Protokoll der Sitzung vom 15.06.2000

Meine Damen und Herren, eine Armee, die so viel Ressourcen für eine U!1iformhose hat, hat auch Ressourcen zur Modernisierung.

(Beifall der SPD- Dr. Weiland, CDU: So war das in Ihrer Zeit!)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Grützmacher das Wort.

Meine Damen und Herren! Mich wundert es, dass· die CDU

diese Aktuelle Stunde beantragt hat. Sie müssten sich doch - das hat Herr Mertes sehr deutlich gesagt - eher klein machen und wegducken; denn was.Ihnen die WeizsäckerKommission ins Stammbuch geschrieben hat, ist eine schallende Ohrfeige für die alte Bundesregierung und für Verteidigungsminister Rühe.

(Beifall des BÜNDNIS-90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, obwohl Deutschland seit 199Ö-von 'Freunden umzingelt ist, hat die Kohl-Regierung jeglichen echten Reformansatz für die Bundeswehr verweigert. Die Mängel wurden gestreckt. Es wurde alles beim Alten gelas

sen. Außerdem hat man Ratschläge von außen hochnäsig verweigert.

, (Zuruf des Abg.Dr. Altherr, CDU)

Darum lautet das Fazit· Herr Mertes hat es schon zitiert-: Die Bundeswehr ist zu groß. Sie ist falsch zusammengesetzt. Sie wird zunehmend unmodern.

Acht lange Jahre, in denen sich andere europäische Armeen modernisiert haben und professionalisiert wurden, wurden vertan. Auch in diesem Politikfeld hat sich die alte Bundesregierung als reformresistent erwiE!sen. Reformen erfordern 'Mut; Courage, Kraft und Durchsetzungsfähigkeit.

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU)

Das sehen wir auch auf anderen Gebieten. Diese hat die CDU nicht. Zweitens hat sie auch kein Konzept für eine solche Re

form. Sie hat sich inhaltlich überhaupt nicht_ damit auseinander gesetzt. Darum wird man auch inhaltlich mit ihr nicht über diese Reform diskutieren. Darum ist es nur folgerichtig, dass sie über Standorte, die geschlossen werden, und nicht über inhaltliche Konzepte zu dieser Bundeswehrreform dis

kutiert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD- Zuruf der Abg. Frau Bill, BÜNDNiS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der CDU, man kann eine wichtige, eine als notwendig erkannte pol.itisch begründete Reform dieser Bundeswehr nkht auf eine Standortfrage reduzieren, welche_ Standorte wegfallen oder erhalten bleiben. Allerdings ist bisher bei der SPD ·auch nicht alles so gelaufen, wie wir uns das für das Land in diesem Fall gewünscht haben. Ich möchte_ einmal auf das Thema eingehen.

Verteidigungsminister Scharping hat noch im Septem

ber 1999 auf einem Konversionskongress in Mainz gesagt,

der aktuelle Zwang zum Sparen bei der Bundeswehr würde zu keinen Schließungen in Rheinland-Pfalz fahren. Es muss niemand fürchten- ich zitiere wörtlich·, "dass_ Standorte zur Debatte stehen", • Es war damals schon klar, dass dieser Standpunkt nicht gehalten werden konnte. Das ist auch kein Mittel für eine Planungssicherheit für einzelne Standorte und einzelne Kommunen, in denen sich Bundeswehrsoldaten und Zivilbeschäftigte aufhalten.

Wenn man sieht, warum diese Bundeswehrstandorte - wenigstens die KleinstStandorte- aufgelöst werden sollen, han

delt es sich um eine andere Begründu-ng als zur Zeit des kalten Krieges. Es geht vor allem um betriebswirtschaftliche Gründe. Auch dass die Bundeswehr sparen muss, wird deutlich gesagt.

Meine Damen und Herren, ich finde, das ist eine sehr beruhigende Normalisierung, dass- es nicht nur um strategische Ansätze, sondern ·um ganz normale betriebswirtschaftliche Grundsätze geht; Hier befindet sich die Bund~swehr unserer Meinung nach auf dem Weg in eine Normalisierung, die wir unterstützen.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, unter diesem Aspekt ist für Rheinland-Pfalz eine präventive Kon-· versionsplanung, die wir GRÜNEN immer gefordert haben, umso wichtiger. Ein halbes Jahr nach dem Versprechen von Scharping, dass kein Standort geschlossen wird, wissen wir, dass mindestens 15 Kleinststandorte zur Disposition stehen. Für eine präventive Konversionsplanung ergeben sich neue Chancen-.

Wenn ein Standort von Bundeswehrseite aus gesehen aus betriebswirtschaftlichen Erfordernissen genügen soll und nicht mehr wie bisher nu'r militärstrategisch bestimmt wird, ergeben sich daraus neue Chancen für die Konversionsplanung, die sich auch nach den Erfordernissen strukturschwacher Räu

me richten kann. Das bedeutet auch- das finde ich besonders wichtig -, dass die Landesregierung darauf hinwirken muss, noch mehr und noch intensiver an Standortentscheidungen mitzuwirken, und zwar welche Standorte erhalten, geändert oder verkleinert werden sollen. Es genügt nicht, nu~ Stellungnahmen abzugeben. Dieses müsste eigentlich alle Bundeslän

der betreffen.

