Protokoll der Sitzung vom 24.06.2020

(Lachen von der SPD und den GRÜNEN)

eine Landesregierung, die ihre Arbeit macht. Das ist das, was wir in dieser Krise brauchen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Schauen Sie, Herr Kutschaty, ich merke es ja an den Reaktionen Ihrer Fraktion. Meine Fraktion hat Ihnen während der Rede zugehört, ohne einen einzigen Zwischenruf zu machen.

(Zurufe von der SPD)

Ich brauche nur einen Satz zu sagen, und Sie regen sich auf. Das kann ja während des Rests der Rede lustig werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mehr als 9 Millionen Menschen weltweit haben sich laut aktuellen Zahlen der Johns-Hopkins-Universität seit Beginn der Pandemie weltweit mit SARS-CoV-2 angesteckt. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit rund 192.000 Infizierten weltweit die zwölftmeisten Fälle, rund 41.200 davon in Nordrhein-Westfalen. 37.000 Menschen in unserem Land sind von der Erkrankung Gott sei Dank genesen. Wir haben also derzeit etwas mehr als 4.500 aktuell infizierte Menschen, denen wir auf diesem Wege von Herzen gute Genesung wünschen.

Viele Gemeinden, Städte und Kreise dürfen bereits seit einiger Zeit null oder sehr wenige Infizierte melden, und das ist insbesondere ein Verdienst – man darf es auch durchaus Erfolg nennen – der weit überwiegenden Zahl unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich an Regeln gehalten haben, auf persönliche Freiheit verzichtet und mit teils harten Einschränkungen gelebt haben. Ihnen gebührt am heutigen Tag unser Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vor exakt drei Monaten, am 24. März dieses Jahres, trat der Landtag unter der Überschrift „Mit Entschlossenheit und Solidarität – Nordrhein-Westfalen gemeinsam gegen die Corona-Pandemie“ zu einer Sondersitzung zusammen. Da war viel von Zusammenhalt, Gemeinschaft und notwendiger Solidarität in der Krise die Rede. Da wurde dem Ministerpräsidenten und der Landesregierung konstruktive Mitarbeit versprochen. Ich zitiere Thomas Kutschaty von der SPD:

„Das ist die Stunde der sozialen und liberalen Demokratie. Eine Gemeinschaft, die zusammenhält, kann jede Herausforderung meistern – in Freiheit, Verantwortung und Solidarität. Diesen Beweis können wir jetzt erbringen.“

Und an den Ministerpräsidenten gewandt:

„Wir werden Sie bei Ihrer Arbeit konstruktiv begleiten.“

Ich zitiere Monika Düker, Fraktionsvorsitzende der Grünen:

„Wir Grüne wollen und werden uns als Oppositionsfraktion dieser historischen Krise stellen. Wir wollen staatspolitische Verantwortung mit übernehmen. Wir unterstützen die Landesregierung bei dieser riesigen Herausforderung und bieten unsere konstruktive Mitarbeit an.“

Mit Blick insbesondere auf die letzten Wochen, auf Ihre gestrigen Presseerklärungen habe ich mich gefragt: War das ein Versprechen, was SPD und Grüne vor nur drei Monaten abgegeben haben, oder haben Sie sich nur versprochen? Sie werfen uns, Sie werfen dieser Landesregierung vor, in dieser Krise falsch gehandelt zu haben. Aber „richtig“ ist nicht immer das genaue Gegenteil von „falsch“.

Für SPD und Grüne haben Dinge wahlweise zu lange gedauert, sie wurden zu spät erledigt, waren nicht ausreichend, oder man hätte schon mehr tun müssen, Chaos hier, Chaos dort. Mal haben Sie große Bauchschmerzen bei Entscheidungen, mal einen angeblichen Irrlauf zu vermelden, kritisieren an der einen oder anderen Stelle einen Mangel von irgendwas und wollen am Ende doch nur den Eindruck verankern: Wenn Sie nur Verantwortung tragen würden, hätten Sie es bestimmt besser gemacht.

Vor dem Hintergrund Ihrer Zusagen vom 24. März finde ich für diese Art, Politik zu betreiben, nur ein einziges Wort: schäbig, schäbig bis zum Gehtnichtmehr.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihr Gegner, Herr Kutschaty, Frau Düker, ist die Landesregierung. Aber unser Gegner heißt nicht SPD oder Grüne. Unser Gegner heißt SARS-CoV-2, COVID-19 oder auch Corona. Ihr Ziel ist es doch nur, dass von dem Schmutz, den Sie in Ihren Oppositionsventilator schaufeln, irgendetwas an der Landesregierung hängenbleibt. Aber unsere Ziele, die Ziele der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, sind nach wie vor: bestmöglicher Schutz der Bevölkerung, Verhinderung der Überforderung unseres Gesundheitssystems, Vorsorge für Struktur und Organisation, um zukünftig besser reagieren zu können, Abmilderung der persönlichen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie für jeden Einzelnen, für Kinder, Eltern, Familien, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, für unsere Kommunen und unsere Gesellschaft sowie das Setzen von Impulsen und Anreizen, um aus dieser Krise gestärkt hervorzugehen.

