Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP haben direkte Abstimmung beantragt. Ich frage, wer dem Inhalt des Antrags Drucksache 17/8775 zustimmen möchte. – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, SPD, Bündnis
90/Die Grünen und der fraktionslose Abgeordnete Neppe. Gegenstimmen? – Die Abgeordneten der Fraktion der AfD. Gibt es Kolleginnen oder Kollegen, die sich der Stimme enthalten möchten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 17/8775 mit dem festgestellten Abstimmungsverhalten angenommen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion der AfD Herrn Abgeordneten Röckemann das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eine alte Wahrheit, dass Menschen durch Menschen getötet werden und dass Menschen sich dazu mitunter Waffen bedienen. Mit unserem heutigen Antrag wollen wir eine bestehende Norm modifizieren, die dem Schutz unschuldiger Menschen dient.
Wir alle wissen, dass es Waffen gibt, die von Ordnungskräften, Jägern, Sportschützen, Soldaten und von vielen anderen legal eingesetzt und besessen werden dürfen. So soll es auch bleiben.
Unser Antrag richtet sich gegen den Besitz illegaler Waffen. Das ist auch gut und wichtig; schließlich werden insbesondere mit illegalen Waffen schwere und schwerste Straftaten verübt.
So war es beispielsweise beim Anschlag von München 2016. Der 18-jährige Täter mordete mit einer ehemaligen Theaterwaffe, die er im Internet erwarb und die wieder funktionstüchtig gemacht worden war. Auch die Toten durch den NSU wurden durch illegale Waffen umgebracht. Deshalb muss es vorrangiges Ziel der Politik sein, illegale Waffen aus dem Verkehr zu ziehen.
Es gibt zwei Wege, dieses Ziel zu erreichen. Zum einen kann eine Behörde auf einen Sachverhalt aufmerksam werden, bei dem eine illegale Waffe verwendet wird. Dann ist regelmäßig bereits das Kind in den Brunnen gefallen. Zum anderen gibt es Zeitgenossen, die zum Beispiel durch Erbschaft oder Fund in den Besitz illegaler Waffen gelangen, oder die Waffen werden mit der Zeit illegal, da sich die Gesetzeslage geändert hat.
finden auf dem Dachboden Ihres Großvaters eine alte Waffe. Diese wollen Sie ja gar nicht behalten, sondern abgeben; denn Sie wollen ja ein gesetzestreuer Staatsbürger sein. Nun gehen Sie also zur Polizei, und siehe da, Sie bekommen direkt ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Waffenbesitzes.
Das ist auch ganz logisch: Wer die tatsächliche Herrschaftsgewalt über einen Gegenstand wie zum Beispiel eine Schusswaffe ausübt, getragen von Herrschaftswillen und Herrschaftsmöglichkeit, der ist Besitzer. § 51 des Waffengesetzes ist hier ganz eindeutig. Dort heißt es unter anderem: Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer – unter anderem – eine Schusswaffe besitzt.
Das bedeutet in der Konsequenz: Derjenige, der sich rechtstreu verhalten möchte und eine illegale Waffe abliefert, macht sich strafbar. Dieses Ergebnis ist nicht zu vermitteln und entbehrt jeglicher Logik. Der Ehrliche wäre also letztendlich der Dumme und gibt eine illegale Waffe vielleicht nicht ab. Eine gewisse Hilflosigkeit bricht sich dann Bahn. Die Leute wissen nicht, wohin mit den Waffen, ohne sich strafbar zu machen.
Mir als Rechtsanwalt ist einmal ein solcher Fall untergekommen, als mir ein Kleinkalibergewehr übergeben werden sollte, um dieses einer geregelten Entsorgung zuzuführen. Da kommt man dann schon ein wenig ins Grübeln. Viele Waffen werden dann einfach irgendwo entsorgt – mit der Gefahr, dass andere sie finden. Oder die Waffen verschwinden auf dem Dachboden, bis das Spiel wieder von vorne beginnt.
Meine Damen und Herren Kollegen, seien Sie beruhigt: Wir wollen das Rad nicht neu erfinden. Wir möchten und wir müssen nur das Gesetz einer Auffrischungskur unterziehen.
§ 58 Abs. 8 des Waffengesetzes ermöglicht eine Amnestie, wenn man eine unerlaubte Waffe abgeben möchte. Also: kein direktes Strafverfahren im Anschluss. Leider war diese gesetzliche Amnestie zeitlich begrenzt bis zum 1. Juli 2018. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden massenhaft illegale Waffen abgegeben.
