Protokoll der Sitzung vom 16.02.2000

men. Wir müssen dabei darauf achten, dass wir zum einen in ZL1kunft handlungsfähig bleiben, dass Entscheidungen zügiger getroffen werden können, als dies derzeit der Fall ist. Bei immer komplexeren Sachverhalten und immer schwierigeren Zusam_menhängen, d'ie darzustellen sind, muss auch die not

. wendige Transparenz und Offenheit in diesen Entscheidun

ge!n zur Geltung kommen, damit die Menschen eine Chance haben, das nacbzuvollziehen,-was wir jeweils zu entscheiden

h

Ich möchte dabei betonen- deshalb unterstützt die Landesregierung ausdrücklich die Ausgestaltung auch der Entscheidungs- und_ Mitwirkungsrechte nicht nur der Bürgerin

ne'n und Bürger, sondern auch die Stärkung der Parlaments

- rechte-, dass wir- nicht zu viel Demokratie in dieser Europäi

schen Gemeinschaft auf den unterschiedlichen Ebenen ha

be·n, sondern mehr in die Problematik hinein abgleiten könn

ten, dass wir eine ganze Reihe von Entscheidungsfeldern hintereinander aufzählen könnten: in denen derzeit u~zurei chende demokratische Kontrolle gewährleistet ist, weil sich die Entwicklungen-so· ergeben haben, weil_lediglich Entscheidungen auf der Ebene von Re_gierungsd1efs getroffen wer

den und Ähnliches mehr. Darüber muss geredet werdeQ. Ich ' glaube, dass wir mit dem, was wir heute zur Entscheidung vorliegen haben, ein Stück weiterkommen, dass wir aber über diese Fragen intensiv weiterreden müssen, dies iin Rahmen einer Diskussion - eines Grundrechtskatalogs, Herr Dr. Schiffmann. Dabei wird sich natürlich die Frage stellen, ob _

die Europäische Gemeinschaft mit der unterschiedlichen Sichtweise Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise in einer solchen Entwicklung wird bestehen können. Dahinter stecken auch unterschiedliche Bilder von dem, was die Gemeinschaft werden soll.

Es gilt sicher, gewisse Abgrenzungen in den Aufgabenzuordnungen der unterschiedlichen Ebenen miteinander zu besprechen. Wir werden uns dann auch entsprechend efnzu- ·

bringen haben. Wirwerden uns melden. Gemeinsam mitdem Kollegen Teufel aus Baden-Württemberg werde ich Gelegenheit haben, den Diskussionsprozess für die deutschen Länder zu begleiten. Ich hoffe, aass -wir das eine oder andere an föderaler und kommunaler Verantwortung in diese Dis-kussion einbringen können.

Für uns bedeutet es natürlich auch, gegenüber der bundespolitischen Ebene deutlich zu machen, dass wir eine Eigenstaatlichkeit haben, dass wir nicht nur die Brosamen des Restes, den uns die konkurrierende G_esetzgebung übrig lässt, letztendlich als unseren Aufgabenbereich verstehen, schon gar nicht nur das Ausfüllen von Rahmengesetzen, die uns vorgegeben sind, die dann sozusagen nur noch gestaltende, Verwaltungs- und Administrationsfragen regelnde Möglichkeiten für die Länder einräumt. Dort wird es der intensiven · Diskussion bedürfen, so wie wir uns unsererseits natürlich auch der Diskussion der kommun'alen Ebene hinsichtlich der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gegenüber dem Land zu stellen haben.

