Ich rufe nun die Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Frau Marlies Kohnle-Gros, Haltung der Landesregierung zur „High-Tech-Strategie Deutschland“ – Nummer 9 der Drucksache 14/4970 – betreffend, auf. Ich erteile Frau Abgeordneter Kohnle-Gros das Wort.
1. Mit welcher strategischen Ausrichtung und mit welchen Haushaltsmitteln beabsichtigt die Landesregierung, sich im Rahmen der „High-Tech-Strategie Deutschland“ zu engagieren?
2. Beabsichtigt die Landesregierung, die Landesprogramme zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit Blick auf die „High-TechStrategie Deutschland“ zu konzentrieren?
3. In welcher Höhe sind im Rahmen des Beitrags von Rheinland-Pfalz zur „High-Tech-Strategie Deutschland“ Investitionszuschüsse an staatliche Forschungseinrichtungen und sonstige staatliche Träger für Projekte mit Unternehmen, die Forschung und Entwicklung mit prototypisch neuer Produktion verbinden, vorgesehen?
4. Welche neuen Formen der Kooperation zwischen Wirtschaft und Staat sind in den vergangenen fünf Jahren in Rheinland-Pfalz mit Hilfe der Landesregierung etabliert worden, um den Übergang von Forschung zur Innovation und Produktion zu verbessern?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat Leitlinien ihrer Bildungs- und Forschungspolitik aufgelegt, um die Exzellenz in Bildung und Forschung zu steigern. Dazu will die Bundesregierung bis 2009 zusätzlich 6 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.
Die „High-Tech-Strategie Deutschland“ ist offensichtlich ein Unterprogramm dieser Gesamtinitiative. Genauere Informationen über Inhalte und konkrete Förderprogramme will die Bundesregierung bis Sommer 2006 vorlegen. Dabei gehe ich davon aus, dass mehr als 3 Milliarden Euro von diesen 6 Milliarden Euro schon in
die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern sowie in den Pakt für Forschung und Innovation gehen, die beide im Jahr 2005, also im letzten Jahr, mit den Ländern gemeinsam beschlossen wurden.
Zu Frage 1: Es ist nicht sinnvoll, sich als Landesregierung schon jetzt strategisch auf eine „High-TechStrategie Deutschland“ einzurichten, deren Inhalt erst im Sommer bekannt ist. Selbstverständlich wird die Landesregierung mit dem Bund diese Strategie diskutieren, um möglichst zu gemeinsamen Zielen der verstärkten internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu kommen.
Die Unterstützung der Hochtechnologie ist dabei seit den letzten drei Legislaturperioden strategisches Ziel der Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik des Landes.
Zu Frage 2: Im Rahmen des Hochschulprogramms „Wissen schafft Zukunft“ hat das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur mit Unterstützung einer internationalen Expertengruppe aus allen eingehenden Anträgen der Hochschulen in verschiedenen Förderlinien die international konkurrenzfähigsten Forschungscluster, Schwerpunkte und Exzellenzcluster ausgewählt und fördert diese seit Juli 2005. Die überwiegende Mehrzahl der Projektvorhaben ist in den Hochtechnologiebereichen angesiedelt, ohne allerdings die anderen wichtigen Forschungs- und Entwicklungsgebiete, zum Beispiel in der Medizin oder Geisteswissenschaften, zu vernachlässigen.
Auch die Förderstrategie des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hinsichtlich der Unterstützung von Forschung und Entwicklung ist vergleichbar ausgerichtet. Da die im Zentrum der Förderstrategien in Rheinland-Pfalz liegenden Technologiebereiche auch wichtige Handlungsfelder in der Bundesrepublik sind, steht zu erwarten, dass diese im Zentrum der Förderstrategien liegen oder aber in dem erwähnten Abstimmungsprozess zwischen Bund und Ländern sich dort positionieren können.
