Die CDU erwartet wohl nicht, dass die Landesregierung gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstoßen soll.
In einem Einwanderungsland wie Deutschland – lange genug haben die Christlichen Demokraten diese Tatsache geleugnet – treffen unterschiedliche Nationalitäten, Kulturen, Denkweisen, Mentalitäten, Sozialisationen und natürlich auch Religionen aufeinander.
Grundlage eines friedlichen Zusammenlebens und Klammer einer lebendigen Gesellschaft sind unser Grundgesetz und unsere Rechtsordnung, die für alle bindend sind.
Eine sehr großen Bedeutung kommt dabei der Sprache zu. Sie ist der Schlüssel zu einem funktionierenden Gemeinwesen und eine klare Voraussetzung für eine gelungene Integration.
Am 1. Januar 2001 ist mit dem Zuwanderungsgesetz eine umfassende Neuordnung des deutschen Ausländerrechts in Kraft getreten. Bedauerlicherweise sind viele Reformvorschläge meiner Partei am Widerstand der CDU/CSU gescheitert.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die leider abgelehnte Forderung von Staatsminister Zuber nach einer so genannten Altfallregelung für die über 200.000 bereits langjährig in Deutschland lebenden geduldeten Menschen. Hierbei haben sich die Christlichen Demokraten auch durch das große Engagement der beiden Kirchen nicht zu einer Änderung bewegen lassen.
Dennoch hat der erzielte Kompromiss letztendlich eine Verbesserung gegenüber der bis dahin geltenden Praxis gebracht. Bei der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes hat Rheinland-Pfalz eine vorbildliche Arbeit geleistet.
Mit der Einrichtung der Härtefallkommission sind in Rheinland-Pfalz die rechtlichen Grundlagen geschaffen worden, um in besonderen Einzelfällen humanitären Belangen stärker als bisher Rechnung zu tragen.
Inzwischen hat die Härtefallkommission schon etliche positive Entscheidungen herbeigeführt, die den betroffenen Einzelpersonen und Familien Rechtssicherheit gebracht haben und eine vernünftige Zukunft und Lebensplanung ermöglichen.
Für Bleiberecht aus humanitären Gründen sind den Ausländerbehörden bereits im Dezember 2004 entsprechende Anwendungshinweise zur Verfügung gestellt worden. Es ist erfreulich, dass in den ersten fünf Monaten dieses Jahres über 900 Personen erstmals ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen nach § 25 Aufenthaltsgesetz erteilt werden konnte.
Wer bei uns bleiben will und soll, der muss aber auch seinen Integrationswillen und seine Integrationsfähigkeit deutlich unter Beweis stellen. Seit Beginn dieses Jahres wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der bundeseinheitliche Integrationskurs durchgeführt. Im ersten Halbjahr 2005 konnten von den rheinlandpfälzischen Ausländerbehörden erfreulicherweise bereits über 4.100 Zulassungen ausgestellt werden.
Aus der Antwort des Chefs der Staatskanzlei auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Siegrid Mangold-Wegner vom 20. Juni 2005 über Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund in Rheinland-Pfalz geht ebenso wie aus der Antwort des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 1. Juli 2005 über Integration in Rheinland-Pfalz – Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes hervor, wie umfangreich die Maßnahmen der Landesregierung für eine Integration der betroffenen Menschen sind.
Um nur einige Fakten und Zahlen zu nennen: In 181 Kindergärten findet das Programm „Zusätzliche Sprachförderung von Kindern im Kindergartenalter ohne hinreichende Deutschkenntnisse“ statt.
304 Kindergärten führen zusätzliche Erziehungskräfte für die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund und von Aussiedlerkindern. Muttersprachlicher Unterricht findet in 395 Kindergärten des Landes in 15 Sprachen statt.
Ich könnte die Liste der Maßnahmen noch lange fortsetzen, aber dazu reicht die Zeit leider nicht aus.
Beim Lesen des umfangreichen Textes der Großen Anfrage der Fraktion der CDU drängte sich mir an vielen Stellen die Frage nach der politischen Motivation der Fragesteller auf. Zu den wichtigen Fragen unserer Gesellschaft gehören selbstverständlich die Rechte der Frauen.
