Meine Damen und Herren, dies ist eine Beleidigung der SPD- und der FDP-Fraktion und der Landesregierung. Kein Abgeordneter von uns, weder von SPD noch FDP, lässt sich manipulieren. Zu keinem Zeitpunkt hat die Landesregierung versucht, auf die Ergebnisse dieser Kommission Einfluss zu nehmen.
Mit einem solchen Vorwurf zerschlagen Sie einen Grundkonsens, der bisher über die Grenzen aller demokratischen Parteien geht, dass nämlich frei gewählte Abgeordnete die Regierung kontrollieren und das Parlament unabhängig ist.
Wenn Sie dann auch noch feststellen, dass dies nachweislich sei, Sie aber diesen Nachweis nicht erbringen, dann ist das unseriös und schlichtweg unanständig.
Wer aber geglaubt hat, ein solcher Vorwurf sei nicht mehr zu toppen, der irrt; denn die CDU setzt noch einen obendrauf. Dann fragt man sich schon, was man sich eigentlich in diesem Haus noch alles bieten lassen muss und wie tief die politische Kultur noch sinken kann.
Sie sprechen in Ihrem Bericht von einem – Zitat – „einmaligen Anschlag auf den Parlamentarismus in Deutschland durch die Staatskanzlei und die Spitzen der SPD in Partei und Fraktion.“ Ein einmaliger Anschlag auf den Parlamentarismus in Deutschland – Wissen Sie eigentlich, was Sie da sagen? Haben Sie Ihren Bericht gele
sen? Haben der Kollege Mertes oder der Kollege Hartloff oder der Innenminister oder der Ministerpräsident oder der Kollege Pörksen oder ich einen Anschlag auf den Parlamentarismus gemacht? Einen einmaligen Anschlag auf den Parlamentarismus in Deutschland – das ist doch wirklich an Dummheit und Einfältigkeit nicht mehr zu überbieten.
Wer angesichts von NPD-Fraktionen in Landtagen, von Rechtsradikalen auf der Straße das Auswechseln von Sachverständigen als Anschlag auf den Parlamentarismus bezeichnet, hat jegliche Maßstäbe verloren. Dies führt nur dazu, dass er nicht mehr ernst genommen werden kann.
Was haben wir gemacht? Wir haben von dem Recht Gebrauch gemacht, das in unserer Geschäftsordnung steht, und haben Sachverständige benannt. Dann kam es bei dem umfangreichen Einsetzungsbeschluss zu einem Themenwechsel und wir haben andere Sachverständige benannt. Na und?
Wollen Sie uns dieses Recht verweigern? Wir reden Ihnen doch auch nicht in die Sachverständigen hinein, die Sie benannt haben, obwohl es dafür gute Gründe gäbe, darüber zu reden.
Sie haben zuerst den Grünen einen Sachverständigen zugesagt. Als diese mit einem Vorschlag kamen, hat er Ihnen nicht gepasst und Sie haben gesagt: Okay, jetzt bekommt ihr doch keinen. – Das war das Erste mit Ihren Sachverständigen.
Dann ist Ihr erster Sachverständiger, Herr Peffekoven, schon nach wenigen Wochen abhanden gekommen, der zweite kurz danach. Ihre weiteren Sachverständigen haben dann die Brocken hingeworfen und sind ausgezogen. Am Schluss hatten Sie gar keine Sachverständigen mehr, während unsere Bank voll besetzt war.
Sie sprechen von der Kommission als einem ersten kleinen Schritt, die GRÜNEN vom Scheitern, ich sagte es. Die Ausführungen der Enquete-Kommission sind aber von bemerkenswerter Stringenz und Qualität,
da die landesverfassungsrechtlichen Diskussionen in allen Bundesländern umfassend und systematisierend aufgegriffen und mit Blick auf rheinland-pfälzische Besonderheiten verarbeitet werden. Wissen Sie, da stöhnen Sie. Dieser Satz stammt nicht von mir. Er stammt von dem geschäftsführenden Präsidialmitglied des
Deutschen Landkreistages, von Herrn Dr. Hans-Günther Hennecke in der „Zeitschrift für Gesetzgebung“, Heft 3 aus dem Jahr 2005. Da stöhnen Sie. Ich denke, Sie sollten einmal nachlesen, was Sie in dem Minderheitenbericht schreiben.
Die Einführung des Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung, getragen von allen Fraktionen, war das erste praktische Beispiel für den Erfolg der EnqueteKommission. Ja, wir haben uns dafür Zeit gelassen, zugegeben, aber wir haben dafür eine Formulierung, die zukunftsweisend ist.
Schon während der Diskussion hat die CDU die Forderung erhoben, das ginge alles nicht weit genug, das Land müsse auch die Kosten für die Kommunen übernehmen, wenn Bund und Europa den Kommunen Kosten anlasten. Das würde aber nun tatsächlich das Konnexitätsprinzip wieder auf den Kopf stellen; denn wer bestellt, der bezahlt, das ist richtig. Nur, wenn das Land nichts bestellt, muss es auch nichts bezahlen. Sie wollen damit den Bundestag oder auch das Europäische Parlament aus der Verantwortung entlassen, sich Gedanken über die finanziellen Auswirkungen ihrer Gesetze auf die Finanzen der Kommunen zu machen.
