Protokoll der Sitzung vom 16.08.2000

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 13/4825- in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt. Wer diesem Gesetz-. entwurfzustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!- Danke. Gegenstimmen?- Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der CDU und der F.D.P. gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab

gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 13/6089 -. Wer dem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! - Danke schön. Gegenstimmen? - Danke schön. Enthaltungen?- Danke. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und der F.D.P. gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich -rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

••. tes Landesgesetz zur Änderung des Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 13/5979 Erste Beratung

Es ist eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart.

Ich erteile Herrn Kollegen Licht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen; meine Herren! Die ~DU möchte eine moderne Abfallwirtschaft anstelle von übertriebener Bürokratie und Reglementierung. Wir sagen Ja zur Kontrolle der Sonderabfallwege oder -ströme und Nein zur staatlichen Gängelung. Die CDU Rheinland-Pfalz sagt Ja zum Wettbewerb im Standort Deutschland und angesichts der gesamten Debatte im Standort Europa, jedoch Nein zu der Mittelstandsfeindlichkeit der jetzigen rheinland-pfälzisch~n Sonderabfallgesetzgebung.

Mit der Gesetzesinitiative wollen wir das Landesabfallrecht den Intentionen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes anpassen. Dazu wird die Andienungspflicht für Sonderabfälle zur Verwertung in einem ersten Schritt-aufgehoben. Die Kontrolle -bleibt-beim Staat. Die Verantwortung der Verwertung liegt aber beim zuständigen Unternehmen~

Meine Damen und Herren, wir sind aus wirtschaftspolitischen und umweltpolitischen Gesichtspunkten geradezu gezwungen, uns als Land Rheinland-Pfalzden Entwicklungen anzupassen. ln beiden Positionen steht Rheinland-Pfalzisoliert im Länderreigen. Das wurde in mehreren Debatten und Diskus-

sionen nicht nur von uns, sondern auch von anderen Parlamentariern aus anderen Fraktionen festgestellt.

Sollte es auch weiterhin ein Blockieren und ein Sperren des Umweltministeriums gegen die Modernisierung der Sonderabfallwirtschaft geben, müssen Sie sich, Frau Ministerin, den Vorwurf abfallpolitischer.,Vorgestrigkeit" gefallen lassen.

(Beifali bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Ideologie und Eitelkeit sind nie die besten Ratgeber, erst recht nicht, wenn man sich weiterentwickeln will. (Mertes, SPD: Das ist Ihnen so fremd, Herr Kollege!)

Herr Mertes, in diesem Zusammenhang wäre es auch spannend, Zitate von Ihnen aus den letzten Jahren zu bringen. Ich möchte das an dieser Stelle nicht tun.

(Mertes, SPD: Tun Sie das nur! Ich freue mich immer!)

Ich sage ganz bewusst, kontrollierte Eigenverantwortung statt Dirigismus ist das Gebot der Stunde. Das rheinlandpfälzische System der Steuerung durch die halbstaatliche Sonderabfallmanagementgesellschaft SAM wurde von der Entvvicklung des Marktes - man kann es auch kürzer fassen-, vom Ideenwettbewerb der Betriebe, und von der sonstigen Gesetzesentwicklung schlichtweg überholt.

Auch wir, die CDU-Fraktion, müssen uns in diesem Bereich weiterentwickeln. Das haben wir getan. Vermeiden, ven'llerten und entsorgen in großer Eigenverantwortung war und ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa. Dabei werden in Rheinland-Pfalz für die Betriebe und die Umwelt Sonderwege auf Dauer- das ist nun einmal festzustellen- zum großen Nachteil.

Herr Mertes, das gilt für die Betriebe, weil sie sich permanent im Wettbewerbsnachteil befinden - wer kann das innerhalb der Bundesrepublik aus dieser Betrachtung wollen?-, und für die Umwelt, weil die Abnahme der verwertbaren oder zur Entsorgung anstehenden Stoffe Lücken enthält.

ln diesem WettbeV'Jerb ist festzustellen, dass es zu Lücken kommen wird, w~nn der Entwicklung nicht gegengesteuert wird. Die Steuerung der Sonderabfallwirtschaft in RheinlandPfalz in der rheinland-pfälzischen Form birgt auch rechtliche Probleme.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Hinweis auf eine Presseerklärung aus Brüssel machen. Es ist die Frage aufzuwerfen: Läuft die Uhr der Andienungspflicht grundsätzlich ab?- Zum

Stichwort.,Abfall" heißt es:.,Die Kommission ergreift Maßnahmen gegen Deutschland, Österreich und Belgien." - Zu.,Deutschland" wird auf die nicht konforme Vorgehensweise Deutschlands bei der Umsetzun_g der v:rordnung über die Verbringung von Abfällen ven.viesen. Weiter heißt es dort:

.,Das deutsche Recht legt abfallbehandelnden Unternehmen ungerechtfertigte_ Einschränkungen auf und zwingt sie dadurch, ihre Abfälle ganz bestimmten Behandlungszentren zuzuleiten." Dass dies im Sinne der Kommission gegen Verordnungen verstößt, ist nicht etwas, was ich jetzt feststelle, was ich jetzt neu erfinde, sondern ist die breite Diskussion, die wir schon seit einiger Zeit kennen.

