Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt muss ich Sie mit einem etwas längeren Zitat behelligen. Das Zitat ist zu schön, deshalb muss man es vorgelesen haben. Es steht auf Seite 14 im Finanzplan. Ab 2003 werden wir einen Wachstumspfad von jahresdurchschnittlich 2,25 % einschlagen. Angesichts dessen, was wir im Moment erleben und der von ihnen selbst infrage gestellten prognostischen Gabe unseres Finanzministers, ist das bemerkenswert.
Dort steht Folgendes: Die Voraussetzungen in der Binnenwirtschaft sind – der Finanzplan, nicht ich, redet von der Binnenwirtschaft -: Fortsetzung der Konsolidierung der Staatsfinanzen. Da sind wir jetzt mit dem Doppelhaushalt 2002/2003 kräftig dabei.
tätsfortschritts wie geplant: Auch das kündigt sich im Moment bei den Vorgaben der Gewerkschaft kräftig an.
Stärkung des langfristigen Wachstumstrends durch zielführende Maßnahmen bei Bildung: Da steht nichts von Betreuung, da steht etwas von Bildung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Strukturreformen auf Güter, Kapital und Arbeitsmärkten. – Soweit das Zitat. Es fehlt nur eine einzige, kleine, winzige Voraussetzung, die nicht erwähnt ist. Entweder besucht Harry Potter in absehbarer Zeit den Finanzminister in Mainz oder die Union muss die Bundestagswahl gewinnen; denn sonst ist dieses Ziel wirklich nicht erreichbar,
dass die Voraussetzung, die ich genannt habe, die ist, dass die Union die K-Frage löst. Das gebe ich gern zu. Die Pointe gönne ich Ihnen nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das alles sind die Voraussetzungen, damit sich dieses Wunder im Jahr 2004 erfüllt.
In der Finanzplanung steht etliches über sinkende Energiepreise geschrieben, wobei das nicht so gemeint ist, wie Herr Mittler gestern ausgeführt hat, dass auf den Rohölmärkten die Preise ein bisschen nachlassen, sondern da sind sinkende Energiepreise im Zusammenhang mit den steuerlichen Belastungen gemeint, die auf die Energiekosten kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie schon einmal in den Energiebericht des Bundeswirtschaftsministers geschaut haben.
Ich weiß nicht, ob Sie sich diese schreckliche Aufregung von SPD und GRÜNEN vor Augen geführt haben, als Struck „Chaotenbericht“ oder so ähnlich dazu gesagt hat. Nicht Struck, sondern irgendeiner der roten Fraktionen hat ihn jedenfalls abfällig kommentiert.
Also sinkende Energiepreise und eine andere steuerliche und kostenmäßige Struktur bei den Energiepreisen als eine Voraussetzung zur Erfüllung des finanzwirtschaftlichen Ziels in Rheinland-Pfalz im Jahr 2004. Wenn diese Bedingungen alle in Zukunft erfüllt sein werden, ist die Erde wirklich ein Würfel.
An dieser Stelle zeigt sich, wie ernst das mit dem Jahr 2006 gemeint ist. Es ist alles richtig, was in der Finanz
planung steht. Wort für Wort ist nur zu unterstreichen. Von diesem Ziel sind wir aber weiter denn je entfernt.
Die Konjunkturdelle, die wir derzeit erleben, wächst sich deshalb zur Rezession aus, weil vor allem im Jahr 1999 in Berlin alles getan wurde, um die wirtschaftspolitischen Weichen in die falsche Richtung zu stellen. Ich will jetzt nicht abschweifen, obwohl es sehr verführerisch ist, das zu tun. Wir reden jedoch über den Landeshaushalt und nicht über die Bundespolitik. Dieser breite Spannungsbogen von 630-Mark-Beschäftigungs-Verhältnissen über die sogenannte Scheinselbstständigkeit bis zu den Ökosteuern rächt sich nun: Chaos bei den Krankenkassen und im Gesundheitswesen, die Ökosteuer, Tanken für Opas Rente. Über die Rentenbeiträge und deren Entwicklung, können wir jeden Tag etwas in der Zeitung lesen. Es ist doch alles gründlich schief gegangen.
