Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist doch die große Frage. Ich denke nicht, dass Sie jetzt noch die letzten drei Tage nutzen werden bzw. nutzen können, um genau diese Lernbedingungen herzustellen.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Es gilt, zivilgesellschaftliche Kräfte und alle, die bereitstehen könnten, um anders zu unterrichten – Lehramtsstudierende, Praxissemesterstudierende – zu mobilisieren und den Schulen die Freiheit zu lassen, anders zu denken.

Es gibt eine Realschule, die ein wunderbares Modell entwickelt hat: eine Woche Präsenzunterricht, eine Woche Digitalunterricht. Sie haben das dort gut eingespielt. Allen Kindern, die zu Hause keine Unterstützung haben, werden entsprechende Lernräume in der Schule angeboten, um das sicherzustellen.

Warum kann diese Schule nicht weiter so verfahren? Sie kann die Lerngruppen teilen, und es ist dort eingespielt. Das ist aber nicht möglich. Warum geben Sie den Schulen nicht die Freiheit, Epochen- oder Blockunterricht zu erteilen und fächerübergreifend in kleinen stabilen Lerngruppen zu arbeiten, damit Infektionsrisiken gering gehalten werden, aber Lernen Spaß macht, Lernen gelingen kann und Lernen kontinuierlich angesetzt werden kann?

All das riskieren Sie, weil wir dauernd Aussetzer haben: Für 14 Tage muss die eine Lerngruppe nach Hause und für eine Woche die andere. So kann nicht kontinuierlich gearbeitet werden.

(Zuruf von Angela Freimuth [FDP])

Sie haben das, was eigentlich möglich wäre, an verschiedenen Stellen auch mit einem wirklich schlechten Handling versemmelt. Das sind nicht nur die Ferienangebote, das ist auch die digitale Ausstattung.

Es gibt heute immer noch keine Standards für die digitale Ausstattung an Schulen und keine Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden. Wir haben Ihnen schon im April gesagt, dass es eine Möglichkeit wäre, Digitalmittel zu öffnen und vorzufinanzieren. – Dann ist das Sonderbudget gekommen, und Sie haben es tatsächlich hingekriegt, die Förderrichtlinie mitten in den Sommerferien herauszugeben.

Ähnliches gilt für die Ausstattung mit digitalen Endgeräten. Seit zwei Jahren diskutieren wir, seit zweieinhalb Jahren liegt das Gutachten vor. Nur wegen des Drucks durch Corona sind die Mittel freigesetzt worden.

Das war, was die Beschaffung angeht, aber auch sehr spät. Deswegen werden Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte noch lange darauf warten müssen, bis sie wirklich Geräte in den Händen haben, aber die Kommunen sind schon angewiesen, bis zum 31. Dezember die Verwendungsnachweise vorzulegen.

(Zuruf)

So geht es nicht.

Was passiert ab nächster Woche, Frau Ministerin? Wo sind die kleinen stabilen Lerngruppen, die auch die Eltern einfordern? Wie kann das hergestellt werden? – Wir würden gerne mithelfen, einen solchen Bildungspakt voranzubringen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich mache hier nochmals das Angebot: Lassen Sie uns in dieser Lage zusammen daran arbeiten. Aber es ist wie in einem Tunnel: Was Sie nicht sehen wollen, sehen Sie auch nicht mehr. Sie graben sich immer mehr ein.

(Bodo Löttgen [CDU]: Das gilt auch für Sie!)

Herr Löttgen, ich habe manchmal das Gefühl, dass wir uns mit den Kästen, in denen wir sitzen, auch Tunnel gebaut haben.

(Bodo Löttgen [CDU]: Mit Tunneln kennen Sie sich aus!)

Da ist es ganz schwierig, noch den Durchblick zu behalten, weil sich das doch alles etwas schwierig gestaltet.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das ist schade. Anstatt die Kräfte zu bündeln und gemeinsam für die Schulen zu arbeiten, wird jegliche

Kooperation verwehrt. Das führt zu traurigen Dingen und offensichtlich auch zu keiner sehr guten Atmosphäre bei der Sitzung im Ministerium in dieser Woche.

(Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Bildung: Ich bin immer erstaunt, wie Leute, die gar nicht dabei waren, darüber reden!)

Das ist interessant, weil diejenigen, die dabei waren, empört darüber reden, dass sie nicht wirklich einbezogen würden und sich außen vor gelassen fühlen.

Vor allem kann ich das nachvollziehen, wenn es um die Kinder mit Behinderungen geht; da wenigstens bin ich bei Ihnen und froh darüber, dass Sie sofort Stellung bezogen haben. Was im LVR zurzeit läuft und das Aussetzen der Beförderung der Kinder zu den Förderschulen ist skandalös. Das kann nicht bei den Familien abgeladen werden. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass das sofort eingestellt wird.

Ich biete Ihnen nochmals Gemeinsamkeit und Unterstützung an: Lassen Sie uns für kleine stabile Lerngruppen sorgen, damit Bildung wirklich gelingt und individuelle Förderung bei allen Kindern ankommt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Ott das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum Tagesordnungspunkt 20: Wir sind empört darüber, dass das Schulgesetz in einem Antrag zur Stiftung für Hochschulzulassung untergebracht wurde. Trotz gegenteiliger Absprachen unter den Wissenschaftsleuten wird das hier hineingezogen und die erste und zweite Lesung in einem durchgeführt.

