Da wurde diese Idee geboren, ob man möglicherweise nicht das Baurecht auch dadurch sichern kann, dass man die Bäume durch die Ummantelung mit Draht davor bewahrt, dass da Menschen raufsteigen. Wenn keiner raufsteigt, kann keiner runterfallen; dann besteht keine Gefahr. Ich fand das eine sehr intelligente Idee. Sie ist übrigens nicht auf meinen Mist gewachsen, sondern wurde breiter vorgetragen. Die Idee war: Kann man auf diese Art und Weise nicht den Wald befrieden, bis der Tag kommt?
Ich bin jetzt sehr dankbar, dass Sie diese Frage stellen, damit das einmal öffentlich wird. Wir haben nämlich nicht nur herumgesessen, sondern wir haben auch darüber nachgedacht: Gibt es eine Chance, die Zeit zu nutzen, um da Ruhe hineinzubringen?
Es ging übrigens noch weiter. Wir haben auch überlegt, ob wir nicht eine Stelle schaffen sollen, an der die Menschen, die im Wald sind, in einer Art Mahnwache bleiben können, aber wir sicherstellen können, dass die Baumhäuser nicht mehr benutzt werden, weil das ja das Gefahrenpotenzial Baurecht ist.
Wir konnten das aus zwei Gründen nicht realisieren – erstens, weil es rechtliche Bedenken gab. Die Chance wäre aber sehr groß gewesen, weil zu dem Zeitpunkt nur 15 Leute da waren. Das zweite Argument war, dass bei näherer Betrachtung der Menschen, die da waren, es zwar wenige waren, aber Menschen, die man in einer besonderen Art und Weise qualifizieren musste. Man wusste genau: Wenn wir das versuchen, dann reißen sie sofort den ganzen Zaun wieder ab und klettern trotzdem hoch; und dann sind wir gezwungen, den Schritt zwei zu machen. Dann haben wir gesagt: Dann machen wir das jetzt nicht.
Es war der Versuch, eine kluge Zwischenlösung zu finden. Das ging aus rechtlichen und politischen Gründen nicht. Ich glaube, das war vernünftig so. Eigentlich müsste es in Ihrem Sinne sein. Aber es hat nicht funktioniert. Das ist die Wahrheit. Es ging nicht.
Vielen Dank, Herr Minister. – Gibt es weiteren Antwortbedarf seitens der Landesregierung? – Im Moment nicht. Dann rufe ich die nächste Frage auf. Das ist die Frage von Herrn Ganzke, der hier seine zweite und heute letzte Frage dazu stellt.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Reul, eine Frage: Sie haben in Ihren einleitenden Ausführungen zu der Fragestunde
Folgendes gesagt: Sie wollten in Nordrhein-Westfalen keinen Raum haben, den der Staat aufgegeben hat. Deshalb haben Sie sich in der Landesregierung ausgetauscht, und deshalb ist nach einem Abwägungsprozess auch die Entscheidung gefallen, gerade dort die Baumhäuser zu räumen.
Ich frage jetzt vor diesem Hintergrund „keinen Raum haben, den der Staat aufgegeben hat“: Würden Sie vor dem Hintergrund der Entscheidung, die jetzigen Baumhäuser nicht zu räumen, sagen, dass der Staat jetzt hier einen Raum aufgegeben hat?
Nein, hat er nicht. Und erklärt hat es Ina Scharrenbach eben ganz ausführlich. Aber sie kann es gerne noch einmal machen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter Ganzke, nein, wir haben das nicht aufgegeben – und das wissen Sie auch –, weil die Allgemeinverfügungen unverändert gelten. Sie sind erlassen, und sie sind ausgerufen, weil wir bis heute bodennahe Infrastruktur räumen lassen über Forstrecht, weil – auch darauf darf ich zurückgreifen – wir am Freitag sehr ausführlich im zuständigen Kommunal- und Bauausschuss dargelegt haben, dass natürlich die Baumhäuser unverändert formell und materiell illegal sind – unverändert.
Und das wird uns in der Frage fordern, wenn denn diese eine Entscheidung gefallen ist, auf die wir warten und für die wir als Landesregierung auch eintreten. Deswegen räumen wir weiter, in dem Fall bodennahe Infrastrukturen, weil wir da einfach drankommen.
