Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (AbgG NRW) und des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen im Landtag NordrheinWestfalen (FraktG NRW)
Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/9031
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Montag, 6. April: Die AfD kündigt an, die von Ihnen eingeführte jährliche Erhöhung der Diäten aussetzen zu wollen, um sich zumindest symbolisch an den Kosten von Corona zu beteiligen.
Donnerstag, 9. April: Wir lassen unseren Worten Taten folgen und bringen den Gesetzentwurf zur Aussetzung der automatischen Erhöhung der Abgeordnetenbezüge für mindestens zwei Jahre ein.
Dann, ganze zwei Wochen später: Sie, die alten Fraktionen, bequemen sich widerwillig. Denn am Dienstag, den 21. April, meldete die „Rheinische Post“, dass die alten Parteien mit der Verschiebung der Diätenerhöhung einem Antrag der AfD-Fraktion zuvorkommen wollen, obwohl Sie doch eigentlich schon hoffnungslos hinterherhinken.
Wenigstens 500.000 Euro können wir jetzt für den Bürger zurückholen. Doch warum eigentlich nur 500.000 Euro? Die AfD hat doch schon nur mit diesem Gesetzentwurf für zwei Jahre zweimal 500.000 Euro, also mithin 1 Million Euro, an Einsparungen eingefordert.
Nicht einmal in Zeiten von Corona, in denen Friseure und Kellner, Taxifahrer und Kosmetikerinnen auf ihr komplettes Trinkgeld und 40 % ihres Fixums verzichten müssen, wollen Sie auf eine weitere Erhöhung der ohnehin üppigen Alimentierung durch die Steuerzahler verzichten, meine Damen und Herren. Das ist wirklich selbstentlarvend.
Auf Druck von uns die Erhöhung mal ein Jahr nicht mitzunehmen – das war es auch schon mit Ihrer erzwungenen Plagiatsidee. Für den Bürger muss man es einmal ganz klar aussprechen: Im Landtag Nordrhein-Westfalen verdient auch noch der letzte unbeteiligte Hinterbänkler,
ob er anwesend ist oder nicht, 11.620,51 Euro. Der SPD-Fraktionschef Kutschaty nimmt das Doppelte, und der CDU-Fraktionsvorsitzende Löttgen gibt keine Auskunft über die Vermutung, dass er mit dem Dreifachen,
also 35.000 Euro im Monat, nach Hause gehe – der CDU-Chef Löttgen, der es nicht für nötig hält, seinen Auftrag als Abgeordneter umzusetzen, nämlich die Regierung zu kontrollieren, der seit der letzten Landtagswahl bis heute nicht eine einzige Kleine oder Große Anfrage gestellt hat.
Kommen wir zur Abgeordnetenpension: 2.290,29 Euro werden jeden Monat mindestens für die Altersbezüge pro Abgeordneten angelegt. Damit spart der normale Abgeordnete binnen fünf Jahren einer Legislatur 137.417,40 Euro an, die ihm dann verzinst als Rente ausgezahlt werden können. Das ist schon ein wenig irre, wenn man bedenkt, was der normale Bürger für solch einen Rentenanspruch leisten muss.
Da ist beispielsweise die Sekretärin mit 38 Versicherungsjahren und zwei Kindern. Für die Grundrente werden wegen der Kinder nur 26 Jahre berücksichtigt. Die Rente beträgt 754 Euro, der Grundrentenzuschlag neuerdings 75 Euro.
Die Verkäuferin mit 39 Arbeitsjahren bekommt rund 746 Euro staatliche Rente plus etwas Grundrentenzuschlag.
Ein Leben lang gearbeitet oder fünf Jahre im Parlament? Für die Rente bedeutet das bei diesen Beispielen fast dasselbe.
Die frühere Partei der kleinen Leute ist genauso dabei wie die der alten Wähler. Zu SPD und CDU gesellen sich nur zu gerne Grüne und FDP. Gegen ordentlich Kohle im Alter, also in ihrem eigenen Alter, haben sie nichts. Soziale Gerechtigkeit, Sparsamkeit mit den Steuereinnahmen sind nicht ihr Ding.
Diese politische Klasse hat sich hier vor gar nicht langer Zeit mal eben binnen eines Tages die Mittel für Abgeordnetenmitarbeiter um 89 % – 14 Millionen Euro – erhöht, also nahezu verdoppelt. Der vorgeschobene Grund für diese dreiste Abzocke der arbeitenden Bevölkerung ist, dass angeblich ja so unglaublich viel mehr zu tun sei.
Schauen wir uns einmal an, was die seit 70 Jahren hier eingeübten Fraktionen so leisten, und vergleichen das mit einer Fraktion, deren Mitglieder bis vor zweidreiviertel Jahren alle noch im normalen Berufsleben standen, nämlich mit der AfD.
Kleine Anfragen im Jahr 2019: CDU pro Kopf null, FDP pro Kopf null. Das hat mit einer transparenten Kontrolle der Regierung nichts zu tun. Auch wenn Sie eine Nähe zur Regierung haben – transparente Kontrolle, die man nachverfolgen kann, sieht anders aus. SPD pro Kopf neun, und an der Spitze stehen bei den Kleinen Anfragen im Jahr 2019 die Grünen mit 26 – herzlichen Glückwunsch – und die AfD mit 23 pro Kopf.
