Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

Der Tarifabschuss vom 2. März 2019 ist das Ergebnis zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite. In diesem Tarifabschluss ist der begünstigte Personenkreis ausdrücklich auf die Beschäftigten der Universitätskliniken und der Zentren für Psychiatrie Baden-Württemberg beschränkt worden. Andere Beschäftigte sind bewusst nicht einbezogen worden.

Die SPD-Fraktion fordert mit ihrem Antrag eine überbetriebliche Ausweitung des Kreises der Begünstigten. Durch eine solche überbetriebliche Ausweitung würde aber der Tarifabschluss, der wie immer in Tarifverhandlungen als Gesamtkompromiss zu sehen ist, konterkariert.

Darüber hinaus verstieße eine überbetriebliche Zahlung rein rechtlich gegen die Satzung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung, wie in diesem Fall die überbetriebliche Ausweitung des Begünstigtenkreises einer tariflichen Zulage, sind den Ländern aber ohne Zustimmung der Tarifgemeinschaft untersagt.

Der Rechtsausschuss hat sich mit der Frage am 5. Februar beschäftigt. Er hat auch beraten, abgestimmt und abgelehnt. Insofern liegt uns hier ein klares Ergebnis vor.

Im Sinne der Gleichbehandlung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unabhängig vom rechtlichen Status, erhoffe ich mir – das sage ich jetzt im Namen meines Kollegen Biesenbach –, dass sich die Tarifvertragsparteien in der nächsten Tarifrunde erneut mit dem Thema befassen werden, weil der Minister der Justiz die Erweiterung des berechtigten Personenkreises auf die tarifbeschäftigten Pflegekräfte im Justizvollzug und in den Abschiebeeinrichtungen sehr unterstützt, es jetzt so aber nicht geht. – Danke sehr.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Reul.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss empfiehlt in Drucksache 17/8638, den Antrag Drucksache 17/8105 abzulehnen. Jetzt stimmen wir ab über den Antrag selbst, nicht über die Beschlussempfehlung. Wer stimmt dem Antrag zu? – Die Fraktion der AfD, Herr Neppe, fraktionslos, sowie die SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – CDU und FDP stimmen gegen diesen Antrag. Wer enthält sich? – Es enthält sich niemand. Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, Grünen, AfD und Herrn Neppe angenommen.

(Zurufe und Unruhe)

Ich zähle gerade noch einmal durch.

(Vizepräsident Oliver Keymis berät sich mit dem Präsidium.)

Ich kann es gar nicht anders sagen: Er ist trotzdem abgelehnt. CDU und FDP haben die Mehrheit. – Ich musste gerade genau schauen. Aber so, wie ich das sehe, stimmt das. Da wir nicht mehr so vollzählig sind, ist das so, wie ich gerade gesagt habe: Der Antrag Drucksache 17/8105 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf:

14 „Gefährliche und verrufene Orte“ gemäß § 12

Absatz 1 Nr. 2 PolG NRW“

Große Anfrage 2 der Fraktion der AfD Drucksache 17/1363

Antwort der Landesregierung Drucksache 17/2517

Die Aussprache ist eröffnet. Für die AfD-Fraktion hat Herr Tritschler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wäre das jetzt die Stelle, an der wir nach zweieinhalb Jahren endlich über unsere Große Anfrage 2 aus November 2017 debattieren könnten. Es ging um gefährliche und verrufene Orte laut Polizeigesetz. Insgesamt 44 Orte in NRW waren in den vergangenen zehn Jahren durchgehend oder zumindest vorübergehend so eingestuft.

Die Landesregierung reagierte mit einiger Verzögerung und ließ ihre Beamten eine sehr ausführliche Antwort anfertigen, insgesamt knapp 500 Seiten. Dafür unser ausdrücklicher Dank an die zuständigen Mitarbeiter.

