Protokoll der Sitzung vom 19.01.2000

Es ist doch sehr erstaunlich, dass diese gesamte Debatte um die EinfÜhrung neuer Steuerungsinstrumente, wie sie in der

Privatwirtschaft seit Jahren erfolgreich angewandt werden, ohne Beteiligung der EDU-Fraktion stattfindet, ohne wesentliche Anregungen und ohne, dass sich die CDU-Fraktion an diesem wichtigen Diskussionsprozess mit konstruktiven Beiträgen beteiligt.

Moderne Haushaltspolitik beschränkt sich nicht darauf, Gel

der im Haushalt hin- urid herzuschieben. Hierdurch werden die Aufgaben nicht ge_l_öst, und es entstehen keine neuen Spielräume. Erst die Gestaltung neuer, effekti_verer Verwaltungsstrukturen, die die Lösung _derselben Aufgaben mit we

niger finanziellen Ressourcen schaffen, bringt freie Spielräume, um neue politische Schwerpunkte zu.setzen. Wir sparen

· (n Rheinland-Pfalz langfristig und effektiv, indem wir in je

dem Jahr 1 % weniger_ ausgeben, als wir zusätzlich einneh

men.· Das istein Betrag von 200 Millionen DM, um den wir jährlich die Nettoneuverschuldung reduziere~ und nachvoll

ziehbar und realfstisch· das Ziel erreichen, dass im Jahre 2007 das Land letztmals neue Schulden aufnehmen muss und wir

j;TI Jahre 2008 damit beginn-en können, den Schuldenberg in Rheinland-Pfalz zu tilgen.

Meine Damen und Herren von der CDU, es muss zugestanden werden, Sie haben in den Haushaltsberatungen einige Änderungsvorschläge gemacht. Herr Böhr hat kritisiert, dass nicht genug zur Schaffung von f.rbeitsplätzen getan wird. Ein Antrag der CDU lautet, die Arbeitsmarktmittel in Rheinland

Pfalz um 6 Millionen DM zu kQrzen. Es gibt auch eine sehr in

teressante Begründung der KOrzung, da die Mittel fOr den Bildungsbereich ausgegeben werden sollen: Die Qualität des Schulunterrichts hat Folgen fOr die Qualifizierung junger Menschen und ihre Chancen auf dem. Arbeitsmarkt. - Die Konsequenz dieser Politik ist, dass die CDU-Fraktion bei dem- · jenigen Jugendlichen-, der derzeit nach Abschluss der Ausbildung keinen Arbeitsplatz findet, sagt: Du bist im Grunde nicht genügend gebildet, du bist zu dumm, sonst wardest du einen Arbeitsplatz finden.

Unsere Aufgabe muss es sein; neben der Qualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der akuten Aus

bildung auch Möglichkeiten zu schaffen, dass -Arbeitsplätze

· geschaffen werden können und die Zukunftsperspektiven junger Menschen nicht dadurch verschlechtert werden, dass die Arbeitsmarktmittel hierfOr gekOrzt werden;

Ein weiterer Antrag-der CDU ist es gewesen, zur Finanzierung der Mehrausgaben, die in vielen Anträg_en vorhanden waren, die Steuereinnahmen um 60 Millionen DM heraufzusetzen. Es ist wenig kreativ, wenn rr\an keinen Deckungsvorschlag hat, die Steuereinnahmen heraufzusetzen. Herr Böhr hat im J.uni 1999, als der Haushalt von der Regierung vorgestellt wurde, ausgeführt, dass die Einnahmen des Landes unreali-. stisch eingesetzt seien. Herr Böhr stellt fest, dass die Steuer

einnahiJlen eindeutig zu hoch angesetzt seien, dies um mindestens 190 Millionen DM. Wenige Monate später kann man

·zur Deckung eigener Vorschläge 60 Millionen DM Mehrein

nahmen verbuchen. ·so viel zur Haushaltspolitik und Seriosi

tätderCDU.

(Beifall der SPD und der F.D.P.) ·

Ich möchte nicht auf die Ausführungen des Herrn Koll~gen Jullien eingehen, weil es im Grunde.immer die gleichen sind. Die Ausführungen sind, dass die Eckdaten ntcht eingehalten. werden, dass ein Nachtragshaushalt erfolgen muss. Die Einnahmen seien zu hoch angesetzt. Diese Ausführungen sind in jedem Jahr LOgen gestraft worden. Der Haushalt 1999, von dem es negative Prognosen der CDU gab, schließt mit einem Plus von 280 Millionen DM ab, und zvyar 210 Millionen DM --Mehreinnahmen und 70 Millionen DM, die weniger ausgegeben wurden als vom Parlament genehmigt. Das. schafft uns einen Handlungsspielraum fOr den Fall, dass die Steuerreform, wie vom Bund geplant ist, umgesetzt wird,_ dass die Entlastung der BOrgerinnen und BOrger in Rheinland-Pfalz von 2 Milliarden _DM, die eine B_elastung von 850 Millio

nen DM fOr den Landeshaushalt 2001 bedeuten wird, seriös im Rahmen des zu verabschiedenden Doppelhaushalts finan-ziert werden kann, weil bereits Vorsorge in der Größenord

nung von 370 Millionen DM in dem zu verabschiedenden Haushalt geschaffen wurde.

