Ja, natürlich hätte man immer das eine oder andere optimieren können. Wo gearbeitet wird, da passieren auch Fehler. Aber wir lernen aus dieser Geschichte.
Herr Mostofizadeh hat eben eine große digitale Plattform vorgeschlagen. Die FDP ist immer ein Freund von digitalen Plattformen. Eine solche jetzt schnell aus dem Boden zu stampfen, bekommen wir aber nicht hin.
Wenn die Menschen bei einer Hotline anrufen und nicht direkt nach dem dritten Klingeln jemand rangeht, dann fehlt mir, ehrlich gesagt, das Verständnis für den Unmut. Man muss dann eben ein bisschen warten können.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind grandios aufgestellt. Das Ministerium hat eine neue Hotline eingerichtet, um wirklich jeden zu bedienen. Daher
bin ich der Meinung, dass, wer Informationen bekommen möchte, sie innerhalb relativ kurzer Zeit erhält.
Sicher war es für viele Menschen bis vor Kurzem kaum vorstellbar, dass das rheinische Derby in Mönchengladbach oder der Ruhrgebietsklassiker Dortmund gegen Schalke diese Woche ohne Zuschauer stattfinden soll.
Ich selbst gehe unglaublich gerne ins Stadion. Das wissen viele. Ich höre oft die Fragen, ob diese Einschränkung des öffentlichen Lebens wirklich notwendig ist und ob wir jetzt viele große Veranstaltungen absagen müssen, obwohl wir gleichzeitig heute hier tagen und viele Menschen in Bussen und Bahnen unterwegs sind. Hier gilt es aber, klare, einfache Botschaften zu vermitteln.
Wir wollen eine Verlangsamung der Infektionsraten erreichen. Eine vollständige Eindämmung wird nicht gelingen. Wir können nur das Risiko unkontrollierter Übertragungen verringern. Dabei ist sowohl in der Politik als auch in der persönlichen Lebensgestaltung die Frage zu stellen, wo man unbedingt hin muss und wo man gerne hingehen möchte. Wir alle stehen in der Verantwortung, dies für uns persönlich zu entscheiden.
Wir haben hier bei uns den großen Vorteil, dass wir die ersten von außen eingeschleppten Fälle wie auch den Ausbruch in Heinsberg relativ schnell erkannt haben. So konnten wir Infektionsketten eindämmen und haben Zeit gewonnen.
Wissenschaftler gehen inzwischen davon aus, dass das Virus in Italien bereits mehrere Wochen zirkulierte, bevor die Infektionen erkannt wurden. Dies wird auch als eine mögliche Ursache des hohen Anteils von Todesfällen gesehen und hat jetzt zu drastischen Eingriffen geführt.
Wahrscheinlich sind wir unter anderem deshalb besser aufgestellt als Italien, weil die Diagnostik nicht wie in anderen Ländern von wenigen staatlichen Laboren abhängig ist, sondern mit Unikliniken und einer langen Reihe an privaten Laboren eine plurale Struktur hat. Außerdem sind von den Kassenärztlichen Vereinigungen schnell Abrechnungsmöglichkeiten eingeführt worden.
Damit haben wir eine Vielzahl an Akteuren, die sich an der Diagnostik beteiligen. Das ist schon der sehr große Schlüssel, um dieses Virus einzudämmen.
Zunächst – wir haben es bereits gehört – geht es darum, die Menschen zu schützen, die besonders gefährdet sind. Aufgrund der bisherigen Beobachtungen der Krankheitsverläufe wissen wir, dass das vor allem Ältere und Hochbetagte sowie Menschen mit Vorerkrankungen sind.
Ich mache mir weniger Sorgen, dass sich gesunde Frauen und Männer mittleren Alters infizieren. Bei denen wird eine COVID-19-Erkrankung in der Regel mit eher leichteren Symptomen einhergehen. Es besteht aber die große Gefahr, dass sie zum Beispiel unabsichtlich ihre Eltern oder Großeltern oder Menschen in ihrem Umfeld mit Asthma oder unter immunsuppressiver Therapie anstecken.
Einfach gesagt: Ich selbst mache mir wenig Sorgen, mich mit Corona zu infizieren oder daran zu erkranken. Ich mache mir aber Sorgen, dass ich, wenn ich am Sonntag in die Kirche gehe und an der Messe teilnehme, eventuell die hochbetagte Dame neben mir infiziere. Das bereitet mir Sorgen, und diese Menschen müssen wir schützen.
