Protokoll der Sitzung vom 29.03.2000

Haben Sie denn überhaupt genügend Instrumente, um ein Klima für diese Ausbildung zu schaffen? Davon habe iGt( nichts gehört. Ich habe lediglich gehört, dass Sie die Angebotsseite koordinieren und die Nachfrage mit dem Angebot verbinden wollen. Das ist der falsche Ansatz. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass Sie dafür sorgen müssen, dass das Angebot an l;!erufsausbildungen und Studiengängen er

höht wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn· die Landesregierung ernsthaft an einer Verbesserung der Lage der Berufsausbildung im

IT~Bereich ir;Jteressiert ist, sollte sie schleunigst Maßnahmen 'ergreifen. Ich nenne Ihnen zwei Beispiele:

Fast jede staatliche Einrichtung oder GebietskÖrperschaft könnte inzwischen eine Ausbildung zur Fachinformatikerin oder zum Fachinformatiker anbieten. Starten Sie doch einmal eine Kampagne. Starten Sie doch einmal eine Kampagne im öffentlichen Dienst für diese Berufsbilder.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit könnten Sie gleich das von der Abgeordneten Frau

Kohnh~-Gros angesprochene Problem mit lösen, nämlich dass es insgesamt zu wenig Frauen in diesen Berufsfeldern gibt,

Ich nenne ein zweites Beispiel, das in Ihre Richtung geht, Herr Bauckhage: Weshalb werden nicht die von dieser Stelle aus von Ihnen und von anderen immer wieder propagierten Instrumente der Verbundausbildung zwischen kleinen Einrichtungen deröffentlichen Hand stärker genutzt?

(Schwarz, SPD: Aber das wird doch gemacht!)

-Nein, Sie fördern die Verbundausbildung sehr restriktiv.

(Schwarz, SPp: Selbstverständlich wird das gemacht!)

Da könnten Sie ~ndlich einmal die ideologischen Schranken

fallen lassen.

(Schwarz, SPD: Das ist doch gar nicht wahr!)

- i~atüriich ist das wahr. Gerade die Förderung zwischen Betrieben und öffentlichen Einrichtungen findet in diesem Bundesland eben im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht statt.

Herr Bauckhage, ich bin der festen Überzeugung,. dass die ambivalente und abwartende Haltüng, wie Sie sie demon~ striert haben, nicht zum Erfolg führen wird; denn der Markt regelt nun einmal nicht die Ausbildungserfordernisse. Sonst würden nämlich die Betriebe nicht über diesen IT-Fachkräftemangel Klage führen, sondern sie würden selbst han

deln.

Betreiben Sie endlich eine aktive Ausbildungspolitik; denn sonst erhalten Sie anstatt der Greencard demnächst die gelb

rote Karte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dahm, Sie überbieten sich von Stunde zu Stunde in diesem Raum, Wenn heute bestritten wird, dass dieses L~nd

Rheinland-Pfalz keine aktive Ausbildungspolitik betreibt, muss ich mich fragen: Wo,befinden wir uns denn eigentlich?

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: ln Rheinland-Pfalz!)

---- -- ---- --Meine Damen und Herren, die Branche boomt, und der Markt ist aufnahmefähig. Das ist sicher eine Erkenntnis. Es ehrt uns meiner Meinung nach auch ein Stück weit; dass wir heute darüber diskutieren. Wir befinden uns in einer digitalen Revolution.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Wer das nicht zur Kenntnis nimmt, den muss man auch ein bisschen bedauern. Diese Revolution trägt mit dazu bei, dass wir Entwicklungen haben, die im Grunde genommen neue Perspektiven auch für junge Menschen eröffnen. Insofern war es sicherlich _auch ein Problem, dass Anfang der neunziger Jahre die Wirtschaft in diesem Bereich ganze Sparten dichtgemacht hat. Auch die Aufnahmemöglichkeit für junge Absolventen von den Hochschulen war so gut wie erschöpft. Daher haben wir heute eine Situation, die so ist, wie sie zum Teil heute sehr konkret beschrieben wurde. Es ist daher mei

