Protokoll der Sitzung vom 30.03.2000

gerichte nach jahrelangem Streit zwischen Politik, Verwaltung und Rechtsprechung endgültig gezogen. Aus dem De

mokratieprinzip und dem Rechtsst_aatsprinzip ergibt sich, dass es eine vollkommene Balance zwischen Dienststelle und

Personalvertretungen nicht geben kann. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst dürfen nicht mehr auf die Staatsgewalt einwirken als die übrigen Bürgerinnen und Bürger.

Trotz alledem versetzt der an den Maximen der beiden Verfasst.ingsgerichte ausgerichtete Ge~etzentwurf der Landesre_-gierung die Personalvertretungen in die Lage, die Belange der Gesamtheit der von ihnen vertretenen Beschäftigten ·wahrzunehmen und auf die Erhaltung oder Wiederherstel

lung des Friedens in der Dienststelle hinzuarbeiten. Die Be

schäftigten erhalten über die Personalvertretungen Einfluss

nahme auf die sie berührenden innerdienstlichen Maßnahmen. Ihre Beteiligungsrechte, die. im Sozialstaatsgedanken wurzeln, sind ein bedeutsames Mittel zur Wahrung d.er Menschenwürde und der Persönlichkeitsentfaltung in der Dienst

·stelle, und sie tragen zur Steigerung der Motivation der Be

schäftigten bei. Dem soll der Vorschlag der Landesregierung dien.en; den ich ihrer wohlwollenden Aufnahme empfehle.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile der Abgeordneten. Frau Kahnfe-Gros das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war der nüch

terne Vortrag eines Themas, das sehr wohl in diesem Land die Emotionen weckt. Diejenigen aus dem Parlament, die in den letzten eineinhalb Jahren auf Diskussionsveranstaltungen mit dabei waren, wissen, dass sehr viele Menschen in diesem Land, nämlich alle, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, vor allem die, die gewerkschaftlich organisiert sind, sich mit diesem Thema sehr emotional, aber auch sehr fachkundig auseinander setzen.

Heute ist dies sicherlich für die SPD - ich unterstreiche dies-, für die F.D.P. natürlich auch; kein Freudentag; denn Sie müssen eine Schlappe aus dem Jahr 1994 korrigieren. Sie haben vor dem Verfassungsgerichtshof dieses Landes eine Klage von der CDU-Landtagsfraktion und auch von kommunalen G~ bietskörperschaften verloren. Es ist Ihnen bescheinigt worden, dass das Gesetz von 1992 in großen Teilen verfassungswidrig war.

Das Gesetz war damals ein Gesetz der Fraktionen. Sie haben jetzt vielleicht genau hingehört. Minister Zuber hat sehr wohl die rechtliche Beurteilung noch einmal dargestellt. Sie ist im Gesetzentwurf vor allem auch in der Begründung noch einmal ganz dezidiert dargelegt worden.

Herr Ministerpräsident, die Emotionen gehen vor allem auch in Ihre Richtung. Sie waren es damals als Fraktionsvorsitzen

der, der das Gesetz - wie hieß das Schlagwort?: Mitbestim-·

mung statt Mitwirkung - verantwortlich mitgetragen hat. Es ist natürlich auch ein Versäumnis d~r Landesregierung, dass es inzwischen bald sechs Jahre gedauert hat, bis man eine neue Vorlage in dieses Parlament eingebracht hat.

(Beifall des Abg. Bische!, CDU)

Dass dazu verschiedene Dinge be.igetragen haben -es wurde schon gesagt, das Bundesverfassungsgericht hat sich mit dem schleswig-holsteinischen Gesetz befasst, und es hat natürlich auch noch weitere Vorgaben hier gegeben, und man hat auch hier im Land das eine oder andere auf den Kopf gestellt-, hat natürlich auch dazu geführt, dass bestimmte Dinge geregelt werden mussten.

~.1eine Damen und Herren, rv1inister Zübei hat ganz dezidiert

- ich habe es eben schon gesagt- die rechtlichen Grundlagen dargesteiit. Ich muss bescheinigen, dass das, was in d!;!r Begründung zu sehr vielen Dingen steht, ·auch sehr schlüssig

klingt. Trotzdem yvill ich an dieser Stelle erwähnen, dass· es natürlich im Land die Gewerks~haften und die Vertretungen im öffentlichen Bereich gibt, die von der Natur der Sache her natürlich entsprechenden Sachverstand haben und sich auch · noch sachverständigen Rat durch einen Rechtsprofessor aus Berlin geholt haben. Dieses Gutachten und die daraus abgeleiteten Folgewirkungen- das geht auch bis hin zum Beam

tenbund - sollten wir meines Erachtens bei den Beratungen auch noch einmal einerganzgenauen Überprüfung unterzie· hen. Ich sage das vielleicht einfach an dieser Stelle- es passt jetzt gerade -, selbstverständlich wird die CDU-Fraktion eine Anhörung im Innenausschuss zu diesem Thema beantragen, wo wir noch einmal alles im Einzelnen besprechen wollen. Ich denke, das sollte man einfach an dieser Stelle einmal sagen.

(Pörksei1, SPD: Schon geschehen! Schon erledigt!- Schweitzer, SPD: Istsogar schon terminiert! Sie sind wieder. - zu langsam!)

- Schon passiert? -Ja gut. Wenn es beantragt ist, dann korrigiere ich mich.

(Pörksen, SPD: Nein! War nicht die CDU! Macht nichts! Wir alle!)

