Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

Viertens. Der massenhafte unkontrollierte Zuzug aus dem Ausland mit einer Vielzahl von Kindern, die nun in den Schulen intensiver Betreuung bedürfen, verlangt von allen Beteiligten in den Schulen ungeheure Anstrengungen und geht nicht ohne soziale Friktionen ab.

Fünftens. Die Zunahme der Schulsysteme des gemeinsamen Lernens produzieren mit Ihren instabilen Lerngruppen Frust und Langeweile, werfen die Schülerinnen und Schüler auf sich selbst zurück und fördern ebenfalls soziale Verwerfungen im schulischen Raum.

Sie haben überall da, wo Sie regiert haben, diese Erziehungsmisere in den Schulen maßgeblich mit zu verantworten. Nun wollen Sie diese Verwerfungen mit Hilfe von Schulsozialarbeit bewältigen. Ja, das ist richtig: Schulsozialarbeit ist mittlerweile unbedingt notwendig; ich selbst habe in meinen Schulen ganz wertvolle Erfahrungen mit Schulsozialarbeit gemacht.

Aber Schulsozialarbeit kann nicht gesellschaftliche Defizite heilen und psychotherapeutische Dienste leisten. Schulsozialarbeit muss letztlich immer ausgerichtet sein auf Hilfestellungen zum besseren Lernen und zur gelungenen Eingliederung in den Klassen- und Schulverband. Deshalb ist sie der verlängerte Arm der Lehrerinnen und Lehrer, die den Erziehungsprozess in der Schule leiten und steuern. Denn Unterrichten und Erziehen ist eine Einheit und kann nicht getrennt erfolgen. Sie aber wollen eine Schulsozialarbeit als Parallelstruktur neben der Lehrtätigkeit aufbauen.

In einem Ihrer früheren Anträge hatten Sie ja sogar die Forderung eingebracht, die stellvertretende Schulleitung jeweils mit einem Sozialarbeiter zu besetzen. Damit wird doch deutlich, Frau Voigt-Küppers, dass sie von der Erziehungsstruktur innerhalb der Schule wenig wissen und die Verschränkungen des Lern- und Verstehensprozesses

(Zurufe von der SPD)

mit dem Erziehungsprozess ignorieren.

Genau aus diesem Grund müssen die verschiedenen Stränge der Schulsozialarbeit bei einer Lehrkraft zusammenlaufen, welche die unterschiedlichen Beratungsstränge koordiniert und die Arbeit der Beratungslehrer, der Schulsozialarbeit und die Angebote anderer Träger wie Caritas und Diakonie zusammenführt und in ein Beratungskonzept einbindet.

Das ist Aufgabe der Schule, und Ausgangspunkt sind immer Beratungen entweder der Lehrer, die in der Klasse unterrichten, oder einer Jahrgangsstufe oder der Schulleitungsrunde oder von wem auch immer. Sonst bleibt es bei Einzellösungen.

Deshalb können auch die Standards nicht vom Land gesetzt werden. Schulsozialarbeiter sind oftmals nur für bestimmte Tage in der Schule. Sie betreuen häufig mehrere Schulen in der Woche an festgesetzten Tagen. Deshalb müssen die Schulsozialarbeiter bei den Kommunen angesiedelt sein und den Schulen gemäß den Notwendigkeiten zugeordnet werden. Schulsozialarbeit ist damit eine Dienstleistung der Kommunen für die Schulen, so wie es auch eine Dienstleistung der Schulpsychologischen Beratungsstellen für die Schulen gibt, die natürlich Gott sei Dank nicht so häufig in Anspruch genommen werden.

Den Kommunen muss allerdings die finanzielle Absicherung zugestanden werden, damit sie die

Schulsozialarbeiter beschäftigen und in die Schulen entsenden können. Hier wäre tatsächlich eine klare Verantwortlichkeit hinsichtlich der Finanzierung zu begrüßen. Wir werden das im Schulausschuss mal wieder intensiv diskutieren, denke ich. Ich hoffe, dass wir dann vielleicht zu einer Lösung kommen, die allen nützt. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Seifen. – Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Gebauer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Voigt-Küppers, es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich um meine persönliche Befindlichkeit Sorgen machen. Ich darf Ihnen versichern: Ich bin noch weit entfernt von der Grenze meiner Belastbarkeit. Sie können in Bezug auf Regierungshandeln und Bildungspolitik bei uns in Nordrhein-Westfalen noch einiges von mir erwarten.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, in Ihrem Antrag sprechen Sie von einem phlegmatischen Vorgehen. – Auch davon kann keine Rede sein, eher von einem angemessenen Regierungshandeln,

(Lachen von Sigrid Beer [GRÜNE] – Zuruf)

einem Regierungshandeln, das verantwortungsvoll und besonnen ist, das aber auch zukunftsorientiert ausgestaltet ist – also all das beinhaltet, was Ihrer Oppositionsarbeit leider an vielen Stellen verloren gegangen ist.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Liebe Frau Voigt-Küppers, Regierungshandeln muss der Opposition nicht in allen Teilen und immer dargelegt werden.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Ab und zu wäre aber gut! – Weiterer Zuruf)

