Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

vergangenen Jahren bei aller technologischer Entwicklung eigentlich geschafft haben.

Wir haben oft über die immer weitere Verschärfung von Abgasnormen diskutiert. Aber was haben wir im Bereich der Lärmminderung von Pkw und Motorrädern eigentlich geschafft? – Das ist nicht besonders viel. Wenn wir uns schon darüber freuen, dass wir die Grenze bei 80 dB einziehen, ist das nicht besonders ambitioniert. Da ist deutlich mehr möglich. Früher kannte man das Herumschrauben an und das Manipulieren von Abgasanlagen eigentlich nur bei Motorrädern, aber mittlerweile kann man das auch im Bereich der Automobile sehen. Ich finde das dramatisch.

Mir war vorher gar nicht klar, dass es sogenannte Klappenauspuffanlagen gibt, bei denen man Auspuffabgase über die Klappe gezielt in einen Kanal einsteuert, der über keinen Schalldämpfer verfügt. Da ist es mir ehrlich gesagt völlig egal, ob die noch unterhalb des anzustrebenden Dezibelwertes bleiben oder nicht. Richtig wäre es, wenn wir immer versuchen würden, ein Maximum an Lärm- und damit auch an Gesundheitsschutz zu erreichen. Solche Auspuffanlagen können überhaupt nicht richtig sein. Deshalb fände ich es gut, wenn die Landesregierung auch an der Stelle initiativ tätig werden würde.

(Beifall von Wibke Brems [GRÜNE])

Das Denken, das hier vorherrscht, finde ich schon einigermaßen abstrus. In einem Tuningblog kann man Folgendes lesen:

„Das laute, voluminöse Klangbild bei offener Klappe ist natürlich für alle Tuningfans interessant. In Kombination mit einem starken Motor und optischer Veränderung zieht man damit natürlich alle Blicke auf sich.“

Zum Teil gilt das für Automobilfahrer und Motorradfahrer gleichermaßen. Ich glaube, dass wir den Lärmschutz deutlich höherrangiger einordnen müssen als das Vergnügen weniger.

Dass Sie diesen Antrag hier stellen, finde ich grundsätzlich gut. Aber überrascht hat mich, dass die Landesregierung die Beschlusslage zu diesem Antrag quasi überholt, da die Bundesratsinitiative schon eher fertig ist und dem Landtag auch schon übermittelt ist. Trotzdem beschließen wir heute, die Landesregierung aufzufordern, das zu tun. Das finde ich einigermaßen seltsam. Wenn man mit seiner eigenen Landesregierung zusammen Anträge entwickelt, würde ich zumindest darum bitten, sich etwas mehr um ein günstiges Timing zu bemühen. So ist es, ehrlich gesagt, ein bisschen peinlich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Trotzdem finden wir die Punkte, wie gesagt, insgesamt richtig und gut. Wir würden uns aber wünschen, Herr Minister, in Sachen Lärmvermeidung im

Interesse aller Menschen und der Nachtruhe auch in den Städten deutlich mehr zu tun, anstatt uns nur mit Einzelphänomenen aufzuhalten. Die sind wichtig, aber Lärmschutz ist insgesamt in diesem Land deutlich stärker voranzutreiben. Da hat der Verkehr noch deutlich mehr zu leisten. Ich bitte Sie darum, das zukünftig voranzutreiben. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rüße. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Keith das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rüße, ich kann Ihre Frage gleich beantworten, warum der Antrag jetzt kommt: Es ist Kommunalwahlkampf, und natürlich versucht man, auch in den betroffenen Regionen entsprechende Stimmen abzugreifen.

Der hier vorliegende Antrag behandelt eine schon lange bekannte Problematik und ein sehr emotionales Thema für die betroffenen Anwohner. Viele Regionen – das ist bereits mehrfach erwähnt worden – und Kommunen haben sich in verschiedenen Projekten, zum Beispiel „Silent Rider“, des Problems angenommen.

Mit der Kleinen Anfrage – da wundere ich mich schon ein bisschen, Herr Rüße, dass Sie darauf nicht eingegangen sind, oder haben Sie das vergessen? – vom Juni 2019 ist dieses Problem schon längst im Landtag gewesen. Was mich jetzt wirklich überrascht, ist, dass Sie genau das fordern, was eigentlich die Landesregierung in der Antwort schon vorgegeben hat.