An dieser Stelle möchte ich das aufnehmen, was vom Herrn Abgeordneten Berg eingebracht wurde, nämlic~ die Frage des Konnexitätsprinzips. Ich bin im Sinne einer ·politischen Vorgabe sehr für dieses Prinzip, dass also derjenige, derbestellt, auch bezahlt. Wenn jemand einen anderen zum Bestellen veranlasst, dann soll ~r das ~eld dazugeben, damit er auch bezahlen kann. ich warne aher davor, dass wir uns eine solche Regelung zu einfach vorstellen. Wir müssen sehen, wie eng die Zuständigkeiten und die gegenseitigen unterstützenden Funktionen zwischen den unterschiedlichen kommunalen Ebenen und dem Land sind. Ich denke •. wir müssen dann auch miteinander darüber nachdenken, wie wir es vermeiden, dass wir zu jeder Frage, die die alltägliche Kosten- und Aufgabenverteilungsdebatte zwischen Land und Kommunen betrifft, immer die ~erfassungsfrage gesteilt bekommen. Wenn wir sozusagen einen solchen Dauerkonflikt a__nlegen würden, würden wir der befriedenden Wirkung, die eine Verfassung auslösen muss, einen schlechten Dienst erweisen. Das ist mein zentraler Einwand gegen ein in der Verfassung verankertes Konnexitätsprinzip.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass man dies auch in

1 einer offenen Diskussion gegenüber den Kommunen so vertreten kann. Ich habe es in jedem Fall bei meinen Redenbei den kommunalen Spitzenverbänden undderen Zentralveranstaltungen immer so deutlich gemacht. Ich habe ·dafür auch Kritik geerntet, das ist keine Frage_. Aber gerade bei Verfassungsdebatten sind wir nicht dazu berufen, jetzt den bequemsten oder den Weg des geringsten Widerstands zu ge

hen.

(Berg, CDU: Das_ habe ich nicht gemacht!)

- Das werfe ich Ihnen nicht vor. Ich möchte aber nur die Mar. kierungen herausarbeiten.. Wir müssen versuchen, unserer Verantwortung an einer solchen Stelle gerecht.zu werden.

· Die Landesverfassung darf letztendlich weder zum politischen Knüppel von Ebenen zueinander w_erden noch von parteipolitischer Motivation geprägt und getragen sein.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, -wenn ich dies sage, bin ich bei.ei-. ' nem ersten inhaltlichen Punkt, den diese Verfassungsänderung beinhaltet. Ich möchte ein Wort zu Artikel3 Abs. 2 (neu).sagen, also zu dem, was hier zum Lebensschutz verankert wird und. geäußert worden ist. Wir hab~n uns auf dem Weg eines Kompromisses zu dieser Regelung verständigt, von der wir wissen - Herr Kollege Mertin hat dies verschiedentlich herausgearbeitet -, dass sie die im Grundgesetz angelegte und vom Bundesverfassungsgericht ausgelegte Regely!'lg

zum Lebensschutz materiell inhaltlic~ nicht verändert. Dennoch sollten wir miteinander sehr sorgfältig darauf achten,

·dass diese hoch sensible Diskussion nicht erneut emotionali~

siertwerden kann, von wem auch immer und wie auch immer motiviert, weil dies_den gefundenen Grundkonsens in unserer Gesellschaft in dieser Frage stören könnte. Ich glaube, daran kann und darfniemand wirklich ein Interesse haben. Des. halb rate ich dazu, dass wir uns sachlich mit dieser Frage auseinander setzen, dass wir es aber auch auf dieser sachlichen Ebene belassen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

-Verehrte Frau Kollegin Thomas, es hat eben die Frage angestanden, ob wir am Ende die anderen wichtigen Entscheidungen, die in dieser Verfassung neu angelegt sind, jetzt nach zwei Legislaturperioden Diskussion nach vorne bewegen können, wenn wir zwingend davon ausgehen können, dass es nicht eine Veränderung materieller Art im-Recht durch diese Regelung gibt, oder ob wir darauf verzichten, weil es ohne ein_e der beiden großen Volksparteien keine verfassungsändernde Mehrheit in diesem Hause und in keinem anderen Parlament in Deutschland gibt. Das war die Frage. Ich will gar nlclit erklären, dass ich als Person oder die Landesregierung als Institution von einer solchen Regelung begeistert wär~m. aber man muss in der Tat das Vertretbare dann auch als Korn

promiss akzeptieren kÖnnen. Ich halte es für einen vertretbaren Weg, den wir miteinander gehen.