Was zählt, ist das Ergebnis, und den Weg zum Ergebnis gestaltet nicht die Opposition, sondern das Regierungshandeln.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU – Mehrere Zurufe)

Jetzt die Botschaft für heute, auf die alle warten: Herr Ott, Frau Beer, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie haben damals eine Unsicherheit in Bezug auf die Fortführung der Schulsozialarbeit hinterlassen.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Es war damals unser Minister Karl-Josef Laumann, der gesagt hat: Wir führen das weiter bis 2020, damit diese Unsicherheit beseitigt wird. Das haben wir als ersten Schritt in unserem gemeinsamen Regierungshandeln getan.

Heute lautet die Botschaft: Sie können sich darauf verlassen, dass die Schulsozialarbeit natürlich selbstverständlich auch über den 31.12.2020 hinaus dauerhaft fortgeführt wird und auch aus Landesmitteln gesichert ist.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zurufe)

Darauf können sich die Schulen und alle Beteiligten am Schulleben verlassen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von Jochen Ott [SPD] und Franziska Müller- Rech [FDP])

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Dudas das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Vorab, Frau Ministerin: Beim Regierungshandeln sollte man natürlich immer das Parlament mit einbinden. Ich weiß nicht, was Sie für ein Demokratieverständnis haben, aber ich glaube, in unseren Sphären ist es üblich, dass Parlamente beteiligt werden.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU, der SPD und der FDP)

Es ist ja mittlerweile Konsens, dass die Schulsozialarbeit eine große Bedeutung hat und einen wichtigen Beitrag als Element der Präventionskette leistet. Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrkräfte werden deutlich entlastet; wir haben heute viel dazu gehört.

Daher ist klar, dass wir das Erfolgskonzept Schulsozialarbeit nicht nur fortführen, sondern endlich auf solide Füße stellen und eine dauerhafte Finanzierung klären müssen. Dass das kommen soll, haben wir ja gerade gehört.

Denn nach dem Auslaufen der Bundesförderung 2014 hangeln wir uns von Verlängerung zu Verlängerung bei der Erstattung der Kosten im Rahmen von BuT.

Immer wieder ging es darum, ob die über 47 Millionen Euro pro Jahr auch weiterhin vom Land übernommen werden oder nicht. Diese wiederkehrende Hängepartie hat Spuren in der Landschaft hinter

lassen. Dass wir hier auf Landesebene darüber diskutieren, ist nur der kleinste Punkt.

Fataler ist vielmehr, dass die Kommunen bis heute immer wieder rechnen und planen müssen, wie es denn weitergeht, dass Arbeitsverträge immer wieder befristet geschlossen werden mussten, dass die Beschäftigten regelmäßig bangen müssen, ob und wie und wann es nun weitergeht. Dass sie sich Sorgen machen, kann doch jeder normale Mensch nachvollziehen, denn schließlich sind es nur noch rund fünf Wochen bis zum 30.09, und ab dem 01.10. sind es die besagten drei Monate, die man sich vor Ende einer Anstellung arbeitssuchend melden muss. Das sorgt für tiefe Verunsicherung.

Deswegen hat die Zeit massiv gedrängt. Denn immer wieder war bislang in den zuständigen Ämtern zu hören, dass so manche Fachkraft irgendwann entnervt aufgegeben und sich eine andere Stelle mit einer dauerhaften Perspektive gesucht hat. Am Ende stehen dann wieder die Kommunen und damit auch die Schulen vor dem Dilemma, woher sie denn neue Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter bekommen sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser unselige Zyklus wird entsprechend Ihrer Ankündigung nun endlich auf Druck der SPD ein Ende haben.

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU und der FDP)

Wenn ich es richtig sehe, waren wir beim grundsätzlichen Ziel immer beieinander. Aber warum es so lange gedauert hat, wird vermutlich – wie Sie es gerade auch gesagt haben – Ihr Regierungsgeheimnis bleiben.

Frau Ministerin Gebauer, Herr Minister Laumann, wir nähern uns in großen Schritten dem letzten Quartal des Jahres und brauchen endlich eine verbindliche Lösung, mit der die Schulsozialarbeit dauerhaft und auskömmlich finanziert wird.

(Martina Hannen [FDP]: Haben Sie zugehört?)

Das sind wir den Schülerinnen und Schülern, den Lehrerinnen und Lehrern und den Kommunen schuldig. Es freut uns daher, dass Sie auf Druck der SPD nun endlich ein Einsehen haben und den Betroffenen endlich eine Perspektive geben. Bitte sorgen Sie für eine schnelle Umsetzung. Es darf jetzt keine Zeit mehr verloren gehen, denn das Quartal ist bald zu Ende.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dudas. – Für die Fraktion Bündnis

90/Die Grünen spricht noch einmal Frau Kollegin Beer.