(Beifall von der AfD)

Die entscheidende Frage allerdings – das war eine politische Entscheidung – blieb unbeantwortet. Wir hatten gefragt, wo genau sich diese Orte befinden. Die Landesregierung antwortete, dass man diese nach – Zitat – „sorgfältiger Abwägung der Argumente nicht“ nennen wollte, denn das könnte – Zitat – „Fehlinterpretationen“ in der Öffentlichkeit hervorrufen. Schließlich seien diese Orte ja gar nicht zwingend gefährlich.

Nicht nur der Name „gefährlicher Ort“ legt das Gegenteil nahe, auch ein Blick in das Polizeigesetz hilft. Demnach sind Orte entsprechend einzustufen, wenn anzunehmen ist, dass dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben, sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen, oder sich dort gesuchte Straftäter verbergen. Für mich als Rechtspopulist klingt das gefährlich, für Herbert Reul offensichtlich wie eine schöne Picknick-Location, meine Damen und Herren.

Die Regierung argumentiert weiterhin, man wolle eine – Zitat – „Stigmatisierung der Örtlichkeiten“ verhindern, ein Argument, das man nur in NRW kennt. Andere Bundesländer veröffentlichen entsprechend eingestufte Orte regelmäßig.

Man muss diese Einstellung des Ministers einmal konsequent durchdeklinieren. Was heißt das im Ergebnis? – Die Opposition darf Missstände im Land nicht mehr aufzeigen, wenn das irgendwie unbequem ist oder vermeintlich falsch verstanden werden könnte, und die Regierung darf entscheiden, wann das der Fall ist, und nach eigenem Gutdünken Informationen verheimlichen oder mit Geheimhaltung belegen? Was für ein schiefes Verständnis von Parlamentarismus!

(Beifall von der AfD)

Unser Protest bei der Landesregierung half leider nicht, und so zogen wir dann eben nach Münster vor das Verfassungsgericht. Offenbar war nach längeren Schriftwechseln auch den Juristen bei der Landesregierung aufgefallen, dass man da ziemlich alt aussieht. Zumindest muss es Nervosität gewesen sein, die Minister Reul wenige Tage vor der Verhandlung zu dem äußert unüblichen Schritt veranlasste, eine Schmähschrift über meine Partei und unsere vermeintliche Intention nach Münster zu senden, die in der Behauptung gipfelte, es ginge den Erstellern der Anfrage – Zitat – „ausschließlich um die Skandalisierung und Verhetzung polizeilicher Maßnahmen“. Aber seinen mangelnden Respekt vor einer unabhängigen Justiz hat er ja in seiner kurzen Amtszeit bereits mehrfach unter Beweis gestellt.

Das Gericht ließ sich jedenfalls nicht von solchen Drohgebärden beeindrucken, und die mündliche Verhandlung wurde für die Vertreter des Innenmi

nisteriums zu einem ziemlichen Fiasko. Dementsprechend schnell – auch das ist unüblich –, nämlich noch am selben Tag, wurde das Urteil verkündet, wonach die Orte bekannt zu geben sind oder in jedem einzelnen Fall nachvollziehbar und stichhaltig zu begründen ist, aus welchen Gründen dies nicht möglich sei. Dabei ließ das Gericht keinen Zweifel daran, dass das nur in wenigen, eng umrissenen Einzelfällen denkbar ist.

Das war am 28. Januar, vor über sechs Wochen. Wir haben auf Bitten der Landesregierung diese Debatte sogar noch mal um einen Plenartermin nach hinten verschoben.

Aber der Minister hat es bis heute nicht für nötig befunden, nach über zweieinhalb Jahren und einem ungewöhnlich klaren Urteil des Verfassungsgerichts, unsere Frage zu beantworten.

(Zuruf von der AfD: Will er nicht oder kann er nicht, Herr Reul?)

Herr Minister, ich weiß nicht, ob Sie sich diese Arroganz und Ignoranz gegenüber unserer Verfassung, gegenüber Parlament und Justiz in Ihrer Brüsseler Zeit angeeignet haben, aber ich finde das beschämend.

