Protokoll der Sitzung vom 27.11.2019

sollen doch nur eines, nämlich vernebeln, dass Sie in der Verkehrs- und Mobilitätspolitik falsche Prioritäten setzen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich nicht in der Breite darstellen.

(Christof Rasche [FDP]: Wollen wir E-Mobilität machen?)

Das könnte ich Ihnen natürlich auch heute, aber die kurze Redezeit erlaubt es nicht, in der ganzen Breite diese falsche Prioritätensetzung vor Augen führen.

Ich will es an einem konkreten Punkt tun, der in der vorletzten Woche eine gewisse Bedeutung gehabt hat. Ich freue mich, dass wir einen Erfolg der Volksinitiative zu verzeichnen haben. Es geht um die Radverkehrspolitik.

(Christof Rasche [FDP]: Da passiert mehr denn je!)

Ich will an diesem Beispiel deutlich machen, wo und wie Sie sich politisch entscheiden, in Sonntagsreden auf der einen Seite und im Alltag ganz konkret.

Alltag ist für uns der Haushalt. Hier wird die Politik in Zahlen gegossen und dann auch zur Umsetzung gebracht.

Ich will es Ihnen erläutern. Der Radverkehrsanteil in Nordrhein-Westfalen liegt derzeit bei 11 %. Das, was die Initiative fordert und was der Landtag im Dezember beschließen wird, ist die Zielsetzung, den Radverkehr bis 2025 auf 25 % zu steigern. Ich finde, das ist ein richtiges, aber auch ehrgeiziges Ziel.

Ich will dem gegenüberstellen: Was ist der Anteil des Radverkehrs im aktuellen Haushalt? Im Hinterkopf haben wir den Radverkehrsanteil von 11 %. Der Haushaltsanteil liegt monetär bei unter 1 % des Verkehrsetats. Man wird also schon heute in keiner Weise dem Anspruch, den Radverkehr zu fördern, gerecht, geschweige denn dem Ziel, in der Zukunft 25 % zu erreichen. Das werden Sie mit diesem Anteil im Haushalt nicht können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will Ihnen das auch noch einmal im Vergleich zu den Niederlanden erläutern. In den Niederlanden werden pro Jahr 25 Euro pro Kopf für Radverkehr ausgegeben, beispielsweise in Amsterdam 11 Euro, und in Utrecht sind es 132 Euro. In Nordrhein-Westfalen liegt die Pro-Kopf-Ausgabe bei 1,10 Euro bzw. in Köln bei 2,80 Euro.

(Zurufe von der CDU)

Das wird nicht reichen, wenn man das Ziel von 25 % erreichen will. Deshalb ist es bedauerlich – Sie haben ja noch die Chance gegebenenfalls in der dritten Lesung –, dass Sie alle unsere Anträge, die eine stärkere Priorisierung gerade für den Radverkehr vorgesehen haben, sowohl was Planungsstellen als auch was finanzielle Mittel angeht, abgelehnt haben.

Das eine ist, sich in Sonntagsreden in der Sonne einer Volksinitiative richtig in die Spur zu bringen, das andere ist aber dann, im Alltag im Schweiße des Angesichts hier im Parlament beim Haushalt für jeden Kilometer Radverkehrsinfrastruktur Tag für Tag zu streiten. Das macht den Unterschied aus.

In der Tat mag ich ein altes Zitat bemühen: Entscheidend ist auf dem Platz. – Für uns ist der Haushalt der Platz, zu entscheiden, und da fehlt Ihre klare Unterstützung für den Radverkehr in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Remmel. – Jetzt spricht für die FDP-Fraktion Herr Middeldorf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sanierung unserer Straßen, Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, Stärkung des ÖPNV, Weichenstellung bei neuen Technologien – Verkehrspolitik wird in diesem Land wieder ernst und wichtig genommen,

(Beifall von der FDP)

und zwar über alle Ebenen und über alle Verkehrsträger hinweg, meine Damen und Herren. Der Haushaltsentwurf für das Verkehrsministerium ist ein Dokument für das grundlegende Umsteuern im Bereich der Verkehrspolitik.

Wir steuern um beim Thema „Straßeninfrastruktur“. Wir bringen unsere Straßen endlich in Ordnung. In den letzten Jahren sind dringend benötigte Reparaturen und Entlastungsmaßnahmen systematisch unterblieben. Allein für die Sanierung der Landesstraßen, also der Straßen in unserer ureigensten Verantwortung, fehlten in den Haushalten unter Rot-Grün regelmäßig mindestens 70 Millionen Euro. Wir haben das Budget jetzt um 50 % erhöht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Der Landesbetrieb Straßen bewältigt ein Umsatzvolumen, das höher liegt als je zuvor. Zusätzliche Stellen für Planer, für Techniker, für Kaufleute führen zu einer deutlichen Steigerung der Effektivität. Erstmals überhaupt sorgen wir dafür, dass die Beeinträchtigung der Verkehrsteilnehmer durch Baustellen so gering wie möglich ist. Schnellere Abwicklungen, Wochenend- und Nachtarbeiten, die Offenhaltung von Fahrspuren – das sind die äußeren Zeichen einer grundlegenden Veränderung in unserer Verkehrspolitik in diesem Land.

