Protokoll der Sitzung vom 17.01.2001

.Meine sehr g~ehrten Damen und Herreri, ich !Comme nun zu

meiner _zweiten Frage. Geben Sie nachher eine Antii'Jort darauf.

(Ministerpräsident Beck: Ich gebe Antworten, wenn ich will und nicht, wenri Sie herumblöken!)

Was sagen Sie heute einem Metzgerei- oder Schlachtbetrieb, in dem ein BSE-Fall auftritt und der Besitzer niCht weiß, ob sein Betrieb geschlos~en wird oder er auch weiter)lin produzieren c!arf? Was sagen Sie diesem Betriebsinhaber?

(Glocke des Präsidenten)

Wie ist es mit der Kostenübernahme der Schnelltests und anderer Maßnahmen?- Jedes andere land hat verbindlich entschieden.

Wie gehen wir schließlich mit der Frage der 400 000 Tiere um? Welche Antworten geben wir aus ethischer Sicht, aber auch aus der Sicht der Betroffenen?- Es geht letztlich darum: Schaffen wir es, dem Verbraucher - dieser ist für mich der Gradmesser- halbwegs zuverlässige Daten, Fakten und Informationen zu geben?

Meine sehr verehrten Damen und f:lerren, dazu ist die Lan

desregierung aufgerufen. Ich wäre dankbar, wenn dies erfolgen könnte. Sie haben nachheq:lie ~hance. Sagen Sie etwas zur Klarheit, damit in Rheinland-Pfalz jeder weiß, dort handelt die Landesregierung. Man ist nicht nur für das verantwortlich, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. ln Fragen BSE haben Sie eine ganze Menge nicht getan..

Herr Kollege, Sie haben 30 Sekunden überzogen. 30 Sekun

den!- Das ist nicht gewaltig, aber immerhin.

Abg. Schmitt; CDU:

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Nagel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und ~ollegen! Wenn man nach nahezu 26 Parlame-ntsjahren heute wahrscheinl_ich zum. letzten Mal an dieses Rednerpult tritt, hätte man sich eigent- ·

lieh ein schöneres Thema als das Thema.,BSE" gewünscht. Aber in der Politik ist es wie manchmal auch im Leben: Man kann sich die Dinge nicht immer aussuchen.

Ich bitte deshalb um Verständnis, wenn ich diese Thematik etwas grundsätzlicher angehe, als dies der Kollege Schmitt getan hat. Herr Kollege Schmitt, ich denke, dieses Thema ist nur zu bewaltigen,.wenn man es··mit Seriosität angeht, um wieder Glaubwürdigkeit zu erreichen,

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

und nicht mit tagespolitischer Kleinerbsenzählerei, wie Sie

dies getan haben. Sie reden davon, keine Schuldzuweisungen

machen zu woller.. Aber was tun Sie von diesem Pult aus?

.o Sie machen eine Schuldzuweisung nach der anderen.

(Beifall derSPD und der F.D.P.- Schmitt, CDU: Ich habe Fragen gestellt!)

Meine Damen und Herren, wenn wir dieses Thema ganz nüchtern und selbstkritisch angehen, müssen wir feststellen, dass wir es mit einem Symptom von vielen anderen Symptomen der letzten Monate und Jahre zu tun haben. Ich nenne nur Stichworte: Problematik Antibiotika, PCB-haltige Milch, dioxinbelastetes Mastgef!ügel, Salmonellen bei Geflügel. Das aHes sind für mich Symptome. Ein Symptom mehr ist BSE, das zeigt, dass sich Natur ni~ht vergewaltigen lässt, dass pervertiertes Handeln des Menschen-niit und in der Natur seine Folgen hat,

(Beifall bei der SPD)

Folgen unserer Lebensweise und Folgen, die wir nur noch schwer oder gar nicht mehr in den Griff bekommen.

Meine Damen und Herren, es wird immer offenkundiger, wovon ich auch fest überzeugt bin, dass mit dem Symptom

.,BSE" mög!ichen1veise jener letzte Tropfen erreicht ist, der das Maß voll macht.

(Beifall bei der SPD)

Ich ·kann mir einfach nicht vorstellen, dass wir nach Überwin-

dung dieser Krise, deren volkswirtschaftliche Schäden wir überhaupt noch nicht quantifizieren könn~n. einfach wieder zur Tagesordnung übergehen. Ich denke, die Verbraucherinnen und Verbraucher sind inzwischen so sensibilisiert, dass sie nicht mehr blind ins Warenregal greifen, sondern mehr denn je etl.vas über Herkunft, Produktion und Zusammensetzung ihrer Lebensmittel wissen wollen.

Ich denke, auch die Landwirte sind nicht länger bereit, ein

fach hinzunehmen, dass sie Leidtragende dieses Systems sind>

(Beifall bei der SPD)

Schließlich denke ich, auch die Medien sind inzwischen so sensibilisiert, dass sie keine Gelegenheit auslassen v/erden, über diese Problematik insgesamt zu berichten: Das Wichtigs- te in diesem Augenblick ist nicht in erster Linie das, was wir tun müssen, sondern das, was wir auf gar keinen Fall tun sollten, nämlich erstens gegenseitige Schuldzuweisungen und zweitens blinder Aktionismus, der etwas suggeriert, was gar

nicht gegeben ist

(Beifall bei der SPD)

Ich habe drittens an die Medien die Bitte, dass nicht Hysterie nach dem Motto.,je mehr Rinderblut in der Überschrift steht, je höher die Auflag-e oder gar die Einschaltquöte~' verbreitet wird.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Apropos Rinderblut. Wenn ich eingangs von Perversion gesprochen habe, dann teile ich die Auffassung von Frau Ministerin Mertini,-

(Zurufe von der CDU: Martini!)

- Habe ich etwas Falsches gesagt?

(Mertes, SPD: Na ja, in deinem Alter!)

- - dass die A_bschlachtung von 400 000 Rindern nur zum

Zwecke der Marktentlastung für mich Perversion menschlichen Denkens ist. (Beifall bei der SPD)

Die Vernichtung von pflanzlichen Lebensmitteln aus Gründen der Preisstabilität ist schon verrückt genug, wenn andernorts auf diesem Globus Menschen-verhungern. Aber das massen

-hafte Töten von Tieren allein aus _Gründen der Marktregulierung hatfür mich noch einmal eine andere Qualität.