Der Großteil der Infektionen verläuft relativ mild. Er verläuft so komplikationslos, dass sich die Menschen zu Hause auskurieren können.
Wir müssen verhindern, dass die Strukturen unseres Gesundheitssystems überlastet werden. Wir haben in Deutschland rund 28.000 Intensivbetten. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der mit dem Coronavirus infizierten Menschen schwer erkrankt und eine künstliche Beatmung benötigt, stoßen wir an Grenzen, wenn gleichzeitig eine sehr hohe Zahl von Infektionen auftritt und damit auch die Zahl der behandlungsbedürftigen Patienten massiv ansteigt.
Neben beatmungspflichtigen Pneumonien aufgrund von COVID-19 wird es auch weitere Patienten zum Beispiel nach einer schweren OP oder Unfallopfer geben, die eine intensivmedizinische Betreuung und Beatmungsplätze benötigen. Auch daran wird gearbeitet. Die Krankenhäuser stehen in einem guten Austausch, und auch der Gesundheitsminister ist hier sehr aktiv.
Ebenso kann es durch Erkrankungen von Ärzten und Pflegekräften oder durch Quarantänemaßnahmen zu Engpässen beim medizinischen Personal kommen, die die Behandlungskapazitäten einschränken.
Aus diesem Grund wurden einige Maßnahmen gestartet. So wurden beispielsweise Personalgrenzen geändert, und wir haben auch Ärzte und Pflegekräfte im Ruhestand gefragt, ob sie einspringen könnten. Die Solidarität ist sehr groß.
Um diese Arbeitsfähigkeit zu erhalten, können wir auch nicht auf den öffentlichen Personennahverkehr oder Kinderbetreuung verzichten. Vielmehr müssen wir einerseits den Anstieg der Fallzahlen bremsen
und anderseits Abläufe so organisieren, dass wir die medizinische Versorgung unserer Bevölkerung aufrechterhalten können.
Darüber hinaus gilt es, Zeit zu gewinnen, bis wirksame Behandlungsmethoden und Impfungen zur Verfügung stehen. Sicher erfordern neue Medikamente und Impfstoffe umfangreiche klinische Tests. Dennoch hilft hier jeder Monat.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich mich auch einmal bei den forschenden Pharmaunternehmen bedanken. Die Impfstoffsuche läuft auf Hochtouren. Rund zwei Dutzend Biotechunternehmen und akademische Institutionen beteiligen sich daran. Ein US-Unternehmen brauchte gerade einmal 42 Tage, um nach der Entschlüsselung des Genoms von SARS-CoV-2 einen potenziellen Impfstoff zu entwickeln. Ab April soll er in klinischen Tests überprüft werden, die natürlich noch etliche Monate andauern werden.
Auch bei der pharmakologischen Therapie gibt es einige Ansätze mit bereits zugelassenen Arzneimitteln, die Erfolg versprechen. So wird getestet, ob Remisdivir, ein Medikament zur Behandlung von Ebola-Patienten, auch bei COVID-19-Patienten wirkt. In China wird in einer klinischen Studie untersucht, ob ein Arthritis-Medikament bei COVID-19-Patienten mit schweren Symptomen helfen kann, die Immunreaktion des Körpers unter Kontrolle zu bringen.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wenn die Notwendigkeit von Eingriffen in das öffentliche Leben hinterfragt wird, dann wird oft immer noch der Vergleich zur saisonalen Grippewelle herangezogen. Bei dieser Frage müssen wir uns aber bewusst werden, dass entscheidende Unterschiede bestehen.
Gegen Influenzaviren stehen Impfungen zur Verfügung, die in der Regel schützen und nicht nur für Risikopatienten angezeigt sind. Die saisonale Influenza ist sehr witterungsabhängig und klingt meist bei steigenden Temperaturen im Frühjahr ab. Hinsichtlich SARS-CoV-2 ist dies angesichts der neusten Erkenntnisse noch fragwürdig.
Auch bei der Letalitätsrate bleiben Fragen offen. Die Daten aus Korea oder aus China außerhalb der Stadt Wuhan lassen eine Rate von rund 0,7 % erwarten. Das wäre zwar deutlich höher als bei der saisonalen Influenza. Demgegenüber wäre aber die Rate der Todesfälle aus Italien wesentlich gravierender. Da müssen wir noch weiter forschen, warum diese Unterschiede entstehen.
