Meine Damen und Herren, ich komme als zweitem wichtigen Punkt zum Bereich Planungsrecht und allgemeiner Verwaltungsvollzug. Da ist ganz interessant, dass sich die geäußerte Kritik vor allem auf das konkrete Verwaltungshandeln bezogen hat. Die Vorschriften und Richtlinien wurden nicht so sehr als drängend und bedrückend wahrgenommen, sondern das gilt vor allem für vielfach mangelndes Verständnis für wirtschaftliche Entscheidungsnotwendigkeiten vor Ort. Das gilt auch für die Geschwindigkeit wirtschaftlicher Entscheidungsnotwendigkeiten.
Es wurde Lob geäußert – das sollte auch gesagt werden – beispielsweise zum Vollzug der Umweltgenehmigungsverfahren. Das hatte ich vorab nicht erwartet. Das war für mich interessant. Das gehört zur Wahrheit und zu den Erkenntnissen dieser Enquete-Kommission.
Allerdings wurde auch deutlich gemacht, dass die Bürokratiekosten, die heruntergerechnet auf Rheinland-Pfalz die stattliche Summe von ca. zwei Milliarden Euro ausmachen, ein großes Investitionshemmnis und ein großes Risiko für Arbeitsplätze sind. Selbst wenn man nur die Größenordnung akzeptiert und sich nicht über die Stel
len hinter dem Komma streitet, muss man beispielsweise im Vergleich zur Dimension des Landeshaushalts oder noch stärker im Vergleich zu den Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Landeshaushalts klar machen, um welche Dimensionen es da geht.
Meine Damen und Herren, die FDP steht ganz klar auch hinter konkreten Deregulierungsmaßnahmen. Wir verstecken uns nicht hinter blumigen Formulierungen. Ich darf Ihnen acht Positionen vortragen, die unsere volle Unterstützung finden. Das ist zum Ersten, die Arbeitsstättenverordnung so weit zu vereinfachen, dass lediglich solche Auflagen bestehen bleiben, die unmittelbar dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit der Mitarbeiter dienen. Das ist zum Zweiten die Begrenzung statistischer Meldepflichten für Unternehmen, zum Dritten die Erleichterung und Beschleunigung der Bewilligung von Sonn- und Feiertagsarbeit, zum Vierten die Entschlackung des Vergaberechts, zum Fünften die Ermöglichung einer Einnahmeüberschussrechnung für Existenzgründer und für alle Kleinstbetriebe, zum Sechsten Verfahren bei der Umsatzsteuer für Existenzgründer erleichtern, zum Siebten flexiblere Gestaltung der Übergangsregelungen bei der Unternehmensnachfolge – das hatte ich bereits erwähnt – und zum Achten die Schaffung von so genannten One-Stop-Shops für Existenzgründer und die Integration dieser One-Stop-Shops in die IHK- und HWK-Starterzentren. Das ist zum Teil in Rheinland-Pfalz schon geschehen. Kompliment.
Meine Damen und Herren, ich darf jetzt auf die Punkte eingehen, die bisher sehr strittig sind. Die Regierung, so wie sich das gehört, und auch die Fraktionen, die die Regierung tragen, loben die Ergebnisse. Es wundert nicht, dass die Opposition in diesen Jubel nicht einstimmig einstimmt.
Frau Kollegin Thelen, Sie sollten es sich aber überlegen, ob man es so machen sollte, wie Sie das getan haben, indem man komplizierte Konstruktionen bemühen muss, um die tollen Ergebnisse, die national über RheinlandPfalz hinaus nicht in Jubelgutachten, sondern in seriösen, soliden und objektiven Gutachten von Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen festgehalten werden, so kleinzureden, dass das Gegenteil an Wirkung erzielt werden soll.
Es ist meiner Meinung nach wohlfeil, auf solche Kritik der Opposition mit dem reflexartigen Vorwurf einzugehen, die wollen alles schlechtreden. Wer aber so überzieht, wie Sie das getan haben, muss mit diesem Vorwurf leben.
Herr Kollege Dr. Rosenbauer, ich will nur auf einen Punkt eingehen, weil Sie mich so dringend bitten und weil Sie so einsam und verlassen in der ersten Reihe
sitzen. Ich erwähne die Positionen von Frau Thelen zum Wirtschaftswachstum und zum Bruttoinlandsprodukt. Anstatt anzuerkennen, welche erstaunliche Entwicklung dieses Land der Rüben und Reben genommen hat, – –
nimmt sie einen anderen statistischen Zeitraum, um zu Zahlen zu kommen, die diesen Erfolg relativieren. Frau Kollegin Thelen, dann müssen Sie aber auch den Ausrutscher von 2,7 % anerkennen, der konversionsbedingt dazu geführt hat, dass ca. 75.000 Arbeitsplätze weggefallen sind. Sie müssten die Leistung, die diese Landesregierung auch schon in den Zeiten von 1987 bis 1991, in der wir auch schon in der Regierungsverantwortung gestanden haben, erbracht hat, durchaus anerkennen und loben. Wer eine solche Mammutaufgabe vor Ort schultert und so löst, wie das Rheinland-Pfalz es getan hat, hat Lob und nicht Miesmacherei verdient.
Meine Damen und Herren, dieses Lob bezieht sich ausdrücklich auch auf die Vermittlung von Ausbildungsplätzen. Das ist ein ganz wichtiges Segment. Das wurde von meinen Vorrednern ebenso gesehen. Ich danke meinen Kollegen von der SPD dafür, dass sie bereit waren, einer Regelung zuzustimmen, die besagt, dass wir für alle diejenigen, die übrig bleiben, die keinen Ausbildungsplatz bekommen, auch unter den bedauerlichen Bedingungen veränderter tarifrechtlicher Bedingungen Chancen suchen. Das ist uns lieber, als die Meute in eine Ehrenrunde BVJ zu schicken. Wenn die neun Jahre nichts gelernt haben, wird das eine Jahr sie auch nicht herausreißen. Wir sind davon überzeugt, dass vielfach praktische Chancen mehr bringen als ein weiteres theoretisches Quälen.
Meine Damen und Herren, die Exportquote, die Patentquote, all das ist erwähnt worden. Es hat natürlich auch der übliche Schlagabtausch Pendlerproblematik stattgefunden.
Ich nenne es nicht Pendlerproblematik. Ich halte erstens fest, dass es ein Ausdruck der Attraktivität unseres Bundeslandes ist. Das ist nicht neu.
Darüber hinaus halte ich neu fest, dass diese Pendlerquote im Lauf der Nachkriegsjahrzehnte und auch in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg dramatisch gesunken ist. Früher sind ganze Landstriche in den Frankfurter und den Kölner Raum sowie den Niederrhein, wie es früher hieß, ausgependelt. Die Dörfer waren zum Teil entvölkert.
Das führte zu Romanvorlagen, wie zum Beispiel „Das Weiberdorf“ von Clara Viebig. Dies sind Dinge, die bei uns leider Gottes aufgrund der Strukturen unseres Landes gegeben sind. Wir haben es geschafft, sehr weit davon wegzukommen, und sind aufgrund der Lebens
Meine Damen und Herren, ich darf auf das eingehen, was Rheinland-Pfalz an Aufgaben und Aussichten vor sich hat. Hier sind ganz klare Positionen einzunehmen. Es ist die Verantwortung wahrzunehmen, die wir gemeinsam im Bundesrat haben. Dieser Verantwortung sind wir nachgekommen. Das muss so weitergehen. Das gilt auch für die Interessensicherung unseres Landes in der EU–Politik. Wir gehen auf ganz neue Förderbedingungen zu. Wir müssen uns diesen neuen Förder- und Rahmenbedingungen stellen. Die Gießkanne ist weg. Es lebe der Cluster.
