Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

an. Seitdem der Satzungsvorschlag auf dem Tisch liegt, ist ein halbes Jahr vergangen. Es tut sich nichts. Daran hätte schon längst gearbeitet werden müssen. Auch ein Blick in den Satzungsvorschlag nährt den Verdacht, dass das Verständnis von Ehrenamt nicht das modernste zu sein scheint. Es hört sich ziemlich altbacken an. Dort heißt es nämlich - ich zitiere § 2

·des Stiftungswerks -:.,Selbstlose ehrenamtliche Betätigung."

Das klingt für viele heutige Ohren wenig einladend. Für die Menschen heute, die sich engagieren, geht es vielmehr um ein freiwilliges gemeinnütziges Engagement, in dem auch Selbstbestätigung und Selbstverwirklichung gefunden wird. ln diesem Falle sollte man sich die Wortwahl genauer ansehen.

(Pörksen, SPD: Kleinkariert!)

-Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Bandbreite des Engagements ist der Verteiler, an den der Satzungsentwurf der Ehrenamtsagentur geschickt wurde, und auch die Satzung selber, gewissermaßen ein Instrument der Diskriminierung und der Ausgrenzung. ln dem Verteiler fehlen zum Beispiel die meisten Frauengruppen, ailein der Landfrauenverband wurde bedacht. Es fehlen die Elternbeiräte in den Kindergärten, es fehlen die Schulelternbeiräte, es fehlen. die Gruppen, die sich die Um~etzung der Lokalen Agenda auf ihre Fahnen geschrieben haben, es fehlt der Verband der allein erziehenden Mütter und Väter und es fehlen die Initiativen, die sich um Asyl Suchende und Menschen anderer Herkunft kümmern, um nur einige zu nennen.

Ein Ehrenamt, ein freiwilliges Engagement, oder sind einige doch etwas ehrenamtliche-r als andere?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Laut Satzungsentwurf soll es keine Quotierung für Frauen in den Entscheidungsgremien der Stiftungen geben, obwohl zwei Drittel der eh-renamtlich bzw. freiwillig Engagierten Frauen sind und obwohl der Bericht zur Umsetzurig des Gleichstellungsgesetzes sehr deutlich gezeigt hat, wie wenig Frauen in wichtigen Gremien vertreten sind. ln dieser Hinsicht wäre eine Nachbesserung dringend notwenig. Kooperativ wie wir nun einmal si!ld, haben wir einen eigenen Satzungsvorschlag für die Ehrenamtsstiftung erarbeitet, der diese Punkte, gerade die Quotierung in den Stiftungsgr~mien, berücksichtigt. Diesen Satzungsvorschlag haben wirvor einem_ halben Jahr an das Ministerium des lnnern und für Sport geschickt. Bis heute haben wir noch nicht gehört, was damit passiert ist. Vielleicht können Sie uns dazu noch etwas sagen, Herr Zuber.

Bedenken von ehrenamtlichen Organisationen, über die Stiftungen von der Politik instrum.entalisiert zu werden und da

mit die Eigenständigkeit einzubüßen, wUrden allerdings auf der Informationsveranstaltung zu dieser Stiftung zerstreut.

Es ist klar; dass diese Stiftung eine Interessenvertretung für das Ehrenamt, also für alle, sein könnte. Meine Damen und Herren, allerdings ist es bis dahin noch ein weiter Weg.

Es gibt eine Beauftragte des Ehrenamts im Min_isterium des lnnern und für Sport, aber es gibt trotzdem noch viel zu tun, vor allem für das ehrenamtliche und freiwillige Engagement von Frauen, das viel zu ungenügend wahrgenommen wird. Das habe ich bereits_erwähnt.

Jetzt legt das Ministerium des lnnern und für Sport einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes vor. Das ist allgemein bekannt und hoch hintergründig.

(Pörksen, SPD: Das ist aber jetzt ganz weit hergeholt!)

Eine Änderung ist ein neuer Satz, wonach Teilzeitbeschäftigte und Schichtdienst ·Leistende keinen Anspruch mehr auf Freizeitausgleich haben sollen, wenn sie Mitglied des Personalrats sind und als solche an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen teilnehmen. Diese Veranstaltungen werden eigens dazu angeboten, um die Beschäftigten auf die Aufgaben als Personalratsmitglied vorzubereiten. Das Amt des Per

sonalrats ist - das ist gesetzlich festgeschrieben - ein Ehrenamt. Jetzt soll den Teilzeitbeschäftigten, die keine Bezüge über ihre Teilzeitarbeit hinaus erhalten, auch wenn sie bei Bildungsveranstaltungen voll· mitarbeiten, auch noch der Freizeitausgleich gestrichen werden. Meine Damen und Herren, das widerspricht doch allem, was Sie an ehrenamtlichen Idealen hochhalten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und desAbg. Kramer, CDU)

Es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu. Sie wissen genau, was kommt.

(Pörksen, SPei: Natürlich weiß ich, was kommt. Ich weiß doch, wer da redet!)