Zu Frage 3: Die meisten im Rahmen des Hochschulprogramms „Wissen schafft Zukunft“ im technologischen Bereich angesiedelten Forschungscluster, Schwerpunkte und Exzellenzcluster sind auf eine regionale Kooperation nicht nur der Hochschulen mit den staatlichen Forschungseinrichtungen und sonstigen staatlichen Trägern, sondern auch auf eine Kooperation mit Unternehmen der Region ausgelegt. Dies war eines der Kriterien bei der Auswahl. Daher werden im Rahmen des Hochschulprogramms Personal-, Sach- und Investitionszuschüsse an die Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Die Förderung von Forschungseinrichtungen durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, die Umsetzung von Innovationen in marktgängige Produkte und Dienstleistungen durch Unternehmen im Land aktiv zu unterstützen.
Tech-Strategie Deutschland passen, wird erst beantwortet werden können, wenn die fachliche Ausrichtung dieser Strategie im Sommer 2006 bekannt ist.
Zu Frage 4: Der Gedanke der Clusterbildung hat mittlerweile nicht nur Eingang in die Kooperation von Hochschulen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen gefunden, sondern er gilt auch als neue Form der Kooperation zwischen staatlich geförderten Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf der einen Seite, Unternehmen der Region als zweite Partner sowie Ministerien und Verbände als dritte Partner. Diese Form regionaler Verbünde zur Bearbeitung unternehmensorientierter Forschungsgebiete wird zurzeit in Rheinland-Pfalz ausgebaut.
Ein gutes Beispiel ist das Ende 2005 etablierte Nutzfahrzeugcluster – es war Gegenstand der Aktuellen Stunde am Donnerstag –, in dem die Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region Kaiserslautern, Unternehmen und Zubringerindustrie in der Nutzfahrzeugbranche, das Wirtschafts- und das Wissenschaftsministerium sowie die Verbände der Region kooperieren. Ziel ist nicht nur, Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte einzubringen, sondern umgekehrt auch Problemstellungen in Produktion und Entwicklung durch Kooperation mit der Forschung zu lösen.
Neben der Kompetenz der Kooperationspartner aus Wissenschaft und Unternehmen ist für eine erfolgreiche Umsetzung von Innovation in marktgängige Produkte und Dienstleistungen die Schnelligkeit – „time to market“ auf Neuhochdeutsch – und Zielgenauigkeit im Hinblick auf Marktrelevanz von entscheidender Bedeutung. Daher hat auch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau bereits in den letzten Jahren Transferinstrumente weiterentwickelt bzw. neue Kooperationsformen unterstützt:
Aufbau von branchen- bzw. technologiegetriebenen Netzwerken und Clustern. Beispiel NanoBioNet als länderübergreifendes Netzwerk zur Ausschöpfung der Potenziale der Querschnittstechnologien Bio- und Nanotechnologie, in dem Wissenschaft, Wirtschaft, Finanzierung, Transferstellen und Politik zusammenwirken. Mit Ministerratsbeschluss vom 27. Mai 2002 haben die Landesregierung von Rheinland-Pfalz und dem Saarland die Weiterführung der Aktivitäten beschlossen.
Aufbau von branchen- bzw. technologiebetriebenen Kooperationsplattformen für die Wissenschaft und die mittelständischen Unternehmen mit dem Ziel, Kooperationen mit großen Unternehmen und miteinander zu intensivieren bzw. Ansiedlungen zu initiieren. Ein Beispiel hierfür ist „PharmaForum“ als gemeinsame Plattform der Wirtschaftsministerien von Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen sowie dem Verband forschender Arzneimittelhersteller, die gemeinsame Präsentationsforen und Ausstellungen bietet.
Weiterhin Aufbau von Forschungs- und Entwicklungslaboratorien, die gemeinsam von Forschungseinrichtungen und mittelständischen Unternehmen betrieben werden. Dabei wird bei der Definition und
Umsetzung von gemeinsamen Vorhaben die wissenschaftliche Kompetenz unmittelbar mit der Marktkompetenz der Unternehmen verknüpft. Ein Beispiel hierzu sind KMU-Forschungslabs an den Fraunhofer-Instituten in Kaiserslautern.