Zu diesen Rahmenbedingungen gehört auch in guter rheinland-pfälzischer Tradition, die Menschen machen zu lassen; denn es ist nicht in erster Linie der Erfolg der Politik, wenn dieses Land diese Erfolge erzielt. Es ist in erster Linie der Erfolg der Menschen in Rheinland-Pfalz, die es mit der ihnen eigenen Art in einer Mischung aus Lebensfreude, Fleiß und Beharrlichkeit mit durchaus bescheidenem Auftreten kombiniert mit hohem Selbstbewusstsein geschafft haben – – –
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit dem bescheidenen Auftreten würde ich eine Ausnahme machen, Herr Dr. Schmitz!)
Frau Kollegin Thomas, ich würde Ihnen ausdrücklich zustimmen, wenn wir uns über die jeweiligen Personen einigen könnten. Hierin dürfte wohl das Problem liegen.
Meine Damen und Herren, zu diesen Aufgaben gehört auch weiterhin, eine solide Finanzpolitik zu betreiben. Das sage ich mit Stolz auf einen verfassungsgemäßen Haushalt. Das ist etwas, was andere – auch CDUgeführte, ich sage nicht CSU-geführte – Bundesländer nicht für sich beanspruchen können. Ich bin stolz darauf. Ich bin auch stolz darauf, welche Unterstützung für diesen Weg aus beiden Fraktionen für den Finanzminister gekommen ist.
Meine Damen und Herren, wir müssen, so wie es auch die neuen Förderrichtlinien vorgeben, in Zukunft die Stärken stärken, die mittelständische Wirtschaft unterstützen und die Landwirtschaft, den Weinbau und den Tourismus als spezifische rheinland-pfälzische Vorzüge in den Vordergrund stellen und uns weiter um unsere Exportchancen bemühen. Wir sind von bundesrepublikanischen und europäischen Nachbarländern umzingelt.
Wir müssen auch neue Ideen frei von ideologischer Brille in den Fokus nehmen. Wir müssen durchaus die Chancen sehen – ich blicke zur kleinen dezimierten
Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – und die positiven Aspekte in den Blick nehmen, die aus einer ökologischen und alternativen Industrie heraus entstehen können. Das kann man nicht einfach kaputtreden. Wir müssen genauso darauf schauen, dass keine Subventionstöpfe geschaffen werden, die langfristig wettbewerbsverzerrend sind und jeden Haushalt zum Scheitern bringen. (Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch um andere Stärken kümmern, die quasi heimlich gewachsen sind: „Stiller Star“ Rheinland-Pfalz, das Wunder von Kaiserslautern, 4.000 Arbeitsplätze im IT-Bereich usw. Ich darf auf eine Initiative unserer Fraktion aufmerksam machen, die Rheinland-Pfalz eine Medienakademie in Mainz schenken möchte. Das wird etwas sein, was die Arbeit der nächsten Legislaturperiode prägen wird. Ich bin auf die Kooperationsbereitschaft meiner Kollegen gespannt.
Meine Damen und Herren, wir müssen auch – das ist ganz wichtig – die verkehrstechnische EU-zentrale Lage erhalten und ausbauen. Paris rückt in diesem Zusammenhang näher. Ich mahne über diese finanzpolitische Solidität und über die Dinge, die ich erwähnt habe, auch eine ordnungspolitische Solidität und eines an: Wer mit Vertretern der Wirtschaft, Freiberuflern und Arbeitgebern spricht, der hört vor allem eines, nämlich nicht dauernd rein in die Kartoffeln und raus aus den Kartoffeln und nicht jeden Monat ein neues Schwein durch das Dorf treiben. – Die Leute kommen gar nicht mehr mit den Veränderungen mit. Das gilt zum Teil auch für die Mitarbeiter in den Verwaltungen, die genauso überfordert sind wie die Bürger.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen letzten Satz zu etwas sagen, was mir wichtig ist. RheinlandPfalz ist auch so erfolgreich, weil wir es geschafft haben, diesem Land trotz der ursprünglich etwas zusammengewürfelten Struktur ein Wir-Gefühl und eine Regionalidentität zu geben. Dazu trägt auch das Miteinander der politischen Kräfte sowie das Miteinander zwischen Wirtschaft, Politik und gesellschaftlichen Gruppen bei. Der Dank für dieses Miteinander und diesen spezifischen rheinland-pfälzischen Weg gilt ausdrücklich allen hier Anwesenden, auch auf der Tribüne.
