Protokoll der Sitzung vom 20.09.2019

Es war kein grüner Parteitag, sondern es war der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Köln, der Ihnen 2017 bei einem Urteil ins Stammbuch geschrieben hat:

(Zurufe)

Lösen Sie diesen Konflikt politisch. Stellen Sie Rechtsfrieden her. Reden Sie mit den Leuten. Schlichten Sie.

Was haben Sie gemacht?

(Dietmar Brockes [FDP]: Wer hat denn die Leit- entscheidung getroffen?)

Sie haben alle Vergleichsvorschläge des Gerichts einfach abgelehnt. Sie haben auf Konfrontation gesetzt,

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zurufe)

und Sie haben RWE dieses Märchen geglaubt: Wenn wir da jetzt nicht roden, gehen in Deutschland die Lichter aus. Alle Hilferufe …

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Leitentscheidung! Ich sage nur: grüne Leitentscheidung!)

Es waren über 50 Organisationen von der Evangelischen Kirche bis zu Klimaschutzbündnissen. Es waren doch nicht nur wir Grünen. Die haben sich mit Hilferufen an Sie gewandt, Herr Ministerpräsident.

Während RWE in der Staatskanzlei und in den Ministerien ein- und ausging,

(Herbert Reul, Minister des Innern: Na, na, na, na!)

hat die Zivilgesellschaft noch nicht mal eine Antwort von Ihnen bekommen. So haben Sie sich einseitig zum Interessenvertreter des Konzerns gemacht und die Zivilgesellschaft nicht gehört.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Sommer 2018 sind die Lichter immer noch nicht ausgegangen; der Wald stand immer noch. Spätestens jetzt war politisch klar: Die Kohle unter dem Wald wird nicht mehr benötigt. Die Kohlekommission wurde eingesetzt. Allen war klar: Der Wald wird bleiben.

Dann – ich habe es in den Akten ja auch mit Erstaunen gelesen – läutete RWE das sogenannte Rodungsfinale ein. Was für ein Anachronismus, mit den Kettensägen Fakten schaffen zu wollen und ein Exempel zu statuieren, während die Kohlekommission tagt.

(Dietmar Brockes [FDP]: Die letzten 50 Bäume wurden von Besetzern gefällt!)

Allerspätestens jetzt, Herr Ministerpräsident, hätten Sie die Reißleine ziehen müssen, wenigstens mit RWE Klartext reden müssen, die Rodung wenigstens bis zum Ergebnis der Kohlekommission aussetzen und das Primat der Politik geltend machen müssen

(Zurufe von der CDU und der FDP)

oder handeln, wie die Gewerkschaft der Polizei es genannt hat: reden statt roden.

Auch hier haben Sie sich dagegen entschieden und weiter auf Konfrontation mit der Zivilgesellschaft gesetzt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber dann gab es Widerspruch aus den eigenen Reihen.

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Herr Reul und Frau Scharrenbach, die zuständigen kommunalen Ordnungsbehörden, so können wir jetzt ja lesen, halten ein Einschreiten nicht für geboten.

Die Polizei vermerkt keine eigene Zuständigkeit und handelt nur auf Bitte um Vollzugshilfe anderer Behörden. Die finden sich aber nicht. Da hätte man ja sagen können: Dann machen wir diese Akte zu, Frau Scharrenbach.

Aber auch hier wieder eine Entscheidung gegen Schlichtung: Wenn man nicht gebeten wird, organisiert man sich die Vollzugshilfe einfach selbst durch Weisung.

Dafür braucht man ja irgendwie eine Legitimation. Das Gutachten? – Bislang wissen wir nur, dass das aufgrund eines Telefonats in Auftrag gegeben wurde. Hier bleiben viele Fragen offen, ob hier die Vergaberichtlinien eingehalten wurden. Ich habe große Zweifel daran. Diese Überprüfung muss und wird weiter stattfinden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter, Herr Reul, ist bestimmt keine Vorfeldorganisation der Grünen.

(Zuruf von der FDP)

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter bilanziert an dieser Stelle – ich zitiere aus der Presseerklärung –:

„Diese Amtshilfe hätte zum jetzigen Zeitpunkt versagt werden müssen, weil dem Land erhebliche Nachteile bei der Gewährleistung der Sicherheit für die Bevölkerung entstehen.“

Das ist an Deutlichkeit nicht zu übertreffen.

(Zurufe von der CDU)

Entgegen Ihrer Aussagen vorgestern hier im Plenum bei der Fragestunde wurde Bereitschaftspolizei von den Kriminalitätsbrennpunkten abgezogen. Ich weiß es doch selbst aus der Altstadt in Düsseldorf. Sie sagten gestern meines Wissens nicht: Die Bereitschaftspolizei ist da gewesen.

(Herbert Reul, Minister des Innern: Nee, nee, nee! Das habe ich nicht gesagt!)

Nein, die Bereitschaftspolizei wurde abgezogen, die Sicherheit wurde gefährdet,

(Herbert Reul, Minister des Innern: Nee, nee! – Zuruf von der FDP: Falsch! Falsch!)

und Sie haben auf dem Rücken von Polizistinnen und Polizisten einen völlig unnötigen Einsatz gefahren.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Herr Minister, Sie sind ja bekannt dafür, für den Applaus an Stammtischen auch schon mal die Tatsachen zu verdrehen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ihre Aussage, dass für Windräder in Aachen mehr Bäume gerodet werden als im Hambacher Wald: falsch, mussten Sie zurücknehmen.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben gesagt, dass sich die Zahl der Straftaten im Sommer 2018 erhöht hätte. Aber sie hat sich gar nicht erhöht. Gegenüber dem Jahr davor hat sie sich halbiert. Auch hier eine Aussage, die so nicht stimmte.

(Marc Lürbke [FDP]: 1.700 Straftaten in drei Jahren!)

Sie haben Ihre Polizeibeamten von Tunnelsystemen … Wir waren ja im Hambacher Wald im Vietnamkrieg.

(Zurufe von der CDU)

All das mussten Sie korrigieren.

(Marc Lürbke [FDP]: 1.700 Straftaten!)