Protokoll der Sitzung vom 10.10.2019

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie müssen schon anerkennen, dass Köln als größte Kommune in NRW und größte Universitätsstadt eine besondere Bedeutung für die Behandlung der Problematik hat. Genau das haben Sie vergessen, aber darauf komme ich gleich noch zu sprechen.

Auf der Landesebene hat die CDU-geführte Landesregierung im Jahr 2017 einen Neustart in der Bau- und Wohnungspolitik vollzogen.

(Sarah Philipp [SPD]: Das ist mir aber neu!)

Statt blumiger Sonntagsreden, die von Ihrer Seite so gerne kommen, hat unsere Landesregierung die Rahmenbedingungen für höhere Investitionen in studentisches Wohnen im Rahmen der öffentlichen Wohnraumförderung bereits deutlich verbessert. Jedes Jahr stehen 50 Millionen Euro im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung für die Schaffung studentischen Wohnens zur Verfügung. Über dieses

Geld können alle Studierendenwerke und privaten Investoren verfügen.

Damit kommen wir zu dem entscheidenden Unterschied. Der Kollege hat gerade das 40-Millionen-Paket für die Sanierung von ausgewählten Studierendenwohnungen angesprochen. Das haben Sie aber auf vier Studierendenwerke begrenzt, und Köln war gar nicht einbezogen.

(Michael Hübner [SPD]: Schon wieder Köln!)

Köln als größte Universitätsstadt war nicht dabei.

Es geht hier um die Sanierung des Bestandes. Das Programm haben wir fortgesetzt, und das ist auch gut so. Aber wir hören damit nicht auf. Auf der Landesebene ist ein weiterer wichtiger Baustein das vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung geschaffene Format des runden Tisches: studentisches Wohnen fördern, Grundstücke mobilisieren, Partnerschaften organisieren.

(Unruhe – Glocke)

Das sind doch die Themen, die wichtig sind. Wir brauchen Bauland. Gerade in den großen Ballungszentren ist das ein knappes Gut. Es liegt ja nicht an der Geldversorgung. Wir haben private Investoren, wir stellen öffentliches Geld zur Verfügung. Das sind die vorhandenen Rahmenbedingungen.

Es fehlt in vielen Fällen an konkretem Bauland, und das gilt es zu mobilisieren: über landeseigene Grundstücke, über die regionale Einbindung. Wenn Sie immer an den kommunalen Grenzen anhalten, werden Sie das Problem nicht lösen. Wir versuchen, das in vielen Teilen Nordrhein-Westfalens umzusetzen.

(Zuruf von der SPD: In Köln!)

Ich habe ein Kölner Beispiel gebracht, das sich auf viele Gemeinden und Universitätsstädte übertragen lässt.

(Michael Hübner [SPD]: Das waren drei Bei- spiele aus Köln!)

Wenn Sie die größte Stadt Nordrhein-Westfalens jedes Mal ignorieren,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was ist mit den an- deren 395 Städten? Das ist Ignoranz, was Sie machen!)

dann wissen Sie, warum die Situation der SPD in Köln so ist, wie sie aktuell ist.

(Beifall von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie – und das ist die Wahrheit – haben jahrelang den Zug verpasst. Jetzt hat er Fahrt aufgenommen. Ich kann nur sagen: Weiter so! Die Landesregierung handelt hier richtig, und diesen Kurs sollten wir fortsetzen.

Sie haben es in diesem Jahr noch nicht einmal geschafft, einen vernünftigen Antrag auf die Reihe zu bringen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Ratsfraktion von Köln!)

Die NRW-Koalition hat zu Beginn des Jahres konkrete Forderungen gestellt. Sie wollen wieder nur darüber reden, ohne konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Auch Ihr Kollege hat das heute Morgen nicht dargelegt.

Deshalb ganz klar: Weiter so! Wir wollen arbeiten. Wenn Sie das Thema verschlafen, ist das Ihr Problem. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Kölle Alaaf!)

Danke schön. – Für die Fraktion der Grünen spricht nun der Abgeordnete Herr Bolte-Richter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich sage erst einmal: Herzlich willkommen zurück aus dem Kölner Stadtrat hier im nordrhein-westfälischen Landtag!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, über 100.000 Studierende starten in diesen Tagen in das neue Semester, in ihr neues Studium. Für viele bedeutet das auch, in eine neue Stadt zu ziehen, neue Menschen kennenzulernen, in einen unglaublich prägenden Lebensabschnitt zu starten. Dafür haben sie beste Bedingungen verdient. Die explodierenden Mieten, gerade in den Hochschulstädten, machen ihnen das Leben schwer.

Es fehlen Wohnplätze, es fehlen im Übrigen, Herr Petelkau, natürlich auch in Köln Wohnplätze. Auch wenn Sie jetzt alles so blumig und so toll dargestellt haben, kommen auf 3.000 Wohnheimplätze in Köln 10.000 Bewerberinnen und Bewerber. Sie haben zwar die Kölner Situation sehr hochgehalten, aber auch dort ist nicht alles super. Tun Sie nicht so, als wäre das Problem in Köln erledigt. Das gibt es in Köln, das gibt es in Aachen. Da warten zu Semesterbeginn noch 5.000 Studierende auf einen Wohnheimplatz.