In allen Kulturen, auch der christlich-abendländischen, gab und gibt es leider auch heute noch vielfältige Formen der Unterdrückung von Frauen.
Ich war diese Woche beim Sozialdienst katholischer Frauen. Wenn man dort erfährt, wo der Großteil der Gewalt in engen sozialen Beziehungen stattfindet, dann sollten Sie sich vor Ort überzeugen. Dort bekommen sie interessante Antworten.
Dafür gibt es eine große Palette von Ursachen, die sich natürlich auch in unserer Gesellschaft mit einem großen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund widerspiegelt.
Frau Huth-Haage, unabhängig von der Herkunft eines Menschen und seinem soziokulturellen Hintergrund gelten unsere Gesetze uneingeschränkt. So genannte Ehrenmorde, die Sie angesprochen haben, Genitalverstümmelungen oder Zwangsheiraten müssen und werden auch mit der ganzen Härte des Gesetzes verfolgt und geahndet. Darüber besteht absoluter Konsens unter allen demokratischen Parteien.
Was ich aber keineswegs akzeptabel finde – und dies kritisiere ich an der heute zu diskutierenden Großen Anfrage der CDU –, ist der eindimensionale Blick auf die Religion. Die Art der Fragestellung impliziert einen homogenen Islam, der so nicht existiert. So wird ein einfaches oder – um es besser zu sagen – vereinfachendes Bild des Islam gezeichnet. So undifferenziert sollte man doch nicht eine große Weltreligion und ihre Anhänger betrachten.
Auch der Islam und die Muslime sind, um mit Theodor Fontane zu sprechen, ein weites Feld. Ich habe selbst durch meine Tätigkeit einen recht tiefen Einblick in die islamische Welt. Darin finden Sie eine sehr große Bandbreite von sehr fortschrittlich eingestellten und äußerst liberal denkenden Leuten bis hin zu tief in der Tradition verhafteten Menschen mit sehr konservativem Beharrungsvermögen. Mit anderen Worten, alle Facetten unserer Gesellschaft spiegeln sich auch unter den muslimischen Mitbürgern wieder, wenn auch – das gebe ich zu – mit unterschiedlichen Gewichtungen, was den Anteil der eher konservativen Traditionalisten angeht. Die Gründe dafür liegen eher in Fragen der Bildung und der sozialen Herkunft als in der religiösen Orientierung.
Entscheidend ist dabei aber eines: Die überragende Mehrheit der Muslime in unserem Land lebt gesetzestreu. Eine verschwindend geringe Minderheit zeigt die Erscheinungsformen, die Sie zum Mittelpunkt Ihrer Ausführungen machen.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ihre Anfrage in populistischer Weise in weiten Bevölkerungskreisen vorhandene Vorurteile über die Muslime bedienen soll.
Der russische Schriftsteller Lew Kopelew schreibt in seinem Buch „Tröste meine Trauer“: „Toleranz verlangt nicht danach, Unstimmigkeiten und Widersprüche zu verschleiern. Im Gegenteil, sie fordert, die Unmöglichkeit eines umfassenden einheitlichen Denkens anzuerkennen und darum fremde und gegensätzliche Ansichten ohne Hass und Feindschaft zur Kenntnis zu nehmen.“ Dies ist ein bemerkenswerter Satz. Im Sinne dieses Ausspruchs sollten wir alles tun, um die notwendige Integration der Menschen mit Migrationshintergrund zu fördern und damit auch die Gleichstellung aller Frauen zu erreichen.
Ich darf Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen. Ich begrüße sehr herzlich Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Dudenhofen, ich begrüße „Die Netten Nachbarn“ aus Nastätten sowie Mitglieder des SPDOrtsvereins Geilnau. Herzlich willkommen im rheinlandpfälzischen Landtag!
Meine Damen und Herren, wir beschäftigen uns in der heutigen Debatte mit drei sehr umfangreichen Berichten, die sich – allerdings in sehr unterschiedlicher Form – alle mit der Situation ausländischer Menschen in unserem Bundesland beschäftigen. Darum kann man natürlich auch immer punktuell auf einige Punkte dieser drei Berichte eingehen. Ich möchte aber deutlich sagen, dass ich zunächst auf die Antwort auf unsere Große Anfrage zur Zuwanderung eingehen werde. Das steht für uns bei dieser Debatte natürlich im Mittelpunkt.