Würden wir die heutige, historisch immer noch einmalige Situation und Herausforderung als politisches Spielfeld begreifen, könnte man sagen: Sie haben uns vor nur drei Monaten in diesem Haus hoch und heilig versichert, in der gleichen Mannschaft gegen

den gemeinsamen Gegner COVID-19 anzutreten. Sie haben angekündigt, ein kritischer Mannschaftsteil zu sein. Das wäre vollkommen in Ordnung gewesen. Aber, um im Bild zu bleiben: Sie haben das Spielfeld verlassen. Sie haben sich auf die Zuschauerplätze verkrümelt, kommentieren dies und jenes lautstark und suhlen sich dabei in der eigenen Verantwortungslosigkeit.

Ich kann nur an Sie appellieren: Sie stehen nicht außen vor. Sie stehen auf dem Spielfeld. Sie tragen auch als Opposition Verantwortung für dieses Land, und diese Verantwortung erschöpft sich nicht – wie in Ihrer Rede, Herr Kutschaty – darin, Personen zu diskreditieren, Maßnahmen zu kritisieren und hier den Besserwisser zu geben. Hören Sie doch auf, aufs eigene Tor zu schießen! Ich habe von meinen Eltern und Großeltern gelernt: Wenn man in einer schwierigen Situation steckt, wenn es hart auf hart kommt, dann hilft man sich. Dann wirft man nicht denjenigen, die versuchen, nach besten Kräften aus dieser Situation herauszukommen, auch noch Knüppel zwischen die Beine, sehr geehrter Herr Kutschaty.

(Beifall von der CDU und der FDP – Arndt Klo- cke [GRÜNE]: Was für eine aggressive Rede!)

Ihre Rede am heutigen Tage, Ihre Wortmeldungen in den Medien, die Presseerklärungen lassen vor allen Dingen eines vermissen: den Anstand, in einer schwierigen Situation unseres Landes als Parlament, als Parteien, als Fraktionen erkennbar zusammenzuhalten. Von mir aus, meine Damen und Herren, werfen Sie mir Naivität vor. Aber am Beginn dieser Krise, vor drei Monaten, habe ich ausgehend von Ihren Zusicherungen wirklich geglaubt und hatte die Hoffnung: Wir wuppen diese Ausgangssituation mal gemeinsam, und anschließend gehen wir wieder in den politischen Clinch.

Weit gefehlt! Verlässlichkeit ist nicht die Sache von SPD und Grünen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP – Frank Müller [SPD]: Wenig Zustimmung!)

Ihr Motto lautet: Es wird schon etwas passieren, auf das wir mit Kritik reagieren können.

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Sie schließen aus bewussten und unbewussten Fehlern Einzelner, die bewusst oder unbewusst Regeln missachten, auf ein Fehlverhalten dieser Landesregierung. Dieses Virus ist aber leider unberechenbar. So viel Politik auch mahnen, verordnen und einschränken kann, so wenig ist Politik in der Lage, das verantwortliche Handeln des Einzelnen in einer Pandemie vorherzusagen oder gar zu bestimmen.

Sie, meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wollen aus kleinkarierten politischen Gründen den Menschen im Land suggerieren:

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Mit uns hätte es besser laufen können.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Aber weder wir noch Sie von der Opposition sind im Besitz der absoluten Wahrheit, wenn es um die Bekämpfung dieser Pandemie geht.

(Zuruf von der SPD: Eine ganz schlimme Ver- teidigungsrede! – Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Wir haben weiß Gott schon ausreichend Menschen, die diese absolute Wahrheit für sich in Anspruch nehmen. Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Coronaleugner und Weltuntergangspropheten – alle zusammen ein jämmerlicher Haufen uninspirierter Nörgler und Stänkerer, die ihr Gehirn wahrscheinlich an der Garderobe abgegeben haben.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Noch einen draufset- zen, Herr Löttgen! Meine Güte, was für eine Rede! – Unruhe – Glocke)

Herr Klocke,

(Zurufe von Christian Dahm [SPD] und der AfD)

wenn Sie glauben, Politik würde mit dem Kehlkopf gemacht: Wir wollen Politik mit dem Kopf machen.

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Deshalb setze jetzt ich meine Rede fort.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich sage ausdrücklich: Mit Blick auf Attila Hildmann und ähnliche Konsorten kann einem schon mal kurz der Gedanke kommen,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

dass man in der einen oder anderen Firma die Produktion von Schutzmasken lieber auf die Produktion von Aluhüten umstellen sollte.

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Aber zurück zu den politisch handelnden Menschen in diesem Plenum: Schauen wir uns mal an, was der Thomas Kutschaty, der heute an diesem Rednerpult kritisiert,

(Zurufe von Marc Herter [SPD], Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] und Josefine Paul [GRÜNE])

Verantwortungslosigkeit angeprangert und zu langes Zuschauen bemängelt hat, denn so gemacht hat, während im Kreis Gütersloh die Infiziertenzahlen stiegen.