Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

Ich habe darauf hingewiesen, dass dann, wenn wir überweisen – Sie können sich das anhören –, im Ausschuss gesagt wird: Darüber brauchen wir nicht mehr groß zu debattieren, dann lehnt eben ab. – Die parlamentarische Debatte in den Fachausschüssen findet vonseiten der AfD nicht statt. Sie stellen hier Showanträge, und wenn es dann um eine fachliche Debatte geht, kommt nichts.

(Beifall von der SPD)

Es ist einfach an der Zeit, dies zu benennen.

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP)

Es ist auch nicht so, dass wir uns um das Thema „Medikamentenversorgung“ nicht gekümmert hätten. Noch im letzten Plenum gab es von Ihnen einen Antrag dazu, und wir haben es wieder erlebt: Dazu kam bisher nicht viel.

Selbstverständlich ist ein schneller und sicherer Zugang der Patienten zu Medikamenten wichtig und muss sichergestellt werden. Dazu haben wir – das wird in dem Antrag sogar erwähnt, darauf sind Sie

soeben aber nicht eingegangen – mithilfe des Bundesinstituts ein transparentes System auf Bundesebene geschaffen. Ich will jetzt gar nicht auf die Details eingehen. Vielleicht stellen Sie sich ja diesmal der Debatte im Fachausschuss.

Wir sind an dem Thema dran. Auf Bundesebene passiert da viel. Sie sind ja auf die gestrige Debatte eingegangen. Ich möchte dies jetzt nicht zu sehr miteinander verbinden; aber wir haben doch eines gemerkt: Wenn wir ein Bundesinstitut haben, das sich damit beschäftigt, dann halte ich es nicht für den richtigen Weg, auf Landesebene noch zusätzlich etwas einzurichten.

Wir haben außerdem gestern festgestellt, als wir über Schutzkleidung gesprochen haben, dass wir eher europäisch denken müssen. Wir können uns nicht nur abschotten und sagen: Jetzt machen wir für NRW noch etwas, was eigentlich auf Bundesebene weiter gestärkt werden müsste.

Ich denke, wir haben genug Punkte, um im Ausschuss darüber zu sprechen. Vielleicht kommt diesmal mehr von Ihnen. Sie behaupten einfach immer nur, Sie kümmerten sich um die Themen. Wie gesagt, in den Fachausschüssen merken die Bürger in unserem Land genau das Gegenteil. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Klenner. – Jetzt spricht Kollege Yüksel für die SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Problematik, die hier angesprochen wird, hängt insgesamt natürlich auch mit der Globalisierung zusammen. Das sehen wir nicht nur im Arzneimittelbereich, sondern auch in vielen anderen Bereichen, in denen Wertschöpfungsketten inzwischen global organisiert sind. Bei Medikamenten ist es natürlich noch viel heftiger, wenn lebensnotwendige Medikamente aufgrund von Engpässen nicht geliefert werden können.

Wir haben – Herr Klenner hat es richtig gesagt – auch im Ausschuss darüber geredet. Auch der Landesapotheker war dort. Das Thema wird durch Sie nicht neu gesetzt, sondern es befindet sich in der ständigen Diskussion.

Natürlich müssen wir über neue Möglichkeiten reden, wie wir sicherstellen können, dass lebensnotwendige Medikamente stets verfügbar sind. Das hat nicht nur etwas mit der Coronakrise zu tun. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie Ihren Antrag heute stellen, um zusätzlich ein bisschen als Brandbeschleuniger zu wirken

(Dr. Martin Vincentz [AfD] schüttelt den Kopf.)

und der Gesellschaft zu sagen: Ihr werdet demnächst alle krank und die Medikamente werden nicht geliefert.

(Dr. Martin Vincentz [AfD] schüttelt erneut den Kopf.)

Man muss auch immer die Melange der Diskussion betrachten.

(Zuruf)

Ich will damit auch deutlich machen: Wir müssen uns diesem Thema definitiv widmen, und wir müssen auch über europäische Lösungen nachdenken. Bei aller Liebe zu meinem Bundesland Nordrhein-Westfalen und zu dem Gesundheitsminister können Sie von ihm nicht verlangen, das globale Problem hier in Nordrhein-Westfalen zu lösen. Es kann nur eine europäische Antwort darauf geben, eine Antwort der Europäischen Union, die Sie im Übrigen ganz massiv bekämpfen, der Europäischen Union, die Sie ablehnen,

(Dr. Martin Vincentz [AfD] schüttelt wiederholt den Kopf.)

die zumindest Ihre Partei ablehnt. Deshalb können Sie sich nicht hier hinstellen und andere Lösungen fordern. Auf der anderen Seite aber negieren Sie, dass wir zur Lösung dieser Frage definitiv die Europäische Union brauchen. Wir müssen uns also diesem Thema widmen. Es ist ein wichtiges Thema.

Ich will auch noch einmal auf die aktuelle Debatte hinweisen, weil Medikamentenversorgung und die derzeitige Krise natürlich zusammenhängen. Ich bin gelernter Krankenpfleger, habe Angewandte Gesundheitswissenschaften studiert, und ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich derzeit in tiefer Sorge über die sehr dynamische Entwicklung in unserem Land, über die Ausbreitung des Coronavirus und über die Erkrankungszahlen bin.