Sie konnten gerade aus der E-Mail, die Herr Mostofizadeh vorgelesen hat, entnehmen, dass Mitte Februar entsprechend bestätigt wurde, dass wir fällen müssten, wenn wir reingehen. Ich selbst habe am 7. Februar beim RWE-Vorstandsvorsitzenden für ein
Rodungsmoratorium bis einschließlich 2020 geworben. Wir haben diese Verabredung – wünschenswert, Ministerpräsident, Bundeskanzlerin –, dass der Hambacher Forst erhalten bleibt. Und dann sollen wir unter Würdigung von baulichen Qualitäten und unter Würdigung von geänderten Sachverhalten im Verhältnis zum Sommer 2018 reingehen und sagen, dass wir jetzt fällen? Das funktioniert in der Gesamtschau seit Anfang des Jahres nicht.
Jetzt können Sie mich dafür schelten, dass ich auf ganz viele Kleine Anfragen – die Sie ja häufig gestellt haben: Warum gehen Sie jetzt nicht rein? Warum räumen Sie jetzt nicht die Baumhäuser? – geantwortet habe: Aus einsatztaktischen Gründen kann ich dazu nichts sagen.
Das sind aber Gründe, die einfach relevant sind. Das wissen Sie auch, weil Sie schon sehr lange im Innenbereich unterwegs sind. Man kann nicht über jede Nuance, die sich bei einem Einsatz, bei einem Vorhaben verändert, sofort alles darlegen, weil man damit möglicherweise auch die Einsatztaktik angreift.
Denn noch einmal: Wir sind davon ausgegangen, dass die Verhandlungen mit RWE eigentlich schon längst abgeschlossen waren. Jetzt haben wir de facto fast Oktober.
Vor dem Hintergrund ist, wie gesagt, darzulegen: Es finden unverändert Räumungen statt. Es finden auch unverändert Polizeieinsätze im und um den Hambacher Forst statt, wenn ich die Zahlen präsent habe, die da gelaufen sind. Insofern sind wir dort da. Aber es gibt eben eine Bedingung, die nicht erfüllt ist.
Alle Beteiligten – selbst die, die beim Kohlekompromiss aufseiten, ich glaube, der Umweltverbände mit am Tisch gesessen haben – haben gesagt: Jetzt lasst den Hambacher Forst in Ruhe. – Das erfolgt letztendlich aber nicht.
Wir werden damit umzugehen haben – noch einmal: Baumhäuser sind, wie gesagt, formell und materiell illegal; unverändert –, wenn diese eine Entscheidung getroffen ist, auf die wir alle gemeinsam miteinander warten und die in Berlin noch dem Verhandlungsergebnis harrt.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich würde gerne auf einen Aspekt zurückkommen, der eben schon einmal thematisiert worden ist. Frau Scharrenbach, Sie scheinen ja Ihre Rechtsauffassung geändert zu haben, wonach es baurechtliche Probleme gab.
Wir wissen nun, dass die Leiterin der Abteilung 4 im Innenministerium die Kommunen über die neue baurechtliche Rechtsauffassung informiert haben soll. Wenn das so passiert ist, lautet meine erste Frage, ob es üblich ist, dass Beschäftigte eines völlig anderen Ressorts in Ihre Kompetenzen eingreifen und dann auch noch öffentlich sprechen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich habe meine Auffassung über das Baurecht nicht geändert. Ich betone noch einmal: Die Anlagen sind formell und materiell illegal.
Was sich geändert hat, ist die Einschätzung der Frage des Sofortvollzugs. Ich habe Ihnen gerade dargelegt, was sich vom Spätsommer 2018 bis zum Januar 2019 – wo am 9. Januar eine entsprechende Begehung stattgefunden hat – bis letztendlich heute geändert hat. Das habe ich Ihnen dargelegt.
Die Grundeinschätzung – formelle und materielle Illegalität der baulichen Anlagen – ist unverändert. Da hat sich nichts geändert. Unverändert ist auch, dass bodennahe Infrastrukturen in dem Fall auf Basis von Forstrecht geräumt werden. Da hat sich auch nichts geändert.