Manche Wohnheime sind so kaputt, dass ihnen die Schließung droht. Immer weniger Studierende können sich noch private Wohnungen in der Nähe der Hochschulen leisten.

Die Studierendenzahlen steigen. Das ist gut so, aber damit erhöht sich natürlich die Zahl derjenigen, die eine Wohnung benötigen. In diesem Semester haben wir mehr als 770.000 Studierende in NordrheinWestfalen. Das ist ein neuer Rekord. In Wuppertal

gibt es nur für 4,6 % der Studierenden einen öffentlich geförderten Wohnplatz. Selbst beim Bestplatzierten, in Bochum, sind es lediglich 8,7 %. Da haben wir dringenden Handlungsbedarf. Dann hilft es nichts, wenn Sie das hier im Landtag ignorieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Diese Zahlen, diese Daten, die ich gerade vorgetragen habe, meine Damen und Herren insbesondere von der Landesregierung, müssten Sie doch in höchste Alarmstimmung versetzen. Die Lage ist dramatisch. Die Hilferufe werden immer lauter. Aber was sehen wir? – CDU und FDP schieben das Problem vor sich her. Sie schreiben Anträge, die voll von Prüfaufträgen sind. Das, was Sie hier beschlossen haben, enthielt noch keine konkreten Maßnahmen, es ist einfach eine Ansammlung von Prüfaufträgen gewesen.

Auch Frau Scharrenbach, die sonst eigentlich nie um eine forsche Antwort verlegen ist, hat runde Tische organisiert. Runde Tische? – Da war doch was, Herr Ministerpräsident. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie Sie hier an diesem Pult gestanden und angekündigt haben, dass es, wenn Sie erst regieren, keine runden Tische, kein Blabla mehr geben wird. Was ist die Antwort? – Ein runder Tisch mit viel Blabla. Denn diese runden Tische haben das Problem des studentischen Wohnens nicht gelöst. Genauso wie beim Hochschulgesetz haben Sie sich auch in diesem Fall kaum für die Probleme der Studierenden interessiert.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Rai- ner Schmeltzer [SPD]: Rechnung ohne Frau Scharrenbach gemacht!)

Wir haben doch kein Erkenntnisproblem im Land. Die Studierendenwerke haben die Zahlen vorgelegt. Sie haben ausgeführt, dass es einen Sanierungsstau in Höhe von 350 Millionen Euro gibt und einen konkreten Bedarf von 213 Millionen Euro für Neubauten bis zum Jahr 2020.

Schwarz-Gelb wischt diesen Hilferuf einfach so weg, formuliert Prüfaufträge und hält blumige Reden, aber es kommt nichts Konkretes an. Die Studierendenwerke – Sie haben es eben schon angedeutet – haben klar zum Ausdruck gebracht, dass all die Kredit- und Zuschussprogramme nicht helfen, sondern sie brauchen konkrete Zuschüsse. Mit den Kreditprogrammen, auf die Sie in Ihren Reden sicherlich verweisen werden, kommen sie nicht weiter. Sie brauchen tatsächliche Hilfe und keine netten Ankündigungen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Landesregierung hat nicht die Absicht, den Sanierungsstau ordentlich abzuarbeiten. Sie wollen nur da etwas machen, wo es absolut notwendig ist. Bei diesem Thema setzen Sie einfach die falschen Prioritäten.

Wir haben Zeiten höchster Steuereinnahmen. Wir haben Möglichkeiten, jetzt endlich mal in wichtige Infrastruktur zu investieren. Was machen Sie? Sie sanieren Ihren Haushalt auf Kosten der Studierenden.

(Zuruf: Unglaublich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grüne haben in dieser Debatte unsere Forderungen immer wieder klar auf den Tisch gelegt.

Wir brauchen natürlich ein höheres BAföG, das zum Leben reicht und das auch zum Wohnen reicht. Immerhin reicht die Wohnkostenpauschale aus dem BAföG jetzt aus, damit sich förderberechtigte Studierende einen Studierendenwohnheimplatz auch in Bonn oder Paderborn leisten können; da sind es im Durchschnitt 295 Euro Miete.

Aber das wäre natürlich nur dann ausreichend, wenn es auch tatsächlich für alle Studierenden einen Wohnheimplatz bei den Studierendenwerken gäbe. Da sind wir eben nicht.

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Haus immer wieder über konkrete Forderungen sowohl aus der SPD-Fraktion als auch aus unserer Fraktion diskutiert. Von Ihnen kommt eine große Bewunderung für das Problem, aber keine Zustimmung zu den Lösungen.

Es wäre doch einfach: Es wäre möglich, ein Bündnis für studentisches Wohnen mit allen Akteuren aus der öffentlichen und aus der privaten Wohnungswirtschaft, von den Studierendenwerken und von den Kommunen zu schaffen.

Es wäre möglich, die Planung und Genehmigung zu vereinfachen. Es wäre natürlich in dieser Zeit auch möglich, ein Sofortprogramm zum Bau von neuen Wohnheimen und zur Sanierung von bestehenden Wohnheimen aufzulegen, und zwar mit echtem Geld und mit echten Zuschüssen hinterlegt.

(Beifall von den GRÜNEN)