Meine Damen und Herren, hier im Speziellen - die Klassifizierungs- und Zuweisungspraxis der SAM betreffend befindet sich- auch das wissen wir- eine Reihe von Unternehmen in ständigen Rechtsstreitigkei~en mitder halbstaatlichen Organisation. Auch das ist Wettbewerbsnachteil, wenn ich dies nur im Vergleich der Bundesländersehe und erkenne.

Meine Damen und Herren, auch die jüngsten Urteile, auf die_ sich das Ministerium und auch Sie, Frau rvlinisterin, oft berufen, lassen Aussagen auf die Rechtskonformität der Landesregelung zu - das habe ich auch nie bestritten -, sagen aber nichts zu der substanziellen politischen Bewertung. Das istauch nicht die Aufgabe der jeweiligen Gerichte. Meine Da

men und Herren, es ist unsere Aufgabe.-uns mit dieser sub

stanziellen Bewertung und auch der Fortentwicklung politischer Gedanken und Ideen zu beschäftigen;

Meine Damen und Herren, würde nur dann ein Gesetz geändert, wenn in einer Landesregelung durch Gericht eine Rechtswidrigkeit festgestellt wird, dann hätten wir uns in die

sem Plenum zwar gelegentlich, aber doch nicht allzu oft mit Gesetzesänderungen auseinander zu setzen. Auch daraus · wird deutlich - das ist der politische Wille-, dass der Auftrag das Debattieren von Sachentscheidungen ist, wenn man erkennt, dass Gesetze verändert oder gesetzlich neu gestaltet werden müssen.

Aus alldem ergibt sich für den Gesetzgeber in Rheinland

Pfalzauch nach den Urteilen

1. ein eigener Ermessensspielraum- das ist ohne Zweifel-,

2. eine eigene Handlungsfreiheit. Diese haben wir.

Das ist auch in den Gerichtsurteilen immer wieder deutlich geworden. Ich sage, aus der Entwicklung der letzten Jahre des Marktes heraus besteht ein politischer Handlungsauftrag und eine Handlungsverpflichtung. Dies ist der Antrag der CDU-Fraktion.

Vielen Dank. (Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Nagel das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man diesem Hause ein Vierteljahrhundert angehört, sollte man eigentlich et\'l!as Gelassenheit haben und sich.nicht mehr sosehr ärgern, zumal man in diesem Hause nur noch wenige Monate präsent sein wird.

Herr Kollege Licht, ich sage Ihnen aber, dass ich mich über diesen Gesetzent\vurf geärgert habe. Ich kann mich über diesen Gesetzentwurf noch aufregen, weil - das sage ich auch dazu- ich es fast als Zeitverschwendung ansehe, sich mit diesem Gesetzentwurf intensiv auseinander zu setzen.

(Licht, CDU: Weil Sie Angst vor der Debatte haben!)

Wenn es nicht so unparlamentarisch wäre, dann würde ich empfehlen, nach der ersten Lesung diesen Gesetzentwurf tot zu machen und sich nicht noch stundenlang in einem Ausschuss damit zu beschäftigen.

Ich frage mich, wer Sie geritten hat, diesen Gesetzent\vurf einzubringen, wem Sie damit zu Diensten sein wollen, von wem Sie sich möglicherweise eine Wahlkampfspende erhoffen, indem Sie diesen Gesetzentwurf einbringen?

(Zurufe von der CDU: Oh, oh! - Mertes, SPD: Das meint der Kollege wirklich!)

Dass die CDU bei dem Wort.,Spende" aufheult, habe ich erwartet. Vielleicht sollten Sie sich aber intensiver damit beschäftigen.

(Widerspruch bei der CDU- Zuruf von der CDU: Sie sollten etwas einfallsreicher sein, Herr Kollege!)

-Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie das Gesetz je gelesen haben, aber ich sage Ihnen jetzt einmal, was darin enthalten ist. Schon in der Problembeschreibung verrät die·CDU ganz ein-. deutig, was Sache ist. Dort heißt es:.,Rheinland-Pfalz gerät in die abfallpolitische Isolation." Nein, wenn wir Ihrem Gesetzentwurf folgen würden, dann würden wir in die abfallpolitische Steinzeit zurückfallen. Ich erinnere Sie an die drei Buchstaben.,GBS''. Sie wissen vielleicht noch, was das auf dem Sonderabfallmarkt in Rheinland-Pfalz bedeutet hat. Das war nämlich nicht nur ökologisch fragwürdig, sondern das war Chaos, Desaster und abfallpolitischer Notstand. Dahin wollen Sie mit diesem Gesetzentwurf zurück. Sie wollen- sagen Sie es doch ehrlich- die SAM kaputtmachen. Sie wollen weg von der Andienungspflicht für Abfälle zur Verwertung. Im Grunde genommen wollen Sie dahin, wo wir schon einmal waren, was wir von Ihnen übernommen haben und was Arbeit genug war, dieses Desaster aus der Welt zu räumen.

Ganz nebenbei: Sie hatten damals mit Ihrer Sonderabfallpolitik Millionen in den Sand gesetzt, die die rheinland-pfälzischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufbringen mussten. So war doch die Situation. Dahin wollen Sie zurück. Ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit.

Nun schreiben Sie in Ihrer Problembeschreibung. weiter:.,Die herrschende Lehrmeinung sieht Andienungspflichten für Ab

fälle zur Verwertung zumindest als problematisch an." Was istdenn die.,herrschende Lehrmeinung"? Das Bundesverwal