Anträge und Gesetzentwürfe: CDU pro Kopf einer, FDP pro Kopf zwei, SPD pro Kopf einer, Grüne pro Kopf fünf, und die Nummer eins ist die AfD mit sieben pro Kopf.
Auch die Fraktionsmittel haben Sie sich auf dem Rücken der Krankenschwestern, der Kioskbetreiber, der Facharbeiter und der kleinen Selbstständigen um knapp 25 % erhöht. Ihre Schutzbehauptung an dieser Stelle ist, Sie müssten ja mehr für Social Media tun.
Jetzt tun wir mal so, als könnte man Ihnen das glauben, und schauen uns das Ganze genauer an. Beispielsweise YouTube mit Stand von heute: AfD knapp 12 Millionen Aufrufe, FDP 561.000, Grüne 114.000, CDU 47.000 und SPD satte 20.000. Bei Facebook ist auch hier mit Abstand Nummer eins die AfD. In Likes ausgedrückt: AfD 28.000, CDU 12.300, SPD 10.000, FDP 6.700 und Grüne 4.000.
Sie haben die Zeitungen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wir das Netz. Auch deswegen können Sie mit der Freiheit des Internets nicht viel anfangen.
Dann sitzen wir hier auch noch mit mehr Abgeordneten, als selbst von Ihnen gedacht. Ein überzähliger Abgeordneter kostet mit 11.600 Euro Diät, BahnCard 100, Büro, Strom, Telefon, Internet usw. sowie knapp 10.000 Euro für Mitarbeiter 1,3 Millionen Euro pro Legislatur. Aber unseren Antrag auf eine vernünftige Abspeckung des Parlaments lehnen Sie genauso ab wie ein Moratorium für den Landtagsausbau, den wir bei einer Verkleinerung des Parlaments gar nicht bräuchten. Das sind wieder mindestens 100 Millionen Euro auf Kosten der Steuerzahler.
Wenn es heute um Diäten geht, dann muss ich natürlich den Experten schlechthin zitieren, Professor Hans Herbert von Arnim:
„Bei Beschlüssen über Diäten, Parteienfinanzierung … sowie beim Praktizieren und Tolerieren von Ämterpatronage stimmen die Interessen von Regierung und Opposition überein. Dann wird Opposition manchmal nur geheuchelt, während die öffentlichen Mittel und Posten oder die Ausschaltung … [von] Konkurrenten in Wahrheit gern hingenommen werden.“
Er hat das im Prinzip hervorragend wissenschaftlich herausgearbeitet. In der „WeLT AM SONNTAG“ fügt er noch hinzu – ich zitiere –:
„Die AfD hält oft als Einzige dagegen. Dass es die AfD gibt, entspricht durchaus dem Sinn der Wettbewerbsdemokratie. … Ich finde es falsch, wenn viele die Funktionsträger und Wähler dieser Partei ausgrenzen und sie wie Feinde behandeln oder gar die Machtmittel des Staates gegen sie in Stellung bringen. Man darf der AfD das Gespräch nicht verweigern. Sie ist erst ein paar Jahre alt. Neue Parteien haben es immer schwer.“
Für heute sind wir schon damit zufrieden, dass Sie unseretwegen wohl oder übel auf 500.000 Euro verzichten müssen. Um aber die von mir aufgezeigten weiteren Einspareffekte in Millionenhöhe an die Bürger zurückgeben zu können, müssen schon wir regieren. Das werden wir auch. – Ich danke Ihnen.
Wenn jemand parallel zu dieser Debatte in den sozialen Medien – auf Facebook – mit einem Bild unterwegs ist,
das zeigt, wie sich ein Mann ein Geldbündel ins Sakko steckt, dann ist direkt klar, dass es hier nicht um die sachliche Bearbeitung eines Themas geht, sondern dass natürlich die Reflexe bedient werden. Ihre Rede hier am Redepult hat auch nicht denen gegolten, die hier sitzen, sondern denjenigen, die Ihre Videos weiterverbreiten. Das wissen wir alle. Das alles ist kein Geheimnis.
Ich hatte eben aber vor allem den Eindruck, dass Ihnen für Ihr großes Engagement in diesem Bereich ein bisschen Lob und Anerkennung aus diesem Haus fehlen. Das war ein bisschen die Frage: Wann lobt ihr uns endlich mal
für die tollen Sachen, die wir machen? – Ich kann Ihnen versichern, ich werde diesen Weg nicht gehen.
(Markus Wagner [AfD]: Und Sie reden von Er- wartungen! – Zuruf von der AfD: Schade! – Weitere Zurufe von der AfD)
Aber ich bin dankbar, meine Damen und Herren, dass der Landtag von Nordrhein-Westfalen mit dem Verzicht auf die Erhöhung der Abgeordnetenbezüge ein Zeichen setzt und sich mit all denen solidarisch zeigt, die aufgrund der Coronakrise Einkommenseinbußen erleiden, um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze fürchten oder als Selbstständige um ihre Existenzen bangen.
Wir wissen, in welch schwieriger Situation sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in diesen Wochen befinden. Denn als Abgeordnete sind wir dort, wo es möglich ist, unterwegs und stehen als Gesprächspartner zur Verfügung. Über unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen wir eine Vielzahl von Kontakten und Anfragen, die wir abarbeiten, um konkret Hilfestellung zu leisten.