Sprechen wir über das Thema „Erwerbslosenberatung und Arbeitslosenzentren“; das zählt ja auch mit zu den ESF-Programmen.
Ja, die AfD darf sich ja nachher noch zu Wort melden. Dann werden wir hören, wie Ihr Arbeitsmarktkonzept aussieht.
Wenn wir bei dem Thema „Erwerbslosenberatungsstellen“ sind: Diese werden wir in der ESF-Förderperiode auch weiter unterstützen. Das haben wir klar zum Ausdruck gebracht, auch durch unseren Minister: Es wird einen neuen Baustein geben, der in die Beratungstätigkeit aufzunehmen ist. Es geht um die Zielgruppe der prekär Beschäftigten, der von Arbeitsausbeutung betroffenen Menschen. Die sollen dort hineingenommen werden, es soll dort eine niedrigschwellige Anlaufstelle geben. Die Probleme kennen wir, wir haben es gehört. Gerade im Bereich der Schlachthöfe – das ist, glaube ich, allseits bekannt – werden wir diese Herausforderung angehen.
Die Verknüpfung einer Funktion mit einem sozialen Treffpunkt, mit einer Beratung halten wir für sinnvoll. Arbeitslosenzentren ohne Beratungsangebote – ich betone: ohne Beratungsangebote – halten wir für weniger sinnvoll. Wichtig ist: Wir wollen kombinierte Angebote fördern. Darauf werden wir unsere Mittel konzentrieren und gezielt dafür einsetzen.
Ein Thema zu guter Letzt, das auch sehr wichtig ist – daran merkt man, welche Probleme die NRWKoalition anpackt, bei denen die Vorgängerregierung einfach nur zugeschaut hat –: Obdachlosigkeit. Wir haben mitbekommen, dass es sich um ein zunehmendes Problem handelt. Im Jahre 2018 waren mehr als 44.000 Personen wohnungslos gemeldet. Wir konnten den Anstieg in den letzten Jahren weiterverfolgen. Aber dafür brauchte es erst die NRWKoalition aus FDP und CDU, die die Mittel von weniger als 2 Millionen Euro mit den Haushalten in den Jahren 2019 und 2020 auf bis zu 7 Millionen Euro anhebt.
Wir packen die Probleme in verschiedenen Bereichen an, etwa was wohnungslose Frauen und weitere Zielgruppen betrifft, was das Thema „Suchthilfe“ oder die Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ angeht. Mit den Mitteln …
… können wir mit den Kooperationspartnern der Wohnungswirtschaft Wohnungsverluste vermeiden und wohnungslose Menschen besser und schneller mit Wohnraum versorgen. Deswegen ist es richtig, diese Angebote noch gezielter auszubauen, wie ich eben erwähnt habe, auch für wohnungslose Jugendliche oder Frauen.
Das zeigt ganz klar: Die NRW-Koalition packt konkret die Probleme an ohne ideologische Scheuklappen. Wir helfen mit gezielten Maßnahmen.
An dieser Stelle darf ich trotz allem für die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss und mit dem Ministerium danken. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Bereich Soziales ist der milliardenschwere Haushaltsanteil nur ein durchlaufender Posten, der der Gestaltung durch den Landesminister letztlich eigentlich entzogen ist. Hier beruhen Verfügbarkeit und Ausgestaltung der verausgabten sozialstaatlichen Ressourcen auf bundesrechtlichen Festlegungen. Eine Gestaltung durch das Land erfolgt nicht.
Im Bereich Arbeit spielt das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales eigentlich auch nur die zweite Geige. Sehen wir die Beträge der Arbeitsagentur im Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 6 Milliarden Euro jedes Jahr, scheinen die immerhin dreistelligen Millionenbeträge, die das MAGS im Jahre 2020 für den Arbeitsbereich – kofinanziert mit EU-Mitteln – einsetzen kann, nicht die Welt zu sein. Ihnen ist es aber trotzdem seit der Übernahme des Ministeriums durch Ihre Entscheidungen gelungen, die eigene Handschrift deutlich werden zu lassen.