Ich selbst habe in Minden bei der Beantragung einer legalen Waffe eine solche Abrüstkammer in Augenschein nehmen dürfen. Glauben Sie mir: Es sah fast aus wie nach dem Krieg. Es lagen auch vollautomatische Kriegswaffen in dieser Abrüstkammer. All diese Waffen wurden vernichtet, und es konnte kein Unheil mehr damit angerichtet werden. Die Amnestie hat sich damit bewährt.
Das Gesetz muss also nur redaktionell verbessert werden. Mit unserem Antrag machen wir NordrheinWestfalen und die Bundesrepublik ein Stückchen sicherer. Dieser Ansicht werden Sie sicherlich auch sein. Unterstützen Sie doch deshalb bitte unsere
Das war der Abgeordnete Röckemann für die Fraktion der AfD. – Für die Fraktion der CDU hat nun Frau Kollegin Erwin das Wort. Bitte sehr, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten elf Jahren gab es in Deutschland zwei Waffenamnestien, nämlich 2009 und 2017/2018. In diesen Zeiträumen der Amnestie konnten unerlaubt besessene Waffen straffrei an Behörden oder Polizeidienststellen übergeben werden. Ziel dieser Amnestien war es, die Zahl der illegal zirkulierenden Waffen zu verringern. Dem Ziel konnte Rechnung getragen werden.
Inwiefern Ihr Antrag, liebe Damen und Herren der AfD, einem solchen Ziel aber auch nur ansatzweise Rechnung tragen soll, ist mir jedenfalls schleierhaft. Schon beim Lesen Ihrer Überschrift stolpert man über Begrifflichkeiten. „Illegale Waffen verbieten“: So beginnt Ihre Überschrift. Illegale Waffen sind aber bereits verboten. Wenn Sie sich über den § 58 Abs. 8 hinaus mit dem Waffengesetz beschäftigt hätten, wäre Ihnen das vielleicht auch aufgefallen. Ich empfehle Ihnen einen Blick in §§ 51 in Verbindung mit 2 und 4 ff. Waffengesetz. Dort ist nämlich genau dies geregelt.
Mit Ihrem Antrag zeigen Sie allerdings wieder einmal, dass Sie ein vermeintlich gutes Ansinnen vorschieben, um Stimmung zu machen, in der Sache aber keine Ahnung haben.
In Ihrem Antrag wählen Sie das Beispiel eines Rentners. Einer gewissen Unterhaltsamkeit entbehrt es dabei nicht, dass Ihr Antrag sich allein auf Zeitungsartikel stützt – und das, obwohl wir uns regelmäßig Ihre Reden über Fake News und Lügenpresse anhören müssen.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Zeitungsartikel schildert durchaus eine Situation, die vermehrt vorkommen kann. Ein unbeteiligter Dritter findet eine Waffe, beispielsweise in einem Nachlass oder auf dem Dachboden eines Ferienhauses im Familienbesitz.
Sie suggerieren jedoch durch Ihre Darstellung, dass dieser bereits beim Auffinden der Waffe unmittelbar ein Strafverfahren am Hals habe. Das ist ebenso falsch wie die Überschrift Ihres Antrages.
Schauen wir uns alle gemeinsam einmal die rechtliche Situation an. Jeder, der eine Waffe findet, hat die Möglichkeit, unverzüglich telefonisch mit der
nächsten Polizeidienststelle in Kontakt zu treten. Dadurch erfüllt er zum einen die ihm nach § 37 Waffengesetz obliegenden Anzeigepflichten und umgeht eine etwaige Ordnungswidrigkeit. Zum anderen hat er dann auch keine strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten.
Diese Information, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für jeden, auch für die Unwissenden, leicht zugänglich. Googelt man nämlich „Schusswaffe gefunden“, erscheint als dritter Eintrag die Seite www.polizei.nrw mit allen Handlungsempfehlungen für solche Fälle.
Kommen wir noch einmal zur Amnestie zurück. Die bisherigen befristeten Waffenamnestien haben gezeigt, dass sie für sich genommen richtig waren. Die Notwendigkeit einer kurzfristigen erneuten Regelung oder gar einer dauerhaften Amnestie kann daraus derzeit aber nicht geschlossen werden. Das belegen auch die Zahlen. In Nordrhein-Westfalen sank die Zahl abgegebener Waffen 2017/2018 auf nur noch 5.263.