Die meisten dieser Aktivitäten der beiden federführenden Ministerien bauen aufeinander auf, ergänzen sich und sind gemeinsam gefordert, um so die Wertschöpfungskette möglichst effizient zu unterstützen.
Damit sind wir auch am Ende der Fragestunde. Die anderen Mündlichen Anfragen, die noch ausstehen, werden als Kleine Anfragen beantwortet.
Meine Damen und Herren, bevor ich mit der Tagesordnung fortfahre, möchte ich noch Besucher im rheinlandpfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder der Senioren-Union aus Andernach. Herzlich willkommen!
„Forderung nach verbindlichen Schullaufbahn- empfehlungen ignoriert aktuelle Studien und will Elternrechte beschneiden“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4944 –
Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesen Tagen besucht der UNSonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, Herr Munoz, Deutschland. Er kommt nicht zu einem Routinebesuch, wie es uns die Bundesbildungsministerin gern weismachen möchte, sondern er kommt, um das große Problem der mangelnden Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit im deutschen Schulsystem besonders für Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien zu untersuchen. Dieser Besuch des UN-Sonderberichterstatters ist eine Bankrotterklärung für all diejenigen, die aus PISA nichts gelernt haben und die immer noch die Dreigliedrigkeit des deutschen Schulsystems wie eine Monstranz vor sich hertragen.
Meine Damen und Herren, es ist ein Skandal, dass, wer aus ärmeren Verhältnissen oder aus einer Migrantenfamilie stammt, auch bei uns in Rheinland-Pfalz mehr als viermal schlechtere Karten hat, einen höheren Schulabschluss zu erreichen als Kinder aus reichen Elternhäusern.
Meine Damen und Herren, zur gleichen Zeit gibt es wieder einmal Streit in dieser Landesregierung, weil die FDP – das auch nicht zum ersten Mal – versucht, mit ideologischen Argumenten eine solche falsche und ungerechte Bildungspolitik immer noch weiter zu zementieren.
Meine Damen und Herren, die Übergangsempfehlungen der Grundschulen zum Besuch der weiterführenden Schulen sind im gegliederten Schulwesen eine zentrale Schaltstelle für die Verteilung von Bildungs- und Lebenschancen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende, Herr Kuhn, und seine Partei halten es für falsch, dass Eltern wie bisher über die Schullaufbahn ihrer Kinder entscheiden können.
Er – Herr Kuhn – mutmaßt, dass ein solches Modell am Ende auf eine Gesamtschule für alle hinauslaufen würde. Dabei hat eine aktuelle Studie der Universität Duisburg-Essen zur Zuverlässigkeit der Übergangsempfehlungen der Grundschulen eindeutig erwiesen, dass das Risiko, aufgrund einer falschen Grundschulempfehlung einer nicht geeigneten Schulart zugewiesen zu werden, um ein Vielfaches höher ist als aufgrund angeblich übersteigerter Bildungsansprüche der Eltern.
Ich will zur Verdeutlichung nur eine Zahl aus dieser Studie zitieren: Das relative Risiko für Realschüler, einer falschen Schulform zugewiesen zu werden, ist aufgrund einer unzutreffenden Schullaufbahnempfehlung rund vierundzwanzigmal höher als aufgrund angeblich überhöhter elterlicher Bildungsansprüche.
Meine Damen und Herren, trotz eindringlicher Warnungen vieler Experten davor, der Schullaufbahnempfehlung nach der Grundschule ein höheres oder gar entscheidendes Gewicht beizumessen, will die FDP diese Empfehlung nach der vierten Klasse verbindlich machen.
Sie will somit das Elternrecht auf Entscheidung über die Schullaufbahn ihrer Kinder beschneiden. Das werden wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht zulassen. Wir stehen dabei ganz eng an der Seite der Eltern, vor allem, weil es uns um die Interessen der Kinder geht und