Protokoll der Sitzung vom 24.01.2002

3. Deregulierung muss weitergehen.

4. Nur als Stichwort – Herr Marz hat darauf hingewiesen –: Wir haben eine große Qualifikationslücke, ein großes Qualifikationsproblem in Deutschland, eine der Hauptursachen für die Arbeitslosigkeit. Das ist in weiten Teilen Sache des Bundes. Das weiß ich. Ich denke, wir müssen aber auch da vielleicht noch ideenreicher vorgehen.

5. Es ist in Rheinland-Pfalz nicht ausreichend genutzt, was es an Möglichkeiten des Austauschs zwischen Hochschulen und Wirtschaft gibt. Es gibt eine Unters uchung der Industrie- und Handelskammer für die Pfalz aus dem letzten Jahr – ich habe sie leider heute Morgen zu Hause liegen lassen; ich habe die Zahlen nicht ganz genau im Kopf –, wie viele mittelständische Unternehmen mit Hochschulen zusammenarbeiten? Der Prozentsatz ist erschreckend gering. Man soll jetzt bitte nicht sagen, das ist nur in der Pfalz so, in Trier und in Koblenz ist alles besser. Hier liegt ein ganz großes Potenzial, das noch nicht genutzt wird, das aber stärker genutzt werden muss in Richtung einer gezielten Förderung der Ausgründung.

Meine Damen und Herren, ich will jetzt kein großes Projekt der letzten Jahre madig machen und herunterreden. Ich sehe aber mit großer Nachdenklichkeit die Entwicklung des Vier-Säulen-Konzepts in Zweibrücken. Das sind im Augenblick gerade noch 1,5 Säulen. Am Besten läuft FOC, und alles andere kommt nicht oder läuft nicht. Ich sehe auch mit großer Zurückhaltung Projekte draußen im Land wie Wendelsheim. Meine Damen und Herren, ich vergleiche das mit dem PRE-Park in Kaiserslautern, oder ich vergleiche das mit der für mich absolut sicheren Entwicklung, wenn in unmittelbarer Verbindung mit der Universität Mainz ein großes Grün

derzentrum gebaut werden würde. Das Land wird solche großen Projekte in Zukunft in dieser Großzügigkeit nicht mehr finanzieren können, es sei denn, 2006 ist tabu.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht. Eine letzte Bemerkung.

Das ist mein altes Thema. Herr Minister, die Wirtschaftspolitik des Landes Rheinland-Pfalz verteidigt alles und jedes, jeder kritische Einwand wird von vornherein abgelehnt. Wir sind zu sehr in Jubelarien gestimmt und zu wenig in einer nachdenklichen Diskussion. Über Korrekturen mit Blick auf die nächsten Jahre sollten wir etwas nachdenken. Ich glaube, was Ideen und neue Wege in Rheinland-Pfalz betrifft, lebt die Landesregierung zu sehr im Glanz des letzten Wahlergebnisses und in ihrer Selbstgefälligkeit „Ach wie sind wir doch so gut“ und droht, darin zu versinken.

Ich bedanke mich. (Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir begrüßen Gäste im Landtag, und zwar Preisskatgewinner aus dem Landkreis Mainz-Bingen. Einen herzlichen Glückwunsch für Ihren Erfolg und weiterhin alles Gute und noch viel Spass an diesem schönen Sport.

(Beifall im Hause)

Ich begrüße auch den Internationalen Bund, Mainz, Verkäuferinnen und Verkäufer im zweiten Lehrjahr. Herzlich willkommen meine Damen und Herren!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatsminister Bauckhage das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich auf ein paar nachdenkenswerte Äußerungen von Herrn Dr. Gölter eingehen und dann etwas zum Antrag der CDU sagen.

Wenn Herr Dr. Gölter das alles erklärt, muss man natürlicherweise auch einmal berücksichtigen: Von woher kommt Rheinland-Pfalz? – Ich sage das mit Blick auf die genuinen Ballungsräume, die wir nicht haben und auch nicht bekommen werden. Wir können uns drehen und wenden, wie wir wollen. Wir können nichts anderes machen und tun, als die Wirtschaftsräume entsprechend zu entwickeln, und sie werden sich so oder so ausdehnen. Wir haben einmal den Wirtschaftsraum RheinNeckar und den Wirtschaftsraum Rhein-Main. Das muss man sehr ernst nehmen. Dabei spielt es natürlicherweise eine Rolle, wenn ich sage: Woher kommt RheinlandPfalz? – Man muss auch wissen, welche Art von Univer

sitäten und Hochschulen es in Rheinland-Pfalz gab. Es gab früher keine technische Universität. Es gab nur die Universität Mainz. Deshalb waren diese Schritte richtig. Man muss nur schauen, wie man die Westpfalz entwickeln kann. Vor dem Hintergrund, woher wir kommen, ist auch das nicht leicht.

Wie war die Situation bis vor kurzem in der Westpfalz? Dort gab es eine harte Grenze, also wenn man so will „militärische Aufmarschgebiete“. Das war die Situation, mit der wir nun in andere Strukturen hinein müssten. Das alles ist nicht so leicht zu bewerkstelligen.

Ich denke, wir haben eigentlich die richtigen Schritte unternommen. Dazu gehört natürlicherweise eine vernünftige Infrastrukturpolitik. Gestatten Sie mir ein Wort zur Wirtschaftsförderung insgesamt.

Sie sprechen von vielen Programmen, das räume ich gern ein. Nun muss man sehen, diese vielen Programme sind auch ein Teil europäischer Programme insgesamt. Ich will denjenigen sehen, der am Schluss hier steht und sagt, ich bin nicht in der Lage, die Komplementärmittel, die es aus Europa geben würde, zu übernehmen, weil ich die falschen Programme habe.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das ist leichter gesagt als getan zu sagen, machen Sie einmal ein Programm. Wenn man dann zur Eigenkapitalausstattung der Unternehmen kommt, ist das ein besonderes Problem einer besonderen Größenordnung; denn man darf nicht glauben, der Staat könnte jetzt ohne Probleme einfach die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen verbessern.

Die Instrumente, die dafür gebraucht werden, sind gegeben. Das sind die Instrumente der VenturekapitalGesellschaft. Die bringen wir auf den Weg und bringen sie sogar regional auf den Weg.

Warum? Jetzt könnte man sagen, es wäre viel besser, man würde eine Venturekapital-Gesellschaft RheinlandPfalz haben, damit hätte man ein Problem gelöst. Das hat man eben nicht gelöst vor dem Hintergrund, dass 98 % der Betriebe in Rheinland-Pfalz mittelständische Betriebe sind.

Ich will jetzt nicht darüber streiten, warum die Eigenkapitalbildung so ist, wie sie ist. Das liegt natürlich auch an der Abschöpfung des Staates. Das ist doch keine Frage. Aber es stellt sich die Frage, wie man das substituieren kann. Das tun wir, indem wir beispielsweise regionale Venturekapital-Gesellschaften auf den Weg bringen.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu führen und konzentrierter zuzuhören. – Danke schön.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Wir können dadurch verständlicherweise mit wenig Aufwand, mit wenig Eigenkapitalmittel jenseits der 100 Millionen in den Regionen an Eigenkapital Ersatzmittel zur Verfügung stellen. Ich sage das deshalb, weil es mir wichtig ist, auch noch einmal auf diese Regionalität hinzuweisen.

Meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor. Der kleine Mittelständler in Pirmasens oder in Hauenstein oder in Erfenbach bei Kaiserslautern hat ein Problem damit, nach Mainz zu fahren und zu einer Venturekapital-Gesellschaft zu gehen. Er braucht seine Bank vor Ort, und zwar seine Bank seines Vertrauens, um die Eigenkapitalausstattung über dieses – das räume ich ein – Vehikel Venturekapital-Gesellschaft entsprechend zu betreiben.

Deshalb muss man auch sehen, wenn man jetzt sagt, Ihr macht nicht diesen großen Punkt, warum wir diesen großen Punkt nicht machen. Wir gehen hier ganz bewusst einen anderen Weg, nämlich den Weg der Regionalität.

Ich sage das deshalb, weil es mir auch wichtig ist, noch einmal im Hinblick auf die Fachhochschulen darauf hinzuweisen; auch diese haben sich erst in der kürzesten Zeit entwickelt. Das war nach dem Krieg nicht gottgegeben, sondern die Fachhochschulen waren zunächst einmal die Fachhochschule Rheinland-Pfalz. Das wissen Sie als damals zuständiger Minister so gut wie ich, wenn nicht sogar noch besser.

