Protokoll der Sitzung vom 11.05.2000

· er bereits mehrfach sowohl vor der zuständigen Ausländerbehörde des Landratsamts als auch gegenüber Beamten des Bundesgrenzschutzes erklärt hatte, dass er beabsichtige, freiwillig in die Turkei zurückzukehren.

Ob die Ausführungen ~um Selbstmord des Cousins in der Türkei der in der Petition genannten Zeitung.,Özgür Politika"

den Tatsachen entsprechen, ist nicht bekannt.

So weit. die Stellungnahme des Ministe.rium des lnnern und für.Sport zu dieser Problematik. Ich will abschließend nur noch einmal meinerseits betonen, dass nach meiner Kenntnis

·der Sachlage alle relevanten Unterlagen für eine Entscheidung des Petitionsausschusses zur Verfügung standen.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Zu einer Kurzintervention erteile ich.Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

· Ich nehme an, die Entscheidung ist gefallen. Deshalb noch ei

nige Anmerkungen zu Ihnen, Herr lnnenminister: Vielen Dank, dass Sie so schnell reagiert haben und damals die Ab

schiebung ai,Jsgesetzt haben. Deshalb konnte zumindest einiges bisher noch überprüft werden, wobei aber nicht alles geklärt werden konnte.

Ich möchte aber noch auf ·zwei oder drei Punkte eingehen, die Sie genannt haben. Sie haben ausgeführt, der Betroffene sei in seiner politischen Aktivität nicht besonders exponiert gewesen. Wegen schwerer) Landfriedensbruchs und wegen der Teilnahme an Demonstrationen ist Strafanzeige gegen ihn gestellt worden. Auf der einen Seite wird angeführt, er sei nicht besonders exponiert tätig gewesen, und zum anderen ist er dafür sogar angezeigt worden. Entweder war er politisch aktiv oder er war nicht politisch aktiv. Es ist natürlich Sache des Bundesamtes, das zu entscheiden. ·Man muss sich aber Gedanken darüber machen, wie dann entschieden wird.

.Der zweite Punkt: Es habe sich um spate Aktivitäten gehan. delt. Der Junge ist als 13-Jähriger nach Deutschland gekommen. Jetzt wird ihm vorgeworfen, er habe erst spät Aktivitäten ergriffen. Wenn das früher gewesen wäre, hätte er eine· Chance gehabt, Asyl zu erhalten. Wenn er also als 18-Jährige.r aktiv wird, ist das zü spät. Er muss also als 13-Jähriger aktiv werden, um asylberechtigt zu sein. Das ist die Argumentation-. Man muss sich nur einmal darauf einlassen.

Es wurde gesagt, der Cousin· sei freiwillig zurückgekehrt. Die. Zeitungen hatten berichtet, er sei abgeschoben worden. Er ist mehrmals aufgefordert worden, auszureisen. Die Abschiebung ist. ihm konkret angedroht worden. Also ist er zurückgekehrt, da er keine Chance hatte. Das nennt man eine freiwi lli

ge Rückkehr.

Zu einem weiteren Punkt: Die Rechtsanwälte haben mir heute noch einmal ein Fax geschickt. ~ie gehen davon aus- ich zitiere -,.,da-unabhängig von der asylrechtliehen Würdigung aus humanitärer Sicht eine Abschiebung des Geschwisterpaares sich als nicht. hinzunehmende Härte darstellen würde", hätten sie keine weiteren Rechtsschritte eingelegt, yveil sie auf die humanitäre Komponente und nicht auf das Asylverfahren setzten. Das wird dann natürlich weiter aufgegriffen werden müssen.

Dazu noch ein weiteres Argument: Das Bundesamt hat 1995

schon geprüft, und dann noch einmal ganz kurz und knapp vor dem 1. März, vor dem Abschiebetermin. Der Cousin hat sich am 22. Februar dieses Jahres umgebracht. Das ist meiner Meinung nach ein asylrelevanter Grund - das steht aber hier nicht zur Debatte-, aber natürlich kamen dann Gründe erst kurz vor knapp hinzu. Wir wurden auch erst kurz vor knapp

info~miert. Anscheinend sind die Geschwister auch erst drei Tage vorher aufgefordert_ worden, auszureisen.

Dann höre ich immer wieder: Wenn die Petenten - das war übrigens nicht der Rechtsanwalt, der die Petition gestellt h~t.

sondern die vier Pfarrer- so knapp vor Schluss ihre Petition s-tellen, dann ist das schlecht für das Verfahren. Wenn sie drei Tage vorher aufgefordert werden, auszureisen; dann können sie das nicht anders-tun.

Zu Herrn Schreiner will ich inhaltlieb nicht Stellung nehmen. Ich würde aber empfehlen, Ihre Rede noch einmal durchzulesen und sich eventuell vor diesem Hause für manche Anwürfe

zu entschuldigen.

. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Widerspruch bei der CDU)

Ich erteile Herrn Innenminister Zuber das Wort.

·'""err Abgeordneter Dr. Braun, ich möchte jetzt im Detail auf

Ihre Ausführungen nicht mehr eingehen, wiewohl man das e könnte.

Ich lege nur Wert auf die Feststellung, dass der Sachvortrag,

den ich hier' gehalten habe, von der Entscheidung des allein dafür zuständigen Bundesamts ausgeht und ich das zitiert habe, was zur Begründung in dem Bescheid des Bundesamts erwähnt worden ist.

(Frau Bill, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gibt es kein· Ausländergesetz?)

Verehrte Frau Abgeordnete Bill, im Übrigen kann ich Sie nur

immer wieder dazu.auffordern bei Entscheidungen des Bundesamts, nicht nur in Fragen der Kurden, sond·ern auch in

anderen ausländerrechtlich relevanten Fragen, Asylfra'gen,

spielt der Lagebericht des Auswärtigen Amtes eine große Rolle-, mit Ihrem Parteifreund einmal diese Problematik zu

erörtern und ihn insbesondere darauf hinzuweisen, dass wir

uns mitLageberichte-n des Auswärtigen Amtes befassen müs

sen, die ein halbes, ein drei viertei Jahr oder noch älter sind. Wenn Sie das erreichen würden, dann wäre es schon eine wirksame Hilfe,

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn uns die zur Entscheidung benötigten aktuellen Lagebe

richte des Auswärtigen Amtes zur Verfügung stünden.

-(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wort

meldungen vor.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung

über den Antrag· des Herrn Abgeordneten Dr. Braun (BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN}- Drucksache 13/5661 -.Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!- Dan

ke schön. Gegenstimmen?- Ich stelle fest, dass dieser Antrag

gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt