Frau Gebauer weiß das auch, sie kann sich aber im Kabinett und in den Mehrheitsfraktionen nicht durchsetzen. Ihr Schwung ist verflogen, ihre Kraft ist verbraucht. Jetzt steckt sie fest im Morast der Widerstände und Widersprüche ihrer eigenen Koalition. Da kommen Sie nicht mehr raus. Die Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen wird dadurch allerdings leider nicht besser.
Unser Land kann seit vielen Jahren auf stets gute Wachstumszahlen und immer bessere Arbeitsmarktzahlen zurückblicken. Auch das hat der Finanzminister gerade sehr ausführlich dargestellt.
Doch die Lage verschlechtert sich tatsächlich zunehmend. Große Konzerne wie thyssenkrupp, Bayer, Karstadt und RWE haben angekündigt, Tausende Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren abbauen zu wollen. Insgesamt stehen mehr als 25.000 Jobs in Nordrhein-Westfalen auf
Es fehlen Maßnahmen dagegen. Ihre Regierung ist ja noch nicht mal in der Lage, neue industriepolitische Leitlinien vorzulegen. Darauf wartet die Industrie in diesem Lande seit zweieinhalb Jahren. Offensichtlich haben Sie an Industriepolitik nicht das geringste Interesse. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie in diesem Bereich bislang so untätig gewesen sind.
Das Gleiche gilt, meine Damen und Herren, für die Klima- und Energiepolitik, derzeit ein einziges Chaos. Diese Koalition macht die Windkraft kaputt, scheitert aber gleichzeitig beim Ausbau von Fotovoltaik, Biomasse, Geothermie oder Wasserkraft.
Die energiepolitische Bilanz dieser Regierung ist so schlecht, dass der Ministerpräsident aus lauter Verzweiflung schon anfängt, das rot-grüne Klimaschutzgesetz zu preisen – ein Gesetz übrigens, was Sie, Herr Laschet, und Ihre Fraktion damals zu Oppositionszeiten bis aufs Messer bekämpft haben.
Herr Pinkwart, wissen Sie eigentlich noch, wie Ihr jetziger Kabinettskollege, Herr Wüst, damals das von Ihnen jetzt hochgelobte Klimaschutzgesetz genannt hat? – Herr Wüst, Sie sagten damals: Das Klimaschutzgesetz der rot-grünen Regierung sei eine Schweinerei. – Das war das Niveau, auf dem wir damals Auseinandersetzungen mit Ihnen führen mussten.
Konzeptionell haben Sie aber seitdem nichts dazugelernt; den industriepolitischen Herausforderungen des Klimaschutzes steht diese Landesregierung hilflos gegenüber. Unser Land verliert dadurch leider wertvolle Zeit, meine Damen und Herren.
Zur Mitte dieser Legislaturperiode hat das Kabinett Laschet aber noch zwei weitere Rekorde aufgestellt, die in absehbarer Zeit niemand mehr knacken wird. Noch nie hat eine Regierung in so kurzer Zeit so viele Menschen enttäuscht und so oft die Öffentlichkeit getäuscht wie Ihre, Herr Ministerpräsident.
Wenn frühere Ministerpräsidenten Rau, Rüttgers oder Kraft mitteilten, dass Sie mit unseren europäischen Freunden in Verhandlungen zu einer Sachfrage stehen, hat das niemand in Zweifel gezogen. Warum auch? – Das stimmte selbstverständlich. In der Ära Laschet kann man sich da leider nicht mehr sicher sein, meine Damen und Herren.
Bis 2018 wäre es auch keiner Richterin im Traum eingefallen, dass sie jemals eine Landesregierung in die Irre führen könnte. Das war undenkbar in NordrheinWestfalen. In Ihrer Regierungszeit, Herr Laschet, ist
das leider nicht mehr der Fall, denn es ist passiert, und bis heute hat sich dafür bei der Justiz leider keiner von der Regierung entschuldigt. Das hätten Sie wenigstens mal tun können.
Gleiches gilt für die Falschmeldung über angebliche Hackerangriffe auf eine Ministerin, die Ihre Regierung in die Welt gesetzt hat.
Der nächste Skandal kam dann im März ans Licht: Schulministerin Gebauer musste zugeben, dass sie einen 600.000-Euro-Auftrag ohne Ausschreibung an eine Unternehmerin, die zuvor 50.000 Euro an die FDP gespendet hatte, vergeben hat.