FOr den Fall, dass die Steuermehreinnahmen, die zu erwarten

sind, bei einem prognostizierten Betrag von 100 Millio

nen DM verbleiben, sehen wir realistisch die Möglichkeit, den verbleibenden Betrag von 300 Millionen DM in den beiden Raushaltsjahren durch Einsparungen zu finF~nzieren. Wir sind bereit, auf eigentlich notwendige und wichtige Maßnahmen zu verzichten, um die BOrgerinnen und BOrger hier in Rheinland-Pfalz steuermäßig zu entlasten. Schwierigkeiten in der Argumentation haben diejenigen, die eigentlich noch ei

ne größere Entlastung vom Volumen her wollten als die geplanten 44 Milliarden D_M des Eichel-Vorschlags.

Meine Damen und He-rren, zu eihem Schwerpunkt unserer

- Politik gehört auch die Förderung des Ehrenamts. Wir haben sehr eindrucksvoll auf dem kürzlich stattgefundenen Ehren- ·

amtskongresssehen können, was in Rheinland-P.falz alles zur Förderung des· Ehrenamts geschieht. Wir alle im politischen Bereich haben ein Interesse daran, dass BOrgerinnen und BOr

ger verstärkt ehrenamtlich tätig werden, damit Aufgaben, die eigentlich der Staat zu lösen hätte, ehrenamtlich erfOIIt werden, um so auch finanzielle Handlungsspielrä1,1me zu schaffen.

Man ist aber nur dann bereit, sich ehrenamtlich zu-engagieren, wenn man den Eindruck hat, dass es in der Politik ehrlich und redlich zugeht. BOrgerinnen und BOrger haben die Erwartung, dass die Politik ihre Arbeit ordentlich macht, sich nicht bereichert und sich an geltende Gesetze hält.

-(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Es ist mehrfach die derzeitige Diskussion um die Spenden angesprochen worden. Ich möchte keine Schärfe in diese Debatte bringen, aber mit Sicherheit ist es_notwendig, dass die CDU

nicht nur auf Bundesebene, sonelern auch hier in RneinlandPfalz zu einem Neuanfang finden muss, um verloren gegan

genes Vertrauen in die Politik insgesamt, aber_natOrlich auch

for·ih~e Partei zurockzugewinnen.

Ich glaube, Sie hätten in der heutigen Debätte einen ~eitrag

dazu leisten können, indem Sie ein StOck mehr auf die Ge

meinsamkeiten in der Politik eingegangen wären und aufge

zeigt hätten, wo gemeinsam Erfolge erzielt worden sind, wo _ Entwicklungsmöglichkeiten dieses Landes gemeinsam aufge

griffen werden können, wo Ansätze der Regierung fortentwickelt \1\/erden können, statt im alten Ritual zu verbleiben und alles zu zerreden, was die politisch Andersdenkenden zu Stande gebracht ha_ben. Als Opposition alle Leistungen der _Regierung madig zu machen, ist Clas alte Spiel der Politik. Ich

glaube; wir tun-uris alle einen Gefallen- insbesondere Sie: als. Opposition-, wenn wir von diesem überkommenen S_til, den Herr Jullien wieder präsentiert hat, abkommen und ein

Stückweit einen anderen Stil in der Politik pflegen; demn um Glau'bwürdigkeitwird die Politik in den nächsten Jahren massiv yverben müssen, de1mit dieser Schaden ausgeglichen wird,

~den das politische System jetzt erlitten hat und- wie ich befürchte- in den nächsten Monaten noch erleiden wird.

Mit dieser Debatte, wie Sie sie heute geführt haben, haben Sie sich mit Sicherheit keinen Gefallen getan.

- (Beifall der SPD und der F.D.P.)

Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Tausende junger Men

schen von dem, 'was jetzt -geschieht, angewidert sind und - wie kh befürchte- für alle Zeit für politisches Engagement verloren gegangen sind. Sie werden nie bereit sein, sich politisch zu engagieren.