Protokoll der Sitzung vom 21.01.2000

desländern und unter mindestens 10 von den militärischen Strukturprozessen besonders betroffenen deutschen Län

dem; das ein nennenswertes Konversionsprogramm- hat und das wirklich aktive Arbeitsmarktpolitik in den Konversionsge-bieten betrieben hat. Man muss sich einmal vorstellen, was es

heißt, dass'zum Beispiel in Kaiserslautern eine große Einrich

tung der US-Army, nämlich das Kaiserslautern-lndustriaiCenter, KICgenannt, mit Ober 1 000 deutschen Beschäftigten vom amerikanischen Kongress bereits aus dem amerikanischen Haushalt mit dem Ziel der Privatisierung herausg~nom

mel) worden war. Wir haben es durch aktive arbeitsmarktpo~ litische Maßnahmen erreicht, dass es wieder in den amerikanischen Haushalt als Dienststelle der amerikanischen Streitkräfte zurOckgenommen wurde.. Es wird betriebswirtschaftlieh optimiert. Die Arbeitskräfte werden weitergebildet. und qu-alifizie_rt. Ergebnis ist, es gibt 1 000 Beschäftigte mehr. Wir

haben bei Clem frOheren KIC in Kaiserslautern, das heute GSCE heißt, also General Support Center Europe, Ober 2 000 deutsche Beschäftigte und einen deutschen Manager: Ich fin

- de, das ist eine bemerkenswerte aktive Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Auch Arbeit und Innovation gehören zusammen. ln der West

pfalz zum Beispiel ist Telebeschäftigung ein besonderes Thema. Zu nennen ist die Teleakademie._Die Telearbeit auf dem Land bietet ganz neue. Chancen für von Ballungsgebieten

weit entlegene Regionen. Der Wirtschaftsminister; der Bil- dungsminister und insbesondere auch die Universität Kaiserslautern arbeiten hier wirklich zusammen. Wir machen regionale Strukturpolitik, die neue Arbeit schafft, wo alte Arbelt wegfällt. Ich denke, das ist· eine zeitgerechte und eine wirklich zukunftsweisende Politik.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, ich komme nun zu den behinderten-Menschen. ~atGrfich gibt es auch hier_eine Bilanz, die Licht und Schatten aufweist. Die Beschäftigungsquote in der

Wirtschaft ist dr_amatisch gering. Die Beschäftigungsquote im öffentlichen Dienst_ ist zu gering, auch wenn wir den dr,ittbesten Platz im Vergleich der Zahl der behinderten Beschäftigten in Deutschland einnehmen.

(Rösch, SPD:-so ist es! Man wird es einmal sagen dürfen!)

Wir mGssen also die Instrumente optimieren und OberprOfen,damit es gelingt, die Beschäftigungsquote wenigstens annähernd zu-erreichen. Es sollen die -6 % sein, die der Gesetzgeber vor vielen Jahre·n einmal als· Richtschnur festgelegt hat. Dort, wo diese Beschäftigungsquote aus strukturellen Grün

den nachgewiesenermaßen nicht erreicht werden kann, mOssen wir- Ober andere Anreize, Ober eine Weiterentwicklung des Systems nachdenken, damit Beschäftigung von behinder-. ten Menschen möglich wir~. Wfr werden in der l,.andesregie

nmg in den nächsten Monaten auch dazu·weitere Vorschläge machen, wie das Schwerbehindertenrecht mit dem Ziel von mehr Beschäftigung weiterentwickelt werden kann·.

Aber genau wie allgemein gilt, dass mehr Geld nicht immer

eine bessere Politik bedeutet, warne ich uns alle davor; zu sagen, die Tatsache, dass Kommunem 'und Land gemeinsam 'für die Eingliederungs_hilfe behinderter Menschen im stationären Sektor fast 1 Milliarde DM im Jahr ausgeben, im Wesentlichen für-werkstattplätze und Wohnheimplätze, sei der Beweis dafGr, dass es immer besser werde, und die Wachstumsrate dieses Ausgabenblocks von 5% bis 6 % jährlich sei ein Beweis dafür, dass es den Behinderten in Rheinland-Pfalz immer besser gehe. Leider ist das so einfach nicht; denn zum einen haben wir erfreulicherweise- das ist auch schon erwähnt worden- die demographische Veränder~ng auch bei den Behinderten, also sie werden älter. Zum anderen haben wir

Struktur~n, die die stationäre.Vollversorgung auch für solche Menschen als Standard für normal_halten, die eigentlich Al

termitiveh brau!=hen: eine teilstationäre, eine weitgehend selbstbestimmte Versorgung, ich sage einmal, mit einem Einkaufsmodell,_ also Hilfe nach Maß selbstbestimmt auch f(ir behinderte Menschen. Das ist moderne Sozialpolitik. '

(Beifall des Abg. Dr. Schiffmarm, SPD)

. Die Vorstellung, wenn wir einfach Wohnheimplätze, Werk

stattplätze addieren und in wenigen Jahren 1,3 Milliarden DM dafur ausgeben werden, wäre das immer noch mehr und bessere Behindertenpolitik, ist schlicht und ergreifend

fi:llsch. Das wäre nämlich das Kapitulieren vor Strukturbedin

- gungen, die sich zum Teil in die _falsche Richtung entwickeln. Wir müssen einen Parädigmenwechsel herbeiführen, wie wir ihn zum Beispiel bei der Pfle.ge erreicht haben, wo durch am~ bulante Pflege Alternativen_ zum Pflegeheim überall und flä

, ehendeckend geschaffen werden. Wir müssenauch für behin

derte Menschen durch persönliches Budget, durch regionale Budgets Anreize schaffen, wie-Geld so ausgegeben werden kann, dass es insgesamt sparsamer erfolgt, aber mit mehr Lebensqualität für die Betroffenen. So unvereinbar das klingtdasgeht, wenn man es richtig macht.