Meine Damen und_ Herren, dass dort noch einiges im Argen liegt,-

(Glocke des Präsidenten)

-Ich bin sofort amEndemeiner Rede.

--ergibt sich auch aus einer Großen Arif_rage, die die SPD ge

stellt hat. Darin heißt es: "Die militärstrategischen und fiska

lischen Interessen einerseits und die strukturpolitischen Interessen andererseits werden nur unzureichend abgestimmt. Schließlich wird die Bewältigung der ökonomischen Folgen

seitens des Bundes ausgeklammert." Das wollen wir ändern. Auch hier muss der Bund seine Verantwortung mit übernehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Mertes, ich gestehe ehrlich, dass ich nicht gedient habe und in den Verästelungen der Bundeswehr_ nicht zu Hause bin. Ich glaubte auch, bei dem Thema, das man mir übertragen hat, ging es mehr um die Auswirkungen als um die Strukturreform der Bundeswehr, Herr Kollege Enders. Das trägt man im Bundestag aus. Das ist der richtige Ort. Wir sind, glaube ich, noch nicht einmal zustimmungspflichtig und haben überhaupt keine Kompetenzen, etwas zur Strukturreform der Bundeswehr sagen. Das heißt, das, was der Bundestag beschließt, hat natürlich auch Auswirkungen auf das Land Rheinland-Pfalz. Diese stehen heute zur Diskussion.

Am 23. Mai hat die so genannte Weizsäcker-kommission ihren Bericht zur Zukunft der Bundeswehr vorgelegt. Darin wird unter anderem. vorgeschlagen, die Zahl der Bundeswehrstandorte um ca. 40 % zu reduzieren. Da es in Rheinland-Pfalz insgesamt 53 Standorte der Bundeswehr gibt, würde dies rein rechnerisch bedeuten, dass ca. 20 Standorte in Rheinland-Pfalz zu schließen wären. Dies würde für unser Land eine weitere Herausforderung in Bezug auf den Umbau der militärischen Konversion in zivile Nutzung bedeuten.

Der Bundesminister für Verteidigung, Rudolf Scharping, hat erklärt, dass er dem Bericht zu 80% zustimmt, aber insbesondere bei den Fragen der Wehrpflicht und der Standorte ande

rer Auffassung ist. Nach unserer Erkenntnis hat er der Landesregierung mitgeteilt, dass die Beurteilung der Standorte nicht allein nach betriebswirtschaftliehen Gesichtspunkten erfolgen könne. Hinzu kommen müssten volkswirtschaftliche Aspekte und Fragen wie heimatnaher ·Einsatz von Soldaten,

ihre Verankerung in der Bevölkerung und die wirtschaftlichen Interessen der Region. Er denke nicht an die Schließung von größeren Standorten, doch für Standorte unter 50 Dienstposten' habe er einen Prüfauftrag gegeben, der die Frage beinhalte, ob man solche Standorte in größere Liegenschaften integrieren könne oder nicht.

Meine Damen und Herren, wir müssen auch in Zeiten immer knapper werdender Kassen daran interessiert sein, dass die Finanzmittel, die wir haben, effizient eingesetzt werden. Dazu muss auch die Bundeswehr einen Beitrag leisten. Wir müssen auch in der Lage sein, unseren Verteidigungsauftrag in

Zukunft zu erfüllen. Deswegen ist es legitim, zu überprüfen, ob alle Standorte noch wirtschaftlich betrieben werden können.

ln Rheinland-Pfalzbestehen derzeit 17 Kleioststandorte unter 50 Dienstposten. Die Prüfung, so der Verteidigungsminister, beinhalte jedoch nicht automatisch deren Schließung.

Die Landesregierung hat in einer Pressemitteilung vom 6. Juni 2000 erklärt, dass sie· bei der Bundeswehrstrukturreform in ständigem Kontakt mit dem Bundesverteidigungsministerium stehe, dass das Konversionskabinett sich in Mainz erneut intensiv mit dem Thema befasse. Insofern, Frau Grützmacher, hätte es Ihres Hinweises nicht bedurft. Es ist eine ständige Aufgabe, immer wieder zu überlegen, wenn militärische Standorte aufzugeben sind,-

(Zuruf der Abg. Frau Grützmach er, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

-Sie haben Recht, auch vorbeugend zu überlegen.

--wie eine zivile Nutzung sinnvoll erfolgen kann.

Die F.D.P.-Fraktion verurteilt mit aller Entschiedenheit die von der CDU in Umlauf gebrachte Meldung, nach der das Heeresführungskommando Koblenz ebenso wie das Heeresunterstützungskommando oder das Wehrbereichskommando IV iri Mainz aufgelöst werden sollten, als Panikmache. So