Und dann würden Sie sich jetzt wundern, wenn ich sagen würde, dass das etwas mit Wahlkampf zu tun hat? Natürlich hat das etwas mit Wahlkampf zu tun. Sie möchten den Menschen vor Ort berechtigterweise natürlich auch zeigen, dass Sie sich der Thematik angenommen haben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Wie sonst lässt es sich dann auch weiter erklären, dass es zu einer direkten Abstimmung kommt? Herr Klenner – ich glaube, er ist nicht mehr im Saal, aber das ist auch nicht so schlimm – warf uns gerade vor, wir hätten einen Showantrag gestellt;

(Gordan Dudas [SPD]: Das machen Sie ja dauernd! Deswegen ist das nichts Neues!)

den wollten wir gar nicht richtig debattieren.

Was ist dies denn? Erstens wird morgen schon entschieden, was hier heute besprochen wird. Zweitens wird eine direkte Abstimmung beantragt. Drittens: keine Anhörung. Es wäre doch sinnvoll gewesen, wenn wir die auch von Ihnen angesprochenen

Organisationen wie „Silent Rider“ und zum Beispiel auch die Motorradklubs mal eingeladen hätten, um gemeinsam darüber zu beraten, was wir tun können. Denn die Lösung des Problems liegt doch am Ende des Tages nicht hier und in der Verschärfung der Gesetze, sondern am Ende des Tages kommt es immer auch darauf an, wie die Biker und die Anwohner miteinander klarkommen.

(Beifall von der AfD)

Nun, jetzt liegt der Antrag vor. Jetzt möchte ich auch ganz kurz auf drei Punkte eingehen.

In Ihrem Antrag fordern Sie mehr Befugnisse für die Polizei sowie strengere Gesetze und Verordnungen. – Dabei lassen Sie außer Acht, dass die Polizei schon jetzt eine Vielzahl von Möglichkeiten bis hin zur Stilllegung von Fahrzeugen bei entsprechenden Verstößen hat. Darauf hat auch die Landesregierung – jetzt komme ich noch einmal zurück auf ihre Antwort auf die eben angesprochene Kleine Anfrage – längst hingewiesen.

Weiterhin fordern Sie, dass verstärkte polizeiliche Schwerpunktkontrollen, insbesondere an Sonn- und Feiertagen, in den von Motorradlärm besonders betroffenen Regionen durchzuführen sind.

Richtig, ja. Aber Sie beantworten nicht die Frage, woher die zusätzlichen Polizisten kommen bzw. woher sie die nehmen sollen bei den knappen Ressourcen, die die Polizei jetzt schon hat, und bei den Großveranstaltungen, die auch an den Wochenenden durchgeführt werden. Es sind ja überhaupt gar keine Kapazitäten da. Wenn Sie den Überstundenberg der Polizei heranziehen, dann frage ich mich, wie Sie dann noch Polizisten in die entsprechenden Regionen abkommandieren wollen. Das ist etwas, was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann.

Zur Kontrolle und Ahndung mit gegebenenfalls Stilllegung eines Motorrads durch die Polizei begrüßen Sie ein Pilotprojekt, das es ermöglicht, Fahrgeräuschmessungen einfacher durchzuführen. Dieses Pilotprojekt soll unkompliziert und rechtssicher vor Ort die Geräuschentwicklung eines Auspuffs ohne Hintergrundgeräusche messen und Manipulationen erkennen.

Jawohl, das wäre eine konkrete Forderung, die wir auch sofort unterstützen. Nur leider taucht sie in Ihrem Forderungskatalog am Ende gar nicht mehr auf. Die kommt da gar nicht mehr vor. Sie wünschen sich das, Sie würden das begrüßen nach dem Motto: Gucken Sie doch mal. – Aber als Forderung, so ein Projekt finanziell zu unterstützen, taucht das überhaupt nicht auf.

Damit bleibt es – wie bereits festgestellt – ein handwerklich schlechter und dazu noch in Teilen abgeschriebener Showantrag, der ausschließlich dem anstehenden Kommunalwahlkampf dient. Für die Anwohner vor Ort wird er keine Wirkung entfalten. Der

Bedeutung des Themas wird er durch die direkte Abstimmung nicht gerecht. Ohne die Einbindung der Biker-Community wird es auf absehbare Zeit auch keine Lösung geben. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Keith. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Wüst das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke herzlich für diesen Antrag der christlich-liberalen Koalitionsfraktionen.

(Michael Hübner [SPD]: Den wir im Haus vor- bereitet haben!)