Stellen Sie sich einmal dieses Signal vor, Bund und Europa wissen, egal was wir beschließen, wir haben keine Finanzverantwortung dafür, das Land muss diese Kosten für die Kommunen übernehmen. Stellen Sie sich das Signal einmal vor. Ich denke, dann wären wir in der Lage, das Buch hier fast zuzumachen.
Es bleibt dabei, die fortschrittlichste Konnexitätsbestimmung wurde in Rheinland-Pfalz entwickelt. – Dieser Satz stammt nun wiederum nicht von mir, obwohl er von uns stammen könnte. Er stammt von Professor Dr. Friedrich Schoch in der Festschrift für den allseits bekannten Professor Dr. von Arnim im Jahr 2004. Wer es noch nicht wissen sollte, Professor Dr. Schoch war CDUSachverständiger. Er bescheinigt uns, dass wir die fortschrittlichste Entwicklung haben.
Schon wieder steht die CDU alleine mit ihrer Meinung da; denn das bereits genannte geschäftsführende Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages ergänzt dies mit der Formulierung – ich zitiere –: „Die Landtagsfraktionen haben dem Gesetzentwurf präzise Begründungen beigefügt, was die rheinland-pfälzische Konnexitätsregelung beispielhaft erscheinen lässt.“ – So Herr Professor Dr. Hennecke; er ist nun wirklich Interessenvertreter der Kommunen in Berlin. Er ist kein manipulierter Abgeordneter und gehört auch nicht der Landesregierung an.
Meine Damen und Herren, strittig war auch die Frage der Aufgabenangemessenheit der kommunalen Finanzzuweisung. Was uns da von der CDU geboten wurde und in ihrem Bericht geboten wird, ist abenteuerlich. Das läuft darauf hinaus, dass das Land zunächst alle Mittel, die die Kommunen jährlich benötigen, vorab überweist und Landespolitik mit dem gemacht werden soll, was übrig bleibt. Ich hoffe, dass zumindest die anderen der CDU euch zurückpfeifen. Das war die Mahnung der CDU-Vertreter in der Enquete-Kommission. Ich konnte
das erst gar nicht glauben, dass Sie das ernst meinen. Das Land überweist zuerst das Geld an die Kommunen und soll dann sehen, wie es die Lehrer finanziert, Innere Sicherheit organisiert, Hochschulen finanziert, Mittel für die Kindergärten bereitstellt, den Straßenbau betreibt, sozialen Verpflichtungen nachkommt usw. Das kann doch nicht allen Ernstes sein. Wenn das Ihr Lösungsansatz für die Finanzmisere der Kommunen ist, dann mag das für eine Ebene zutreffen. Sie reißt aber das Land in den Abgrund und macht es handlungsunfähig.
Überlegen Sie einmal, was Sie allein heute in den vergangenen Punkten der Tagesordnung gefordert haben. Wie wollen Sie das bezahlen, wenn Sie vorher das Geld ausgeben?
Richtig ist, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gleichberechtigt für alle drei Staatsebenen gilt, für den Bund, das Land und die Kommunen. Eine einseitige Bevorzugung würde zu einer gefährlichen Schieflage führen.
Im Übrigen habe ich weder auf der politischen noch auf der wissenschaftlichen Seite, auch nicht bei den Anhörungen, einen einzigen Menschen gefunden, der uns sagen konnte, wie man objektiv den Ausgabenbedarf der Kommunen ermitteln kann. Sie kommen schon wieder mit einem neuen Vorschlag, einer so genannten unabhängigen Finanzkommission, die sich aus Landesregierung, kommunalen Spitzenverbänden, Rechnungshof und Finanz- und Rechtswissenschaftlern zusammensetzen soll. Jetzt muss ich auf Ihr Parlamentsverständnis zurückkommen. Haushaltsgesetzgeber ist dieser von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Landtag und sonst niemand. Haushaltsgesetzgebung ist sein vordringlichstes Recht.
Diese Aufgabe wollen Sie einem nicht gewählten, nicht vom Volk legitimierten Gremium übertragen, das für seine Entscheidungen vor niemandem die politische Verantwortung übernehmen muss. Das können Sie allen Ernstes nicht wollen. Die Finanzverantwortung hat dieses Parlament, und es kann diese Verantwortung nicht auf einen Dritten übertragen.
Jetzt können Sie sagen, dass der Landtag sich über die Beschlüsse der Kommission hinwegsetzen kann. Das ist wirklichkeitsfremd. Warum sollen wir eine Kommission haben, über die sich der Landtag mit Beschlüssen hinwegsetzen kann? Im Übrigen wissen Sie, dass Beschlüsse eines solchen Gremiums eine hohe Bindungswirkung hätten. Das würde darauf hinauslaufen, dass dieser Landtag nur noch Ratifizierungsorgan und nicht mehr ist.
