Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Es ist halt ein Teufelskreis, in den wir in den vergangenen zehn Jahren hineingeführt wurden. Außerdem ist es ein Vergessen Ihrer Pflicht. Flüchten Sie nicht weiter vor Ihrer Verantwortung, und versinken Sie nicht weiter in Selbstzufriedenheit. Das ist das, was Sie sehr gut können und glaubhaft nach außen darstellen. Das macht alles aber nur noch schlimmer.

Ich will mit einer Bitte schließen. Ich habe noch nie eine Haushaltsrede mit einer Bitte abgeschlossen, aber ich werde das heute tun. Die Bitte lautet: Lassen Sie es bitte nicht einfach weiter so laufen, und verbreiten Sie nicht nur Gemütlichkeit im Land, dass das alles schön sei und man sich das in guten Zeiten leisten könne. Fangen Sie endlich an, Politik zu gestalten.

Sie haben seit dem 25. März erneut einen Regierungsauftrag, der Ihnen mit großem Nachdruck von den Wählerinnen und Wählern erteilt wurde. Fangen Sie endlich an, sich mit diesem Regierungsauftrag anzufreunden. Nur dann kann es Besserung geben.

Ich bedanke mich.

(Anhaltend starker Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Landtagsschülerseminar, Mitglieder der CDU-Frauen-Union Herdorf, Schülerinnen und Schüler des Sozialkundekurses der 12. Klasse der IGS Mainz-Bretzenheim sowie Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse des Rabanus-Maurus-Gymnasiums in Mainz. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Joachim Mertes das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich dem Finanzminister für seine gestrige Einbringungsrede danken;

(Beifall der SPD und der FDP)

denn sie war sachlich, richtungsweisend, ehrlich im Umgang mit den Risiken und lösungsorientiert in der Perspektive.

(Zurufe von der CDU)

Herr Mittler, Sie haben mit dieser Rede die Latte hoch gehängt. Die Frage ist nun, ob mein Vorredner diese Latte gerissen oder geschafft hat. War seine Rede sachlich, richtungsweisend, ehrlich im Umgang mit den Risiken und lösungsorientiert in der Perspektive?

Meine Damen und Herren, es war die Rede eines finanzpolitischen Sprechers, aber nicht die des Oppositionsführers im Landtag.

(Beifall der SPD und der FDP)

Haben Sie keine Sorgen, ich werde selbstverständlich auf das Thema eingehen. Das ist keine Frage. Unsere Aufgabe ist, nachdem wir die Verantwortung für fünf

Jahre bekommen haben, mit dem Haushalt Aufgaben in diesem Land Rheinland-Pfalz zu lösen. Sie haben nur angesprochene Aufgaben genannt. Sie haben keine einzige gelöst. Das ist die Wahrheit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir lösen die Aufgabe der flächendeckenden Einführung der Ganztagsschule.

(Zurufe von der CDU)

Welche Lösung haben Sie hier angeboten? Sie haben keine angeboten, außer der Frage über die Betreuung oder die Bildung. Darauf werden wir noch ausführlich eingehen können.

Meine Damen und Herren, Sie haben nichts zu den Investitionsquoten gesagt, die die zweithöchsten in der Bundesrepublik sind.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich mache damit unsere Rolle als Nachfrager, als Land, für die mittelständische Industrie und für den Mittelstand insgesamt hinsichtlich unserer Verantwortung deutlich. Sie haben etwas zu Verkehrswegen gesagt und ausgeführt, Sie hätten für die LBB schon immer gestimmt. Die Hälfte des Hauses muss etwas an den Ohren haben. Anders kann das nicht sein.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wo waren Ihre Beiträge zur aktiven Arbeitsmarktpolitik, zur Modernisierung und der sozialen Verantwortung? Sie haben dazu kein Wort gesagt. Sie haben nur Zahlen genannt. Zu den landespolitischen Aufgaben gehört auch das Sicherheitspaket. Dazu haben Sie kein Wort gesagt. Das war die Rede eines finanzpolitischen Sprechers. Der Unterschied zu Herrn Jullien war die Haarfarbe.

(Beifall der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir stimmen in einem Punkt überein, und zwar, dass der finanzielle Rahmen, den wir haben, schwierig ist und uns diese Bedingungen das Leben nicht einfach machen. Unser Haushalt liegt im Wachstum mit 0,6 % deutlich unter den 2 % des Finanzplanungsrahmens. Mehr Verantwortung kann man eigentlich bei der Vorlage eines Landeshaushalts gar nicht dokumentieren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es gibt Stabilitätskriterien der Europäischen Gemeinschaft. Diese werden wir einhalten. Allein die Erwähnung der Stabilitätskriterien zeigt, dass wir ganz anders als in den 70er- oder 80er-Jahren eingebettet sind. Das Haushaltsdefizit der Mitgliedstaaten darf nicht mehr als 3 % des Bruttoinlandsprodukts betragen. Die Staatsverschuldung sollte 60 % des Bruttoinlandsprodukts auch nicht übersteigen.

