Protokoll der Sitzung vom 15.02.2006

Ich habe gerade die Junge Union zitiert.

Darüber hinaus hat die CDU offensichtlich die wahltaktische Sorge um das nicht ausreichend vorhandene Stipendiensystem in Deutschland erreicht.

(Lelle, CDU: Das ist ja doch ein Witz!)

Es wird auch in fünf Jahren dieses Stipendiensystem, von dem Sie sprechen, nicht geben, weil es kein Stipendiensystem gibt – auch nicht in den USA –, das die sozialen Hindernisse für die Studienaufnahme, die durch Studiengebühren aufgebaut werden, ausgleichen kann. Im Übrigen glaube ich nicht, dass Sie völlig gegen Studiengebühren sind.

Nun zu der Position der Sozialdemokraten. Wir lehnen Studiengebühren nicht aus wahlopportunistischen Gründen und nicht erst seit gestern ab, sondern seitdem die Diskussion vor vielen Jahren aufgekommen ist.

(Zurufe von der CDU)

Wir vertreten diese Auffassung, weil Studiengebühren die Studierendenzahl reduzieren, wir aber das Gegenteil benötigen. Der Herr Minister hat das ganz klar zum Ausdruck gebracht. Wir sind gegen Studiengebühren, weil Studiengebühren sozial ungerecht sind, weil sie keinen nennenswerten Beitrag zur Finanzierung der Hochschulen leisten und letztlich doch beim Finanzminister landen und weil sie keine adäquaten Anreize zur Verbesserung der Lehre bieten.

Meine Damen und Herren, der Herr Minister hat auf einen weiteren Aspekt verwiesen, der im Zusammenhang mit dem Gebührenurteil des vergangenen Jahres steht. So hat der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister sofort als deutlich wurde, dass mit der Einführung von Studiengebühren in einzelnen CDU-geführten Bundesländern die Gleichheit der Lebensverhältnisse deutlichen Verwerfungen ausgesetzt wird, reagiert und im

vergangenen Jahr seinen Vorschlag einer studienplatzbezogenen Finanzierung unserer Hochschullandschaft eingebracht. Wir begrüßen diesen Vorschlag und halten ihn für richtungsweisend; denn dieser Paradigmenwechsel würde dafür sorgen, dass zum einen eine direkte Koppelung der echten Finanzierungskosten von Studienplätzen an die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Plätze durch Studierende stattfindet und zum anderen für den Finanzierungsanteil des Staates am Studium nicht mehr das Land verantwortlich ist, das die Studienplätze zur Verfügung stellt, sondern das Land, aus dem die Studienberechtigten kommen.

(Dr. Weiland, CDU: So viel zur Kleinstaaterei!)

Mitnahmegewinne, wie wir sie derzeit auch dadurch erleben, dass sich einzelne Bundesländer lieber auf ihre vermeintliche alleinige Reputationsquelle Forschungslandschaft verlassen und deren Landeskinder sich dann aus dem Lehrangebot anderer Bundesländer versorgen müssen, würden dann unterbunden.

Darüber hinaus würden Anreize zum Angebot attraktiver Studienplätze durch Einnahmen in der Größenordnung effektiver Kosten geschaffen. Dies alles würde dazu beitragen, den notwendigen Wettbewerb zwischen den Hochschulen und den Ländern der Bundesrepublik Deutschland um die beste Hochschulausbildung und die begabtesten Studierenden anzuregen. Der Herr Minister hat das vorhin ausgeführt.

Für die SPD-Fraktion kann ich Ihnen sagen, dass wir dem Wissenschaftsminister für seine bundesweiten Aktivitäten sehr dankbar sind und wir diesen Schritt für Rheinland-Pfalz unterstützen werden.

Meine Damen und Herren, die rheinland-pfälzische Hochschul- und Forschungslandschaft ist in den vergangenen Jahren erfolgreich ausgebaut worden. Vier Universitäten und sieben Fachhochschulen bieten den rheinland-pfälzischen Studierenden ein vielseitiges Angebot. Die Qualität dieses Angebots hat uns zum Importland von Studierenden werden lassen. Der Herr Minister hat die Zahlen genannt. Umgangssprachlich nennt man solch eine Entwicklung eine Abstimmung mit den Füßen. In diesem Zusammenhang gilt es festzuhalten, dass diese Entwicklung bereits vor der Gebührendiskussion eingesetzt hat.

Fraunhofer- und Max-Planck-Institute stärken die rheinland-pfälzische Position in einer international arbeitenden Wissensgemeinschaft. Die Impulse, die von Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen aus in die Regionen hineingehen, sind immens. Das Gutachten belegt dies in beeindruckender Weise. Die Hochschulen in Rheinland-Pfalz arbeiten in modernen, auf Effizienz, Belastung und Leistung ausgerichteten Strukturen. Für die Fachhochschulen wurde mit den Empfehlungen der Arbeitsgruppe Hochschulentwicklung Rheinland-Pfalz ein weiterer zukunftsorientierter Schritt vollzogen. Der Optimierungsprozess des Fachhochschulangebots wurde im Dialog mit den Fachhochschulen erarbeitet.

Ich fasse zusammen: In Rheinland-Pfalz sind wir gut aufgestellt. Wir werden diesen Weg, der sich oftmals

sehr vorreiterhaft oder avantgardistisch präsentiert, weitergehen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kuhn, FDP)

Als Gäste begrüße ich Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr aus Bobenheim-Roxheim. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Thomas.

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Schleicher-Rothmund, eines hatten Sie gemeinsam mit der Argumentation des Ministers hinsichtlich der Entwicklung der Hochschullandschaft und der Aufgaben: Schuld sind immer die anderen, wenn etwas nicht gut funktioniert. Wenn aber etwas funktioniert hat, dann waren Sie es, ihr Minister oder die Regierung. Ich glaube, wenn wir über die Aufgabenstellung und die Herausforderungen der Hochschulpolitik der Zukunft sprechen, ist dieses Strickmuster zu einfach, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Ich meine, wir müssten so weit kommen, dass wir feststellen: Es gibt Punkte, bei denen wir uns einig sind, bei denen klar ist, dass wir die Hochschulen in RheinlandPfalz oder anderswo fit machen müssen für die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Durch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats Ende Januar 2006 ist allen noch einmal klar vor Augen geführt worden, was das eigentlich bedeutet, wie groß also die Aufgaben sind, die von der Hochschullandschaft, aber insbesondere auch von der Politik, und zwar auf allen Ebenen, zu meistern sind.

Ich will nicht in allen Einzelheiten vortragen, was der Wissenschaftsrat formuliert hat, aber eine Zusammenfassung aus der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren. Dort ist das treffenderweise wie folgt zusammengefasst worden: Deutschland kann die drängendsten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme der kommenden Jahre nur dann lösen, wenn es seine Hochschulen massiv ausbaut und damit deutlich mehr und besser ausgebildete Fachkräfte hervorbringt.

Der scheidende Vorsitzende des Wissenschaftsrats, der Mediziner Karl Max Einhäupl hat gesagt: Diese Aufgabe hat eine gesamtstaatliche Dimension. – Diese Aussage unterstütze ich ausdrücklich. Wir kommen im Verlauf der Debatte noch dazu, was das in Zusammenhang mit dem Föderalismus bedeutet. Das, was der Wissenschaftsrat hinsichtlich der Aufgabenstellung und der Entwicklungen vorgetragen hat, beinhaltet nicht viel Neues. Ich kann

mich an keine hochschulpolitische Debatte der vergangenen fünf Jahre in diesem Parlament erinnern, in der wir nicht intensiv und mit aller Verve auf die Anforderungen hingewiesen haben, vor denen wir stehen. Zum einen ist die Zahl der Hochschulanfänger mit Hochschulreife gestiegen, weil die geburtenstarken Jahrgänge jetzt die Schulen verlassen und in Richtung Universität oder Ausbildung drängen. Zum anderen stehen wir vor einem demografischen Wandel. Darüber hinaus bestehen höhere Anforderungen bei den Abnehmern, das heißt, bei allen gesellschaftlichen Institutionen, in der Wissenschaft, aber auch in der Wirtschaft. Das heißt aber auch, dass die Anforderungen an die Hochschulpolitik des Landes schon lange auf der Hand liegen. Deshalb möchte ich infrage stellen, ob es sinnvoll ist, in der letzten Plenarsitzung einer Legislaturperiode eine Regierungserklärung zu diesem Thema abzugeben. Diese Zukunftsentwürfe wären schon vorher notwendig gewesen.