Das hat Auswirkungen auf unsere zukünftige Zusammenarbeit bei der Beschleunigung von Gesetzgebungsverfahren. Man muss schon fast meinen, dass wir in der vergangenen Woche bewusst getäuscht worden sind – und das ist inakzeptabel.

(Beifall von Michael Hübner [SPD])

Ich habe bereits heute Morgen über die Versäumnisse der Landesregierung gesprochen. Die Dimensionen dieser Pandemie – mit allen Herausforderungen und Konsequenzen insbesondere für die Schülerinnen und Schüler samt Familien, die Lehrkräfte und die Schulleitungen – sind Ihnen anscheinend immer noch nicht bewusst.

Die Äußerungen gehen immer in die Richtung, dass alles wunderbar sei. Ich habe den Eindruck, dass

Ihnen in sieben Wochen etwas passiert ist, für das andere mehrere Jahre brauchen: in so einen Tunnel zu kommen.

Herr Löttgen, um das klar zu sagen: Sie sind in einem Tunnel, und das ist nicht erträglich und nicht gut für die Schullandschaft in Nordrhein-Westfalen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will unsere Maßnahmen deshalb noch mal zusammenfassen: Wir brauchen jetzt aktive Maßnahmen zum Eindämmen und zum Ausgleich von Bildungsungerechtigkeiten. Ob das an Wochenenden mit freiwilligen Maßnahmen gelingen kann, wie sie hier beschrieben sind, wage ich sehr zu bezweifeln.

Insbesondere bedeutet das Unterstützung für benachteiligte Kinder und Familien im Sinne der Bereitstellung des Internetzugangs, Expertise und unterstützende Manpower.

Wir brauchen eine schnellere Umsetzung von digitalen Klassenzimmern, die rechtssicher und datenschutzkonform sind.

Wir brauchen Fortbildungen.

Wir brauchen verbindliche Richtlinien und Verantwortungsübernahme bezüglich der Kosten von Wartung und Support.

Ich will darauf hinweisen, dass der Städtetag Nordrhein-Westfalen natürlich die Konnexitätsfrage stellt, weil irgendjemand die Wartung der Geräte, die jetzt angeschafft werden, übernehmen und bezahlen muss. Dafür braucht man Personal; das geht nicht so einfach.

(Beifall von Christian Dahm [SPD] und Michael Hübner [SPD])

Wir haben Sie vor einer Auseinandersetzung mit den Kommunen gewarnt, weil das wieder über Monate und Jahre lähmen wird, wenn man sich nicht einigt.

Darüber hinaus haben wir darauf hingewiesen, dass wir über Schicht- und Blockunterricht nachdenken müssen. Wie heute Morgen gesagt gibt es Schulen, die das gerne machen wollen, weil das Unterricht in sichereren Kleingruppen gewährleistet, das Recht auf Bildung gewährleistet, aber gleichzeitig auch die Maske überflüssig macht, also die Gesundheit der Kinder nicht gefährdet. Das haben Sie verboten, anstatt an solchen Konzepten zu arbeiten.

Insgesamt ist dafür zu sorgen, dass man die Schulleitungen unterstützt, die vielfach auf dem Zahnfleisch gehen, insbesondere in den Bildungseinrichtungen, die eigentlich diesen Namen nicht verdienen, was das Gebäude angeht, weil in den Kommunen nicht vernünftig damit umgegangen wurde. Gerade die haben einen besonderen Organisationsaufwand und wissen oft nicht, wie sie das bewältigen sollen.

Das sind nur wenige Beispiele aus unserem Antrag. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie endlich auf die Angebote, die wir genauso wie die Fraktion der Grünen eingebracht haben, eingehen, dass wir gemeinsam ein Konzept erarbeiten, um im ganzen Schuljahr dafür zu sorgen, dass die Kinder, dass die jungen Erwachsenen, dass die Lehrerinnen und Lehrer sich auf ihr Parlament verlassen können, dass wir gemeinsam für Standards sorgen, dass wir gemeinsam dafür sorgen, durch diese Pandemie durchzukommen.

Dazu erwarten wir aber auch, dass Sie die verschiedenen Perspektiven hören. Dass sich im Grunde genommen fast alle Elternverbände hinter die Fichte geführt fühlen, dass Schulleiter völlig frustriert sind und immer mehr Kolleginnen und Kollegen sagen „Was die da in Düsseldorf machen, interessiert mich nicht; ich versuche nur noch, irgendwie durchzukommen“, wird uns das nicht helfen, sondern für das Bildungssystem insgesamt eine große Katastrophe sein.

Wir wissen ja, dass schon vor der Pandemie nicht alle an den Schulen gut auf uns zu sprechen waren, übrigens auf gar keinen von den politischen Akteuren, die hier im Parlament sitzen, weil man in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht hat, dass man an vielen Stellen alleine gelassen wurde.