – ich wiederhole mich vom Freitag: Ich hätte mir gewünscht, sie wären zu diesem Punkt schon abgeschlossen – die Situation eintritt, dass wieder massiv und dann unter Einsatz von Glas Gewalt gegen

Einsatzkräfte des Landes Nordrhein-Westfalen, gegen Menschen verübt worden wäre. Das muss ich mit abwägen. Deshalb erfolgt der Hinweis auf eine andere bauliche Qualität mit Doppelverglasung.

Vor diesem Hintergrund – andere bauliche Qualität und tiefer hineingebaut – und mit der Verbindung, dass wir hätten fällen lassen müssen, und angesichts einer erhöhten Gefährdungslage für Einsatzkräfte infolge des Verbaus von Glas – die Gefahr ist allen durch die Allgemeinverfügungen bekannt – habe ich am 9. Januar nach den Rückmeldungen aus der Begehung entschieden, dass die Räumung in der zweiten Kalenderwoche 2019 nicht stattfindet.

Das ist mein Ermessen, das ich ausgeübt habe. Das habe ich Ihnen am Freitag der vergangenen Woche berichtet.

Sie finden in den Akten des Weiteren bis einschließlich Mitte April Rückmeldungen aus wiederholten Begehungen im Hambacher Forst, Rückmeldungen der Unteren Bauaufsichtsbehörden, die beispielsweise, ich glaube, um den 12. April herum melden, dass sie eine Lage zum Sofortvollzug als nicht gegeben betrachten, und Vergleichbares. Aber Sie finden bis heute das Räumen bodennaher Strukturen. Darauf darf ich hinweisen. Das ist das Ermessen, das wir entsprechend zur Ausübung gebracht haben.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Als nächster Abgeordneter hat Herr Bolte-Richter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Frage. Bitte schön, Herr Bolte-Richter.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Reul, Sie hatten vorhin schon angesprochen, dass eine große Zahl von Bereitschaftspolizeikräften für diese Räumung bzw. für die Rodung mobilisiert werden musste.

Sie haben dafür die Kräfte der Bereitschaftspolizei auch aus Schwerpunkteinsätzen im Rahmen von Präsenzkonzeptionen der Stufen 1 bis 3 abgezogen für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis zum 02.01.2019; so ist jedenfalls die Erlasslage. Dazu die Frage: Welche Einsätze in welchen Kommunen und mit wie vielen Kräften wurden da abgezogen?

Bitte schön, Herr Minister.

Mir ist keiner bekannt.

(Monika Düker [GRÜNE]: Düsseldorfer Alt- stadt?)

Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Frau Brems für die grüne Fraktion. Bitte schön, Frau Brems.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Reul, ich habe mir die Akten angesehen, die zu der Vergabe der Gutachten geführt haben. Ich muss nun kurz etwas ausführen, damit wir alle wissen, worauf wir uns beziehen, sodass ich danach zur Frage kommen kann.