Meine Damen und Herren, es war eine ganz wichtige Intention des Zuwanderungsgesetzes, dass auch den Menschen, die schon lange in Deutschland wohnen, aber noch keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, eine Perspektive geboten wird. Es geht dabei um Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, um bei uns Schutz zu suchen, weil sie Angst vor Verfolgung haben, aber auch, weil sie vor der Unfreiheit in ihrem Land fliehen oder weil sie ihren Kindern eine bessere Zukunft bieten wollen. All diese Menschen sind Flüchtlinge, und sie bedürfen eines besonderen Schutzes.
Herr Innenminister, wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung ganz technokratisch nur auf die Genfer Flüchtlingskonvention hinweisen und diejenigen, die der Flüchtlingsdefinition unterfallen, als Flüchtlinge und alle anderen als Ausreisepflichtige bezeichnen, so zeigt dies, dass Sie für den Einzelfall und die individuelle Notlage viel zu wenig Verständnis aufbringen.
Meine Damen und Herren, dabei – Herr Innenminister, das möchte ich Ihnen gern zubilligen – enthält der Erlass zur Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes im Bereich Geduldeter vom 17. Dezember 2004 gute Ansätze. Aber diese Ansätze sind nicht viel wert, wenn sie nur in wenigen Ausländerbehörden angewendet werden. In Rheinland-Pfalz entscheidet derzeit der Wohnort über die Chancen, ob man ein Bleiberecht nach § 25 des Aufenthaltsgesetzes bekommt, aber es entscheidet nicht das Schicksal der Betroffenen. Herr Bruch, diesen Missstand sollten Sie abschaffen.
Für uns sind die Menschen, die vor Bürgerkriegen in ihrer Heimat bei uns Schutz gesucht haben, Flüchtlinge. Wir bezeichnen sie meist als Bürgerkriegsflüchtlinge. Ihr rechtlicher Status war immer prekär, ihre rechtliche Situation ungefestigt. Bei Bürgerkriegsflüchtlingen hat sich die Politik immer in die Tasche gelogen. Diese Menschen fielen aus der Asylgewährung heraus, andererseits konnten sie aber auch nicht in ihr Heimatland zurückkehren. Wir griffen daher auf einen Behelf zurück. Wir haben gesagt, solange der Bürgerkrieg andauert, gibt es ein Aufenthaltsrecht. Aber wenn der Bürgerkrieg vorbei ist, müssen die Betroffenen zurückkehren.
Meine Damen und Herren, aber Bürgerkriege dauern lange. Dass in der Zwischenzeit Kinder geboren werden, sich inzwischen Menschen integriert haben, um überhaupt psychisch überleben zu können, ist bei diesem Personenkreis unter den Tisch gefallen. Deshalb war und ist eine Bleiberechtsregelung das humanitäre Gebot der Stunde, auch nach In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes.
Eine weitere Problematik – das haben wir in unserer Großen Anfrage herausgefunden – tut sich im Bereich junger Menschen und Kinder auf; denn von den etwa 6.800 Ausreisepflichtigen, wie Sie sie nennen, Herr Bruch, sind beinahe die Hälfte Kinder und junge Leute unter 25 Jahren. Viele von ihnen leben schon sehr lange Zeit in Deutschland, und man kann in Anlehnung an einen aktuellen Werbespot sagen, auch sie sind Deutschland.
Meine Damen und Herren, wir wissen, das Aufenthaltsgesetz bietet nicht für alle eine humanitäre Lösung an. Aber mit diesem Hinweis kann sich die Landesregierung nicht aus der Verantwortung ziehen, Herr Bruch.
Als Beispiel nenne ich die Härtefallkommission. Dort entscheidet das Innenministerium maßgeblich mit, ob der Sozialhilfebezug oder eine fehlende Integration der Eltern ein Bleiberecht für deren Kinder, die zumeist gut integriert sind, verhindert. Natürlich ist das ein schwieriges Feld, weil man die Eltern nicht isoliert abschieben kann. Deshalb müssen wir uns entscheiden, ob wir das