Wir haben sie ganz bewusst regionalisiert, einmal, um ein Stück Identitätsstiftung der Fachhochschule mit der Region herzustellen, und zum andern, um auch die Barriere entsprechend herunterzuholen, damit wir viele in diese Qualifikationsmöglichkeiten der Fachhochschule hereinbringen.

Das sind die Hintergründe der Politik, und vor dem Hintergrund muss man auch die Debatte führen.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Es ist leicht gesagt, Ihr könntet da sehr viel mehr tun und in Bezug auf die Programme ist das auch sehr leicht gesagt.

Dann kommt noch ein spannendes Moment mit der Stärke dieses Bundeslands hinzu. Die Stärke des Bundeslands ist diese mittelständische Struktur.

Glauben Sie doch nicht, der einzig wahre Parameter ist der Arbeitsmarkt. Da liegen wir nach wie vor, wenn man das über den fünf Jahreszeitraum rechnet, an dritt/viertgünstigster Stelle aller Bundesländer. Ich sage günstigster ganz bewusst in Anführungszeichen; denn das ist natürlich nicht befriedigend, aber der Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz hat sich günstiger ent

wickelt als in anderen Bundesländern, eben weil wir ein mittelständisch strukturiertes Land sind.

(Beifall der FDP und der SPD)

Dieser Mittelstand in Rheinland-Pfalz ist hoch innovativ, aber er spielt in einer anderen Liga, und mit dieser Liga muss man entsprechend umgehen können. Deshalb auch diese unterschiedlichen Fördermöglichkeiten, deshalb auch diese Regionalität, die gerade für den Mittelstand von besonderer Bedeutung sind.

Gestatten Sie mir, wenn man über diesen CDU-Antrag redet, auch noch ein Wort. Ich denke, er wird nicht maßgeblich von Ihnen kreiert worden sein. Es sind alles plakative Forderungen. Sie sagen nur keinen Satz, wie man es anders machen müsste. Einen Bericht abzugeben, ist das Leichteste. Damit hat man aber keine Probleme gelöst, meine Damen und Herren.

Nun möchte ich etwas zu den Parametern sagen, die der Kollege Wirz vorhin ständig strapaziert hat. Es wird auch beim Wiederholen nicht besser, Herr Wirz. Ich habe eingangs gesagt, Rheinland-Pfalz ist das Bundesland mit den Ballungsräumen Rhein-Neckar und RheinMain, und Herr Dr. Gölter spricht von der Rheinschiene. Sie kommen genau aus der Ecke, in der die Rheinschiene eine entscheidende Rolle spielt; denn dort ist die Nahtstelle zu Nordrhein-Westfalen.

Jetzt können wir lange diskutieren, wie sich so ein Raum entwickelt. Er entwickelt sich natürlicherweise ganz natürlich aus seinen eigenen Kräften heraus. RheinlandPfalz hat dann natürlicherweise eine andere Position als das Bundesland Hessen mit dem Flughafen Frankfurt und eine andere Position als das Bundesland NordrheinWestfalen.

Gleichwohl stehen wir in der Arbeitsmarktstatistik günstig dar, und das ist entscheidend. Das entscheiden die Leute. Sie wohnen nicht in Rheinland-Pfalz, weil sie nicht hier wohnen wollen. Sie kommen freiwillig in dieses Bundesland und wohnen hier gern, meine Damen und Herren. Auch das muss man einmal berücksichtigen dürfen. Von daher gesehen, hat das eine andere Dimension.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Es hat eben in diesem Grenzgebiet zu anderen europäischen Ländern noch einmal eine andere Dimension, weil sich dort ganz andere Regionen entwickeln. Dort gibt es auch ganz andere Probleme.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Hier gab es früher eine staatliche Grenze, die nicht überwindbar war und wirtschaftspolitisch erst recht nicht überwindbar war. Ich rede jetzt von den Grenzen zu Frankreich, zu Luxemburg und zu Belgien. Das waren doch ganz andere Probleme.

Nun kommen wir zur spannenden Frage, wie die Infrastruktur insgesamt aussieht. Zunächst muss man sagen, wir liegen im Wirtschaftswachstum im Vergleich der Bundesländer von einem Jahr zum anderen genau im

Bundesdurchschnitt, exakt im Bundesdurchschnitt. Sie wissen, wenn man im Bundesdurchschnitt liegt, dass dann die Basiseffekte natürlicherweise bei den neuen Bundesländern ganz andere Dimension haben und eine ganz andere Rolle spielen.