(Beifall von der FDP)

Herr Remmel, wir steuern auch um im Bereich Fahrrad. Nie zuvor wurde in Nordrhein-Westfalen so viel Geld für Radinfrastruktur, für Radschnellwege und Fahrradwege ausgegeben wie heute. Wir machen, und Sie reden seit Jahren darüber. Sie hätten es längst machen können. Wir tun es jetzt.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Alleine zehn Mitarbeiter werden sich beim Landesbetrieb ausschließlich um die Planung und den Bau von Radwegen kümmern.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Wir danken ausdrücklich der Volksinitiative, dass sie diesen Kurs noch einmal unterstrichen hat. Wir werden unsere Anstrengungen auf der Basis der Volksinitiative noch einmal ausweiten, und wir wollen ein Nahmobilitätsgesetz für Nordrhein-Westfalen. Wir meinen es ernst mit der Gleichbehandlung der Verkehrsträger. Ich sage noch einmal: Wir machen das, worüber Rot-Grün über Jahre nur geredet hat, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir steuern um in Sachen Zukunftsfähigkeit des Verkehrs. Wir stellen die Weichen für die Erforschung, für die Entwicklung und für den Einsatz neuer Technologien und neuer Mobilitätsformen in NordrheinWestfalen. Wir setzen massiv Fördermittel ein für innovative Projekte. Alleine in OWL gehen mit dem Kompetenzzentrum Autonomes Fahren und auch mit einem automatisierten Kabinensystem auf der

Schiene ganz aktuell zwei wegweisende Vorhaben an den Start.

(Beifall von der FDP)

Sie unterstreichen deutlich unsere Zukunftsorientierung.

Wir steuern auch um beim ÖPNV, meine Damen und Herren. Ein gut ausgestatteter, ein komfortabler und vor allem ein gut vernetzter ÖPNV ist der Schlüssel einer zukunftsweisenden Verkehrspolitik.

Die Sanierung der Stadtbahnsysteme werden wir in den nächsten zehn Jahren mit einer Milliarde Euro unterstützen. Wir führen das AzubiTicket ein. Wir verbessern die Erschließung des ländlichen Raums. Wir reaktivieren Schienenverkehre. Wir investieren in die Förderung von Schnellbussystemen und On-Demand-Verkehren. Wir wollen flexible, nachfrageorientierte Bussysteme, die den Menschen auch auf dem Land eine echte Alternative zum Auto bieten, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir fördern auch den Umstieg auf umweltfreundliche Antriebsysteme. Die öffentliche Hand in NordrheinWestfalen geht endlich mit gutem Beispiel voran und sorgt für saubere Luft in unseren Innenstädten.

Die Ansiedlung der Batteriezellenforschungsfabrik in Münster ist ein Meilenstein. Wir wollen den Transformationsprozess im Bereich der Antriebssysteme eben nicht nur bewältigen; wir wollen daraus eine technologische und eine ökonomische Erfolgsgeschichte für unser Bundesland machen.

(Beifall von der FDP)

Der Verkehrspolitik in unserem Land kommt endlich wieder die Bedeutung zu, die die Menschen ihr auch beimessen. Das ist gut, und das ist wichtig; da sind wir auf dem richtigen Kurs. Der Haushaltsentwurf für das Verkehrsministerium ist ein eindeutiger, ein deutlicher Beleg hierfür. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Middeldorf. – Jetzt hat das Wort für die AfD-Fraktion Herr Strotebeck.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Der vorgelegte Einzelplan des Ministeriums für Verkehr zeigt die Misere in der Infrastruktur auf und bietet keine ausreichende Lösung, die uns auf den Weg zum Aufsteigerland führt.

(Helmut Seifen [AfD]: Hört! Hört!)

Der aktuelle Landesstraßenzustandsbericht sollte allen eine Warnung sein, denn der Verfall unserer Infrastruktur schreitet schneller voran, als wir mit der Sanierung hinterherkommen. Für die kommenden Jahre darf es hier keine Sparpolitik geben. Es sind mutige und umfassende Investitionen gefragt.

Mit den aktuell angesetzten 52 Millionen Euro für den Aus- und Neubau von Landstraßen wurde hier kein überzeugendes Zeichen gesetzt. Wir haben ganz aktuell erlebt, dass die Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf, fertiggestellt 1957, für den Schwerverkehr gesperrt werden musste, weil sie einsturzgefährdet ist.

573 Brücken im ganzen Land müssen in den nächsten Jahren abgerissen und komplett erneuert werden. Brücken sind Nadelöhre unserer Verkehrsadern. Fallen sie aus, oder sind sie nur eingeschränkt befahrbar, drohen Staus oder sogar Verkehrsinfarkte.

Alleine die Erneuerung der 573 Brücken wird circa 20 Jahre in Anspruch nehmen und circa 7 Milliarden Euro kosten. Diese Zahlen nennt das Verkehrsministerium auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion.