Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Jullien, CDU: Genauso ist es!)

Es ist schwierig, eine halbwegs redliche Diskussion zu führen. Das hilft mir keinen Millimeter weiter.

(Zuruf von der CDU)

Das, was wir ausgegeben haben, holt keiner mehr zurück. Wenn Legenden von der Verdopplung der Schulden aufgebaut werden, dann muss man deutlich machen, wie die Basis war und die Bas iseffekte sind.

(Jullien, CDU: Das ist doch keine Legende!)

Wenn Sie halbwegs redlich Finanzpolitik machen wollen, werden Sie das nicht in Abrede stellen. Das sage ich zu dem schönen Zahlenspiel, das wir heute Morgen eindrucksvoll miteinander erlebt haben, wenn man es nicht hinterfragt, Herr Kollege Böhr.

Ich weiß nicht, ob Herr Jullien darauf kommt. Es könnte aber sein. Ich will deshalb ein Wort zur globalen Minder

ausgabe sagen. Bevor Sie Rheinland-Pfalz als das total chaotische Land darstellen, rate ich, sich anzuschauen, wie die geplante globale Minderausgabe in BadenWürttemberg und in Bayern aussieht. Ich will es nur sagen, damit Sie nicht erschrecken.

(Jullien, CDU: Wir reden über den Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz!)

Über 550 Millionen Euro sind es. Sie haben heute Morgen versucht, Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Ländern schlechtzureden. Deshalb erlaube ich mir Statistiken heranzuziehen, die uns in dieser Reihe ordentlich hinstellen. Das ist der Punkt, meine lieben Kollegen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Bevor Sie vorlesen, was Sie möglicherweise aufgeschrieben haben, schauen Sie noch einmal, in Bayern sind 550,7 Millionen in einem Nachtragshaushalt veranschlagt, meine Damen und Herren.

(Staatsminister Gerster: Euro!)

550 Millionen Euro.

(Jullien, CDU: Wir reden über Rheinland-Pfalz, Herr Ministerpräsident!)

Ich will die anderen Länder jetzt nicht nennen. Wenn Sie es haben wollen, ich habe damit überhaupt kein Problem. Das sind öffentlich zugängliche Zahlen, meine Damen und Herren.

Ich komme zu einem weiteren Punkt, der nichts damit zu tun hat, wie leicht, einfach und ideal dieser Haushalt sein kann. Herr Kollege Mittler hat gesagt, in welcher schwierigen Gradwanderungslage wir sind. Wie relativ Ihre Kritik ist, gilt es zu klären, weil wir im weiteren Verfahren über Lösungen reden wollen. Diese müssen auf eine richtige Analyse zurückgeführt werden. Man darf fragen, ob es bezüglich der Beherrschung von Risiken so ist, dass jemand anders vorsorglicher gehandelt hat. Heute Morgen wurde die Forderung eines Pensionsfonds geradezu lächerlich gemacht. Ich finde es ist nicht lächerlich.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir verzichten auf erhebliche Gestaltungsspielräume. Manchmal ist man dankbar, Herr Kollege Jullien. Ich bin dankbar, dass es Sie gibt; denn wenn es Sie nicht gäbe, gäbe es ihre Kleine Anfrage mit der Drucksachennummer 14/464 nicht.

(Jullien, CDU: Gute Anfrage!)

Ich hätte mir dann die ganzen Zahlen mühsam zusammensuchen müssen. So konnte ich sie aus Ihrer selbst gemachten Anfrage ablesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass wir auf Gestaltungsspielraum von 200 bis 300 Millionen Euro, am Ende des Jahres 2003 auf 321 Millionen Euro verzichten, weil wir diese Vorsorge

treffen. Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung wird sich bis zum Jahr 2008 diese Vorsorge auf knapp 1,37 Milliarden Euro anhäufen. Sie sagen mir, bei einer Bilanz im Jahr 2006 dürfe ich nicht gegenrechnen, dass wir im Unterschied zu allen anderen Ländern zu diesem Zeitpunkt 860 Millionen Euro auf die Kante gelegt haben, damit die Generationen nach uns nicht von diesen Versorgungsleistungen überschwemmt werden. Wenn Sie sagen, das sei nichts wert, dann reden wir eine politisch unterschiedliche Sprache. Ich möchte bei meiner bleiben.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Sagen Sie den Beamtinnen und Beamten, wir streichen es. Das mag bei heute schon Ruhestandsgeldbeziehenden unrelevant sein. Für all diejenigen, die heute und morgen eingestellt werden, ist dies alles andere als irrelevant. Das ist ein Vermächtnis darauf, dass das, was wir jetzt als Staat versprechen, auch eingehalten wird.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass wir bei der Abwägung der Vorgehensweise zu diesem Haushalt zum Zeitpunkt der Steuerschätzung Mai, gültig bis zur Steuerschätzung November, gesagt haben, wir sind eher vorsichtig. Wir haben für das Jahr 2002 120 und für das Jahr 2003 90 Millionen Euro Abschläge von der Erwartung gemacht.

(Zuruf des Abg. Anheuser, CDU)

Herr Anheuser, ich habe es nicht verstanden. Wenn man Herrn Anheuser nicht versteht, ist irgendetwas faul. Dann hört man nicht so gut oder so.

(Böhr, CDU: Völlig harmlos!)

Ja, gut. Ich hätte nur gern ernsthaft darauf geantwortet.