Deshalb machen wir einen bundesweit beachteten Modellversuch in vier Gebietskörperschaften. Das -ist J?ereits erwähnt Worden. Er ist weit davon entfernt, gescheitert zu sein. Allerdings sind wir noch nicht auf der Siegesstraße; auch das wäregelogen. Wir haben zum Beispiel in Ludwigshafen große Erfolge: Das ist auch dort von dem. Sozialdezernenten; Herrn Heiser, Vor einigen Monaten dargestellt worden. Dort· ist es

gelttngen, eine nennenswerte Zah I von Menschen aus der sta" tionären yersorgung herauszunehmen bzw. sie gar ni~ht erst dort hineinzulenken und sie, mit persönlichen Anreizen und einem persönlichen Budget ausgestattet, in die Lage zu ver

-. setzen, ambulante, teilstationäre Leistungen so zu kombinie

ren, dass sie zu Hause oder im betreuten Wohnen leben kön

!lem, aber nicht ins Wohnheim gehen müssen.

Wir sind: noch nicht am Ende. Wir können noch nicht bewei

. sen, dass dieser Modellversuch ein glatter Erfolg ist.-Aber wir sind auf einem guten Weg, und ich bitte Sie alle, uns darin zu unterst(itzen, natürlich auch die Kommunen, diesen Weg

mitz_ugehen; denn sie sind ~ui:h ganz maßgeblich daran beteiligt.

Auch hier wieder eirr:Akzent, auf den das Land und die Region stolz sein können und stolz sein werden: Das Europäi~

sehe Berufsförderungszentrum in ~itburg wird einen starken Akzent auf die Versorgung behinderter Menschen im Grenzgebiet setzen. Wir haben Verträge, Übereinkommen, Abspra-_ chen mit Luxemburg, mit der Wallonie, mit anderim Grenzregionen. Dies wird europä-isch genutzt werden. Im Augenblick wird diese Einrichtung aufgebaut. Wenn sie in Betrieb ge. nommen wird, bin ich sich~r. dass wir sagen können, es is~ ei

ne tolle Sache, dass grenzaberschreitende·Beziehungen nicht nur für Arbeitnehmer, für einkaufende Privatpersonen, für Bankkunden im Raum Trier/Luxemburg- da sind sie vielleicht besonders problematisch -, sondern auch für Behinderte exi

stieren, die die Grenze in Richtung Eifel überschreiten, nach Bitburg kommen und_dort aufs Beste betreut werden. Das ist eine gute Sache. Der Bund ist im Boot geblieben, die Finanzierung stimmt.

Meine Damenund·Herren, zur Gesundheit. Wir können Ober vieles streiten. Es ist auch erlaubt, Lobby-Interessen zu vertre

ten. Ob es richtig ist, ist eine andere Frage. Aber Politik muss zunächst einmal sagen, was-di!'! Notwendigkeit ist, die wir ge

meinsam beschreiben müssen, an der wir einfach nicht vorbeikommen, um dann darüber zu reden, wie wir in dem ge

setzten Rahmen mit den Strukturen umgehen. Mit der Not. wendigkeitmeine ich die Kostendämpfung.

Meine Damen und Herren, wir können uns als Politiker nicht an der A~ssage vorbeidrücken: Unser Gesundheitswesen ist verdammt teuer, es iSt auth ziemlich gut- das haben der Kollege Brinkmann und andere gesagt-, aber es darf nicht beliebig teurer werden, ganz egal ·wie es finanziert wird, Ober Lohnnebenkosten.oder Ober Zuzahlung. Es darf nicht beliebig teurer werden, Weil sonst die Menschen und der Standort darunter leiden.- Wenn wir uns dazu durchring-en;dass Kostendämpfung notwendig ist, dann sind wir ein ganzes Stück weiter.

Im Übrigen: Es gibt Schwerpunktsetzungen, es gibt qualita:tive Veränderungen, die gar niCht zwingend mehr Geld kosten müssen, wenn sie nkht falsch angepackt werden. Wenn Wir die Versorgung schlaganfallkranker Menschen konzentrie

ren, dann heißt das, wir bilden Schwerpunkte, die nicht beliebig an allen Orten sein können. Deswegen: Konzentration, an einem Standort vielleicht ein bisschen weniger; am ande- · ren dafar etwas mehr. Wenn wir etwas für die Versorgung. diabeteskranker Menschen tun, muss das nicht teurer sefn als vieles, was wir bisher mit diesen Menschen im Gesundheitswesen gemacht haben. Aber wenn es koordiniert ist, wenn es mit Lebensberatung verbunden ist, wird es die Lebensqualität dieser Menschen verbessern.

_(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Die qualitative Verbesserung, die unser Gesundheitswesen braucht, wird sich zu einem Teil iri der Spitzenmedizin abspielen: Bekämpfung von Krebs und Aids und anderen Geißeln: Das wird teuer, unbestreitbar. Aber ein wesentlicher Teil der Qualitätsverbesserung - die· konzertierte. Aktion.,Gesundes Rheinland-Pfalz" ist diese Stoßrichtung - wird dadurch möglich werden, dass wir die Menschen in die Lage versetzen, die Gesundheit als ein Thema wahrzunehmen, das sie selbst beeinflussen können und das nicht nur mit Apparaten, mit Wis

senschaftlichkeit und mit teuren Strukturen verbunden ist. Wir müssen die Menschen indie Lage versetzen, ihre Gesund