(Beifall von der AfD)

Sie als Minister sind für die Wahrung unserer Verfassung zuständig. Sie maßen sich an, andere als Verfassungsfeinde einzustufen und seit heute auch bespitzeln zu lassen. Dabei brechen Sie fortgesetzt das Recht unserer Verfassung. Sie sind wahrlich der Bock, den man zum Gärtner gemacht hat.

(Beifall von der AfD)

Aber ich verspreche Ihnen zum Schluss: Wir lassen Sie damit nicht davonkommen.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Tritschler. – Nun hat für die CDU-Fraktion Herr Golland das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Tritschler, ich überlasse es dem Innenminister Herbert Reul, auf Ihre unflätigen Anwürfe persönlich einzugehen. Er wird sicherlich dazu noch etwas sagen. Ich möchte mich gerne auf die Inhalte Ihrer Großen Anfrage konzentrieren, in der Sie von gefährlichen und verrufenen Orten sprechen.

Bevor wir aber darüber reden, müssen wir diese Begriffe überhaupt erst einmal definieren. Denn anders, als man es vielleicht vermuten könnte, meint das Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen damit ausdrücklich

nicht Orte, an denen die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich einer höheren Gefahr ausgesetzt sind. Sogenannte gefährliche und verrufene Orte sind nicht zwingend Angsträume, in denen man befürchten muss, Opfer von Straftaten zu werden.

Ich zitiere aus der Antwort der Landesregierung vom 2. Mai 2018 auf die Große Anfrage der AfD-Fraktion:

„Vielmehr handelt es sich lediglich um eine polizeiliche Klassifizierung, die anlassunabhängige Identitätsfeststellungen an diesen Örtlichkeiten erlaubt. Erkenntnisse über Vorbereitungshandlungen und Verabredungen für die Begehung von Straftaten reichen aus, damit Örtlichkeiten durch die Polizei als ‚gefährliche/verrufene Orte‘ eingestuft werden.

Alleine aufgrund der Begrifflichkeit kann es insbesondere in der Öffentlichkeit zu Fehlinterpretationen kommen, wodurch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung negativ beeinflusst werden könnte. Dabei ist auch zu beachten, dass sich die Klassifizierung einer Örtlichkeit auf eng umgrenzte Zeiträume (z. B. ausschließlich an Wochenenden, in den Abendstunden, während eines Fußballspie- les, etc.) beziehen kann.“

Es handelt sich also um eine rechtliche Einstufung, um die polizeiliche Arbeit vor Ort zu erleichtern, um eine erhöhte polizeiliche Präsenz und damit verbundene Maßnahmen wie Razzien, Observationen oder verdeckte Ermittlungen zu begründen.

Die Fraktion der AfD pickt sich ausgerechnet Köln als negatives Beispiel heraus, die größte Stadt in Nordrhein-Westfalen, eine Metropole mit über 1 Million Einwohnern und einem Vielfachen an Touristen jedes Jahr. Ganz klar, dass sich hier Straftätern mehr Gelegenheiten bieten als in anderen Städten. Das unnötige Schlechtreden einzelner Städte ist völlig unbegründet.

Wie unbegründet das ist, beweist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Raubdelikte sind in Köln im Jahr 2019 im Vergleich zu 2018 um 6,42 % zurückgegangen. Eigentumsdelikte sind ebenfalls gesunken, zum Beispiel Taschendiebstahl um 15,87 %, Fahrraddiebstahl sogar um 18,83 %. Es gibt einen allgemeinen Rückgang an Straftaten um mehr als 2 %.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Tritschler?

Nein. – Gleichzeitig hat sich die Aufklärungsquote um 3,42 % auf fast 52 % verbessert.

Ein weiteres Beispiel ist Dortmund, das in der Beantwortung der Großen Anfrage mit drei gefährlichen Orten aufgeführt ist. Hier belegt die aktuelle Kriminalstatistik, dass die Stadt sogar bereits seit fünf Jahren