Ich habe gerade zurückgefragt, weil hinter mir die Abteilungsleiterin der Abteilung 4 des Innenministeriums, Frau Dr. Lesmeister, sitzt. Frau Dr. Lesmeister sagt, dass sie die Kommunen nicht informiert hat. Insofern kann ich jetzt nicht nachvollziehen, woher Sie Ihre Erkenntnis haben und auf welcher Basis Sie Ihre Frage stellen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Als nächste Fragestellerin ist Frau Düker für die grüne Fraktion angemeldet. Bitte, Frau Düker.
Danke schön. – Meine Frage richtet sich an Minister Reul – Stichwort „Erinnerungsvermögen“. Ich habe mir gerade noch einmal im WDR angeguckt, was Sie da genau zu Ihren Gesprächen gesagt haben. Ich zitiere Sie aus dem WDR-“Westpol“-Bericht von Anfang September: Da habe ich auch gar keinen Kontakt mit RWE gehabt. Natürlich habe ich in meinem Leben mit RWE geredet; das ist klar. – Jetzt kommt der entscheidende Satz: Aber in diesem Zeitraum keinen.
Diese Aussage haben Sie dann eine Woche später zurückgenommen. Sie lassen uns hier aber im Unklaren, was denn nun richtig ist. Deswegen frage ich
jetzt noch einmal nach: Haben Sie diese nachweislich falsche Aussage wissentlich oder unwissentlich dem WDR gegenüber gemacht?
Ich bin ein wenig erstaunt über die Frage. Aber ich beantworte sie natürlich: unwissentlich. Das habe ich nämlich am nächsten Tag auch erklärt. Ich habe am nächsten Tag erklärt, dass ich nach einem Blick in den Kalender zugeben muss, dass ich mich da geirrt hatte. Die Gespräche gab es. Das war unstrittig. Aber es gab sie auch in dem entsprechenden Zeitraum. Da habe ich mich korrigiert.
Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Becker, grüne Fraktion, stellt die nächste Frage. Bitte, Herr Becker.
Schönen Dank, Herr Präsident. – In einem Protokoll vom 20.07.2018 aus Ihrem Haus über ein Ministergespräch mit RWE am 16.07.2018 ist folgende Passage zu finden: Der Minister machte gegenüber RWE deutlich, dass die Polizei gerne bereit ist, Amts- und Vollzugshilfe zu leisten.
Des Weiteren heißt es später: Weitere Gespräche mit der RWE Power AG sind geplant; die Ergebnisse werden schriftlich festgehalten. Das Polizeipräsidium Aachen wird gebeten – jetzt muss man genau auf die Formulierung achten –, ebenfalls alle Vereinbarungen schriftlich festzuhalten.
Daraus wird also deutlich: Es gibt auch weitere Gespräche an weiteren Stellen, die festgehalten werden sollten, und es hat auch schon mehrere gegeben.
Vor dem Hintergrund dieser Formulierung stelle ich folgende Frage: Sind bei den im Rahmen der Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz bereitgestellten Unterlagen alle Vereinbarungen aufgrund dieser Gespräche umfassend und lückenlos dargestellt, oder gibt es welche, die fehlen?
Ich habe alles, was Sie gerade sagen, eben schon einmal vorgetragen. Das, was Sie sagen, stimmt. Ich habe auch bestätigt, dass es weitere Gespräche auf unterschiedlichen Ebenen gab.
Bei der Anfrage, von der Sie jetzt reden, ist natürlich das Innenministerium gefragt gewesen sowie das zu
ständige … also die Ministerien, die die Entscheidung getroffen haben. Es hat keiner nachgefragt, welche Gespräche das Polizeipräsidium geführt hat. Im Übrigen vermute ich, dass die auch langweilig sein werden, weil das nämlich die praktische Alltagsarbeit ist.
Ich kann aber antworten: Das, was bei uns nach dem Informationsfreiheitsgesetz an Daten vorliegt, liegt Ihnen vor.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Frage richtet sich an den Minister des Innern. Herr Reul, Ihre Ressortkollegin Frau Scharrenbach hat am Freitag, aber auch eben noch einmal sehr deutlich gemacht, dass weitere Räumungen zu Beginn dieses Jahres beabsichtigt gewesen seien und sie diese gestoppt habe. Wer entscheidet denn jetzt eigentlich über Polizeieinsätze in NordrheinWestfalen?