Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Ergebnisse des Europäischen Gipfels von Nizza im Hinblick

auf den Reformprozess der Europäischen Union

Antrag der Fraktionen der SPD und F.D.P.

- Drucksache 13/6487

dazu: Antrag der Fraktionen der SPD und F.D.P.

-Entschließung-Drucksache 13/6601

Arbeit u·nd Arbeitsergeh nisse-des Ausschusses der

Regionen (AdR) im Jahr 1999 und in der ersten

Hälfte des Jahres 2000 (Drucksache 13/6245)

Besprechung des Berichts der vom Landt~g entsandten Mitglieder des Ausschusses der Regionen gemäß

Beschluss des Landtags vom 22. April1999 zu Drucksache 13(4100-und auf Antrag der Fraktionen der SPD und F.D.P.

- Drucksache 13i6399

Meine Damen und Herren, es war ursprünglich eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart, diese ist mittlerweile auf fünf Minuten reduziert. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Dr. Schiffmann das Wort.

_Abg. Dr. Schiffmann,SPD:

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Über die Ergebnisse _von Niz?a ist in den letzten Tagen.sehr

kontrovers diskutiert worden. Das Bemerkenswerte an dieser

Debatte ist, dass je nach Perspektive die Wertung sehr unterschiedlich ausgefallen ist. Das gilt beispielsweise für die un

terschiedlichen Stimmen aus dem Bereich der Union. Wäh

rend die Vorsitzende der Union, Frau Merke I, ein sehr negati

ves Urteil gefällt hat, hat derVorsitzEnde der Schwesterpar

tei CSU, der bayerische Ministerpräsident - stark durch die

Perspektiven derLändergeprägt- ein überraschend positives Fazit der Ergebnisse von Nizza gezogen.

(Lewentz, SPD: Richtig!)

Ich glaube, allein- in diesen unterschiedlichen Wertungen

wird deutlich, wie facettenreich-die Ergebnisse sind. Aus

übergeordneter Persp_ektive sind die Ergebnisse nicht so, wie wir sie uns gewünscht hätten, wie auch dieser Landtag sie in

seinen bisherigen Beschlüssen zur Reform der Europäischen Union eingefordert hat. Darüber bestehtwahrscheinlich auch

hier im Hause relativ weitgehende Übereinstimmung. Er hat

eingefordert, dass die Institution der Europäischen Union er.:

weiterungsfähig gemacht wird, dass die Europäische Union

handlungsfähiger wird und im Hinblick auf den Beitritt wei

terer zwölf Staaten handlungsfähig bleibt. Ob das mit den in Nizza getroffenen Regelungen tatsächlich erreicht werden

kann, daran kann man zu Recht einige Fragezeichen setzen.

Dabei muss man den schwierigen Prozess der Einstimmigkeit

über die kleinen Etappen von Nizza im Kreis der i 5 betrachten.

Ich denke, wir als Landtag Rheinland-Pfalzhaben die Ergebnisse aus Sicht der Länderinteressen zu bewerten. Wenn man·

die Agenda, die die Länder, der Bundesrat und die EuropaMinisterkonferenz für Nizza gesetzt haben, betrachtet, dann wird das Urteil etwas anders ausfallen. Es wird nicht euphorisch sein, aber es wird etwas anders ausfallen.

Ein wichtiger Punkt war die Frage, inwieweit es gelingt, jetzt schon oder zumindest in der Perspektive-zur nächsten Regierungskonferenz zu einem Post-Nizza-Projekt, zu einer Kompetenzabgrenzung zwischen den verschiedenen Ebenen der Europäischen Union, zwischen den Ebenen der Union, den Nationalstaaten, den Regionen und den Kommunen zu kommen. Einige der Ministerpräsidenten hatten im Vorfeld angekündigt, über diesen Punkt würden sie unter Umständen die Ratifizierung des Vertrags von Nizza scheitern lassen. Das ist von daher ein Erfolg, dass es gelungen ist, den Einstieg in den Post-Nizza-Prozess zu erreichen und auf die Agenda dieser nächsten- Regierungskonferenz mit der Zielsetzung 2004 eben gerade diese Frage der Kompetenzabgrenzung einer Vereinheitlichung der europäischen Vertragswerke zu setzen, die inzwischen eine Dimension erreicht haben, dass- sie kein normaler Politiker auch verstehen kann, also unter Umständen ein europäisches Verfassungswerk zu erreichen.

ln diesem Prozess wird dann auch zu klären sein, was jetzt auch aus unserer Sicht unbefriedigend geblieben ist, nämlich der Stellenwert der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die zwar feierlich proklamiert, aber eben nicht unmittelbar oder mittelbar in die Vertragswerke aufgenommen worden sind.

Ich komme zu einem letzten Punkt. Ich denke, dass die Wertung richtig ist, die der Präsident des Ausschusses der Regionen, Jos Chabert, dieser Tage getroffen hat, dass aus der Sicht des Ausschusses der Regionen nicht alle Ziele erreicht worden sind, insbesondere die Frage des Klagerechts beim Europäischen Gerichtshof nicht durchgesetzt werden konnte und eigentlich auch so nicht auf der Agenda steht. Dass aber auf der anderen Seite ein ganz wichtiges Element, nämlich die demokratische Legitimation der Mitglieder des Ausschusses der Regionen, dass jeder, der im Ausschuss der Regionen künftig arbeitet, über ein demokratisches Mandat verfügen muss - erreicht werden konnte, ist doch ein wichtiger Fortschritt.

.. Die Geschichte der europäischen Einigung iststets auch eine Geschichte der Einigung auf kleinstem gemeinsamen Nenner gewesen", lautet die Überschrift in der.,FAZ" vom 14. Dezember. Ich glaube, das kann jeder unterstreichen, der in den Institutionen und Gremien des Ausschusses der Regionen mitarbeitet. (Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss.

Ich glal}be, der Ausschuss der Regionen hat unter rheinlandpfälzischer Mitwirkung im letzten Jahr insbesondere im Bereich der Reform der Strukturfonds hervorragende Arbeit geleistet und einige Perspektiven auch mit den jüngsten Vorschlägen in diesem Bereich auf den Weg gebracht, die tatsächlich europäische Strukturpolitik auf einem neuen Level ermöglichen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten

Schreiner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen-und Herren! Ich war genauso gespannt. wie Herr Schiffmann auf die Debatte und die Diskussion über die Ergebnisse des Gipfels von Nizza, weil die Koalition hier in Rheinland-Pfalz schon in einer kleinen Zwickmühle ist. Ich habe mich gefragt, wie sie da herauskommt. Kurt Beck:-ist über die Ergebnisse begeistert, sieht die Interessen· der Länder gewahrt, wie. immer, wenn Gerhard Sehröder etwas tut.

(Lewentz, SPD: Wie Edmund Stoiber!- Dr. Schiffmann, SPD: Das ist der Beck-Stoiber-Effekt!)

Rainer Brüderle, der Landesvorsitzende der F.D.P. hier in Rheinland-Pfalz und stellvertretende F.D.P.-Bundesvorsitzende, sieht die Sache ganz ander!!:. l