Man hätte auch seitens der Landesregierung die Hausaufgaben machen können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Zöllner, ich will zwei Punkte ansprechen, weil Sie sie als herausragende Beispiele bezeichnet haben, und dazu eine kurze Bemerkung machen. Ein Beispiel ist die Lehrerbildung. Sie haben gesagt, dass da RheinlandPfalz so richtig in die Puschen gekommen ist. So richtig in die Puschen gekommen sind Sie da nicht, weil Ihr Koalitionspartner FDP ordentlich die Bremszügel angezogen hat. Ich bin einmal gespannt, ob er Ihnen heute davongaloppiert. Bei der Lehrerbildung sind Sie aber auf halbem Weg stehen geblieben. An der FDP ist gescheitert, dass man tatsächlich ein durchdachtes und gradliniges Stufenlehrerbildungskonzept für Rheinland-Pfalz entwickeln konnte.

Die Strukturreform an den Fachhochschulen war eine typisch „Zöllner“sche Reform. Zunächst einmal hat er Experten gefragt. Mit dem Expertenrat war dann sofort die Einsparauflage verbunden. Daraufhin gab es Irrungen und Verwirrungen im ganzen Land, bis vor Ort die erforderlichen Veränderungen vorgenommen wurden. Die wichen aber ganz weit von den Expertenempfehlungen ab. Sie haben heute beschrieben, das habe zu einer hohen Identifikation der Regionen mit den Fachhochschulen geführt. Das ist natürlich, weil alle maßgeblichen Menschen aus den Regionen hier auf der Matte standen und gesagt haben: Wir lassen es nicht zu, dass sie die Strukturen so verändern und beschneiden, wie ihnen das aus den Expertenkreisen vorgegeben wurde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Das war aus Ihrem Haus wahrlich kein Paradestück.

Jetzt zu den viel beschworenen Ausgabensteigerungen für die Hochschulen, für die Wissenschaft und die Forschung. Ich weiß, dass in diesem Land in den vergangenen Jahren in diesem Bereich große Anstrengungen unternommen wurden. Wir wissen aber auch, dass wir in dieser Zeit – ich habe das jetzt nicht genau nachgerechnet – einen großen Zuwachs an Studierenden hatten,

der auch der demografischen Entwicklung geschuldet ist. Deshalb kann man nicht nur die Gesamtbeträge sehen. Damals als Schulminister haben Sie das auch nicht gemacht und gesagt: Ich habe eine steigende Zahl von Schülern, weshalb ich mehr Geld ausgebe und die Ausgaben nicht nur deckele. – Deshalb muss man sagen, das waren notwendige Ausgabensteigerungen, weil wir mehr Studierende hatten. Vor allen Dingen waren es notwendige Ausgaben, weil es einen Aufholbedarf gab.

Jetzt schauen wir uns aber einmal die Situation an. Wir haben ein Mehr an jungen Menschen, die im Land eine Ausbildung oder ein Studium suchen. Auf der einen Seite finden sie nicht in ausreichender Zahl Ausbildungsplätze, aber sie treffen auf der anderen Seite an den Hochschulen auf eine Unzahl von versperrten Studiengängen, die mit Zulassungsbeschränkungen versehen sind.

Jetzt nenne ich Ihnen einmal eine andere Zahl: Vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2004 hat sich die Zahl der NCversperrten Studiengänge allein an der Universität Mainz von 22 auf 94 erhöht. Das bedeutet, jeder zweite Studienplatz ist mit einer solchen internen Sperre versehen, weil die Hochschulen im Lande es überhaupt nicht mehr schaffen, den Anforderungen und dem Druck gerecht zu werden. Lieber Herr Zöllner, das ist die Kehrseite Ihrer Schilderungen und Ihrer Medaille, die Sie eher als glänzend beschrieben haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit fünf Jahren stellen wir, die Fraktion der GRÜNEN, mit ziemlicher Konsequenz die Studierenden und ihre Studienbedingungen an unseren Hochschulen ins Zentrum der Hochschul- und Wissenschaftspolitik. Ich habe heute zum ersten Mal von Ihnen ein klares Plädoyer dafür gehört, dass etwas mehr für die Lehre getan werden muss. In den vergangenen Jahren haben Sie immer andere Aspekte der Hochschule genannt, wie den Forschungsbereich und den Exzellenzbereich. Der Bereich der Lehre schaute eher in die Leere oder in die Röhre.