Ich denke, wir haben in Rheinland-Pfalz ein gutes Organ, nämlich die paritätisch besetzte Finanzausgleichskommission. Wir haben darüber hinaus als einziges Bundesland den Kommunalen Rat. Das ist das, was Sie wahrscheinlich ärgert, dass die kommunale Seite mit den Vertretern der CDU-Kommunalpolitiker und der Landesregierung zunehmend einstimmig zu einvernehmlichen Lösungen kommen wie jüngst bei der Finanzierung des Kindergartenprogramms und bei der
Entscheidung über das Ausführungsgesetz zum Konnexitätsprinzip. Die CDU-Fraktion im Haus treibt sich bei fast allen kommunalen Fragen selbst in die Ablehnung, während sich die kommunalen CDU-Politiker längst unspektakulär mit dem Land geeinigt haben.
Meine Damen und Herren, wir bedanken uns ausdrücklich bei allen beteiligten Akteuren, den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung, dass über parteipolitische Grenzen hinweg der Wille zur Verständigung und das Maß gegenseitigen Vertrauens Vorrang vor Misstrauen und überflüssigem Streit gewonnen hat. Das Ausführungsgesetz zum Konnexitätsprinzip ist dafür das beste Beispiel, wie einvernehmlich Kostenfolgeabschätzungen, Kostendeckungsregelungen und Mehrbelastungsausgleich geregelt werden können.
Meine Damen und Herren, wie widersprüchlich die Argumentationslinie der CDU ist, sieht man auch an der erneut von ihr aufgeworfenen Frage des Verhältnisses von allgemeinen Zuweisungen zu Zweckzuweisungen. Sie stellen in Ihrem Bericht Folgendes fest: Das Verhältnis von allgemeinen Finanzzuweisungen zu zweckgebundenen Zuweisungen ist mit 60 zu 40 selbstverwaltungsfeindlich. – So die CDU. Ich lasse das einmal so stehen. Man kann darüber diskutieren. Ich habe eine andere Auffassung. Wir lassen es einmal so.
Wenn man wie Sie dieser Meinung ist, dann kann ich doch nicht schon im nächsten Absatz, nachdem man diese Feststellung trifft, kritisieren, dass die Schulbaumittel zu niedrig sind und die Kommunen zu lange aufs Geld warten müssen. Die Schulbaumittel sind Zweckzuweisungen. Wenn Sie diese erhöhen wollen, kürzen Sie automatisch die allgemeinen Zuweisungen. Das, was Sie wollen, passt nicht zusammen.
Herr Kollege Schnabel, etwas selbstverwaltungsfeindlich zu nennen, es noch selbstverwaltungsfeindlicher zu machen und es dann selbstverwaltungsfreundlich zu nennen, ist eine Logik, die sich niemandem erschließt.
Sie sprechen davon, dass das Land 1 Milliarde Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich zweckentfremdet hätte.
Noch nie haben Sie diese Rechnung aufmachen können. Sie behaupten das einfach. Noch nie gab es einen Änderungsantrag der CDU in diesem Haus zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs. Ich will Ihnen sagen, unter dieser Regierung sind die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich für die Kommunen seit 1994 um 29 % von 1,3 Milliarden Euro auf 1,67 Milliarden Euro gestiegen. Das lässt sich sehen. Dies selbstverwaltungsfeindlich zu nennen, ist schon eine Dreistigkeit.
Meine Damen und Herren, einen breiten Raum in der Kommission hat die Diskussion um Standardabbau eingenommen. Die CDU nennt das in ihrem Bericht viel Lärm um nichts. Recht hat sie, wenn sie damit ihren Gesetzentwurf zum Standardabbau meint. Sie legte 1996 einen Gesetzentwurf vor, der wegen seiner Verfassungswidrigkeit abgelehnt wurde. Sie legen 2003 einen ähnlichen Gesetzentwurf vor, der genauso verfassungswidrig ist und bringen ihn dann in die EnqueteKommission ein. Jeder, der Wissenschaftliche Dienst des Landtags, selbst Ihre eigenen Sachverständigen und die GRÜNEN sagen, dass er der Verfassung nicht standhält. Sie halten trotzdem starrköpfig daran fest.
Es ist nun einmal verfassungswidrig, wenn Standards nicht bereichsspezifisch, also im Sachzusammenhang, sondern nur durch globale Ermächtigungsnormen geöffnet werden sollen. Dies ist ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot unserer Verfassung und gegen das Prinzip der Gewaltenteilung. Das sollten Sie sich wenigstens einmal von Ihren Juristen sagen lassen.
Ihr eigener Sachverständiger, Professor Dr. Schoch, sagte in der Kommission ausweislich des Protokolls, es bedürfe einer klaren Definition eines Standardöffnungsgesetzes, und da greife der CDU-Entwurf zu kurz. – Recht hat er, Ihr CDU-Sachverständiger.