Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Brems das Wort.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In etwa zwei Wochen jährt sich der Beginn der Räumung des Hambacher Waldes zum zweiten Mal.
Damit jährt sich auch der wohl größte und sinnloseste Polizeieinsatz in der Geschichte unseres Bundeslandes. Die Landesregierung hat versucht, die Interessen des Unternehmens RWE auf dem Rücken der Polizistinnen und Polizisten durchzusetzen.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie haben ein Missverhältnis zum Rechtsstaat! – Weitere Zurufe von CDU und FDP – Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE] – Zuruf von Josef Hovenjür- gen [CDU] – Zuruf: Durchatmen! – Unruhe – Glocke)
Ich habe ja noch gar nicht richtig angefangen, und Sie regen sich schon so auf. Es wird doch noch besser.
Frau Brems hat das Wort. Wenn es etwas zu debattieren gibt, dann tun wir das hier am Redepult und nicht quer durch den Raum – insbesondere, wenn die akustischen Verhältnisse durch die coronabedingten Maßnahmen, die wir ergriffen haben, eingeschränkt sind. – Frau Brems hat jetzt das Wort.
Motto „Erst reden, dann roden!“ die Landesregierung vergeblich aufgefordert, erst zu klären, ob die Rodung des Hambacher Waldes energiewirtschaftlich überhaupt noch notwendig ist, anstatt Polizeibeamte über Wochen in einen gefährlichen Einsatz zu schicken.
(Ralf Witzel [FDP]: Wo ist die Henne, und wo ist das Ei? – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU] – Weitere Zurufe)
Wir haben während und nach der Räumung mit diversen Kleinen Anfragen, Mündlichen Anfragen und Diskussionen in Ausschüssen versucht, aufzuklären, wie es zu dieser Entscheidung kam, den Wald räumen zu lassen.
Da wir – vorsichtig formuliert – bei der Landesregierung nur bedingten Aufklärungswillen erkennen konnten und immer wieder neue Widersprüche in der Argumentation feststellen mussten, haben wir im November vergangenen Jahres dann diese Große Anfrage gestellt, deren Beantwortung wir heute diskutieren.
Damit die Sachlichkeit noch einmal kurz einkehrt: Natürlich gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien, die die Fragen auf über 150 Seiten beantwortet haben.
Erstens. Die Begründung „mangelnder Brandschutz“ war nur eine Scheinbegründung für die rechtliche Legitimierung des Polizeieinsatzes.
Zweitens. Minister Reul hat die Öffentlichkeit getäuscht und Straftaten höher dargestellt, als sie waren.
(Arndt Klocke [GRÜNE]: So ist das! Ministerin Scharrenbach war dabei! – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Die Daten der Landesregierung belegen, dass die Straftaten im Wald nicht wie behauptet im Frühjahr …
Die Stimmung heute Abend ist ja wirklich erhitzt. – Also: Die Daten der Landesregierung belegen, dass die Straftaten im Wald nicht, wie behauptet, im Frühjahr massiv angestiegen sind. Erst mit Beginn der Räumung …
Entschuldigung, Frau Brems. Warten Sie einen kleinen Moment. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann ja verstehen, dass man Sachverhalte unterschiedlich bewertet und dann auch heftig debattiert – aber bitte mit den Regeln der parlamentarischen Demokratie, die hier immer gepflegt werden, und nicht quer durch den Raum brüllend. Wenn Sie das bilateral ausdiskutieren möchten, suchen Sie sich bitte einen anderen Ort, aber nicht den Plenarsaal.
Dritte Erkenntnis der Großen Anfrage: Minister Reul war die treibende Kraft hinter der Räumungsentscheidung. Weil Sie selbst keinen Grund für ein Einschreiten finden konnten, setzten Sie Ihre Kabinettskollegin mit fragwürdig vergebenen Rechtsgutachten unter Druck, bis Ministerin Scharrenbach sich schließlich vor Ihren Karren spannen ließ.
Vierte Erkenntnis: Die Landesregierung war Handlanger von RWE. Denn Sie haben in keiner Weise versucht, RWE von den Rodungsplänen abzubringen
oder aber die Rodung zu untersagen. Vielmehr haben Sie nach dem Motto „Ihr Wunsch ist mein Befehl“ alle Hebel in Bewegung gesetzt. – Ich scheine hier ja wirklich einen wunden Punkt getroffen zu haben.
Bei all dem hat die Landesregierung … Ich meine doch gar nicht Sie. Ich meine hier die Landesregierung. Warum regen Sie sich denn dann so auf?
Die Landesregierung blendete anstehende Gerichtsverfahren und die an einem Kohlekompromiss arbeitende Kohlekommission komplett aus.
Aber einiges blieb leider auch ungeklärt. Sie haben die Fragen zum Vergabeverfahren der Gutachten bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet. Zweifel an der Rechtmäßigkeit bleiben bis heute.
Bis heute bleibt auch, ehrlich gesagt, der schale Beigeschmack einer Landesregierung, die sich anscheinend nicht eine Minute damit auseinandergesetzt hat, ob ein Polizeieinsatz durch Entscheidungen von Gerichten oder der Kohlekommission vielleicht nutzlos werden könnte.
In ihrem blinden Gehorsam gegenüber RWE hat die Landesregierung einfach das getan, was das Unternehmen von ihr verlangt hat. Das ist einer Landesregierung unwürdig und das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik. Und das ist unsere Erkenntnis aus dieser Großen Anfrage. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Was Sie nicht mehr sehen konnten, ist, dass eine Kurzintervention angemeldet worden ist, und zwar von Herrn Abgeordneten Röckemann von der AfD-Fraktion.