Ähnlich verhält es sich mit Ihrer Mär von der angeblichen Wirtschaftsfeindlichkeit. Herr Hübner hat eben
völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ein einziges Vorhaben behindert worden ist. Er hat nicht darauf hingewiesen – das könnte man noch tun –, dass dieser LEP erstmalig ein eigenes Unterkapitel für die Wirtschaft hat und diverse Möglichkeiten und Schwerpunkte eingeräumt hat, was vorher nicht der Fall war.
Wenn wir das alles zusammenziehen und berücksichtigen, dass am Ende des Verfahrens in den verschiedenen Regionalkonferenzen auch von den kommunalen Spitzenverbänden ausdrücklich darum gebeten wurde, diesen LEP endlich zu verabschieden und Rechtssicherheit zu schaffen, muss man feststellen: Sie verunsichern die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die demnächst Regionalplanung machen müssen; ich nenne aktuell den Regionalplan Düsseldorf oder demnächst den Regionalplan Köln.
Sie machen nicht klar, wohin Sie wirklich wollen. Sie schieben den Kommunen ein Stück weit den Schwarzen Peter zu. Sie drücken sich um die Arbeit, die sich die SPD und die Grünen in der letzten Wahlperiode gemacht haben, nämlich Perspektiven für 15 bis 20 Jahre aufzuzeigen und gleichzeitig Instrumentarien vorzusehen, die trotzdem immer wieder Möglichkeiten bieten, notwendige Veränderungen vorzunehmen.
Ich bin gespannt darauf, welche Erlasse und Verordnungen Sie uns in der nächsten Zeit vorlegen werden. Wir werden das sehr kritisch beäugen. Ich sage Ihnen voraus: Ähnlich wie beim Windenergieerlass wird es trotz Ihrer großspurigen Ankündigungen sicher noch manche Überraschungen geben. Wir werden dann schon sehen, wo Sie am Ende landen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Becker. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Professor Dr. Pinkwart das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe Herrn Kollegen Hübner und Herrn Kollegen Becker eigentlich nicht. An anderer Stelle wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, es ginge um Arbeitsplätze und es ginge um die Zukunft des Landes Nordrhein-Westfalen. In seiner gestrigen Rede verlangte Herr Römer geradezu ein Aufbruchssignal und erwartete, dass hier mehr bewegt werden müsste.
Jetzt legen die Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag vor mit der Perspektive, dass das Land über den Landesentwicklungsplan neue Möglichkei
ten für diejenigen im Wohnungsbau und bei Gewerbeerschließungen schafft, die vor Ort Verantwortung wahrnehmen wollen. Und schon tragen Sie ausschließlich Bedenken vor. Ich weiß nicht, wie das zusammenpassen soll.
Ich möchte Ihnen sagen: Wenn man sich mit den Informationen beschäftigt, die man erhält, wenn man ein Ministerium übernimmt, dann findet man auch das eine oder andere Gutachten, das in Auftrag gegeben wurde, das aber nie die Öffentlichkeit erreicht hat. Es gibt auch Gutachten, die berechtigterweise in Auftrag gegeben worden sind, wie ich gerne hinzufüge. So hatte man 2015 gesehen, dass NordrheinWestfalen entgegen dem Bundestrend in eine Wachstumsdelle hineinlief.
Die Gutachten zeigen, dass Nordrhein-Westfalen – und zwar strukturell – an mangelnder Investition und Innovation leidet.
Nordrhein-Westfalen ist zurückgefallen. Daran vorbeizureden, halte ich im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land für verantwortungslos, um das ganz klar hier mal festzuhalten!
Wir müssen zur Kenntnis nehmen – das steht genau im Gegensatz zu dem, was Sie, Herr Hübner, gesagt haben –:
Sie haben versucht, möglichst enge Planungsvorgaben zu setzen, nicht sehend, dass sich die Wirtschaft außerordentlich dynamisch entwickelt.
Wir hatten früher sehr lange Planungszeiträume. Die Kohle war über 100 Jahre da. Opel war über 50 Jahre da. Wenn Sie die modernen Betriebe sehen, möchte ich fast sagen: Die kommen und gehen.
Sie müssen sich flexibel darauf einrichten. Das hat auch etwas mit der hier diskutierten Digitalisierung zu tun. Die führt dazu, dass wir ein exponentielles Wissenswachstum und immer kürzere Innovationszyklen haben. Unsere Unternehmen müssen sich darauf einstellen.
