Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Meine Damen und Herren, gerade die Thematik der rechten Musikszene ist bisher noch nicht einmal in Ansätzen erfasst.

Staatsminister Zuber:

Ach du lieber Gott!)

Es wäre ganz drrngend notwendig, über Gegenstrategien nachzudenken, die natürlich weit über das Verbot von Konzerten und CDs hinausgehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss noch etwas zu unserem Antrag sagen, in dem wir den Landtag auffordern, den NPD-Verbotsantrag auf Bundesebene zu unterstützen. Wir sind der Meinung, dass die heutige Diskussion zum Thema.. Rechtsextremismus" ein guter Anlass ist, ein deutliches Signal auszusenden, dass auch der rheinlandpfälzische Landtag diesen Verbotsantrag unterstützt. Wir wissen natürlich, dass wir damit noch nichts Konkretes gegen Rechtsextremismus getan haben~ das möchte ich deutlich sagen; die Arbeit fängt jetzt erst an-, aber von einer Unterstützung des Verbotsantrags geht die Botschaft aus, dass auch dieser Landtag das Wiederaufleben von neonazistischem Gedankengut und Verhalten nicht duldet.

{Glocke des Präsidenten)

Ein letzter Satz: Meine Damen und Herren, daher möchten wir Sie auffordern, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

-vizepräsident Heinz:

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Redmer das Wort.

Herr Präsident; meine Damen und Herren! DieSPD-Fraktion hat die Große Anfrage der GRÜNEN und die Antwort darauf gern zum Anlass für diese Plenardiskussion genommen. Wir

sind der Auffassung, dass das Material, das in dieser Antwort enthalten ist, für die weitere sachliche Auseinandersetzung

mit dem Thema.,Rechtsextremismus" wichtig ist. Wir halten es auch für wichtig, dass einige Monate nach dem Medienecho vom Sommer noch einmal eine Art Nachdiskussion stattfindet, dass wir mit einem gewissen Abstand zu der Sommerdiskussion noch einm:~l überlegen, wo wir bei dem Thema stehen und wel~he Kon;equenzen wir ziehen. müssen; denn auf dem Höhepunkt von Mediendiskussionen so etwas sachlich zu diskutieren, ist immer ein bisschen schwieriger als mit einer gewissen Distanz.

Im Übrigen, nach zehn Jahren sozialliberaler Koalition- in Rheinland-Pfalzbietet es auch einmal die Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, was in dies~m Bereich passiert ist und wo wir heu. te stehen. Auch diese Gelegenheit nehme ich gern wahr.

Die Landesregierung - insbesondere Ministerpräsident Kurt Beck und Innenminister Walter Zuber, aber das Gleiche gilt auch für den jetzigen Justizminister und seinen Vorgängerhat immer konsequent und kontinuierlich darauf gesetzt, dass.vy_ir uns mir Prävention und Repression an dieses Thema

.,Rechtsextremismus" heranmachen müssen. Bei der Präven_

tion sieht es so aus, dass beispielsweise die Landeszentrale für politische Bildung e[n·~ wirklich ausgesprochen gute Informationsarbeit seit Jahren leistet. Wer immer in diesem Land~ ob in Schulen, in Jugend9n1ppen, wo auch immer, im Verein-lnformationspolitik ge~1en Rechtsextremismus betreiben will, findet alles erforderliche Informationsmaterial bei der Landeszentrale für politi:;che Bildung. Er findet dort alle erforderliche Zuarbeit. Da kann sich keiner herausreden und beschweren.

(Bei"fall des Abg. Lais, SPD)

Wichtig für uns ist aber neben dieser AufklärungSC![beit auch, dass wir eine Sozial- und Familienpolitik machen, die dafür sorgt, dass es keine unnötigen Ursachen für Rechtsextremismus gibt. Da will ich nur ein Stichwort nennen. Das ist die Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung. Die ist so enorm erfolgreich, dass damit Rechtsextremismus_ auch scho(l ein Stück·der Boden entzogen wird. Da gilt eben das Wort von Bertolt Brecht, der

- sident Johannes Rau hat es vor einem halben Jahr bei seiner bemerkenswerten REde zu Zuwanderung und Integration

staatsmännischer formuliert. Er sagte damals:.,Es ist leicht, in wohlsituierten Vierteln eine ausländerfreundliche Gesinnung zu zeigen." Dort ist e:; in der Tat leicht, aber dort, wo soziale Brennpunkte sind, ist das entsprechend schwieriger. Wir sind alle aufgefordert, diEse sozialen Brennpunkte zu beseitigen oder zumindest dafür zu sorgen, dass sie nichtnoch weiter aüsufern. Das ist meine!; Erachtens in den letzten Jahren auch ein Markenzeichen dieser Regierung gewesen.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Wir haben nie eine kalte Modernisierung-spolitik betrieben.

Ich denke, g~rade der Bereich der Konversion zeigt das sehr deutlich.