Meine Damen und Herren, alle politischen Kräfte wollten, dass wir mit der Steuerreform Möglichkeiten für mehr Investitionen auf der Ebene der Bürger schaffen. Wir haben alle gewusst, dass die Steuerreform Bund, Länder und Kommunen Geld kosten würde. Wir werden die Bürger in diesem Jahr mit 45 Milliarden DM und bis zum Jahr 2005 mit knapp 100 Milliarden DM entlasten.

(Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Wir haben alle erwartet, dass diese Steuerreform dazu beitragen würde, einen kräftigen Anstieg der Investitionen und der Nachfrage zu potenzieren. Wir haben alle geglaubt – ein Teil der Koalition ganz besonders –, dass es einen starken Effekt von Selbstfinanzierungskräften geben würde.

Meine Damen und Herren, das ist nicht eingetreten.

(Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Es ist nicht eingetreten, weil der lahmende Welthandel eine Exportnation wie uns besonders trifft. Wir können uns nicht immer rühmen, Vizemeister im Export zu sein, und dann, wenn sich die Verhältnisse auf dem Weltmarkt ändern, diese Verflechtung ignorieren. Das ist übrigens ein Teil Ihres Fehlers in der Anlage Ihrer Rede.

(Beifall der SPD und der FDP)

Herr Kollege Böhr, dann schaut man sich die Daten an, die Sie genommen haben. Sie haben Daten zugrunde gelegt, als das Ende des IT-Booms und die Verluste am Neuen Markt noch nicht in Sicht waren. Ich will Ihnen einmal die Berechnung nennen.

Am Neuen Markt war im März 2000 der Höchststand 234 Milliarden Euro, im August 2001

30 Milliarden Euro. Quelle: dpa, 6. August. – Sie haben nichts über die relativ hohen Ölpreise, die es zeitweise gegeben hat, gesagt. Sie haben nichts dazu gesagt, welche Auswirkungen BSE und die Maul- und Klauenseuche – diese sind alle nach dem Jahr 2000 gekommen – für uns hatten. Sie haben gar nichts dazu gesagt, was der 11. September bedeutet. Der Verlust an den amerikanischen Börsen hat laut der „Süddeutschen Zeitung“ zehn Tage nach dem Anschlag 1,38 Billionen Dollar betragen.

Meine Damen und Herren, wenn man das alles ausblendet, kann man eine Rede halten wie der Kollege Böhr. Wir leben in einer Welt. Wir wollen es nicht ausblenden, weil man es nicht ausblenden kann.

(Beifall der SPD und der FDP)

Sie haben diese unterschiedlichen Empfehlungen und Rezepte wiederholt, wie man besser zurechtkommt. Sie haben am 6. November 2001 vorgeschlagen, man soll die Steuerreform vorziehen.

Meine Damen und Herren, darüber kann man reden. Wenn man den Selbstfinanzierungseffekt unterstellt, den wir schon bei der jetzigen Steuerreform nicht hatten, muss man sich zugleich darüber im Klaren sein, dass

dann der Landeshaushalt 739 Milliarden DM verliert. Bei den kommunalen Haushalten sind es 527 Milliarden DM.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Nun frage ich Sie, nachdem Sie Ihre Rede mit den Worten „Sparen, sparen, sparen“ begonnen haben, wenn nicht jetzt, wann dann. Wir haben die Einnahmenrückgänge. Was wollen Sie denn noch sparen? Bei wem wollen Sie sparen? Wo würden Sie uns beim Sparen begleiten?

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Meine Damen und Herren, das Sparen fällt Ihnen schwer. Das werde ich im Laufe meiner Rede noch beweisen.

Sie haben gesagt, die Politik braucht Konturen. Es reicht nicht, eine Art Versandhauskatalog vorzutragen nach dem Motto, jeder kann sich bestellen, was er will. Ich beziehe mich auf Ihre Rede vom 22. Mai. Sie haben gesagt, es bedeutet nämlich, das Notwendige zu tun und sich in dem zu unterscheiden, was besonders wichtig und nicht so wichtig ist, das heißt, Prioritäten setzen.

Schauen wir nach dieser Rede einmal hin, die uns alle beeindrucken müsste, wenn wir nicht wüssten, was sonst noch auf der Welt geschieht. In Wirklichkeit sind in Rheinland-Pfalz die Verhältnisse so, dass es fast wie im Märchen vom Hasen und Igel ist. Wenn irgendwo in Rheinland-Pfalz scheinbar ein Problem auftaucht, ist die CDU mit der Forderung der finanziellen Unterstützung schon da. Das werde ich Ihnen jetzt belegen.