Herr Keith, dass Sie nicht erkennen lassen, ob Sie das jetzt in der Sache richtig finden oder nicht, finde ich schon befremdlich. Dann wollen Sie einen Antrag ablehnen, weil Ihnen das Beratungsverfahren nicht gefällt. Ich bitte Sie herzlich: Denken Sie noch einmal darüber nach. Ich werbe ja sonst nicht um Ihre Zustimmung, weil wir sie auch nicht wollen. Aber das Beratungsverfahren abzulehnen und deswegen in der Sache die Leute im Regen stehen zu lassen, die von Lärm geplagt sind, finde ich nicht richtig.

(Andreas Keith [AfD]: Seit wann gibt es diese Problematik? Seit über 20 Jahren! Sie haben nichts getan! Das ist doch lächerlich! – Gegen- ruf von Gordan Dudas [SPD]: Volksverräter!)

Zu dem Punkt, warum die Koalitionsfraktionen das jetzt beantragen: Wenn man damit im Wahlkampf auftauchen will, muss man nach der Sommerpause einen Antrag stellen und nicht jetzt.

Aber ab 01.04. gelten die Saisonkennzeichen. Jetzt ist das Thema relevant, und die Menschen erwarten von uns Antworten. In den nächsten Wochen fangen die Biker an, ihre Maschinen aus der Garage zu holen, saisonfest zu machen, den Winterstaub runterzuputzen, und dann geht es los mit den Saisonkennzeichen. Ab 01.04. geht es in unser schönes Land, insbesondere durch die eben schon vielfach beschriebenen kurvenreichen, eher welligen topografischen Regionen. Das ist der Anlass. Ich meine, das sollte für uns auch Anlass sein, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.

Wir wollen den Bikern die Freiheit überhaupt nicht nehmen, unser schönes Land auf ihren Maschinen zu erkunden. Dass dazu auch ein bisschen Fahrspaß gehört, ist doch völlig klar. Aber die Freiheit des Einzelnen endet eben immer dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Deshalb hört die Freiheit des Motorradfahrers eben da auf, wo die Anwohner von

seinem Lärm gestört werden. Deswegen finde ich den Zeitpunkt genau richtig und die Aufforderung, etwas zu tun, auch genau richtig, nicht nur zu reden, sondern zu handeln.

Deswegen kann ich nicht verstehen, dass Sie kritisieren, dass das Kabinett eine Bundesratsinitiative beschlossen hat.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wir fordern die Bundesregierung über den Bundesrat auf, sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass Motorradlärm reduziert wird. Denn genau da wird es entschieden, bei der UNECE, der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen, auf EU-Ebene. Da werden die Verfahren für die Typengenehmigung festgelegt und auch die Grenzwerte.

Ich würde es ja gerne per Erlass oder sonst irgendwie alleine regeln. Das hat aber keinen Sinn, und ich würde dann insbesondere Herrn Rüße und anderen gar nicht helfen, bei denen die freundlichen Nachbarn über die Grenze kommen. Also müssen wir es mit anderen gemeinsam machen.

Wir unterstützen auch die Initiative „Silent Rider“ und wollen, dass mehr und besser kontrolliert wird. Da nützt es aber nichts, theoretisch zu sagen: „Die Polizei könnte …“ Denn wenn man mit Polizisten über die Praxis spricht, zeigt sich, dass sie vor Ort gar nicht die Gerätschaften haben, um den rechtssicheren Beweis zu führen, dass eine Maschine manipuliert und im Normalbetrieb zu laut ist.

Deswegen gibt der Antrag ja auch den Hinweis darauf, dass man solche Gerätschaften mobil vor Ort haben muss. Denn der größte Ärger ist doch für einen Biker, wenn er in seiner Lederkombi ein paar hundert Meter zur nächsten Telefonzelle oder dorthin, wo er wieder Handynetz hat, laufen muss, um sich ein Taxi zu bestellen. Die Maschine stillzulegen ist also die größte Strafe. Genau dafür müssen wir die Polizei aufrüsten und in die Lage versetzen, und deswegen ist dieser Hinweis im Antrag richtig.

Ich glaube, dass dieses Hohe Haus in der Sache nicht weit auseinanderliegt. Das hilft immer beim Arbeiten. Dafür herzlichen Dank – und auch für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wüst. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP haben direkte Abstimmung beantragt. Ich frage, wer dem Inhalt des Antrags Drucksache 17/8775 zustimmen möchte. – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, SPD, Bündnis