Das Ministerium hatte Frau Gebauer gewarnt, ohne Ausschreibung sei die Vergabe rechtswidrig, aber man hat offensichtlich darauf bestanden, nicht auszuschreiben.
Im Juni gingen Frau Gebauer dann die Ausflüchte aus, der Auftrag wurde zurückgezogen und ausgeschrieben. Jetzt können sich auch Unternehmen bewerben, die nicht an die FDP gespendet haben, und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.
Stellen wir uns einmal kurz vor, Sylvia Löhrmann hätte in ihrer Amtszeit ohne Ausschreibung eine Auftragsvergabe so vorgenommen.
Was hätte die damalige Opposition getan? – Da wäre der Teufel los gewesen. Sie, Herr Löttgen, hätten in Rekordzeit gelernt, das Wort „Rücktritt“ in 50 Sprachen zu buchstabieren, vorwärts und rückwärts. Das wäre die Realität gewesen.
Aber in dieser Regierung muss man für persönliches Fehlverhalten keine Konsequenzen ziehen; nicht einmal eine Entschuldigung hält man für nötig.
Sie meinen, Sie könnten Ihre Schwindeleien und Affären unauffällig in der Flut aus schlechten Nachrichten und Aufregerthemen versenken, die tagtäglich in der Öffentlichkeit über uns hereinbrechen. Aber eines schönen Tages wachen Sie auf, und die Ebbe ist zurück, und dann kommt der ganze Mist wieder an die Oberfläche, und – das verspreche ich Ihnen – er wird zum Himmel stinken, meine Damen und Herren.
Bei Herrn Reul und bei Frau Scharrenbach ist es schon so weit. Es geht um die Räumung des Hambacher Forstes im September letzten Jahres, den größten, den teuersten und den wahrscheinlich auch
Angeblich waren allein die Sicherheitsmängel der Baumhäuser Grund für den Einsatz. Mit der von RWE geplanten Rodung des Hambacher Forstes habe der Einsatz nichts zu tun. – Das jedenfalls haben die Minister Reul und Scharrenbach ein ums andere Mal behauptet. Wörtlich sagte Innenminister Reul am 23. September 2018 in der WDR-Sendung „Westpol“:
„Die Räumung ‚hat ja mit der Baumrodung gar nichts zu tun. Das werfen die Leute ja alles durcheinander, bedauerlicherweise.‘„
Frau Ministerin Scharrenbach sagte im Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen am 14. September 2018 wörtlich:
„Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es nicht um die Frage der Rodung geht. Ich sage das hier in aller Ausdrücklichkeit“.
Heute wissen wir, dass das so nicht richtig war. Herr Reul hat schon um Entschuldigung gebeten, Frau Scharrenbach hat ihre Platte in der letzten Woche im Heimatausschuss noch einmal neu gespielt. Wahrscheinlich wartet sie wieder auf Heino, bis sie wieder eine neue Platte auflegen kann.
Bis heute ist allerdings völlig unklar, meine Damen und Herren, wie dieses Kommunikationsdesaster überhaupt passieren konnte. Was ist da in der Landesregierung schiefgelaufen?
Frau Scharrenbach und Herr Reul, Sie haben heute in der Fragestunde Gelegenheit, dem Parlament die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Ich bin gespannt, was gleich kommen wird.
Dann gibt es Innenminister Reul, der bestreitet, Gespräche mit RWE geführt zu haben. Ich weiß ja, dass ein Minister viel zu tun hat, auch viele Gespräche führt und man nicht immer noch jedes Detail seines Terminkalenders kennt.
Aber im Zusammenhang mit der Räumung und geplanten Rodung des Hambacher Forstes, was ja kein alltägliches Geschäft eines Ministers und eines Ministeriums ist, sich nicht daran erinnern zu können, dass man zwei Gespräche mit der Vorstandsspitze von RWE geführt hat? – Meine Damen und Herren, wer soll Herrn Reul das noch glauben? Das glaubt ihm noch nicht einmal mehr seine Oma.
Wir haben mitgekriegt, dass sich schon viele Ministerinnen und Minister in großen Fragen öffentlich korrigieren mussten. Herr Finanzminister, Sie mögen hier einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorgelegt haben, aber im Hinblick auf Redlichkeit und Wahrhaftigkeit ist Ihre Regierung schon längst bankrott. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Kutschaty. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Löttgen jetzt das Wort.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie haben meine Erwartungen wirklich übertroffen, Herr Kutschaty: ein Oppositionsführer, der sich an dieses Pult stellt und Märchen erzählt. Aber wenn Sie die Märchen schon erzählen