Ihre Ankündigung, jetzt eine studienplatzbezogene Hochschulfinanzierung für das Land zu finden, habe ich von Ihnen bereits im Jahr 2004 im Rahmen der Haushaltsdebatte gehört. Ich habe eher den Eindruck, dass Sie das nicht schaffen. Sie haben das heute wieder nur angekündigt, anstatt es in dem Jahr, für das es angekündigt war, umzusetzen.

Meine Damen und Herren, eine Planungssicherheit vor allem im Hinblick auf die Finanzbedingungen und die Ausstattungsbedingungen haben die rheinlandpfälzischen Hochschulen auch unter dieser Landesregierung nicht. Ich will Ihnen nur ein Beispiel von der Universität Koblenz-Landau nennen.

Diese hat ein Entwicklungskonzept aufgelegt, das eng an die Zusagen für Personalaufwuchs gebunden war, die über das Personalbemessungskonzept gegeben wurden und die bis 2008 auch zugesichert worden sind. Das ist jetzt still und heimlich einkassiert worden. Die Hochschule hat nun andere Zusagen und lediglich befristete Mittelzusagen erhalten, weshalb sie jetzt nur von Jahr zu Jahr planen kann und ihr Entwicklungskonzept

eigentlich einpacken kann. Sie hat die Notbremse gezogen und gesagt: Wir werden im nächsten halben Jahr überhaupt keine Stelle mehr besetzen, weil wir nicht wissen, mit welchen Mitteln und Perspektiven wir planen können.– Das ist praktizierte Hochschulpolitik in diesem Land, und nicht das, was Sie uns glauben machen wollten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Hammer hat das an verschiedenen Größenordnungen deutlich gemacht. Ich wiederhole das noch einmal in aller Kürze. Bei den jährlichen Ausgaben pro Studierendem stehen wir an vorletzter Stelle im Vergleich mit allen Bundesländern. Die Angaben stammen nicht von mir, sondern vom Statistischen Bundesamt. Beim Anteil der laufenden Ausgaben für Hochschulen am Bruttoinlandsprodukt stehen wir mit 0,55 % an letzter Stelle unter allen Bundesländern. Ich muss das sagen, weil Sie in den Regierungsfraktionen auch sonst immer auf Rankings und Platzierungen schauen. Wenn es um den Anteil der Ausgaben für die Hochschulen am Gesamtetat geht – auch dazu haben Sie Berechnungen angestellt –, liegt Rheinland-Pfalz an zwölfter Stelle. Das ist nicht vorn, sondern das ist hinten. Auch das muss gesagt werden.

Die Bertelsmann-Stiftung hat Frau Hammer schon zitiert. Das Gleiche gilt für die Ergebnisse der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“. Diese Studie war der FDP schon einmal eine Aktuelle Stunde wert. Herr Kuhn, auch danach erreicht Rheinland-Pfalz wieder nur Platz 12, wenn es um ein Ranking der Wissenschaftsausgaben pro Einwohner geht, also wenn eine andere Maßeinheit zugrunde gelegt wird. Im direkten Vergleich mit den anderen Bundesländern haben Sie also die Nase nicht vorn.

Ich erspare es Ihnen, die Ausgaben von Berlin, das mit seiner Finanzausstattung nicht gerade stattlich dasteht, für eine Universität mit dem zu vergleichen, was die Universität Mainz bekommt. Die Universität Mainz hätte Tränen in den Augen, wenn sie die Zahlungen erhalten würde, die in Berlin für vergleichbare Leistungen zur Verfügung gestellt werden.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Freudentränen!)

Ja, natürlich Freudentränen.

Frau Schleicher-Rothmund, Sie haben noch einmal die Steigerungsrate der Ausgaben angeführt. Ich nenne Ihnen einmal eine andere Steigerungsrate. Wir haben allein für den Landesbetrieb Straßen und Verkehr von 2003 bis 2006 im Haushalt des Landes eine Ausgabensteigerung von 22 %. Nach meiner Erinnerung sind Sie vorhin für den Hochschulbereich auf eine Ausgabensteigerung von unter 10 % gekommen. Wenn man Relationen herstellt, muss man diese Zahlen heranziehen. Dann sieht man, wie viel mehr in den Geist und wie viel mehr in den Beton gespült wird. Die Stärke der Fraktion rechts von mir liegt nicht im Geist, sondern im Beton.