Ein letzter Punkt sei mir gestattet. Ich glaube, RheinlandPfalz ist gut beraten, wenn es die wichtige liberale Wächterrolle, die das Land so erfolgreich gemacht hat, auch in Zukunft pflegt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Schmitz, das war faszinierend, wie Sie es geschafft haben, kaum etwas zur Zukunft der Arbeit – so lautete übrigens der Titel der Enquete-Kommission –, sondern ganz viel zur Vergangenheit dieser Regierung zu sagen. Die Vergangenheit dieser Regierung haben Sie so dick gelobt, dass ich mir das bestimmt sparen kann. Das wollte ich auch gar nicht vorbringen, sondern zu einigen Ergebnissen dieser Enquete-Kommission reden.
Vorab herzlichen Dank für die Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes der Landtagsverwaltung, die Mitarbeit der Kolleginnen und Kollegen, der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen und dem Vorsitzenden, Herrn Schwarz, der eine Riesenarbeit vor sich hatte, weil wir einen Umfang von Themen festgelegt hatten, die wir in dieser Kommission bearbeiten wollten. Das war übrigens das Verdienst der FDP und von Herrn Dr. Schmitz, die noch zwölf Punkte draufgepackt hatten. Wir haben es natürlich nicht geschafft, alles zu bearbeiten. Es war dennoch erstaunlich, dass wir zu einigen Ergebnissen gekommen sind.
Mein Dank gilt auch Herrn Dr. Edinger für die Zusammenfassung. Auch das war bestimmt nicht leicht, weil wir oft sehr kontrovers diskutiert haben. Es war auch – ich glaube, das ist noch nicht gesagt worden – ein neues Projekt, dass alle Protokolle dieser Sitzungen im Internet wörtlich nachzulesen waren. Das ist die erste Kommission gewesen, die direkt im Internet veröffentlicht wurde.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich nehme an, Sie haben immer gleich interessiert das Internet angeklickt und gelesen, was in der Kommission vor sich ging.
Wir haben wirklich grundlegende Dinge diskutiert. Das fing bei der Demografie an. Natürlich muss sich eine Kommission, die sich mit der Zukunft der Arbeit beschäftigt, zuerst einmal mit der Zukunft der Bevölkerungsentwicklung beschäftigen. Man sieht, dass sich höchstwahrscheinlich in diesem Land viel verändern, die Alterspyramide anders aussehen und es später eine Überalterung geben wird.
Daraus müssen wir Konsequenzen ziehen. Eine der Konsequenzen daraus ist, dass wir das Potenzial, das wir an jungen Leuten haben, konsequent nutzen und an denen, die im Moment vielleicht nicht im Bildungssystem erfolgreich sind, ausbauen müssen. Wir können es uns in Zukunft nicht leisten, dass wir Jugendliche auf der Strecke lassen, sondern alle müssen mitgenommen werden.
Die Integration muss auch die Gruppen, die im Moment noch nicht so gut integriert sind, mit umfassen, und zwar gerade die Migrantinnen und Migranten. Wir haben in manchen Städten durchaus verheerende Situationen, nämlich dass in manchen sozialen Brennpunkten über ein Drittel der Schülerinnen und Schüler den Hauptschulabschluss nicht schafft. Das darf in Zukunft nicht sein.