Wenn Sie dann einen Hidden Champion im Sauerland haben, der in einer kleinen Wohnortgemeinde mit unter 2.000 Einwohner angesiedelt ist und sich auf einmal viel dynamischer als geplant entwickelt, dann können Sie doch nicht sagen: Das haben wir in
(Beifall von der CDU und der FDP – Michael Hübner [SPD]: Nennen Sie doch mal einen Hidden Champion, Herr Minister Pinkwart!)
Deswegen sagen wir Ihnen ganz klar: NordrheinWestfalen muss daran arbeiten – das muss das gemeinsame Interesse des Hohen Hauses sein –, dass wir alle Spielräume im Rahmen der Abwägung zwischen Umweltschutz, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen sehr verantwortungsvoll nutzen.
(Michael Hübner [SPD]: Nennen Sie ein Bei- spiel und seien Sie nicht nur abstrakt! Sie drü- cken sich vor einer Antwort!)
Das wollen wir im Rahmen des Landesentwicklungsplanes tun, um eine flexible, zukunftsfähige und auf langfristige Planungssicherheit gerichtete raumordnerische Gesamtkonzeption für dieses Land zu entwickeln, die der Regional- und Bauleitplanung ausreichend Spielräume belässt und gleichzeitig unserer Wirtschaft ihrem Bedarf entsprechend ausreichende Entwicklungsspielräume ermöglicht.
Lassen Sie mich noch eines hinzufügen: Es ist notwendig, dass wir uns nicht nur Planungsinstrumentarien geben, die gut funktionieren, sondern dass wir auch unsere Planungsprozesse genau unter die Lupe nehmen und uns fragen: Wie können wir auch mit Hilfe der Digitalisierung die Planungsprozesse so anordnen, dass wir nicht über fünf- bis siebenjährige Planungszeiträume reden müssen, sondern auch über kürzere Planungszeiträume, zumal wenn es um Anpassungen geht, die wir im Interesse des Landes vornehmen müssen?
(Michael Hübner [SPD]: Ja, bitte! Da bin ich gespannt! Nennen Sie ein Unternehmen! But- ter bei die Fische! – Weitere Zurufe)
Ja, bleiben Sie doch mal ganz ruhig. – Ich kann Ihnen ein ganz konkretes Beispiel nennen, wo wir eine ganz konkrete Investitionsanfrage für Nordrhein-Westfalen haben. Die kommt von einem Unternehmen, das hier schon tätig ist und die Bedingungen kennt. Das Unternehmen sagt: Sie würden gerne einen Unternehmensteil – auch wegen des Brexit – nach Kerneuropa verlagern. Sie haben mehrere Standortoptionen.
Nach deren bisheriger Analyse stellt sich die Situation so dar: In den benachbarten Ländern geht das Unternehmen davon aus, in sechs Monaten eine Genehmigung zu erhalten, und bei uns geht es im Moment davon aus, dass das 24 Monate dauert.
Ich habe mit der Unternehmensleitung gesprochen. Ich habe mit der Regierungspräsidentin gesprochen. Ich habe mit den Mitarbeitern des Hauses gesprochen. Dann habe ich dem Unternehmen gesagt: Wir werden alles daran setzen, dass wir genauso schnell sind wie unsere europäischen Nachbarländer. Wir versuchen, das zu erreichen, meine Damen und Herren! Nur so werden wir den Standort wieder wettbewerbsfähig machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 35 Sekunden überzogen. Gibt es weiteren Redebedarf? – Herr Becker für Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Minister! Sie haben eben gesagt, Sie könnten uns ein konkretes Beispiel nennen. Angesichts meiner Erfahrungen – Sie werden sich noch an die Zeit mit den konkreten Beispiele von Herrn Wolf erinnern – würde ich Sie im Namen des Parlaments bitten, noch einmal an das Redepult zu treten und Ross und Reiter zu benennen. Nennen Sie uns doch die Firma, den Ort und die Schwierigkeiten!
Ansonsten besteht der Verdacht, dass es sich um ähnlich fiktive Beispiele handelt wie damals bei Herrn Wolf bei den angeblichen kommunalen Nagelstudios.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Becker. – Es gibt derzeit keine weitere Wortmeldung mehr. Also schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 17/525 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung – federführend – sowie an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.
Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP und der AfD. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.