Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

(Zurufe – Unruhe)

Wunderbar, die haben Sie alle geschaffen, Herr Hübner, weil Sie so gut waren.

(Fortgesetzt Zurufe – Unruhe – Glocke)

Kollegen! Ich bin gerade erst in den Saal gekommen, der für 13:01 Uhr voll wie selten ist. Mich irritiert aber, dass ihr alle so aufgeregt seid, nur weil ihr nicht zu Mittag gegessen habt.

(Heiterkeit)

Also haltet ein bisschen Ruhe, damit wir einander zuhören können. Jetzt hat der Minister wieder das Wort. Danke schön.

Ganz lieben Dank, Herr Präsident. – Ich finde den Zwischenruf von Herrn Hübner wichtig. Wenn wir es für Nordrhein-Westfalen sachlich betrachten,

(Michael Hübner [SPD]: Ich war sachlich!)

müssen wir in dieser Debatte Folgendes berücksichtigen: Das Tischtuch in Nordrhein-Westfalen ist kurz genug. Wir als Politik müssen sehr sorgfältig darauf achten, dass wir es in die richtigen Richtungen ziehen, damit es nachhaltig die größte Wirkung für dieses Land hat.

Jetzt ist keine Zeit für eine Wünsch-dir-was-Politik, sondern wir müssen versuchen, das Notwendige zu

tun, um dieses Land in eine hoffentlich gute Zukunft zu führen. Das wird schwer genug.

Wir werden uns dabei mit ideologischen Forderungen nicht erfolgreich bewegen können, sondern uns sehr sachbezogen mit dem auseinandersetzen müssen, was jetzt möglich ist – und nicht nur mit dem Wünschenswerten.

Das habe ich bei Herrn Sundermann etwas vermisst, denn bei ihm gab es ein Sammelsurium von Forderungen. Man kann sich das alles wünschen; allerdings ist die Frage, ob sie in die jetzige Zeit passen. Zugleich wird auch mit Klassikern wie der Vermögenssteuer und anderen Themen operiert.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine mittelständisch geprägte Wirtschaft. Wir haben die vielen Familienunternehmen, die Hidden Champions. Wenn wir jetzt eine Vermögensteuer fordern, geben wir ihnen im Kampf um Investitionen für Arbeitsplätze das klare Signal, dass hier für sie in Zukunft kein guter Standort mehr ist.

(Ralph Bombis [FDP]: Ja, genauso ist es!)

Ich frage Sie: Ist das die richtige Ausgangslage, um durch die Krise zu kommen,

(Beifall von der FDP)

um zu sehen, dass aus der Kurzarbeit wieder Beschäftigung wird, oder ob aus Kurzarbeit Arbeitslosigkeit wird? – Darum geht es in den nächsten Wochen und Monaten.

Wir sollten versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, die helfen, dass der Investitionsstandort hinreichend attraktiv ist. Dafür müssen wir die Planungsgenehmigungsverfahren weiter so gestalten, dass wir schneller zu Entscheidungen kommen.

Wir müssen die Digitalisierung in den verschiedenen Lebensbereichen vorantreiben. Wir müssen es in der Wirtschaft aber auch genauso machen, wie wir es mit dem Wirtschaftsserviceportal machen, dem wir im Laufe dieses Jahres digital noch weitere 50 Verfahren unterlegen, damit die Unternehmen ihre Aktivitäten schneller entfalten können.

Wir wollen mit unseren Maßnahmen im Rheinischen Revier und bei den Kraftwerksstandorten im Ruhrgebiet schneller vorankommen. Wir wünschen uns einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn und führen dazu Gespräche mit dem Bund.

Uns könnten viele Milliarden Euro bereitgestellt werden, die uns helfen würden, hier zu investieren, die Infrastruktur zu verbessern und dadurch die Nachfrage zu stimulieren. – Das alles sind Maßnahmen, die sehr wirksam sein und helfen könnten.

Ich will noch etwas zu Europa sagen, weil das eben noch einmal kritisiert wurde: Wie sollen wir sonst vorankommen? – Es reicht nicht, wenn wir jetzt ein Konjunktur- und Wachstumsprogramm in Deutsch

land auflegen, so großartig es auch wäre, wenn 120, 100 Milliarden Euro oder wie viel auch immer zusammenkämen. Das alleine wird aber nicht reichen.

70 % des Exports geht aus Deutschland in die europäischen Mitgliedsstaaten. Das heißt, unsere Hauptnachfrager sind unsere Nachbarn. Einige trifft Corona viel härter, als es uns getroffen hat – gerade im Süden Europas.

Wir können uns daher nicht einfach zurücklehnen und sagen: Lasst die doch ihre Probleme selbst lösen, wir kriegen das vielleicht besser hin. Dann schauen wir mal. – Das würde unsere mittelständische Wirtschaft ins Mark treffen.

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

Wir müssen die europäischen Lieferketten wieder in Gang bringen. Wir müssen ein hohes Interesse daran haben, dass auch unsere europäischen Nachbarländer möglichst nachhaltig wirksame und sinnvolle Investitionen vornehmen. Dabei müssen wir sie unterstützen.