- Herr Pörksen, von allen Teilzeitbeschäftigten der Bundes-, der Landes- und der kommuriillen Dienststellen in Rheinland

Pfalz sin_d 90,4% Frauen. Eines der zentralen Motive für Teilzeit ist die Vereinbarkeit von Familie, Kindern, Pflegearbeit und Beruf. Teilzeit ist nach wie vor, das zeigt auch der Bericht zum Landesgleichstellungsgesetz, noch immer vorwiegend eine Sache von Frauen. Diese sollen jetzt systematisch von der Personalratsarbeit fern gehalten werden.

(Pörksen, SPD: Quatsch!)

Es heißt doch so schön im gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen- ich zitiere-:.,Die Stärkung des ehrenamtli

chen Engagements ist erklärtes Ziel des Landtags und der

Landesregierung." Wie passt es dann in das doppelmorali

sche Biid, wenn die Landesregierung gfeichzeitig, besonders das Ministerium des lnnern und für Sport, das federführend ist, gleichzeitig im Personalvertretungsgesetz vorschreibt, dass der Ausschluss für Freizeitausgleich für Teilzeitkräfte und Schichtdienstleistende keine mittelbare Frauendiskriminierung ist, da dadurch ein legitimes sozialpolitisches Ziel gerechtfertigt sei.

Ehrenamt und freiwilliges Engagement und Frauengleichstellung sind kein Widerspruch, sondern es ist die Aufgabe der Politik, meine Damen und Herren von der Landesregierung, endlich beides in Einklang zu bringen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt noch andere Löcher in der Ehrenamtsförderung. Darüber können diese parlamentarischen Vorlagen und Initiativen auch nicht hinwegtäuschen und auch nicht der rüffelige Ton, mit dem sich die Fraktionen der großen Parteien belegen.

Schauen wir uns doch einmal die Jugend an. Der Landesjugendring ist ein Verband, der eine große Bandbreite von Eh

renamt und freiwilligem Engagement von jungen Leuten kompetent vertritt. Das schützt ihn offensichtlich nicht vor einer stiefmütterlichen - oder sagen wir besser stiefväterliehen- Behandlung durch die Politik. Seine Förderung durch das Land ist bundesweit einzigartig schlecht und mag~r. Gleiches gilt für den Stellenplan. Auch das Programm für Bil-· dungsreferentinnen wurde nicht verbessert. Ich kann mir das bei diesen Worten, die in diesem Hause über das Ehrenamt gefunden werden, nicht erklären, zumal der Landesjugendring erklartermaßen· sehr gute Arbeit leistet. Das wird auch von allen anerkannt. ·

Meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie als verant

wortliche Politikerinnen und Politiker: Nehmen Sie die Sache ernst und setzen Sie sich für die gesamte Bandbreite des Ehrenamts und des freiwilligen gemeinnützigen Engagements

ein, und sorgen Sie dafür, dass es im Ehrenamt und im freiwilligen Engagement gleichberechtigt und gerecht zugeht.

Vielen Dank. (Beifall des Abg. Dr. Braun,

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herr Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Abg. Creutzmann, F.D."P.:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrenze meinen Beitrag auf das Bildungsfreistellungsgesetz, weil Frau Kollegin Morsblech später zu dem Ehrenamt sprechen wird.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem Teile der

CDU Hand in Hand mit dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Abschaffung der verschärften Subsidiaritätskiausel, die auf Drän_gen der F.D.P. in die rheinland~pfälzische Gemeindeordnung aufgenommen wurde, den erste·n Anschlag auf den rheinland-pfälzischen IY!ittelstand vorb~reiteten- sie sind damit jedoch kläglich am Verfassungsgerichtshof RheinlandPfalzgescheitert -, plant die CDU-Landtagsfraktioll mit ihrer Änderung des Bildungsfreistellungsgesetzes jetzt den zweiten Anschlag auf den Mittelstand.

(Zuruf des Abg. Schöneberg, CDU)

- Ja, Herr Schöneberg und Herr Böhr erzählen sonntags, sie seien die Mittelstandspartei, und montags stellen sie die Anträge,

(Schöneberg, CDU: Wir haben noch immer ein paar Mittelständler!)

um den rheinland-pfälzischen Mittelstand zu belasten. Die Fundis bei der CDU und bei den GRÜNEN haben mittler-iNeile

die Mehrheit. Sie wollen sich offenbar davon verabschieden, jemals wieder in Rheinland-Pfalz regierungsfähig zu sein.

(Beifall bei der SPD- Zuruf des Abg. Schöneberg, CDU)

Die CDU will durch eine Ausweitung des Bildungsfreistellungsgesetzes allen Arbeitnehmerinnen und Arbeit_nehmern--

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Bische!, hören Sie einmal zu.

Sie wissen gar nicht, was Sie da vorbereitet haben. Sie wollen nämlich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bereits dann einen Freistellungsanspruch von zehn Tagen innerhalb von zwei Jahren gewähren, wenn sie sich auf das Ehrenamt vorbereiten. Sie brauchen das Ehrenamt noch gar nicht aus-. zu üben.