(Beifall der SPD, bei der F.D.P. und des Abg. Bische!. CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist mir ein Anliegen, zu einem zweiten Komplex, der in der Verfassung deutlich gestärkit worden ist, etwas zu sagen, nämlich zu Artikel 4 a, zu den Grun_drechten über den Datenschutz. Zu Recht hat diese Fragestellung in de~ letzten zehn bis 15 Jahren an Bedeutung in unserer Gesellschaft gewonnen. Wir würden uns aber gründlich irren, meinten wir-.-dass_ diese Diskussion

·jetzt-etwa entspannt wäre. Ich fürchte, dass aufgrundder im

mer intensiveren Vernetzungsmöglichkeiten der unterschiedlichsten Dateninformationssysteme und der unterschiedlichen Träger dieser Informationen das Recht auf bestimmte Daten der Person, des Individuums, in immer größerem Maß Beachtung finden muss, zumal auf der anderen Seite steht,

/ dass starke materielle Interessen sehr schnell diese daten

schutzrechtlichen Fragen an den Rand drängen könnten und als unbeachtlich oder als störend im Sinne einer Möglichkeit, Gewinne zu maximieren, betrachtet würden.

Ich glaube deshalb, dass es sehr gut ist, dasswir die Erfahri.m

gen der letzten Jahre hier aufnehmen und diese' datenschutzrechtlichen Fragen in der Tat mit einem Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft einer deutlich stärkeren verfassungsrechtlichen Allsicherung zugeführt werden, als dies bisher der Fali war. ! -(vereinzelt Beifall bei SPD

und F.D.P.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in Anlehnung an die tagesaktuelle Debatte des_heutigen Nachmittags den-_ ke ich, dass das, was im Bereich der Gleichstellung und Gleichberechtigung von Frauen und Männ~rn in d~r Verfassung weiterentwickelt wird, nicht unbeachtet bleiben sollte, weil es Betonungen und Verstärkungen an dieser Stelle gibt, die

- in der Tat unterstreichen, dass wir nicht nur über die Regelun

gen in unserem Gleichstellungsgesetz und die alltäglichen Bemühungen von dieser Aufgabenstellung auch in Zukunft ausgehen, die Gleichberechtigung von Frauen und Männer_n tatsächlich in unserer Gesellschaft als einen der Aufgabenbereiche ansehen, der auch nicht mit einer vielleicht irgendwann erreichten Quote da oder dort ein Ende findet, sondern eine dauerhafte Aufgabenstellung ist. Insoweit denke ich, dass das, was Frau Kollegin Dr. Götte heute Mittag in der Aktuelh:in Stunde gesagt hat, sich nahtlos in dieSegründungfür · ·eine solche Verstärkung dieser Aufgabenstellung in der Ver

fassung einfügt.

(Zuruf der Abg. Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

-Frau Bill, ich weiß nicht, ob Sie es kritisieren.

(Frau J?ill,- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schön,_ dass Sie das einmal gesagt haben!)

- Sehen Sie, das _freut mich jetzt wieder, dass Sie· einmal am Tag bei einer s_olchen Themenstellung aucl) Freude haben.·

Das sollten wir uns gegenseitig gönnen. Heute Mittag hatte

ic:h ein bisschen Sorge, dass Sie überhaupt keine Freude mehr an Erfolgen, selbst bei Themen, die Sie sehr berühren - wie

ic:h weiß~. empfinden. können. Das ist dann immer ein bisschen traurig für alle, die es miterleben müssen.. ' "

Meine Damen und Herren, ich denke, dass das, was ich versucht habe, grundsätzlich zur Rolle dieses Landes und seiner --Bürger in der europäischen Entwicklung deutlich zu machen, in Artikel 19 a, der neu.eingefo'gt wird, einen sehr starken