Auch in Ihrer Einbringungsrede wurde deutlich, wie wichtig es Ihrem Ministerium ist, junge Menschen auszubilden und in Arbeit zu bringen – Menschen, die am Beginn ihrer Erwerbsbiografie stehen und noch alles vor sich haben. Nicht alle haben die gleichen Voraussetzungen, manche haben es schwerer.
Deshalb begrüßen wir das Werkstattjahr, das Ausbildungsprogramm und die Berufseinstiegsbegleitung, damit diese junge Menschen etwas lernen, eine Qua
lifikation erlangen und somit später auf eigenen Füßen stehen können. Das ist die beste Armutsprävention. Wir sehen darin eine der wichtigsten Aufgaben.
Die Teilzeitberufsausbildung finden wir ebenfalls eine wunderbare Möglichkeit, zum Beispiel trotz früher Elternschaft den Anschluss nicht zu verlieren. Das ist nicht nur, aber besonders für Alleinerziehende eine wichtige Perspektive. Kinder kommen nicht immer geplant, und es ist gut zu wissen, dass es Ideen und Möglichkeiten gibt, das Mutterwerden nicht gegen einen Berufsabschluss abwägen zu müssen. Beides ist möglich. Das sollte vielleicht noch viel mehr in den Köpfen ankommen. Das sind Unterstützungsmaßnahmen, die wir für sehr sinnvoll halten. Eine gute Ausbildung ist die beste Voraussetzung für eine gute Beschäftigung.
Zwei Drittel aller Langzeitarbeitslosen haben nämlich keine abgeschlossene Berufsausbildung. Mehr als die Hälfte hat das 45. Lebensjahr deutlich überschritten. Ihr Ansatz, viele Ressourcen dahinein zu investieren, dass Menschen erst gar nicht in diese Situation geraten, halten wir für den richtigen Weg.
In Bezug auf das Teilhabechancengesetz allerdings oder den, kurz gesagt, sozialen Arbeitsmarkt haben wir große Bauchschmerzen. Wir sehen das nicht so optimistisch wie Sie. Ein Arbeitsverhältnis, das über einen so langen Zeitraum in so hohem Maße gefördert wird, ohne dass der Arbeiter im Anschluss auch regulär beschäftigt werden muss und ohne dass die herkömmlichen Befristungsregelungen greifen, ohne dass der Beschäftigte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erlangt, finden wir alles, aber nicht sozial.
Ob dieser soziale Arbeitsmarkt am Ende des Tages arbeitslose Menschen in echte Beschäftigung bringen wird, ist ungewiss. Das werden wir erst in Jahren beurteilen können.
Allerdings muss man an dieser Stelle auch sagen, Herr Mostofizadeh: Sie haben sich gerade über die 300.000 Arbeitslosen echauffiert. Aus Ihrem Mund erscheint das für mich immer, ehrlich gesagt, sehr bigott. Die Politik insbesondere Ihrer Partei trägt maßgeblich dazu bei, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Und wenn es um Ihre Ideologie geht, ist Ihnen der Verlust der Arbeitsplätze auch relativ wurscht. Anschließend weinen Sie dann hier die Krokodilstränen.
Dabei ist es auch egal, ob es 300.000 oder 240.000 sind. Sie haben natürlich recht: Es sind viel zu viele. – Und es sind auch keine Überbleibsel, Herr Lenzen.
Insgesamt ist es aber eine wohltuende Abkehr vom Weltbild des rot-grünen Sozialuntertans, der in Nordrhein-Westfalen permanenter Sozialpädagogisierung bedarf, weil er sein Leben eigentlich selber gar nicht mehr führen kann.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dworeck-Danielowski. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Laumann das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Haushaltsberatungen zum Bereich Arbeit und Soziales finden in einer Zeit statt, in der wir sehr gute Daten zur Entwicklung in Nordrhein-Westfalen haben.
Im Jahresdurchschnitt 2018 waren bei uns 9.550.000 Menschen in Erwerbsarbeit. Allein in dem Jahr hatten wir eine Zunahme der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze um 2,3 % auf 6,85 Millionen zu verzeichnen.