Das Schlimmste, was schief gegangen ist, ist, dass im Ergebnis all dieser falschen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen die Wachstumskräfte in Deutschland gelähmt wurden. Das ist der Grund, weshalb Deutschland innerhalb der Europäischen Union zurzeit im Keller sitzt. Wir sind Kellerkinder geworden.
Wir sind auf dem letzten Platz. Ich habe in der vergangenen Nacht einen sehr schönen, sehr sachlichen und gar nicht parteipolitisch gefärbten Bericht über diese Entwicklung gelesen, in dem der Autor dieses Berichts seinen Lesern Trost zusprechen möchte. Es ist keine langfristige Entwicklung, dass wir zu den Kellerkindern in der Europäischen Union geworden sind, sondern das ist eine Entwicklung der vergangenen beiden Jahre. Sie ist aber natürlich durch richtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen umkehrbar.
Meine Damen und Herren, das, was Deutschland innerhalb der Europäischen Union ist, ist das Land Rheinland-Pfalz im Reigen der deutschen Länder. RheinlandPfalz ist das Land mit den geringsten Steuereinnahmen unter allen Flächenländern je Einwohner. Den letzten 16. Platz teilen wir uns mit Sachsen-Anhalt. Man muss sich einmal vor Augen führen, was die Aussagekraft eines solchen Indikators bedeutet. Der Abstand zu den anderen 15 Bundesländern wird übrigens nicht kleiner, sondern er vergrößert sich von Jahr zu Jahr.
Beim Bruttoinlandsprodukt je Einwohner liegen wir in Westdeutschland auf dem letzten Platz. Ich gebe zu, dass es in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2001 einen kleinen Ausreißer nach oben gab. Aber was das Ergebnis des Jahres 2000 und die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte 2001 anbelangt, ändert sich an dieser Aussage überhaupt nichts. Wir liegen auf dem letzten Platz der westdeutschen Länder.
Ich höre in dem Moment auf, das zu beklagen, in dem Sie glaubhaft den Anschein erwecken, es zu ändern oder es wenigstens ändern zu wollen. Wir bewegen uns nur bei den Zuweisungen zum Länderfinanzausgleich und bei den Bundesergänzungszuweisungen nach oben. Es gibt eine schöne Entwicklung zwischen 1991 und 2000. Im Jahr 1991 haben wir über den Finanzausgleich je Einwohner 170 € erhalten. Im Jahr 2000 waren es dann stolze 262,66 € je Einwohner.
Das zeigt, dass dieses Land am Tropf hängt. Wir liegen auf der Krankenstation. Ich will nicht sagen, dass wir unheilbar krank sind; denn heilbar ist das alles, aber es muss endlich etwas passieren, damit sich die Dinge umkehren. Von allein kommt das nicht.
Es wäre die Pflicht der Landesregierung, dafür zu sorgen, dass sich das ändert. Jetzt müsste in Infrastruktur investiert werden.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, weshalb Sie eine Konzentration auf Straßen und Schulen vornehmen. Das ist in der Sache auch nicht zu kritisieren; denn es sind zwei wichtige Bereiche, übrigens zwei Bereiche, in denen im Land Rheinland-Pfalz dringend nachinvestiert werden muss.
Meine Damen und Herren, ein Land, das sich nicht in kleinen Schritten, sondern mit einer ziemlichen Dynamik auf die Schuldengrenze zubewegt, hat nicht so viele Investitionsspielräume. An dieser Stelle liegt das Problem. Ich weise nochmals darauf hin, dass in der Finanzplanung von Bildung, aber nicht von Betreuung die Rede ist.