Als Nächstes kommt der Bereich der Repression. Bei der Repression kann festgestellt werden, dass das Land Rheinland

Pfalz in d-en 90er-Jahren bei allen Gesetzesverschärfungen, die es :auf Bundesebene gegeben hat, mitgemacht hat. Wir haben mit dazu beigetragen, dass der Strafrahmen so ist, dass die Gerichte hinreichende Möglichkeiten haben, entsprechend entschieden und hart gegen rechtsextremistische oder ausländerfeindliche Täter vorzugehen.

Frau Kollegin Grützmacher, wenn Sie jetzt einen Punkt herausgreifen, der nicht zu den Gesetzesverschärfungen gehörf - aber ich will ihn hier trotzdem mit _ansprechen: NPDVerbot -,dann ist meines Erachtens Ihr Antrag durch Zeitablaufschlicht und einfach erledigt; denn der Bundesrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, dass es einen Antrag auf NPDVerbot geben soll.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Bundestag hat auch danach noch abgestimmt! - Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war aber nach unserer Entscheidung!- Frau Themas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat aber überhaupt nichts ~damit zu tun!)

Der Bundestag ist sich darüber auch entsprechend einig. Von daher müssen wir meines Erachtens nicht noch einmal nachgedackelt kommen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich halte es im Übrigen auch für richtig, dass wir dieses Verbot anstreben, weil es für mich unerträglich ist, dass die NPD·

Steuergelder bekommt, um auch noch ihre Hetzkampagnen zu machen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Dass das andere anders sehen, nicht, weilsie der NPD irgendeinen Freiraum ließen, sondern weil sie gewisse Zweifel an der Erfolgsaussicht haben, ist eine ganz andere Sache. Das ist aber nichts, worüber man streiten muss, sondern das muss man so hinnehmen.- Damit kann man meines Erachtens auch leben und umgehen.

Insgesamt karin festgestellt werden, dass in Rheinland-Pfalz über ·Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz ein hoher Druck auf Täter und Szene über Jahre hinweg ausgeübt wurde. Da muss mir auch eine Fußnote erlaubt sein. Wer bei Haushaltsberatungen immer wieder den Verfassungsschutz nach dem Motto.,Das ist Luxus, das brauchen wir

nicht" im Visier hat,

(Vereinzelt Beifall bei SPD und F.D.P.)

dem kann ich nur die aufmerksame Lektüre dieser Großen Anfrage empfehlen; denn da ist reihenweise Material enthal-· ten, bei dem wir sagen müssen, ohne Verfassungsschutz würden wir gar nicht darüber verfügen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und F.D.P.- Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer hat das denn eigentlich ermittelt? Doch nicht der Verfassungsschutz!)

Gerade in diesem Jahr. hat es eine Reihe von Verurteilungen durch rheinland-pfälzische Gerichte gegeben, die ausgesprochen zeitnah waren. ln manchen Fällen ist das sogar innerhalb von 24 Stunden geschehen. Dazu gehört natürlich, dass d-er Täter geständig war, sohst hätte es etwas länger gedauert. Aber trotzdem hat es sehr zeitnahe Verurteilungen gegeben. Das zeigt auch, dass wir -auf dem richtigen Weg sind, wenn wir versuchen, mit Repression vmanzugehen, um den Druck auf diese Szene zu erhöhen.

Es ist auch feststell bar, dass mittterwei!e die Hauptakteure in dieser rechtsextremistischen Szene keineswegs mehr so in Erscheinung treten, wie wir das noch vor einigen Jahren in Rheinland-Pfalzgewohnt waren. Ich muss an dieses unsägliche Ehepaar in Mainz oder an bestimmte Herrschaften in Ludwigshafen erinnern. Ich denke, die sind schon erheblich vorsichtiger geworden als Reaktion darauf, wie ihnen der Staat in Rheinland-Pfalz begegnet. Ich finde das gut und prima.

Wenn Sie die Anfrage lesen, dann finden-sie, es gibt keine lnfotelefone mehr in Rheinland-Pfalz. Auch dazu ist den Herrschaften der Boden entzogen worden. Es gibt verschiedene andere Dinge, die sie vor einigen Jahren hatten, nicht mehr.

Es kann jnsgesamt festgestellt werden, Rheinland-Pfalz ist kein logistischer und organisatorischer Schwerpunkt für die rechte Szene, was nichts daran ändert, dass wir zu viele Zw_i

schenfälle haben. Das ist gar keine Frage, aber es ist kein logistischer und organisatorischer Schwerpunkt.

(Pörksen, SPD: Aber Frau Grützmacher will ihn herbeireden!)

Prävention und Repression mü~s_en allerdings durch Zivilcourage ergänzt werden. Es ist meines Erachtens besonders lobenswert, dass Ministerpräsident Kurt Beck in der Mitte des Jahres den.,Mainzer Appell" veröffentlicht und um Unter

stützung dafür geworben hat und auch noch immer •virbt.

Begleitet wurde das Ganze auch mit Kampagnen aus dem Innenministerium und zur Zivilcourage aufgefordert. Es ist nämlich viel zu einfach, immer zu glauben, dass nur der Staat beim Thema.,Rechtsextremismus" das Ganze richten könne.

(Beifall bei SPD und F,D.P.)

Der alltägliche Faschismus in unserem Land ist eine große Ge

fahr. Da müssen wir ents-prechend aufpassen. Ich will nur ein