Meine Damen und Herren, es sind einige ganz grundlegende Dinge in diesen Verfassungsgerichtsprozessen genannt worden. Der Minister hat das eine oder andere hier angeführt und auch die Lösungsmöglichkeiten, die die Landesregierung dafür vorgesehen hat, dargestellt. Es ging einmal um das so genannte Kondo~J!inium. Sie wissen, soweit Sie sich auch mit der Thematik beschäftigen, dass es im Grunde genommen nichts anderes bedeutet, als dass zwei Herren in einem Haus gleichberechtigt zu bestimmen haben. Das ist zum einen vielleicht von der Sache her ganz schwierig, aber es ist vor allem. in diesem Fall, wenn es um die Ausübung der Staatsgewalt geht, zum anderen verfassungsrechtlich nicht möglich, weil

die durch die Wahl Legitimierten, auch die Staatsgewalt, ih

ren Kernbereich hier selbstständig und unabhängig ausführen müssen. Das hat zur Folge, dass Entscheidungen wie das Letztentscheidungsrecht, und zwar das uneingeschränkte, verändert werden mussten.

Die Landesregierung hat sogar noch ein mehrstufiges Verfahren eingeführt. Sie hat zum einen bestimmte Mitbestimmungstatbestände aus diesem Letztentscheid herausgenommen. Wenn es einen Letztentscheid gibt, hat sie das so ge- · nannte Evakationsrecht - auch das wurde schon genannt noch dazugefügt. Das heißt, dass die Dienststelle oder auch die oberste Dienstbehörde bestimmte Entscheidungen, die zwar getroffen worden sind, aus eigenem Recht heraus wieder aufheben kann.

Es gibt eine ganze Menge von Einzelpunkten, die die Gewerkschaften, der Deutsche Beamtenbund, aber auch betroffene Gruppen noch einmal angesprochen haben. Ich will das an dieser Stelle, damit es auch schon einmal gesagt ist, auch noch einmal benennen. Es waren vor allem auch die Angehörigen der Sparkassen, die dort beschäftigt sind, es waren die Leute, die im staatlichen Forstdienst tätig sind, es waren Lehrerverbände, und es waren auch Fräuenvertreterinnen, die sich an einzelnen Dingen noch einmal ganz speziell gestört haben.

Es ist sicher nicht der Platz, l!m jetzt alle einzelnen Regelun

gen aufzugreifen, aber ich will trotzdem sagen, dass es bestimmte Dinge gibt, die einen auch an der Begründung wirk

lich stören, wenn man bestimmte Sachen liest. Ich will vielleicht mit der Frage der Freistellung im Teilzeitbereich beginnen. Es sind nicht nur die Frauen, die betroffen sind. Es sind. vor allem auch die Schichtdienstleistenden. Ihnen wird in Zu

kunft das Recht oder der Vorteil genommen, dass sie, wenn sie außerhalb ihrer eigentlichen Arbeitszeit an Fortbildungsmaßnahmen oder sonstigen personalrechtlichen Dingen teilnehmen, dafür einen Arbeitsausgleich bekommen.

Es gibt aber auch die Regelung- ich will das einfach einmal zi

tieren-, auf Seite 40 der Begründung. Dazu wird insbesondere ausgeführt, dass der sich daraus ergebende Ausschluss von 'Freizeitausgleich für teilzeitbeschäftigte Personalratsmitglieder

renamt" -dahin komme ich nachher noch einmal- "und der damit bezweckten Unabhängigkeit der Amtsführung" usw. ist eine Begründung, die ich an dieser Stelle so nicht hergezogen hätte, genauso wie die Definition des Ehrenamts, dass es dem Ehrenamt immanent ist, dass man seine Freizeit dafür opfert und damit auch rechnen muss, wenn man in diesem Bereich des Personalrats tätig ist. Das ist eine ein bisschen merkwürdige Begründung für eine sozialdemokratisch ge

führte Landesregierung. Das will ich an dieser Stelle einfach einmal anmerken.

Meine Damen' 1md Herren, Herr Pörksen, es gab vor allem bei den Diskussionen, an denen wir teilgenommen haben, sehr viel Kritik an der Einschränkung im Geschäftsführungsbereich. Die Personalräte sehen ein großes Problem darin, dass sie in dem, was zu ihrem eigentlichen Tätigseinkönnen dazugehört, noch einmal mit Einschränkungen leben müssen. Sie berufen sich darauf, dass das durch die Rechtsprechung we

der vom Bundesverfassungsgericht noch vom Verfassungsgerichtshof unseres Landes so vorgegeben ist. Das wird schon kritisiert. Es muss hier gesagt werden, dass sicher dieser Ge

setzentwurf Ober das hinausgeht, was die Rechtsprechung insgesamt verlangt und wora~ man sich natUrlieh auch halten muss.

Herr Minister Zuber, es gibt eine große Diskrepanz zu dem, was Sie sagen. Sie sagen, die Mitbestimmung in diesem Land wäre zum Teil sogar noch verbessert worden. Die Gewerkschaften und auch der Deutsche Beamtenbund sehen das natürlich ein ganzes Stück anders. Sie sehen, dass es eine wirkliche Einschränkung in bestimmten Bereichen gibt. Die Einzelheiten werden wir diskutieren müssen. Vor allem wird kriti

siert, dass in dem Anhörungsverfahren, zu dem man alle ge

laden hat, zwar viele Dinge vorgebracht, aber die allerwenig

sten dann nachher auch wirklich nur Kenntnis genommen, geschweige denn überhaupt ei.ngearbeitet worden sind.