Wir alle werden von einer solchen Veränderung erreicht. Alle mit Zahlen zitierten Wirtschaftsinstitute haben zu diesem Zeitpunkt 2,5 % prognostiziert. Wir sind darunter geblieben. Wenn wir prognostizierte Situationen bekommen und entsprechend veranschlagt hätten, dann hätten Sie, Herr Kollege Böhr und Frau Kollegin Thomas, eine Haushaltsrede mit der Behauptung gehalten, wir versteckten Gelder im Haushalt, um Gestaltungsspielraum vorzuenthalten. Darauf wette ich eine Reihe von hervorragenden rheinland-pfälzischen Winzersekten aus den Bereichen Rheinhessen, Pfalz, Mosel-SaarRuwer, Ahr oder Mittelrhein. Auf einen solchen Pfad lasse ich mich nicht locken, Herr Arbeitsminister. Das ist das Leben. Ich bejammere es nicht. Ich sage nur, es wäre so gewesen. Wir bedauern sicher alle gemeinsam, dass wir massiv an Spielräumen verloren haben.

(Kramer, CDU: Hypothetische Frage!)

Meine Damen und Herren, es stimmt mit den Empfehlungen der Wirtschaftsweisen überein. Ich nehme das Beispiel von Schiller: Wenn vor den Gäulen ein voller Eimer Wasser steht und sie nicht saufen, dann empfeh

len sie uns, wir sollten noch einen zweiten Eimer Wasser füllen, weil Sie hoffen, dass dann die Gäule saufen. Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Wenn es dazu käme, dass der zweite Eimer aus Steuergeldern gefüllt würde, dann wüsste ich nicht mehr, welche Antworten wir und die rheinland-pfälzischen Kommunen auf eine solche Finanzpolitik geben sollten. Ich hätte keine mehr dazu. Vielleicht sind Sie klüger. Ich lade Sie herzlich ein, nachher deutlich zu machen, wie aus diesem Haushalt mit einem Ausgabenwachstum von 0,9 % weitere 700 Millionen herausgespart werden sollen. Wenn Sie nachher das durchdeklinieren, sage ich, wir reden darüber. Das müssen Sie erst durchdeklinieren.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben Sie die Aufteilung? Das ist doch unverschämt!)

Nein, das ist nicht unverschämt, Frau Thomas, wenn man beim Wort genommen wird, ist das nicht unverschämt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich nehme Sie nur beim Wort, nichts anderes.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist unverschämt!)

Es ist komischerweise immer unverschämt. Ich habe noch nichts anderes getan. Ich habe diesmal nicht Sie, sondern die Union beim Wort genommen.

Wenn das, was man hier sagt, keine Bedeutung hat, dann ist es unverschämt, wenn man daran erinnert wird. Da haben Sie Recht. Aber ich sehe es anders.

(Beifall des Abg. Creutzmann, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will ein Zweites dazu sagen: Wir werden den jetzt neu entstandenen Teil an Ausfällen von Steuern auch deshalb über Kredite finanzieren, weil wir den Versuch unternehmen wollen, uns nicht antizyklisch zu verhalten. Die Kraft haben wir nicht. Wir werden uns zumindest nicht prozyklisch verhalten. Wir wissen, das prozyklische Verhalten würde automatisch entstehen, wenn wir Investitionen zusammenstreichen. Etwas anderes wäre jetzt in diesen Größenordnungen nicht mehr zusammenstreichbar, nicht nur, weil wir dann mit der Verfassungsgrenze noch weiter nach unten kämen und noch mehr Probleme hätten, sondern auch weil dies unmittelbar Aufträge für die mittelständische Wirtschaft bedeutet. Deshalb sagen wir, dieser Weg ist gangbar, verantwortbar und übrigens im Einklang mit allen, die Haushaltspolitik auch wissenschaftlich begleiten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang, dass ich noch eine Bemerkung auch zu den kommunalen Finanzen mache. Ich habe überhaupt nichts von dem zurückzunehmen, was ich immer wieder gesagt habe, nämlich dass wir in einer Schicksalsgemeinschaft leben. Warum sollte ich das

zurücknehmen? – Ich hatte vor wenigen Wochen Gelegenheit – einige von Ihnen waren dabei –, zu diesem Haushalt und zu unserer Politik vor dem Gemeinde- und Städtetag eine Rede zu halten. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich nicht verstanden worden bin. Diejenigen, die da waren, werden es bestätigen, dass es nicht so war.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Mein Gott, dass es unterschiedliche Interessen gibt, ist doch selbstverständlich.

Dass es uns nicht leicht fällt, diese vertretbare Operation umzusetzen, hat nie jemand in Abrede gestellt. Die Zahlen sind aber, gemessen an dem Kommunalisierungsgrad in Rheinland-Pfalz und gemessen an der Größenordnung der Mittel, die pro Kopf in RheinlandPfalz an die Kommunen fließen, deutlich höher als in den meisten anderen Ländern. Kollege Mertes hat die Zahlen genannt. Es ist in einer solchen Zeit verantwortbar, unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungsgemeinschaft, der Schicksalsgemeinschaft, eine solche Rolle einzunehmen und eine solche Politik zu machen.

Frau Thomas, sich in verantwortlicher Form über das Standardöffnungsgesetz lächerlich zu machen – dies hat bei mir ehrlich Zweifel an der Fachkompetenz verursacht, die ich Ihnen gern zubillige –, finde ich nicht in Ordnung. Überzogene Formen werden mit uns nicht zu machen sein.