Jahrelang hatten wir eine öffentliche Diskussion, die von wachsender Armut und Ungleichheit der Einkommen geprägt war. Die Entwicklung im vergangenen Jahr ist ein Lichtblick. Im Jahr 2018 lag das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte bei 22.263 Euro und damit um 3,3 % höher als im Vorjahr. Von 2012 bis 2017 hat sich die Einkommensverteilung kontinuierlich angeglichen. Zum ersten Mal ist in Nordrhein-Westfalen die Schere bei der Einkommensverteilung zwischen Armen und Reichen wieder zusammengegangen.
Das Armutsrisiko hat in diesem Land erheblich abgenommen. Die Zahl der Grundsicherungsempfänger in unserem Land ist erheblich zurückgegangen – um rund 87.000 allein in den vergangenen zwölf Monaten von 2018.
Das zeigt, dass Nordrhein-Westfalen zum ersten Mal seit vielen Jahren, in denen wir immer über die Armutsentwicklung diskutiert haben, in wichtigen Fragen eine positive Entwicklung nimmt.
Ich halte es für das Entscheidende, dass die politischen und wirtschaftlichen Instrumente auch bei den Benachteiligten in unserer Gesellschaft in NordrheinWestfalen wirken.
Wir stellen auch im kommenden Jahr für das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“, das für junge Menschen in der Phase des Übergangs von Schule zu Beruf von großer Bedeutung ist, 14 Millionen Euro zur Verfügung.
Wir machen weiter mit der Teilzeitberufsausbildung, die vor allem für alleinerziehende Mütter, die noch keinen Beruf haben, ein wichtiges Instrument ist, und stellen dafür 2,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Im Haushalt stehen 8 Millionen Euro für die Ausstattung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten, insbesondere im Handwerk. Weil der Landesanteil immer knapp ein Drittel beträgt und zwei Drittel von anderen kommen, bedeutet das, dass in Nordrhein-Westfalen ab dem kommenden Jahr rund 24 Millionen Euro für den Aufbau der ÜBS zur Verfügung stehen. Wir reden also nicht nur über die duale Ausbildung, sondern tun auch etwas dafür, dass es moderne Räume für die duale Ausbildung gibt.
Ich kann Ihnen auch sagen, dass wir die Erwerbslosenberatungsstellen über den derzeitigen Förderzeitraum hinaus – bis 2020 ist ja alles genehmigt – weiter fördern werden.
Aber Sie müssen mich auch verstehen. Vor einigen Wochen haben wir in Nordrhein-Westfalen 30 Schlachthöfe gleichzeitig mit Zoll und Arbeitsschutz kontrolliert. Dabei sind wirklich schlimme Dinge zutage gekommen, was mit osteuropäischen Werkvertragsarbeitnehmern in der nordrhein-westfälischen Fleischindustrie passiert. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass ich keine Bevölkerungsgruppe in Nordrhein-Westfalen kenne, die unter so schlechten Bedingungen leben und arbeiten muss wie die Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in der Fleischbranche; das gilt auch für einen Teil der Paketdienste.
Als Arbeitsminister kann ich nicht einfach so tun, als ob da nichts wäre. Ich brauche eine flächendeckende Beratung. Die Stellen, die es heute gibt – ich glaube, zwei in Dortmund und ein paar in Ostwestfalen –, reichen vorne und hinten nicht, da alleine in der Fleischindustrie über 17.000 Werkvertragsarbeitnehmer tätig sind.
Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich muss doch vor Ort sein. Also habe ich gesagt, dass die Mitarbeiter in den Erwerbslosenberatungsstellen, die sich schon immer um Menschen in prekären Lagen gekümmert haben, auch diese Aufgabe übernehmen können. Natürlich geben wir Geld für Rechtsberatung und Dolmetscher. Das ist eine weitere Aufgabe. Damit nutzen wir aber eine vorhandene Struktur auch für diese Menschen.
Ich kenne viele, die in Erwerbslosenberatungsstellen beschäftigt sind und sich auf diese neue Aufgabe