Wir wollen keine Verschuldungsorgien, die überhaupt keiner wollen kann. Wir wollen aber unsere Maßnahmen in eine konzertierte europäische Aktion einbetten. Ich würde sogar noch weitergehen wollen – so haben der Ministerpräsident und ich die Impulse auch vorgestellt –:

Sie sollten in ein G-7- und in ein G-20-Treffen eingebettet sein wie im Sommer der Finanzkrise. Damals haben sich die Regierungschefs der Welt zusammengesetzt und hinterfragt: Was können wir gemeinsam tun, um die Weltkonjunktur zu stabilisieren und wieder Wachstum möglich zu machen? – Wenn wir das jetzt nicht wieder global angehen, wird es für alle noch schwerer.

Es ist sehr wichtig, dass wir die Maßnahmen möglichst breit ausrichten, damit wir wieder Fahrt aufnehmen können. Darüber hinaus müssen wir die sowieso notwendigen Investitionen vorziehen, zum Beispiel beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung oder bei der Modernisierung unseres Wirtschaftsstandortes.

Auf diesem Weg müssen wir möglichst viele in Deutschland, in Europa und weltweit mitnehmen, denn dann kann uns das umso besser gelingen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Minister Professor Dr. Pinkwart. – Herr Loose hat jetzt eine Minute und dreißig Sekunden lang Zeit für seine Kurzintervention. Sie haben das Wort, Herr Loose. Bitte schön.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Professor Pinkwart, nur kurz vorab: Das IW, auf das Sie eben verwiesen haben, lehnt Ihr Helikoptergeld, Ihre 600 Euro, explizit ab.

Aber nun zur Soforthilfe, die eigentlich unbürokratisch den kleinen Soloselbstständigen gegeben werden sollte: Das Geld kommt nicht wirksam an. Es werden jetzt zahlreiche Verwendungsnachweise gefordert. Sie selbst schieben jetzt den Schwarzen Peter an den Bund ab. Im Antrag Ihrer Kollegen heißt es:

„Zum Bedauern der NRW-Koalition aus CDU und FDP hat die Bundesregierung entschieden, dass der Zuschuss nur für Betriebskosten verwendet werden darf und nicht auch für den privaten Lebensunterhalt.“

Dabei ist das doch bei Solo-Selbstständigen gar nicht unterscheidbar.

Aber wer hat denn eigentlich dieses Versprechen unbürokratischer Hilfe gegeben? – Das waren Herr Altmaier, Herr Scholz und auch Sie, Herr Minister.

Herr Altmaier sagte dazu am 23.03.2020: Wir geben einen Zuschuss. Es geht nicht um einen Kredit, es muss also nichts zurückgezahlt werden.

Herr Scholz sagte: Deshalb schnüren wir ein Paket mit direkten Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen.

Sie, Herr Minister Pinkwart, haben diese Zusicherung mit einer Veröffentlichung auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums bis zum 1. April gegeben.

Nun zeigen Ihre Kollegen mit dem Finger auf die Bundesebene. Dabei waren Sie es doch, die den Menschen versprochen haben, dass sie das Geld unbürokratisch nutzen können, und wir wissen doch, dass bei Solo-Selbstständigen keine Unterscheidung zwischen Betriebs- und privatem Vermögen möglich ist.

Zur Wahrheit gehört also, dass Sie, Herr Minister, leider die kleinen Solo-Selbstständigen getäuscht haben. – Vielen Dank.

Herr Minister, jetzt haben Sie eine Minute und dreißig Sekunden Zeit für die Erwiderung. Bitte schön.

Vielen Dank für die Gelegenheit. – Wir haben hier in Nordrhein-Westfalen Wort gehalten. Wir hätten uns gewünscht, dass der Bund das in der beschriebenen Weise interpretiert hätte; das hat er nicht getan. Als

das klar war, haben wir unsere Q&A entsprechend angepasst.

Wir haben aber trotzdem den ganzen April über weitere Gespräche mit dem Bund geführt und ihn auch in der Wirtschaftsministerkonferenz aufgefordert, seine Haltung zu überdenken. Das ist negativ beantwortet worden.

Daraufhin hat die Landesregierung entschieden, den Solounternehmern für die Monate März und April den Vertrauensschutz zu gewähren, sodass sie 2.000 Euro pauschal geltend machen können, genauso wie wir es für die Künstlerinnen und Künstlern in dem Spezialprogramm von Frau Pfeiffer-Poensgen eingerichtet hatten. Damit stehen wir zu unserem Wort.

Ab Mai war es dann für die Unternehmer möglich, die Grundsicherung in Anspruch zu nehmen. Das ist nicht der beste Weg, aber der Weg ist vom Bund so vorgesehen.

Wir haben damit unsere Zusagen gehalten. Wir machen das auch in einem sehr vereinfachten Verfahren. Wir haben den Solounternehmern deutlich gemacht: Wir stehen zu ihren Interessen. Das finanzieren wir auch aus Mitteln des Landes.