Sie, meine Damen und Herren von der AfD, beziehen sich ganz bewusst nur auf die Ergebnisse aus Bayern, um einen falschen Eindruck zu erwecken. Bei objektiver Betrachtung bemerkt man allerdings: Wer von den Amnestieregelungen Gebrauch machen wollte, hat dies auch getan. – Alle anderen, die eine Waffe finden, können sich, wie ich bereits erläutert habe, straffrei bei den Behörden melden.
Sparen Sie sich Ihre Mühe, meine Damen und Herren von der AfD. Unterstützung für solch unsinnige Initiativen wie die heutige bekommen Sie von uns nicht. Der Überweisung an den Ausschuss stimmen wir aber selbstverständlich zu. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Erwin für die Fraktion der CDU. – Für die Fraktion der SPD hat nun Frau Abgeordnete Bongers das Wort. Bitte sehr, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Erwin, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie die rechtlichen Ausführungen zum Thema „Waffenamnestie“ hier schon getätigt haben. Insofern werde ich mir diesen Teil sparen, damit es nicht zu rechtlichen Doppelungen kommt, die eigentlich zumindest allen Mitgliedern des Rechtsausschusses bekannt sein sollten.
Der vorliegende Antrag ist ein weiteres hervorragendes Beispiel dafür, dass die AfD-Fraktion wieder einmal zu spät ist. Sie ist ja eigentlich nie auf der Höhe der Zeit. Lassen Sie mich dazu einige Beispiele nennen.
Beispiel 1: Alle Fraktionen im Rechtsausschuss haben sich intensiv mit dem Thema „psychosoziale Prozessbegleitung“ befasst. Wir als SPD-Fraktion haben dieses Thema im Rechtsausschuss mehrfach angestoßen. Dann kam noch ein Antrag der Koalitionsfraktionen. Ein insgesamt sehr guter sachlicher Austausch hat stattgefunden. Aber als dieser abgeschlossen war, kam die AfD noch mit einem Antrag – zu spät.
Beispiel 2: In Bundestag und Bundesrat wurde Ende des vergangenen Jahres die Modernisierung des Strafprozessrechts beraten und beschlossen. Gegenstand der Beschlussfassung war unter anderem die Änderung der Nebenklage. Kein Antrag der AfD dazu im Bundestag! Nachdem im Bund alles beschlossen war, kam die AfD mit einem Antrag zur Änderung der Nebenklage hier in den Landtag – wieder zu spät und am falschen Ort.
Beispiel 3: In Bundestag und Bundesrat wurde kürzlich die umfangreiche Änderung des Waffengesetzes beschlossen. Auch der § 58 Waffengesetz zum Altbesitz wurde geändert. Anders als noch bei der Modernisierung des Strafprozessrechts hat die AfDBundestagsfraktion in diesen Gesetzesberatungen zumindest einen Antrag eingebracht. Allerdings ging es in dem Antrag nicht um die Frage des Altbesitzes im Sinne des § 58 Waffengesetz. Das Gesetz vom 17. Februar ist am 19. Februar 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Nachdem im Bund alles beschlossen war, kommt die AfD mit einem Antrag zur Änderung der Altbesitzregelung hier in den Landtag – zu spät und am falschen Ort.
So ist das nun einmal mit Ewiggestrigen: nie auf der Höhe der Zeit und immer zu spät. Warum dieser Antrag dann auch noch unter dem gekünstelten Argument der Entlastung der Justiz federführend in den Rechtsausschuss soll, wird wohl das Geheimnis der AfD bleiben.
Wie mein Kollege Körfges in der Aussprache zu Ihrem Antrag zur Nebenklage schon gesagt hat, stimmen wir zwar der Überweisung Ihres Antrags zu, machen Ihnen aber keine Hoffnung, dem Antrag selbst zustimmen zu können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Bongers für die Fraktion der SPD. – Für die Fraktion der FDP hat nun Herr Abgeordneter Kollege Mangen das Wort.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem neuen AfDAntrag, der uns nun vorliegt, fordern Sie die dauerhafte Straffreiheit bei Abgabe von illegalen Waffen
und Munition. Damit wollen Sie angeblich lautere Bürger davor schützen, sich dem Makel eines Strafverfahrens auszusetzen, wenn sie denn Waffen oder Munition finden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, eines der wertvollsten Güter unseres Rechtsstaates ist die freie, sichere und regulierte Rechtsgemeinschaft, die jeden Markt in Abwägung mit den Werten Sicherheit, Freiheit und öffentlichen Frieden bestehen lässt – auch den Waffenmarkt, der in einem verhältnismäßigen, legalen Rahmen existieren darf.