Wir sollten allerdings auch deutlich darauf hinweisen, dass wir es bei SARS-CoV-2 nicht mit einem Virus zu tun haben, das so tödlich wirkt wie beispielsweise Ebola oder, wie in der Geschichte des letzten Jahrhunderts, die Spanische Grippe von 1918 bis 1920.
Bei Corona konzentrieren sich die schweren Erkrankungen und Todesfälle auf die Altersgruppe über 65. Bei der Spanischen Grippe gab es hingegen nicht nur eine höhere Letalität, sondern auch eine Spitze der Todesfälle in der Altersgruppe von 20 bis 40 Jahren.
Bei der Spanischen Grippe gab es auch ein klassisches Fallbeispiel über die gravierenden Auswirkungen von Großveranstaltungen. In Philadelphia fand am 28. September 1918 eine große Parade zur Werbung für Kriegsanleihen statt. In den folgenden beiden Wochen starben Tausende, und Philadelphia wurde zu einer der am stärksten betroffenen Städte in den USA. Aus solchen Erfahrungen haben wir gelernt, dass konsequente Maßnahmen des Infektionsschutzes wie ein Verbot von Großveranstaltungen sinnvoll sind.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten aber auch nicht andere Infektionskrankheiten aus dem Blickfeld verlieren. Insbesondere Impfungen gegen respiratorische Erkrankungen, also Atemwegserkrankungen, wie Influenza, Pertussis und Pneumokokken helfen auch bei der Vermeidung von zeitgleichen Infektionen und damit bei der Reduktion der Folgen von COVID-19.
Das heißt, wenn Sie gegen die Grippe, gegen Keuchhusten oder auch gegen bestimmte Erreger der Lungenentzündung geimpft sind, schützt Sie diese Impfung zwar nicht vor Corona, aber diese Impfung pusht Ihr Abwehrsystem und schont und schützt vor allem Ihre Lunge, damit diese nicht ganz so anfällig für diese Viren ist. Deshalb sollten wir diese Impfungen gerade unter den besonders gefährdeten älteren Menschen verstärkt propagieren.
Die aktuelle Situation ist ein wichtiger Anlass, um an unseren Impfschutz zu denken. Und in dem Zusammenhang bleibt mir die Luft weg, wenn einerseits viele Menschen auf einen Impfstoff gegen SARSCoV-2 warten und andererseits noch immer Impfgegner vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Masernschutzgesetz klagen.
Wir haben uns in der NRW-Koalition schon immer deutlich für eine Stärkung des Impfgedankens eingesetzt.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zum Schluss noch ein paar praktische Hinweise. Als verbeugende Maßnahmen gegen COVID-19 helfen alle Hygienemaßnahmen, die bei klinisch ähnlichen Infektionskrankheiten angeraten sind. Nutzen Sie Einwegtaschentücher – und ich meine damit wirklich Ein-Mal-Taschentücher –, und waschen Sie Ihre Hände regelmäßig.
Regelmäßig heißt nicht, drei-, vier-, fünfmal am Tag. Waschen Sie die Hände immer, wenn Sie irgendwo ankommen und etwas angefasst haben, und meiden Sie größere Menschenansammlungen.
Kaufen Sie auch nicht wie wild Desinfektionsmittel für die Hände. Das braucht ein gesunder Mensch nicht, das brauchen Menschen, die bereits erkrankt sind.
Wenn wir alle ein bisschen darauf achten und unsere Mitmenschen daran erinnern, diese Maßnahmen einzuhalten, bin ich mir sicher, dass wir das Ganze in den Griff bekommen werden. Bitte bleiben Sie gesund! – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht einfach, die aktuelle Coronaviruspandemie parlamentarisch zu debattieren; das haben wir im Laufe der Debatte bereits festgestellt.
Selbst in der Fachwelt löst der Begriff „Coronaviruspandemie“ eine sehr kontroverse Diskussion aus, und deswegen habe ich überlegt, ob ich ihn heute überhaupt verwenden möchte. Da jedoch sowohl Herr Kutschaty als auch Herr Minister Laumann ihn verwandt haben, bin ich damit auf der sicheren Seite.
Zudem kann – zumindest gefühlt – aufgrund der unglaublichen Dynamik der Geschehnisse während einer längeren Diskussion am Ende schon wieder das obsolet sein, was zu Beginn noch berechtigt festgestellt wurde.