Protokoll der Sitzung vom 14.09.2000

Umso wichtiger ist es, dass wir GRÜNEN unseren Job als Opposition tun und sorgfältig vom Bericht über das LGG auf die Schwächen des LGG schließen und Verbesserungen einfordern. Das.ist Sinn und Zweck der Berichtspflicht, nämlich Prüf-stein zu sein und zu sehen,-ob der Anspruch und die Wirklich

keit des ~andesgleichstellungsgesetzes deckungsgleich sind und ob das nicht nur von uns GRÜNEN immer schon als unzureichend kritisierte Gesetzeswerk als Steuerungsinstrument zum Abbau der Männerquote erfolgreich oder nicht erfolgreich war.

Frau Ministerin und meine Damen-von den Regierungsfrak

tionen, im Gegensatz zu Ihrer vermeldeten Einschätzung- ich weiß nicht, ob es Ihre ist; vielleicht muss.,Frau" sich in dieser schwierigen Position, die sie innehat, auch einmal frohreden dürfen - ist für uns GRÜNE beim besten Willen keine Trendwende erkennbar. Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und die strukturelle Benachteiligung von Frauen im öffentlichem Dienst wird bisher nicht aufgebrochen. Leitungsebenen bleiben in der Regel weiterhin frauenfreie Zone. Die Frauen

förderung wird in den Ministerien fast durchgängig mit Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichgesetzt._

(Staatsministerin Frau Dr. Götte: Das ist auch ein wichtiger Punkt!)

- Frau Ministerln, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Gleichstel

lung darf sich aber nicht auf ein Mutter-Kind-Programm reduzieren. Das ist zu wenig fur die Gleichstellung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für Männer bleibt nämlich auf diese Weise alles beim Alten. Von Gleichstellung kann keine Rede sein. Ich denke, das hat Frau Hatzmann mit ihrer Rede deutlich machen wollen. Hier

lie'gt noch vieles im Argen.- Ein Mutter-Kind-Programm ist zu wenig. Es darf sich nicht darauf reduzieren.

Der Bericht unterscheidet in seinen Berechnungen- das ist eine ganz große Schwäche - nicht nach Voll- oder Teilzeitstellen, was das Frauenbeschäftigungsbild erheblich verfälscht. Die 825 Frauenneueinstellungen, die Sie sich auf die Gleich

stellungsfahneschreiben-das trifft auch für Frau Kipp zu -, sind zu 91 % Lehrerinnen als Folge von Stellenausweitungen

im Bildungsministerium.

Lehrerinnen waren noch nie Mangelware. Die Schule ist eine Frauendomäne, vor allem in der Grundschule- das wissen Sie

so gut wie ich -, da sich dieser Beruf in der Regel einigerma

ßen mit der Familie vereinbaren lässt. Das ist, wie gesagt, die Folge von Stellenausweitungen im Bildungsministerium und nichtvon Frauenförderung. Das sehen wir auch daran, wo die Direktorinnen bleiben.-Hier sieht es weiterhin mau aus. Diese sind die Messlatte für die Gleichstellungserfolge.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Oiese Messlatte muss höheT gelegt werden, wenn wir Frauen uns nicht mit dem herrschenden Schneckentempo der·Gieichb.erechtigung abfinden wollen. Schließlich heißt es.. gleichberechtigt" und nicht.. später".

.. Die Messlatte höher legen" heißt unter anderem, es bedarf verbindlicher Zielvorgaben, wie und um welche Größe der Frauenanteil dort, \'lio Unterrepräsentanz herrscht, in einer bestimmten Zeit erhöht werden soll. Nicht jede Dienststelle kann selbst definieren, was Frauenförderung sein könnte. D_afür bedarf es Mindeststandards.

Es müssen Sanktionsmöglichkeiten geschaffen werden, wenn der Gesetzesau~rag nicht erfüllt oder gegen das Gesetz verstoßen wird. So muss· beispielsweise auch das Engagement bei der Umsetzung der Gleichstellung Bestandteil der Bewer

tung und Beurteilung auch von Führungskräften und Personalverantwortlichen werden. Meine Damen und vor allem meine Herren, wenn dies der Fall wäre, wurden hier auch · mehr sitzen.

Die Motivation der Ämter-und Dienststellen zu effektiverer. Gleichstellungspolitik könnte zum Beispiel - wir haben das schon einmal vorgeschlagen - Ober ein finanzielles Bonus-. Malus-System, das Anstrengungen belohnt und Trägheit be

straft, erhöht werden. Die Vergabe von öffentlichen Geldern und Aufträgen muss an wirkungsvolle Frauenförderung in den Unternehmen gebunden werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies fördert auch die Selbstverpflichtung des öffentlichen Dienstes des Landes und der Kommunen.