ner Meinung nach sinnvoll, die Wirtschaft von dieser Stelle

aus noch einmal aufzufordern, Ausbildungsplätze zu schaffen. Der Markt dafür ist eigentlich vorhanden, und die Chance der Expansion ist auch für die Wirtschaft gegeben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will noch ein Wort zu den Frauen sagen. Es ist ri~htig, dass wir Frauenförderpläne haben. Fakt ist aber auch, dass in den letzten Jahren im Bereich der Informatik die Zahl der Studienanfängerinnen erheblich zurückgegangen ist. Wir hatten einmal Zeiten, zu denen ungefähr 20 % der Studienanfänger Frauen waren. Wir liegen heute bei 7 bis 8 %, was zu wenig ist. Insofern sollten wir meiner Meinung nach ailen Frauen Mut machen, in diesen Bereich hineinzugehen. Es handelt sich dabei um Kernkompe

tenzen, die im Grunde genommen an der Entwicklung unse

rer Gesellschaft - da sind die Frauen wahrlich ein wichtiger Teil - nicht vorbeigehen sollten. Verehrte Frau Kollegin Kohnle-Gros, darüber sind wir uns also einig.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat aber doch nichts mit mehr Mut zu tun, Herr Kollege Dr. Schmidt!)

Nun stellen wir also fest, dass es da einen Bedarf gibt. Herr Kollege Dahm hat bereits darauf hingewiesen, dass dieser sehr differenziert zu betrachten ist. Wie gesagt, wir haben 30 000 arbeitslose Menschen, die aus diesem Bereich kommen, die aber offenbar nicht Ober die Qualifikation verfügen, die auf dem Markt gefordert wird. Deshalb noch einmal mei

ne Forderung, dass wir die Initiative des Bundeskanzlers auch in Rheinland-Pfalz aufgreifen sollten. Es geht nicht darum,

das~ wir noch mehr Arbeitslose schaffen wollen, sondern es geht um hoch spezialisierte Fachkräfte, die offenbar in die

~em Umfang auch in Rheinland-Pfalzderzeit nicht vorhanden sind. Damit wird keinem Arbeitslosen der Platz weggenom

men. Darüber sollten wir uns auch Klarheit verschaffen.

Es geht um eine Größenordnung, die in Rheinland-Pfalz möglicherweise unter 1 000 liegt. Wir sollten auch genau hinsehen, in welchen Branchen wir diese Spezialisten benötigen.

Meine Damen und Herren, insgesamt sind wir meiner Mei~ nung nach gut beraten, auch künftig in den Bereich der Informatikstudiengänge noch mehr zu investieren - das ist überhaupt keine Frage- urid in diesem Bereich die Bemühungen der Landesregierung und auch des MiniSterpräsidenten nach der CeBIT"Messe zu unterstützen. Auch das ist eine Aufforde

rung an die Wirt;schaft, mitzuziehen. Gespräche in dieser Hin

sicht finden bereits statt. Auch das wird meiner Meinung nach wieder einen Schub für uns alle geben.

Insgesamt ist die Landschaft sehr erfreulich. Da läuft mehr als der eine oder andere weiß, auch Ober den staatlichen B_ereich hinaus. Verehrte Frau Kollegin Kohnle-Gros, das wird allein schon an· der Region Kaiserslautern deutlich. Die SoftwareAkademie ist bemüht, arbeitslose Akademiker in diese Branche hereinzuholen und ihnen die Chance -zu geben, sich auf dem Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Die Akademie Südwest ist dabei, eigene Weiterbildungsprogramme zu entwickeln. Das

·sind alles sehr erfreuliche Initiativen, die wir auch vonseiten des Landes mit unterstützen sollten.

Deshalb gibt es keinen Grund, pessimistisch zu sein. Sehr ge~ ehrter Herr Kollege Dahm, wir haben eine er:10rme Aufbruchstimmung, der Sie sich anschließen sollten. Wir sollten diesen Schwung nutzen, um auch in unseren Schulen und Hochschu

len mit dazu beizutragen, dass sich noch mehr Menschen auf dieses Pferd einlassen.

Ich erinnere daran, dass inzwischen erste Schulen damit beginnen, in diesem Bereich Schwerpunkte zu setzen. Verehrte Frau Kollegin Kohnle-Gros, Sie kennen das in Enkenbach. Dort wird gemeinsam mit dem Fraunhofer-lnstitut ein eigenes Schulprofil entwickelt, wovon die Sekundarstufe II und natürlich auch die Schülerinnen und Schüler, die dann durch diese hoch qualifizierte Sekundarstufe II gehen, profitieren werden.