Mit Blick auf Italien und auf die Mortalitätsraten wird mir, ehrlich gesagt, richtig mulmig. Man muss genau schauen, wie die dortige Mortalität zu werten ist. Mit Statistiken ist es im Moment nicht getan. Hat es etwas mit Antibiotikaresistenzen in Italien zu tun? Hat es etwas mit der Altersstruktur zu tun? Ist der Anteil derer, die tatsächlich erkrankt sind, viel größer? Alles das können wir noch nicht einordnen.

Ich als Gesundheitspolitiker, der sich ein bisschen mit diesem Thema auskennt, sage Ihnen, dass wir in den nächsten Wochen in einer anderen Republik und in einem anderen Nordrhein-Westfalen leben werden als heute.

Wir reden im Moment über Maßnahmen wie zum Beispiel Geisterspiele in der Bundesliga und sonst etwas. Aber Leute, das ist nicht das vordringlichste Thema, das wir miteinander zu diskutieren haben.

(Beifall von der SPD und von Norwich Rüße [GRÜNE])

Wir müssen wirksame Maßnahmen treffen, um die Infektionsketten wenigstens zu verlangsamen.

(Beifall von der SPD)

Ich sehe, dass hier eine Messe stattfindet und dort nicht, dass da eine Veranstaltung abgesagt wird und dort nicht. Es kommt zu Teilschließungen von Schulen und ähnlichen Dingen. Herr Minister, ich kann Sie nur inständig bitten – das sage ich als Fachpolitiker und nicht mit der Brille eines Sozialdemokraten, weil ich Sie kritisieren will, sondern ich bin fest davon überzeugt, dass Sie mit Sicherheit das Beste wollen und in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern das Beste tun werden –: Schließen Sie die Kindergärten, die Schulen und Universitäten, um die Infektionsketten zu verlangsamen und zu unterbrechen.

(Beifall von der SPD)

Leute, wir können doch nicht auf Italien schauen und erst dann Maßnahmen in Gang setzen, wenn wir italienische Zustände hier in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen haben. Die Verantwortung kann auch nicht allein in die Hände der Gesundheitsämter gelegt werden.

Herr Professor Wieler hat den Kommunen und den Krankenhäusern geraten: Aktiviert eure Krisenpläne! Ich finde, Herr Professor Drosten, der Virologe, hat es für uns alle ganz klar verdeutlicht. Er hat gesagt: Diese jetzige Situation ist zu vergleichen mit einem Grill und einem Heuballen, und die Funken des Grills drohen auf den Heuballen überzufliegen. – Jetzt können wir die Funken noch austreten, aber in einigen Wochen werden wir das nicht mehr tun können. In einigen Wochen wird es zu spät sein, um diese Maßnahmen in Gang zu setzen.

Ich sage das wirklich nicht als Panikmache. Meine Kollegen kennen mich aus dem Ausschuss. Ich bin mit Sicherheit keiner, der zu Alarmismus neigt.

(Henning Höne [FDP]: Dann sagen Sie es auch nicht!)

Aber nach allem, was ich sehe und verstehe, kann ich nur raten, wirksame und schnelle Maßnahmen in Kraft zu setzen, die verhindern, dass sich das Coronavirus in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland weiterhin so ungehindert ausbreiten kann, wie ich das auf uns zukommen sehe.

(Susanne Schneider [FDP]: Zur Sache jetzt!)

Die Verantwortung kann nicht in die Hände der öffentlichen Gesundheitsämter und der Schulen gelegt werden, und wir brauchen keine Einzellösungen. Viren kennen keine Bundeslandgrenzen, Viren kennen keine Stadtgrenzen.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Wir müssen hier einheitlich vorgehen. Beschwichtigung usw. mögen ja wichtig sein. Ich bin nicht für Panik, aber ich bin dafür, dass wir den Leuten sagen, was wirklich Sache ist und mit welchen Maßnahmen wir dieses Virus einzudämmen haben. So wird es definitiv nicht gehen. Es ist meine Bitte, diese Maßnahmen auf jeden Fall in Gang zu setzen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Yüksel. – Jetzt spricht für die FDP-Fraktion Frau Schneider.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ihr hättet ja einen Antrag stellen können, Herr Kollege!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern durften alle Gesundheitspolitiker zu Corona reden, alle bis auf einer. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich mich nicht der Panikmache anschließe,

(Zuruf von Serdar Yüksel [SPD])

doch, Herr Kollege Yüksel, es war Panikmache –, sondern dass ich jetzt einfach zu dem vorliegenden Antrag spreche.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Darin geht es um Engpässe bei der Versorgung mit Arzneimitteln.

Der Antrag ist aber – das geht flott – aus drei Gründen überflüssig: Er richtet sich an die falsche Ebene, er läuft den bereits erfolgten politischen Aktivitäten hinterher und er stellt letztendlich wieder einmal nur Kritik an der Globalisierung dar.

Es kann aus verschiedenen Gründen zu Lieferengpässen kommen, diese sind aber in der Regel nicht regional begrenzt. Daher wäre ein Lösungsansatz auf Landesebene in Form eines Ausbaus zusätzlicher Strukturen nicht zielführend. Die Kompetenz liegt nun einmal primär beim Bund, ganz genau beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM. Dieses ist inzwischen für die wissenschaftliche Bewertung sowie für die Kommunikation mit den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen zuständig.