Herr Mittler, Sie haben gestern wieder erwähnt, dass wir die Spitzenreiter bei den Existenzgründern seien. Lassen Sie es doch endlich sein, die Gewerbeanmeldungen als Existenzgründungen zu bezeichnen. Uns liegt die Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine große Anfrage der CDU-Fraktion vor, in der wir genau diesen Sachverhalt hinterfragen. In der Antwort steht unmissverständlich, dass es schlichter Blödsinn ist, die Zahl der Gewerbeanmeldungen der Zahl der Existenzgründungen gleichzusetzen. Jedermann weiß, dass das nicht geht. Das ist überhaupt nicht aussagekräftig. Im Hinblick auf die Existenzgründungen liegen wir nicht an der Spitze, wir liegen noch nicht einmal im oberen Feld der 16 Bundesländer.
Zur Frage der Qualität von Schule und Ausbildung: Ich fürchte, in den nächsten Jahren wird nur noch wenig gehen. Die Schuldenlast erdrückt alles. Wir haben im Jahr 2001 eine Gesamtverschuldung von rund
20,516 Millionen Euro. Das sind rund 40,62 Milliarden DM. Das ist das Doppelte des Schuldenstands von 1991. Ich will mich nicht wiederholen, obwohl es schon zwei Jahre zurückliegt, dass ich das gesagt habe, aber jedermann weiß oder erinnert sich oder weiß vom Hörensagen, was bis zum Jahr 1991 in diesem Land passiert ist, wie viele Universitäten gegründet wurden, wie viele Fachhochschulen gegründet wurden, wie viele Krankenhäuser gebaut wurden, wie viele Schulen gebaut wurden, wie viele Autobahnen und Landesstraßen gebaut wurden, wie viele Kindergärten gebaut wurden usw.
Meine Damen und Herren, vergleichen Sie bitte dieses Aufgabenvolumen mit dem Aufgabenvolumen der vergangenen zehn Jahre.
Es kann doch nicht sein, dass wir in den vergangenen zehn Jahren die gleiche Schuldenlast aufgetürmt haben, die in 45 Jahren bis 1991 geschaffen wurde. Im Jahr 2003 werden es ca. 22,386 Milliarden Euro sein. Das sind etwa 44,324 Milliarden DM.
Heute steht ein schöner Bericht über die Landeshaushalte in Hessen und Rheinland-Pfalz in der Zeitung. Im Lauf des Tages werden wir darauf noch zu sprechen kommen. Darin zeigen sich die Unterschiede und wie man es auch machen kann. In Hessen ist das nicht das alleinige Verdienst der CDU-Regierung, die erst seit drei Jahren am Drücker ist. Das ist das Ergebnis einer anderen, langfristig angelegten Finanzpolitik. Das sollte Anlass sein, ernsthaft darüber nachzudenken, wie gespart werden kann.
Das Problem ist aber, dass die Landesregierung so tut, als wenn in ein paar Minuten die Regenschauer wieder vorbei seien. Sie spannt den Regenschirm für ein paar Minuten auf, und dann ist der Aprilschauer vorbeigezogen. Die Landesregierung träumt von besseren Zeiten, von höheren Einnahmen, von wirtschaftlichem Aufschwung und von sprudelnden Steuerquellen. Es ist sehr bequem abzuwarten, bis wieder bessere Tage kommen. Es werden irgendwann wieder bessere Tage kommen, aber das löst nicht das Problem dieses Landes.
Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass die Landesregierung tief verinnerlicht hat, dass sich in der Öffentlichkeit mit einer soliden Finanzwirtschaft selten ein Blumentopf gewinnen lässt. Die Rolle des Weihnachtsmanns ist schon populärer. Das will ich gern zugeben.
Es ist halt ein Teufelskreis, in den wir in den vergangenen zehn Jahren hineingeführt wurden. Außerdem ist es ein Vergessen Ihrer Pflicht. Flüchten Sie nicht weiter vor Ihrer Verantwortung, und versinken Sie nicht weiter in Selbstzufriedenheit. Das ist das, was Sie sehr gut können und glaubhaft nach außen darstellen. Das macht alles aber nur noch schlimmer.