Meine Damen und Herren, die Gleichstellungsbeauftragten müssen gestärkt werden, das heißt, es muss ein Rahmen ge

schaffen werden, der diesen Gleichstellungsbeauftragten angemessene Arbeitsbedingungen für ihr ohnehin nicht leichtes Unterfangen schafft. So muss ihre zeitliche Freistellung an der Größe der Dienststelle orientiert und insgesamt verbes

sert werden.

Wichtig ist auch, dass sie für ihre Aufgaben systematisch qua

lifiziert werden; denn wie für jedes andere Fach- und Arbeitsgebiet sind auch für die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten bestimmte inhaltliche und methodische Voraussetzungen erforderlich. Eine solche Qualifizierung sollte auch mit einem · zertifizierten Abschluss beendet werden können. Es ist notwendig, ein entsprechendes Weiterbildungskonzept zu entwickeln. Dann würden sie auch ganz anders geachtet.

Wir haben das alles schon in unserem damaligen LGG gefordert. Wie gesagt, die Anforderungen waren richtig. Der Bericht gibt uns Recht.

Meine Damen und·Herren, die Erkenntnis des ganzen positiven Potenzials der Gleichstellung für Frauen und Männer ist in den meisten Amststuben, und nicht nur dort, bedauerlicherweise noch nicht angekommen, und das unverbindliche Gesetz macht es den Gleichstellungsmuffeln leicht, im gleichstellungspolitischen Mittelalter oder sogar in der Steinzeit zu verharren.

Ich möchte Ihnen hierfür ein Beispiel geben: Laut Bericht versteht das Ministerium für Umwelt und Forsten als frauenfördernde Maßnahm_en, dass eine einzige Beamtin am vierten Kurs des Führungskollegs bei der Deutschen Hochschule für VeiV'Jaltungswissenschaften in Speyer teilgenommen hat, eine Angestellte im Ministerium zum Lehrgang und zur Teilnahme an der Angestelltenprüfung II zugelassen wurde und _ verstärkt Praktikantinnen und Praktikanten in allen Bereichen ausgebildet werden.

Ich befürchte, dass der Frauenförderplan dieses Ministeriums kaum weitere Punkte enthält. Überhaupt hätten wir gerne, dass Frauenförderpläne sowie auch frauenfördernde Maß

nahmen, die bei 98 Textseiten des Berichts insgeS

Meine Damen und Herren, wir GRÜNEN werden mit aller Kraft weiterarbeiten, damit ein solcli freudiges Ereignis, dass nun auch eine Generalmusikdirektorin und eine Schaus-pielleiterin in den Bericht aufgenommen werden können, kein Wunder von Mainz bleibt, sondern endlich Alltäglichkeit wird. Ich hoffe, Sie alle werden uns dabei unterstützen. Sie

müssen einen solchen Bericht dann auch nicht mehr ver

schämtarn späten Nachmittag besprechen.•

(Frau Kipp, SPD: Das war Zufall!- Ministerpräsident Beck: Das hat doch mit uns nichts zu tun! Das ist unglaublich!)

- lcli weiß, das war nicht vorsätzlich. Aber in anderen Berei

chen wird viel mehr dafür gekämpft, dass bestimmte Themen auch einmal vorn auf die Tagesordnung gesetzt werden.

(Glocke des Präsidenten)

-Noch ein Satz, Herr Präsident!

Meine Damen und Herren, vom Ministerinnenrat wurde zurückgewiesen, dass ·vier Männer in den Beirat der Stiftung ,.Natur und Umwelt" kommen. Wir haben schon mehrfach darüber gesprochen, und es heißt überall, Männer wollen nicht verzichten. Das ist es, was Frau Hatzmann soeben ge-·

sagt hat. An dieser Stelle muss angesetzt werden.

(Glocke des Präsidenten-.Vizepräsident Schule(schaltet das Rednermikrofon ab.)

Es kann nicht angehen, dass es einfach heißt, Männer verzich

ten nicht,--

(Nagel, SPD: Warum habt ihr keine Frau benannt?)

Das wollte ich noch sagen, aber mittlervveile ist das Mikrofon schon abgeschaltet. Die_ GRÜNEN können nicht die Einzigen sein, die in diesem Parlament die Quote erfüllen.